Der Tyrann am Arbeitsplatz

Buch Der Tyrann am Arbeitsplatz

Wie man Attacken unterbindet und sich sein Selbstwertgefühl bei der Arbeit erhält

Sourcebooks,
Auch erhältlich auf: Englisch


Rezension

Es wurde schon viel über das Thema Gewalt am Ar­beit­splatz berichtet, besonders in den USA. Weniger Beachtung findet dort ein viel ver­bre­it­eteres Problem: Mobbing am Ar­beit­splatz. Gary und Ruth Namie behaupten, dass in den USA einer von fünf Arbeitern Zielscheibe eines streitsüchtigen Kollegen oder mehr noch eines streitsüchtigen Chefs geworden ist. Die Autoren ve­r­an­schaulichen diese Behauptung in „The Bully at Work“ anhand der Beschrei­bun­gen von Mobbing und der zerstörerischen Auswirkun­gen, die dieses Verhalten auf Betroffene hat. Dieser ausseror­dentlich nützliche Führer erhebt dieses Buch über andere Selb­sthilfe-Lit­er­atur hinaus in den Bereich praktischen Wissens. Deshalb empfiehlt BooksInShort dieses Buch jedem Ar­beit­nehmer, der Zielscheibe eines Ar­beit­splatzrowdys ist, und Managern, die dafür ve­r­ant­wortlich sind – ob sie wollen oder nicht -, dies zu erkennen und Mob­bing-At­tacken abzuschal­ten.

Take-aways

  • Mob­bin­gopfer können ihren Drangsalier­ern wirksam ent­ge­gen­treten.
  • Opfer von Drangsalier­ern durchlaufen ein vorherse­hbares Muster ver­schiedener Phasen.
  • Wenn Sie Ihren Stim­mungszyk­lus verstehen, können Sie einem Ar­beit­splatzrüpel genau dann gegenübertreten, wenn Sie sich am stärksten fühlen.
  • Das ursprüngliche Gefühl des Opfer-Seins wird ersetzt durch den Drang nach „Sich-Be­haupten“, wenn man Berichte anderer hört, die sich gegen ähnliche Un­gerechtigkeiten durchge­setzt haben.
  • Gebrauchen Sie dieses Gefühl der Stärke, um durch die ver­schiede­nen Phasen von Ver­wund­barkeit und Isolation durchzukom­men.
  • Opfer müssen ihren Ärger entschärfen, bevor sie die Lösung erreichen.
  • Es bringt nichts, einem Drangsalierer ent­ge­gen­zutreten, wenn Sie psychisch instabil sind.
  • Bemühen Sie sich um emotionalen Beistand von Seiten Ihrer Familie und Freunde, bevor Sie anfangen, dem Aggressor das Handwerk zu legen.
  • Interne Beschw­erde­v­er­fahren dienen dem Schutz des Ar­beit­ge­bers. Sorgen Sie für Pluspunkte, indem Sie Ihren Fall jemandem mindestens zwei Stufen höher als dem Mobber präsentieren.
  • Halten Sie persönliche Details und Gefühle gegen Ihren Widersacher heraus. Halten Sie sich an Fakten.
 

Zusammenfassung

Tyrannen erkennen

Tyrannen gibt es in allen Er­schei­n­ungs­for­men. Sie werden vielleicht einigen allgemeingängigen Mob­bing­tak­tiken bei der Arbeit begegnen. Es gibt einige Mobber, die an einer bestimmten Palette von Taktiken festhalten, andere wiederum variieren ihren Stil je nach Laune. Lernen Sie jede Taktik kennen und auf sie zu reagieren!

Der ewige Nörgler

Dieser Tyrann ist ein ewig sich beklagender Fehler­sucher. Nie ist etwas gut genug. Er ist her­ablassend, beleidigend und benutzt Schimpfwörter, um das Selb­st­be­wusst­sein seines Opfers zu zerstören. Er fordert oft Au­genkon­takt beim Sprechen, nur um absichtlich Au­genkon­takt zu vermeiden, wenn seine „Zielscheibe“ antwortet. Ihre Reaktionen werden vom Nörgler mit Seufzern oder Stirn­run­zeln beantwortet. Er bedient sich der Memos und E-Mails, um sein Opfer in Ko­r­re­spon­denz zu ersticken. Auch geht er mit persönlichen Aspekten der Opfer ins Gericht, die nichts mit der Leistung am Ar­beit­splatz zu tun haben. Um mit einem ewigen Nörgler fertig zu werden, versuchen Sie es zuerst mit Humor. Bei der nächsten Attacke rufen Sie sich diese sarkastis­che Bemerkung ins Gedächtnis: „Gott sei Dank! Meinem Leben würde was fehlen, wenn dieser Typ mich nicht kritisieren würde.“ Diese einfache, stille Fest­stel­lung verschafft Ihnen Kontrolle und erhält Ihnen die Würde, die Ihnen der Nörgler nehmen will. Eine andere Taktik, damit umzugehen, ist, sich eine zweite Meinung einzuholen. Dann wissen Sie, ob die Kritik berechtigt ist oder ob es sich um blosses Gejammere handelt.

Die zweiköpfige Schlange

Diese Tyrannen sind pas­siv-ag­gres­sive, unehrliche Menschen. Sie geben vor, nett zu sein, während sie einem das Messer in den Rücken jagen. Es gibt hier drei Kategorien dieses Schlangen­ty­pus: Der erste ist der „Rückenstecher“, der Ihnen das eine ins Gesicht sagt und etwas anderes sagt, sobald Sie sich umgedreht haben. Die zweite Schlange ist die „Jekyll und Hyde“-Variante. Sie ist in der einen Minute nett und in der nächsten boshaft. Leute, die nur mit der netten Seite Kontakt hatten, werden Ihnen keinen Glauben schenken, wenn Sie sich beklagen. Hüten Sie sich vor der „Kein Problem, lassen Sie’s gut sein“-Schlange. Wer solche Worte benutzt, entpuppt sich oft als Schlange, die Regeln verletzt hat und dies vertuschen möchte. Um mit der zweiköpfigen Schlange fertig zu werden, schliessen Sie sich für ein Brain­storm­ing mit anderen Opfern zusammen.

Der Kontrolleur

Dieser Tyrann überwacht seine Opfer durch die Kontrolle von Ressourcen. Er fühlt sich dadurch wichtig, dass er sich in den Mittelpunkt stellt. Sein Anliegen ist es, Ihre Zeit, Ihre Mittel, Ihr Lob und Ihr Geld zu kon­trol­lieren. Er drangsaliert seine Opfer, indem er sie aus der Kom­mu­nika­tion­ss­chleife herauswirft (z. B. Post oder E-Mail stoppen, nicht zurückrufen). Er macht es seinen Opfern schwer, ihre Privilegien wahrzunehmen, ein­schliesslich ihres Rechts, ihren Drangsalierer zu verklagen. Um mit einem Kontrolleur fertig zu werden, sollten Sie ein Meeting unter vier Augen arrangieren. Das wird zwar unangenehm sein, ist aber die einzige Chance, Änderungen herbeizuführen. Ihre Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit, gepaart mit der Fähigkeit, Themen einfach und ruhig vorzubrin­gen, werden den Erfolg des Meetings ausmachen. Sagen Sie, was Sie auf dem Herzen haben, ohne dass der Kontrolleur in die Defensive getrieben wird. Wenn er nicht zu einem Treffen bereit ist, bitten Sie einen Kollegen, der einen besseren Draht zu ihm hat, um eine einleitende Unterredung.

Der Choleriker

Dieser stereotype Tyrann ist an sich recht selten. Choleriker sind impulsiv und geraten emotional ausser Kontrolle. Oft brüllen sie so etwas wie „Ich bin hier der Boss!“ und „Machen Sie gefälligst, was ich gesagt habe!“ Ein Choleriker vergiftet den Ar­beit­splatz mit ständigen Wutausbrüchen und cho­lerischen Anfällen. Der Umgang mit Cholerikern kann schwierig sein. Man fühlt sich wie ein gescholtenes Kind. Ignorieren Sie die Attacke, wird er Ihre Passivität als Einladung für zusätzliche Ag­gres­sio­nen sehen. Nehmen Sie Ihre innere Stärke zu Hilfe, um seinen Auftritten zu begegnen. Benutzen Sie ein stilles Mantra. Werden Sie verbal angegriffen, wiederholen Sie das Mantra: „Höre auf das Brauchbare von dem Zeug. Ignoriere den Ärger. Es ist nicht deiner.“ Das leitet die Wut ab und baut innere Stärke auf. Eine zweite Technik wäre, den empfind­lichen Punkt des Aggressors zu finden. Konzen­tri­eren Sie sich voll auf sein komischstes physisches Merkmal. Das reduziert Ihre Gefühle, eingeschüchtert zu sein, weil Sie den Tyrannen nicht mehr ernst nehmen.

Wie man Tyrannen dingfest macht

Mit diesen acht leichten Schritten legen Sie Tyrannen das Handwerk:

  1. Suchen Sie Unterstützung bei Ihrer Familie und Freunden – Machen Sie nicht den Fehler, monatelang zu warten, bevor Sie Ihr Problem mit Ihrem Ehegatten oder anderen Ihnen nahe Stehenden zu teilen. Je offener Sie sind, umso leichter die Last, die Sie alleine tragen. Erklären Sie Ihrer Familie und Freunden, dass Sie von ihnen nicht eine Lösung erwarten, sondern ihren Beistand durch Zuhören Ihrer demütigenden Geschichten brauchen. Ermuntern Sie Ihr „Hil­f­s­net­zw­erk“, Sie an frühere Tage zu erinnern, als Sie sich kompetent gefühlt haben.
  2. Kon­sul­tieren Sie einen unabhängigen Arzt oder Therapeuten – ignorieren Sie nicht die physischen und emotionalen Warnzeichen, die ein Mobber Ihrer Gesundheit antut. Beachten Sie Warnsignale wie Schlaflosigkeit, Ängste, Ap­peti­t­losigkeit und abnehmendes sexuelles Verlangen. Erstellen Sie einen Bericht über den Schaden, den Sie durch Stress erlitten haben. Kon­sul­tieren Sie einen praktischen Arzt mit Ihrem persönlichen Gesund­heit­s­plan. Und machen Sie sich klar: Betriebsärzte und -ther­a­peuten arbeiten für die Firma und nicht für Sie.
  3. Bitten Sie um Zeu­ge­naus­sagen – Bei einer Kon­fronta­tion soll es nicht darauf hin­aus­laufen: Ihr Wort gegen das des Aggressors. Fragen Sie jeden, der Zeuge eines Mob­bin­gan­griffes war, um ein einfaches schriftliches Statement vorzu­bere­iten. Es muss Datum, Zeit und Ort des Angriffs enthalten, den Namen der Zeugen, die Beschrei­bung des Vorfalls (mit genauen Zitaten) und die Un­ter­schrift des Zeugen mit Datum.
  4. Kon­fron­tieren Sie Ihren Aggressor – Diese Strategie ist sehr schwierig. Es geht am leichtesten im Beisein einer Gruppe. Obwohl Gruppen oft stillschweigend dem Tyrannen die Möglichkeit geben, Macht zu gewinnen, sind sie auch bestens dafür gerüstet, sie zu entziehen. Die Stärke liegt in der Anzahl. Der Tyrann kann herum­schimpfen und mit Entlassung aller drohen, aber in Wirk­lichkeit ist es noch viel schwieriger, die Entlassung einer ganzen Gruppe von Leuten zu recht­fer­ti­gen. Solidarität entzieht dem Tyrannen Waffen wie Lügen, Heim­lichkeit und Angst.
  5. Interne Beschwerde einreichen – Um Ihren Arbeitgeber für die Mob­bin­gak­tio­nen ve­r­ant­wortlich zu machen, müssen Sie interne Beschwerde einreichen. Seien Sie sich bewusst, dass dieses Prozedere meist den Arbeitgeber und nicht Sie schützt. Eine begrenzte Anzeige ist ratsam: Führen Sie nur Datum, Zeiten und einen objektiven Bericht über die Mob­bin­gat­tacken an. Das tut der Anzeige genüge, ohne dem Aggressor zusätzliche Munition zu liefern.
  6. Bereiten Sie sich gegen Ihren Aggressor vor – Suchen Sie zuerst konkrete Beispiele dafür, wie der Mobber die Firmenregel oder -politik verletzt hat. Suchen Sie als Nächstes Unterstützung in der Nähe der Führungsebene. Wenn Sie sich kein Gehör verschaffen können bei denen, die zwei Man­age­mentebe­nen über dem Aggressor angesiedelt sind, müssen Sie vielleicht das Unternehmen verlassen. Überarbeiten Sie Ihre Mob­bing­doku­men­ta­tion. Ent­per­son­ifizieren Sie Ihre Beschrei­bun­gen, damit das Augenmerk auf das gerichtet ist, was passierte. Finden Sie dann Wege zu verdeut­lichen, welchen negativen Einfluss diese Attacken für die Firma haben (Urlaub wegen Stress/Krankentage, Kosten für Neue­in­stel­lun­gen). Stellen Sie zuletzt eine ausdrückliche Forderung nach einer Lösung, die Ihre Sicherheit und Gesundheit gewährleistet, einer Summe für Schaden­er­satz, falls Sie bleiben, oder für den Fall, dass Sie gehen, einer Abfindung.
  7. Meeting – Wenn Sie sich auf Ihren Fall vorbereitet haben, machen Sie die geeignetste Person ausfindig, um sich Ihre Geschichte anzuhören. Geben Sie sich nicht damit ab, eine Beschwerde jemandem vorzutragen, der nicht mindestens zwei Führungsebe­nen über dem Mobber steht.
  8. Gehen Sie an die Öffentlichkeit – Die vor­ge­nan­nten Schritte sind geeignet, an das ve­r­ant­wortliche obere Management zu appellieren. Wenn diese nicht von Erfolg gekrönt werden oder sich das Management von vornherein weigert, sich mit Ihnen zu treffen, müssen Sie u. U. mit Ihrem Fall an die Öffentlichkeit gehen. Ein Appell an Verbraucher lohnt sich nur, wenn sie mehr auf Ihrer Seite stehen als auf der des Mark­t­preises Ihres Produktes oder Ihrer Di­en­stleis­tung. Sind interne Versuche einmal gescheitert, können Sie Ihren Fall auch dem Vorstand melden, um dem Unternehmen eine letzte Chance zu geben, die Fehltritte des Mobbers zu korrigieren. Wenn nichts mehr hilft, wenden Sie sich an die Medien – oder gehen Sie vor Gericht.

Ihr emotionaler Zyklus

Der emotionale Zyklus spielt sich in sechs Phasen ab:

  1. Opfertum: Das ganze Denken ist bestimmt von der plötzlichen Pein durch die Belästigung. Leicht ist man entmutigt in diesem frühen Stadium. Jemand, der noch nicht mit Mobbing zu tun hatte, wird oft sehr naiv in Bezug auf seine Rechte sein. Arbeitgeber geben Betroffenen nur selten In­for­ma­tio­nen, die ihnen hilfreich sein könnten.
  2. Kraftan­schub: Das Opfer entdeckt Systeme, um Beschwerden vorzubrin­gen. Sie hören von gut aus­ge­gan­genen Schiedssprüchen und grosszügigen Zahlungen. Sie fühlen sich dann machtvoll. Behalten Sie diese positiven Gefühle! Die Phasen 3 und 4 sind de­mor­al­isierend. Behalten Sie alle Kraft, die Sie getankt haben.
  3. Ver­let­zbarkeit: Der Arbeitgeber schlägt zurück. Wenn Sie Klage erhoben haben, wird das Rechtsteam Ihrer Firma versuchen, Sie als Betrüger, als gierigen und pro­fes­sionellen Rüpel darzustellen. Die Ressourcen Ihres möglichen Anwalts werden nicht mit denen Ihres Un­ternehmens mithalten können. Sie stellen auf einmal fest, inwieweit das Unternehmen Zugriff auf Ihre medi­zinis­che Krankengeschichte hat. Man wird versuchen, Sie anhand der Ihnen ver­schriebe­nen Rezepte als chronischen „Schmerz­pa­tien­ten“ darzustellen (Code für unangemesse­nen Schmerz). Sie dürfen nicht vergessen, dass die Gegenseite zurückschlagen muss.
  4. Isolation und Ver­lassen­sein: All jene, die Sie während der zweiten Phase begleitet haben, scheinen plötzlich ver­schwun­den. Sie fühlen sich allein gelassen. Die, die sich fürchten, in Ihrer Haut zu stecken, meiden Sie wie die Pest. Weigern Sie sich, alleine dazustehen. Zwingen Sie Ihre Freunde, Kontakt zu halten. Treten Sie einer Selb­sthil­fe­gruppe bei. Kanal­isieren Sie Ihre Energie in positive Aktivitäten. Starten Sie ein eigenes Geschäft oder bauen Sie etwas. Lassen Sie diese Sache Ihr Leben nicht vollkommen überschatten.
  5. Ärger: Ihr Ärger richtet sich gegen jeden, am meisten gegen sich selber und sogar gegen die, die Sie unterstützen. Die Argumente der Gegenseite beginnen, Ihr Selb­st­be­wusst­sein zu untergraben. Ihnen fehlt die regelmässige Ar­beit­srou­tine und Sie haben zu viel Zeit. Gefährlich wird es, wenn Sie anfangen zu glauben, dass das über Sie Gesagte ein „Körnchen Wahrheit enthält“. Zerstreuen Sie Ihren Ärger. Lesen Sie in Büchern, wie man mit Ärger umgeht. Definieren Sie Ihr Selbst durch die Meinungen derer, die Sie lieben.
  6. Lösung: Zeit weit­erzu­machen. Wenn Sie siegreich sind, wird es einfacher sein, Ihren Feinden zu vergeben. Wenn alles vorbei ist, ziehen Sie eventuell in Betracht, sich für andere in gleicher Situation stark zu machen. Egal wie, es ist wichtig, dass Ihr Hass verblasst, um positive mentale Gesundheit und Selb­st­wert­gefühl zu erlangen.

Über die Autoren

Gary Namie, Ph.D., ist Präsident der Kampagne gegen Mobbing am Ar­beit­splatz. Er ist ein sozial engagierter Psychologe. Ruth Namie, Ph.D., ist Gen­eraldirek­torin der Kampagne gegen Mobbing am Ar­beit­splatz. Ihre persönliche Erfahrung mit Mobbing führte zu dieser Kampagne und zu den sich an­schliessenden Pub­lika­tio­nen, ein­schliesslich dieses Buches.