Tyrannen erkennen
Tyrannen gibt es in allen Erscheinungsformen. Sie werden vielleicht einigen allgemeingängigen Mobbingtaktiken bei der Arbeit begegnen. Es gibt einige Mobber, die an einer bestimmten Palette von Taktiken festhalten, andere wiederum variieren ihren Stil je nach Laune. Lernen Sie jede Taktik kennen und auf sie zu reagieren!
Der ewige Nörgler
Dieser Tyrann ist ein ewig sich beklagender Fehlersucher. Nie ist etwas gut genug. Er ist herablassend, beleidigend und benutzt Schimpfwörter, um das Selbstbewusstsein seines Opfers zu zerstören. Er fordert oft Augenkontakt beim Sprechen, nur um absichtlich Augenkontakt zu vermeiden, wenn seine „Zielscheibe“ antwortet. Ihre Reaktionen werden vom Nörgler mit Seufzern oder Stirnrunzeln beantwortet. Er bedient sich der Memos und E-Mails, um sein Opfer in Korrespondenz zu ersticken. Auch geht er mit persönlichen Aspekten der Opfer ins Gericht, die nichts mit der Leistung am Arbeitsplatz zu tun haben. Um mit einem ewigen Nörgler fertig zu werden, versuchen Sie es zuerst mit Humor. Bei der nächsten Attacke rufen Sie sich diese sarkastische Bemerkung ins Gedächtnis: „Gott sei Dank! Meinem Leben würde was fehlen, wenn dieser Typ mich nicht kritisieren würde.“ Diese einfache, stille Feststellung verschafft Ihnen Kontrolle und erhält Ihnen die Würde, die Ihnen der Nörgler nehmen will. Eine andere Taktik, damit umzugehen, ist, sich eine zweite Meinung einzuholen. Dann wissen Sie, ob die Kritik berechtigt ist oder ob es sich um blosses Gejammere handelt.
Die zweiköpfige Schlange
Diese Tyrannen sind passiv-aggressive, unehrliche Menschen. Sie geben vor, nett zu sein, während sie einem das Messer in den Rücken jagen. Es gibt hier drei Kategorien dieses Schlangentypus: Der erste ist der „Rückenstecher“, der Ihnen das eine ins Gesicht sagt und etwas anderes sagt, sobald Sie sich umgedreht haben. Die zweite Schlange ist die „Jekyll und Hyde“-Variante. Sie ist in der einen Minute nett und in der nächsten boshaft. Leute, die nur mit der netten Seite Kontakt hatten, werden Ihnen keinen Glauben schenken, wenn Sie sich beklagen. Hüten Sie sich vor der „Kein Problem, lassen Sie’s gut sein“-Schlange. Wer solche Worte benutzt, entpuppt sich oft als Schlange, die Regeln verletzt hat und dies vertuschen möchte. Um mit der zweiköpfigen Schlange fertig zu werden, schliessen Sie sich für ein Brainstorming mit anderen Opfern zusammen.
Der Kontrolleur
Dieser Tyrann überwacht seine Opfer durch die Kontrolle von Ressourcen. Er fühlt sich dadurch wichtig, dass er sich in den Mittelpunkt stellt. Sein Anliegen ist es, Ihre Zeit, Ihre Mittel, Ihr Lob und Ihr Geld zu kontrollieren. Er drangsaliert seine Opfer, indem er sie aus der Kommunikationsschleife herauswirft (z. B. Post oder E-Mail stoppen, nicht zurückrufen). Er macht es seinen Opfern schwer, ihre Privilegien wahrzunehmen, einschliesslich ihres Rechts, ihren Drangsalierer zu verklagen. Um mit einem Kontrolleur fertig zu werden, sollten Sie ein Meeting unter vier Augen arrangieren. Das wird zwar unangenehm sein, ist aber die einzige Chance, Änderungen herbeizuführen. Ihre Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit, gepaart mit der Fähigkeit, Themen einfach und ruhig vorzubringen, werden den Erfolg des Meetings ausmachen. Sagen Sie, was Sie auf dem Herzen haben, ohne dass der Kontrolleur in die Defensive getrieben wird. Wenn er nicht zu einem Treffen bereit ist, bitten Sie einen Kollegen, der einen besseren Draht zu ihm hat, um eine einleitende Unterredung.
Der Choleriker
Dieser stereotype Tyrann ist an sich recht selten. Choleriker sind impulsiv und geraten emotional ausser Kontrolle. Oft brüllen sie so etwas wie „Ich bin hier der Boss!“ und „Machen Sie gefälligst, was ich gesagt habe!“ Ein Choleriker vergiftet den Arbeitsplatz mit ständigen Wutausbrüchen und cholerischen Anfällen. Der Umgang mit Cholerikern kann schwierig sein. Man fühlt sich wie ein gescholtenes Kind. Ignorieren Sie die Attacke, wird er Ihre Passivität als Einladung für zusätzliche Aggressionen sehen. Nehmen Sie Ihre innere Stärke zu Hilfe, um seinen Auftritten zu begegnen. Benutzen Sie ein stilles Mantra. Werden Sie verbal angegriffen, wiederholen Sie das Mantra: „Höre auf das Brauchbare von dem Zeug. Ignoriere den Ärger. Es ist nicht deiner.“ Das leitet die Wut ab und baut innere Stärke auf. Eine zweite Technik wäre, den empfindlichen Punkt des Aggressors zu finden. Konzentrieren Sie sich voll auf sein komischstes physisches Merkmal. Das reduziert Ihre Gefühle, eingeschüchtert zu sein, weil Sie den Tyrannen nicht mehr ernst nehmen.
Wie man Tyrannen dingfest macht
Mit diesen acht leichten Schritten legen Sie Tyrannen das Handwerk:
- Suchen Sie Unterstützung bei Ihrer Familie und Freunden – Machen Sie nicht den Fehler, monatelang zu warten, bevor Sie Ihr Problem mit Ihrem Ehegatten oder anderen Ihnen nahe Stehenden zu teilen. Je offener Sie sind, umso leichter die Last, die Sie alleine tragen. Erklären Sie Ihrer Familie und Freunden, dass Sie von ihnen nicht eine Lösung erwarten, sondern ihren Beistand durch Zuhören Ihrer demütigenden Geschichten brauchen. Ermuntern Sie Ihr „Hilfsnetzwerk“, Sie an frühere Tage zu erinnern, als Sie sich kompetent gefühlt haben.
- Konsultieren Sie einen unabhängigen Arzt oder Therapeuten – ignorieren Sie nicht die physischen und emotionalen Warnzeichen, die ein Mobber Ihrer Gesundheit antut. Beachten Sie Warnsignale wie Schlaflosigkeit, Ängste, Appetitlosigkeit und abnehmendes sexuelles Verlangen. Erstellen Sie einen Bericht über den Schaden, den Sie durch Stress erlitten haben. Konsultieren Sie einen praktischen Arzt mit Ihrem persönlichen Gesundheitsplan. Und machen Sie sich klar: Betriebsärzte und -therapeuten arbeiten für die Firma und nicht für Sie.
- Bitten Sie um Zeugenaussagen – Bei einer Konfrontation soll es nicht darauf hinauslaufen: Ihr Wort gegen das des Aggressors. Fragen Sie jeden, der Zeuge eines Mobbingangriffes war, um ein einfaches schriftliches Statement vorzubereiten. Es muss Datum, Zeit und Ort des Angriffs enthalten, den Namen der Zeugen, die Beschreibung des Vorfalls (mit genauen Zitaten) und die Unterschrift des Zeugen mit Datum.
- Konfrontieren Sie Ihren Aggressor – Diese Strategie ist sehr schwierig. Es geht am leichtesten im Beisein einer Gruppe. Obwohl Gruppen oft stillschweigend dem Tyrannen die Möglichkeit geben, Macht zu gewinnen, sind sie auch bestens dafür gerüstet, sie zu entziehen. Die Stärke liegt in der Anzahl. Der Tyrann kann herumschimpfen und mit Entlassung aller drohen, aber in Wirklichkeit ist es noch viel schwieriger, die Entlassung einer ganzen Gruppe von Leuten zu rechtfertigen. Solidarität entzieht dem Tyrannen Waffen wie Lügen, Heimlichkeit und Angst.
- Interne Beschwerde einreichen – Um Ihren Arbeitgeber für die Mobbingaktionen verantwortlich zu machen, müssen Sie interne Beschwerde einreichen. Seien Sie sich bewusst, dass dieses Prozedere meist den Arbeitgeber und nicht Sie schützt. Eine begrenzte Anzeige ist ratsam: Führen Sie nur Datum, Zeiten und einen objektiven Bericht über die Mobbingattacken an. Das tut der Anzeige genüge, ohne dem Aggressor zusätzliche Munition zu liefern.
- Bereiten Sie sich gegen Ihren Aggressor vor – Suchen Sie zuerst konkrete Beispiele dafür, wie der Mobber die Firmenregel oder -politik verletzt hat. Suchen Sie als Nächstes Unterstützung in der Nähe der Führungsebene. Wenn Sie sich kein Gehör verschaffen können bei denen, die zwei Managementebenen über dem Aggressor angesiedelt sind, müssen Sie vielleicht das Unternehmen verlassen. Überarbeiten Sie Ihre Mobbingdokumentation. Entpersonifizieren Sie Ihre Beschreibungen, damit das Augenmerk auf das gerichtet ist, was passierte. Finden Sie dann Wege zu verdeutlichen, welchen negativen Einfluss diese Attacken für die Firma haben (Urlaub wegen Stress/Krankentage, Kosten für Neueinstellungen). Stellen Sie zuletzt eine ausdrückliche Forderung nach einer Lösung, die Ihre Sicherheit und Gesundheit gewährleistet, einer Summe für Schadenersatz, falls Sie bleiben, oder für den Fall, dass Sie gehen, einer Abfindung.
- Meeting – Wenn Sie sich auf Ihren Fall vorbereitet haben, machen Sie die geeignetste Person ausfindig, um sich Ihre Geschichte anzuhören. Geben Sie sich nicht damit ab, eine Beschwerde jemandem vorzutragen, der nicht mindestens zwei Führungsebenen über dem Mobber steht.
- Gehen Sie an die Öffentlichkeit – Die vorgenannten Schritte sind geeignet, an das verantwortliche obere Management zu appellieren. Wenn diese nicht von Erfolg gekrönt werden oder sich das Management von vornherein weigert, sich mit Ihnen zu treffen, müssen Sie u. U. mit Ihrem Fall an die Öffentlichkeit gehen. Ein Appell an Verbraucher lohnt sich nur, wenn sie mehr auf Ihrer Seite stehen als auf der des Marktpreises Ihres Produktes oder Ihrer Dienstleistung. Sind interne Versuche einmal gescheitert, können Sie Ihren Fall auch dem Vorstand melden, um dem Unternehmen eine letzte Chance zu geben, die Fehltritte des Mobbers zu korrigieren. Wenn nichts mehr hilft, wenden Sie sich an die Medien – oder gehen Sie vor Gericht.
Ihr emotionaler Zyklus
Der emotionale Zyklus spielt sich in sechs Phasen ab:
- Opfertum: Das ganze Denken ist bestimmt von der plötzlichen Pein durch die Belästigung. Leicht ist man entmutigt in diesem frühen Stadium. Jemand, der noch nicht mit Mobbing zu tun hatte, wird oft sehr naiv in Bezug auf seine Rechte sein. Arbeitgeber geben Betroffenen nur selten Informationen, die ihnen hilfreich sein könnten.
- Kraftanschub: Das Opfer entdeckt Systeme, um Beschwerden vorzubringen. Sie hören von gut ausgegangenen Schiedssprüchen und grosszügigen Zahlungen. Sie fühlen sich dann machtvoll. Behalten Sie diese positiven Gefühle! Die Phasen 3 und 4 sind demoralisierend. Behalten Sie alle Kraft, die Sie getankt haben.
- Verletzbarkeit: Der Arbeitgeber schlägt zurück. Wenn Sie Klage erhoben haben, wird das Rechtsteam Ihrer Firma versuchen, Sie als Betrüger, als gierigen und professionellen Rüpel darzustellen. Die Ressourcen Ihres möglichen Anwalts werden nicht mit denen Ihres Unternehmens mithalten können. Sie stellen auf einmal fest, inwieweit das Unternehmen Zugriff auf Ihre medizinische Krankengeschichte hat. Man wird versuchen, Sie anhand der Ihnen verschriebenen Rezepte als chronischen „Schmerzpatienten“ darzustellen (Code für unangemessenen Schmerz). Sie dürfen nicht vergessen, dass die Gegenseite zurückschlagen muss.
- Isolation und Verlassensein: All jene, die Sie während der zweiten Phase begleitet haben, scheinen plötzlich verschwunden. Sie fühlen sich allein gelassen. Die, die sich fürchten, in Ihrer Haut zu stecken, meiden Sie wie die Pest. Weigern Sie sich, alleine dazustehen. Zwingen Sie Ihre Freunde, Kontakt zu halten. Treten Sie einer Selbsthilfegruppe bei. Kanalisieren Sie Ihre Energie in positive Aktivitäten. Starten Sie ein eigenes Geschäft oder bauen Sie etwas. Lassen Sie diese Sache Ihr Leben nicht vollkommen überschatten.
- Ärger: Ihr Ärger richtet sich gegen jeden, am meisten gegen sich selber und sogar gegen die, die Sie unterstützen. Die Argumente der Gegenseite beginnen, Ihr Selbstbewusstsein zu untergraben. Ihnen fehlt die regelmässige Arbeitsroutine und Sie haben zu viel Zeit. Gefährlich wird es, wenn Sie anfangen zu glauben, dass das über Sie Gesagte ein „Körnchen Wahrheit enthält“. Zerstreuen Sie Ihren Ärger. Lesen Sie in Büchern, wie man mit Ärger umgeht. Definieren Sie Ihr Selbst durch die Meinungen derer, die Sie lieben.
- Lösung: Zeit weiterzumachen. Wenn Sie siegreich sind, wird es einfacher sein, Ihren Feinden zu vergeben. Wenn alles vorbei ist, ziehen Sie eventuell in Betracht, sich für andere in gleicher Situation stark zu machen. Egal wie, es ist wichtig, dass Ihr Hass verblasst, um positive mentale Gesundheit und Selbstwertgefühl zu erlangen.