Kapitalanlagen - Heinz Brestels Jahrbuch 2001

Buch Kapitalanlagen - Heinz Brestels Jahrbuch 2001

Der Wegweiser zum Finanzerfolg

Frankfurter Allgemeine Buch,


Rezension

Greifen Sie zu diesem Klassiker, der jetzt zum 34. Mal erschienen ist, wenn Sie in diesem Jahr einen Kompass für Ihre Vermögens­dis­po­si­tio­nen suchen. Das Buch ebnet Ihnen den Weg zu Ihren in­di­vidu­ellen An­lagezie­len. Drei Themen stehen im Mittelpunkt des Stan­dard­w­erks: die technische Revolution und ihre viel­seit­i­gen Probleme in Bezug auf Geldanlagen, der Bargel­dum­tausch in der Europäischen Union und die Renten­prob­lematik. Es werden eine Fülle allgemeiner Fragen von Anlegern und Sparern beantwortet und kom­plizierte Zusammenhänge aus dem Wirtschaft­sleben sachlich dargestellt. Insgesamt wird die Entwicklung der Börse im Jahr 2001 kritisch beurteilt und vor Zweck­op­ti­mis­mus, der Verluste bringen kann, wird gewarnt. Darüber hinaus regt Brestel den Leser zum Nachdenken über das Phänomen Geld an. Dieses Buch verspricht Ihnen nicht das schnelle Reichwerden, aber Ori­en­tierung in der Welt der Finanz- und Anlagemärkte, manchmal auf sehr kon­ser­v­a­tive, aber doch weitgehend - auch für Laien - verständliche Weise. BooksInShort empfiehlt das Werk börs­en­in­ter­essierten Einsteigern und Branchenken­nern.

Take-aways

  • Über den Tag hin­aus­denken ist der Weisheit letzter Schluss auch am Kap­i­tal­markt.
  • Die Börse vergibt keine Garantien. Glauben Sie nicht, dass Sie von Verlusten verschont bleiben.
  • Bleiben Sie liquide: Wenn Sie zu viel Vermögen gebunden haben, können Sie in stürmischen Zeiten nur mit grossen Verlusten wieder zu Bargeld kommen.
  • Der Euro muss erst noch Weltwährung werden.
  • Der Ölpreis wird eine der wichtigsten Rollen für die Börse­nen­twick­lung spielen.
  • Was für Wertpapiere gut ist, ist auch für alle anderen Kap­i­ta­lan­la­gen gle­icher­massen nützlich.
  • Für die Deutsche Börse gilt: Qualitätswerte bleiben Trumpf.
  • Das Geschäft für den elek­tro­n­is­chen Handel steht zurzeit nicht in der Gunst der Anleger, verspricht aber in den kommenden Jahren her­aus­ra­gende Chancen.
  • Der US-Auf­schwung kühlt sich ab: Die Zeit der überpro­por­tionalen Gewinnzuwach­sraten ist vorbei.
  • Es gibt eine simple Erklärung dafür, warum der Euro schwach ist: Es werden einfach mehr Dollar und weniger Euro auf dem Markt gesucht.
 

Zusammenfassung

2001 wird ein heisses Jahr - der Euro kommt! Das europäische Geld konnte seit seiner Einführung im Januar 1999 noch keine Er­fol­gs­geschichte schreiben. Verglichen mit seinem Aus­gangswert Anfang 1999 ist es im Jahre 2000 auf den harten Boden der Realitäten zurückgeführt worden und verlor fast 25 Prozent seines Aussen­wertes. Am 1. Januar 2002 wird in elf souveränen europäischen Ländern der Euro offiziell als Zahlungsmit­tel eingeführt. Der letzte Akt der Währung­sum­stel­lung ist damit vollzogen. Die Schwierigkeiten, die damit einhergehen, sind zurzeit noch nicht absehbar. Sicher scheint aber zu sein, dass mit der Einführung des Euro-Bargelds erneut eine Teilung Europas eingeleitet wird. Neben den Euro-Ländern bilden sich zwei weitere Gruppen: die Engländer und die Skan­di­navier, die sich nicht an der Währung­sum­stel­lung beteiligen, sowie die Gruppe der zwischen 2003 und 2005 neu aufzunehmenden Mitglieder. Im günstigsten Fall wird es der Europäischen Union gelingen, sich bis zum Jahre 2003 auf die Aufnahme von zwölf ost- und südeuropäischen Ländern vorzu­bere­iten. Im ungünstigsten Fall sind die neuen Mitgliedsländer noch völlig unreif für die Währungs­ge­mein­schaft - sofern die Stabilitätskriterien des Maas­trichter Vertrages nicht völlig ausser Acht gelassen werden.

„Das Wachstum der Weltwirtschaft flacht sich ab, Vorreiter ist Amerika. Die höheren En­ergiepreise schlagen auf die Ver­braucher­preise durch.“

Bereits zwei Jahre nach seiner Einführung ist das europäische Geld ins politische Fahrwasser geraten. Im Jahre 1999 wurden für den Euro-Raum die Schlüsselzahlen für die Umrechnung des nationalen Geldes in Euro festgelegt. Für die deutsche Währung bedeutet dies konkret, dass ein Euro genau 1,95583 Mark beim Tausch wert sein wird. Der Um­rech­nungs- und der Tauschwert sind allerdings zwei ver­schiedene Paar Schuhe. Der erste ist fixiert, der zweite aber ist dem Spiel der Devisenmärkte ausgesetzt. Sofort mit der Einführung des Euro begannen die De­visenkurse zu schwanken. Der Kurs des Euro ging steil bis auf 0,85 Dollar bergab und musste im September 2000 zum ersten Mal von Zen­tral­banken gestützt werden. Die Gründe für den schnellen Wertverfall des Euro liegen auf der Hand: Der feste Dollar ist eine Mischung aus Vertrauen und Zinsen, der Euro ein Mix zwischen Misstrauen und Zinsen. Die Geld- und Kap­i­talzin­sen im Dollar-Raum liegen verglichen mit den Euro-Zinsen um ein bis zwei Prozent höher. Darum ist es kaum ver­wun­der­lich, dass sogar anfangs vom Euro Begeisterte ihre Euro-Guthaben in Dollar ver­wan­del­ten.

„Das gemeinsame Geld in Europa bleibt krisenanfällig. Offen ist, in welchem Umfang die ausserhalb Deutsch­lands umlaufenden rund 60 Milliarden DM-Ban­knoten Anfang 2002 in Eurobargeld umgetauscht werden.“

Anfang 2002 beginnt das grosse Tausch­aben­teuer, das zu einer starken Verun­sicherung der Menschen führen wird. Geplant sind Reg­istrierun­gen bei einem Umtausch von mehr als 30 000 Mark. Die Ausgabe von Quittungen soll nur gegen Vorlage von Ausweis­pa­pieren erfolgen. Der Währung­sum­tausch wird insgesamt nach zwei bis drei Monaten abgeschlossen sein. Prob­lema­tisch erweist sich heute bereits das Einsickern von Falschgeld in der Startphase der Euro-Ära. Es wurden bereits Druck­plat­ten gestohlen.

Praktische Tauschhin­weise

Wenn Sie grössere Beträge in Euro tauschen wollen, sollten Sie genau wissen, wie viel Sie aufgrund Ihrer letzten Steuererklärung an Bargeld haben dürfen, ohne aufzufallen. Es ist auch nicht verboten, Bargeld auf Aus­land­skon­ten einzuzahlen und sie nach dem 1. Januar 2002 in neuem Geld abzuheben. Bereits vor der grossen Tauschak­tion können Sie fremde Banknoten erwerben (Dollar, Pfunde, Schweizer Franken). Dieses Geld können Sie dann später problemlos in Euro-Noten zurücktauschen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, sich Trav­ellerchecks zu kaufen und sie später im Ausland in Euro-Bargeld zu tauschen. Grössere Geldbeträge können auch zu Hause auf mehrere Banken verteilt werden. Achten Sie aber darauf, dass Sie die Obergrenze für nicht reg­istri­erpflichtige Beträge nicht überschre­iten. Darüber hinaus sollten Sie rechtzeitig Kontakt mit Ihrem Steuer­ber­ater aufnehmen und eine geeignete Tauschtech­nik absprechen, denn im Verlauf des Jahres 2001 könnten weitere Tauschbes­tim­mungen erlassen werden.

Der Euroraum: ein Zins - eine Konjunktur - eine Börse

Nach dem starken Absturz der europäischen Märkte in den vergangenen Monaten werden die Experten zurzeit wieder etwas mutiger. Eine Vielzahl von Agenturen geht davon aus, dass 2001 das Jahr der europäischen Aktien wird: Der Euro-Stoxx-50-In­dex hat demnach in den kommenden zwölf Monaten ein Potenzial von bis zu 6500 Punkten. Dem Börsen­barom­e­ter für die 30 führenden Blue Chips, dem DAX, wird sogar das Erreichen der Marke 9 000 zugetraut. Die Werte, die in den vergangenen Monaten unter Druck geraten sind, haben - nach Ansicht der Experten - ein hohes Aufholpoten­zial. Dazu zählen vorwiegend die Tech­nolo­gie- und Telekom­mu­nika­tions-Un­ternehmen. Insgesamt konnte sich der generell fre­undlichere Trend aber bisher nicht durchsetzen, denn viele Anleger müssen sich immer noch von den heftigen Kursabstürzen zum Ende des vergangenen Jahres erholen. Der Ölpreis wird für die diesjährige Börse­nen­twick­lung eine der wichtigsten Rollen spielen. Im Jahresver­lauf sollte sich die Petronotierung, nach dem rasanten Anstieg auf ein Zehn­jahreshoch, wieder auf ein niedrigeres Niveau einpendeln. Die In­fla­tion­ssor­gen dürften sich danach abschwächen und positive Auswirkun­gen auf den Aktienmarkt haben. Die weiche Landung der Konjunktur in Amerika scheint gelungen zu sein, sodass die US-Noten­bank ihre einschränkenden Zügel wieder lockern kann.

Die Entwicklung der europäischen Telekom­mu­nika­tion

Im Jahr 2000 erlebte diese Branche einen rasanten Höhenflug. Die Tech­nolo­gie-, Medien- und Telekom­mu­nika­tions-Ak­tien (TMT-Aktien) zählten zu den Lieblingen der Anleger. Die Kurse stiegen kometenhaft in den Himmel, die Hausse erreichte dabei euphorische Züge. Ab März 2000 begann die Talfahrt. Die Mark­t­teil­nehmer sprachen da noch von einem reinigenden Gewitter und zahlreiche Anleger in­vestierten danach sofort wieder. Der wirkliche Ausverkauf stand jedoch noch bevor: Die Kurse stürzten im Herbst drastisch nach unten. Es kam zu Kurseinbrüchen von bis zu 50 Prozent. Bei dem derzeitig niedrigen Niveau und der Prognose für ein fre­undlicheres Börsenjahr 2001 lohnt sich der Kauf ausgewählter Telekom­mu­nika­tion­sak­tien.

„In den nächsten 10 Jahren werden mit grosser Wahrschein­lichkeit die Belastungen der deutschen Steuerzahler noch weiter wachsen, allen ent­ge­genge­set­zten Ver­sprechun­gen zum Trotz.“

Dem spanischen Telekom­mu­nika­tion­skonz­ern Telefonica werden exzellente Chancen eingeräumt. Es ist das viertgrösste europäische Telekom-Un­ternehmen. Die Firma hat zahlreiche Übernahmen getätigt. Durch den Kauf von Lycos ist die Tele­fon­ica-Tochter Terra Networks zu einem der grössten In­ter­net-An­bi­eter weltweit geworden. Auch wenn das Internet zur Zeit keinen Anleger begeistert, wird sich die Branche mittel- und langfristig erholen. Die niedrigen Notierungen bieten gute Ein­stiegschan­cen. Auch bei der Telecom Italia wird sich mit­tel­fristig ein Aufwärtstrend entwickeln. Die Aktie zählte bis Anfang 2000 zu den her­aus­ra­gen­den Anlagen. Auch hier führte der Ausverkauf der TMT-Aktien zu einem raschen Kursrückschlag. Ähnlich wie bei anderen Aktien dieser Branche birgt das zur Zeit niedrigere Kursniveau wenig Risiken nach unten, sodass ein Aufbau erster Positionen empfohlen werden kann.

Technologie im Abwärtstrend?

Auch die Handy-Her­steller sind vom Abwärtssog der Telekom­mu­nika­tions-Un­ternehmen betroffen, obwohl sie unverändert vom Mobilfunk profitieren. Die günstigen Tarife sowie die wachsende Bedeutung der Datenübertragung im mobilen Netz steigerten im ersten Halbjahr 2000 die Nachfrage. Zu den grössten Nutzniessern gehörten mit einem Marktanteil von insgesamt rund 53 %: Nokia (27,5 % Anteil), Motorola (15,6 %) und Ericsson (10,3 %). Experten rechnen für dieses Jahr mit einem weltweiten Absatz von über 430 Millionen Handys. Das wäre eine Steigerung von rund 76 % im Vergleich zum Vorjahr. Somit ist mit hohen Wach­s­tum­sraten am Markt für Mo­bil­tele­fone zu rechnen. Die etablierten Unternehmen werden damit vo­raus­sichtlich weiter zu den Gewinnern zählen. Auch der neue UMTS-Stan­dard dürfte für einen neuen Boom sorgen.

„Der bis zum Jahre 2000 erreichte Wohlstand wird in Europa kaum gehalten werden können. Die Gelden­twer­tung ist national kaum zu steuern.“

Die Aktie des niederländischen Un­ternehmens Philips ist seit Jahren eine her­aus­ra­gende Anlage. Im Jahr 2000 wird der Konzern wegen des boomenden Hal­bleit­ergeschäfts das beste Um­satzergeb­nis in der Un­ternehmensgeschichte erzielen. Allein im dritten Quartal 2000 kletterte der Umsatz um 21 % auf 9,4 Milliarden Euro. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15 werden die Philips-Pa­piere moderat bewertet.

Die Deutsche Börse - Ak­tien­an­lage als Volkssport

Ak­tienkul­tur ist in Deutschland seit der Emission der Deutschen Telekom kein Fremdwort mehr. Deutschland ist ein Land der Aktionäre geworden. Seit Beginn 2000 suchen immer mehr Menschen ihr Anlageglück. Nicht nur In­vest­ment­fonds haben immensen Zulauf. Der Ak­tien­verkauf über das Internet hat sich zudem etabliert. Die On­line­bro­ker konnten der Nachfrage kaum standhalten und der enorme Zulauf bescherte ihnen zunächst gigantische Geschäfte. Ernüchterung trat ab April vergangenen Jahres ein: Parallel zu den Kurseinbrüchen am Neuen Markt gingen auch die Kurse der On­line­bro­ker zurück. Analysten erwarten für dieses Jahr in dieser Branche durch den steigenden Wettbewerb und den erhöhten Margendruck keine her­aus­ra­gen­den Wach­s­tum­sim­pulse.

Gewin­n­chan­cen mit deutschen Auto-Aktien?

Daim­ler-Chrysler-Ak­tien haben im Jahr 2000 rund 33 % ihres Kurswertes verloren. Seit der Übernahme des amerikanis­chen Chrysler-Konz­erns scheint das Unternehmen vom Glück verlassen. Diese Defizite sind u. a. auf die hohen Rabatte, die Chrysler gewähren muss, zurückzuführen. Die Prognosen bleiben auch für die Zukunft sehr skeptisch und sehen eine weitere Talfahrt für die Aktie voraus. Die hohen Ben­z­in­preise und die Kon­junk­turab­schwächung in den USA haben entsprechende Auswirkun­gen auf die künftigen Erträge. Die BMW-Aktie beurteilen die Analysten durchweg positiv. Der Kurs kletterte seit Jahres­be­ginn 2000 um nahezu 30 %. Der Konzern konnte seinen Marktanteil in Deutschland leicht steigern, die Auf­trag­se­ingänge sind gegenüber dem Vor­jahreszeitraum um 10 % gewachsen. Das wird auch in den Kurs-Gewinn-Verhältnissen (KGV) sichtbar: BMW wird mit 16,8 bewertet, Daim­ler-Chrysler mit einem KGB von 9. Die BMW-Kurschan­cen werden allgemein aufgrund der höheren Bewertung nun vor­sichtiger eingeschätzt. VW gilt als noch nicht ausgereizt.

Das Trauerspiel mit der Deutschen Telekom

Die Stimmung für Telekom­mu­nika­tion­sak­tien hat Ende vergangenen Jahres ihren Tiefpunkt erreicht. Die Aufwen­dun­gen für den Ausbau des Netzes, der zunehmende Wettbewerb und die horrenden Preise für die UMTS-Lizen­zen haben die Börse verun­sichert und werden auf Jahre das Ergebnis belasten. Die Deutsche-Telekom-Ak­tie war dabei eine der grössten Enttäuschungen der vergangenen Monate. Anfang 2000 zählte die Aktie noch zu den Lieblingen der Anleger. Die Mehrheit der Investoren versprach sich auch vom Börsengang der Töchter T-Mobil und T-Online satte Gewinne. Heute werden T-On­line-Ak­tien fast 50 Prozent unter ihrem Topstand notiert. Der Börsengang von T-Mobil ist bis auf weiteres verschoben. Analysten bezweifeln die In­ter­na­tion­al­isierung des Un­ternehmens. Querelen zwischen der T-On­line-Tochter und dem Mut­terkonz­ern hatten weitere Ver­trauensver­luste der Anleger zur Folge. Inzwischen wurde fast der gesamte T-On­line-Vor­stand aus­ge­tauscht. Ein weiteres Abrutschen des Kurses scheint un­wahrschein­lich zu sein. Analysten wagen erste vorsichtige Prognosen. Die jüngsten Einschätzungen lauten nicht mehr "verkaufen", sondern "neutral" bis "übergewichtig".

Über den Autor

Heinz Brestel arbeitete 25 Jahre als leitender Börsenredak­teur bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Heute ist er als Fi­nanzkolum­nist am Finanzplatz Zürich tätig. Er ist ein viel­seit­iger und kritischer Beobachter der Finanz- und Wertpapiermärkte.