6000 aus sechs Milliarden
Manche Menschen haben es einfach drauf: Sie verdienen Millionen, weil ihnen ein großes Unternehmen gehört, weil sie Spitzenleistungen im Sport erbringen oder einen Weltbestseller geschrieben haben. Um aber zur Elite der Spezies Mensch zu zählen, braucht man mehr als Geld oder Erfolg. Man muss Einfluss haben, und dies über alle Grenzen hinweg. Etwa 6000 Menschen von den sechs Milliarden auf unserer Erde zählen zu diesem Superklub, darunter Religionsführer, Topmanager, Politiker, Militärs, Stars, aber ebenso einige dunkle Gestalten wie Terroristenführer, Oberhäupter von Verbrecher-Clans und die Bosse des weltweiten Drogen-, Waffen- und Menschenhandels.
„Im Lauf der letzten Jahrzehnte hat sich eine globale Elite herausgebildet, die unverhältnismäßig mehr Macht hat als jede andere Gruppe auf der Welt.“
Die bedeutendste Gruppe innerhalb der Super-Klasse sind die Geschäfts- und Finanzleute, deren Einfluss global gesehen oft größer ist als jener einzelner Staaten. Der Grund dafür liegt in dem Umsatz, den sie machen: Er stellt so manches Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den Schatten. Das BIP Saudi-Arabiens z. B. reicht nicht an den Umsatz von ExxonMobil heran und General Motors hat höhere Einnahmen als die Bevölkerung Thailands erwirtschaftet. Der Einfluss solcher Weltkonzerne ist gigantisch, und wenn man bedenkt, dass die 2000 größten Firmen der Erde mehr als 70 Millionen Leute beschäftigen, also über deren Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen entscheiden, wird deutlich, welche Macht die jeweiligen Topmanager haben. Dazu kommt, dass solche Unternehmen auch Politiker wirksam unterstützen können, die ihrerseits wiederum die Geschicke eines Landes lenken.
Raubritter eines vergoldeten Zeitalters
Aber auch die Vorstände der weltgrößten Unternehmen werden beeinflusst: von ihren Aktionären. So liegen z. B. in den USA 85 % des Aktienkapitals in den Händen der dollarschwersten Amerikaner – und das sind nur 10 % der Gesamtbevölkerung. Die Macht ist heute also extrem konzentriert, zumal selbst innerhalb der Elite keineswegs alle gleich sind. Es gibt auch dort wieder eine Gruppe, die besonders viel Macht und Einfluss besitzt. Vilfredo Paretos 80-zu-20-Regel müsste man für die Super-Klasse in eine 90-zu-10- oder 99-zu-1-Regel abwandeln. Irgendwann bleibt, was Macht anbetrifft, tatsächlich eine Handvoll Leute, die die Fäden ziehen. So gibt es z. B. nur eine Armee, jene der USA, die weltweit Krieg führen kann. Und nur zwei Religionen, das Christentum und den Islam, denen je eine Milliarde Gläubige den Rücken stärken.
„Es ist ganz natürlich, dass die Machtlosen sich Gedanken darüber machen, wo die Macht sich versteckt hält.“
Wer nun glaubt, dass diese Super-Klasse ihre Macht und ihren Einfluss dazu nutzen würde, die Welt gerechter zu machen und Spannungen abzubauen, wird bei genauem Hinsehen schnell eines Besseren belehrt. Die Elite lebt offenbar ganz gut mit dem Status quo, schließlich stellt sie die Regeln auf. Es gibt zwar einige, die der Meinung sind, die Super-Klasse würde alles in die richtigen Bahnen lenken und im Zuge der Globalisierung der Armut den Kampf ansagen. Andere aber halten die wenigen Weltlenker schlichtweg für die Raubritter („robber barons“) eines neuen Zeitalters.
Die Strategien der Macht
Wer Glück hat, wird einfach als Spross einer zur Elite zählenden Familie geboren, lernt von Kindesbeinen an, mit Macht umzugehen, bekommt das dazugehörige Netzwerk in die Wiege gelegt und saugt die Vorteile des Establishments mit der Muttermilch ein. Eine andere Möglichkeit, an die Hebel der Macht zu gelangen, ist der Aufbau eines umsatzstarken Unternehmens. Wer darüber entscheidet, wo produziert wird oder wo die Aktien notiert werden, kann ordentlich Druck ausüben.
„Die Aktionäre entscheiden über das Schicksal von Vorständen und Managern, deren Entscheidungen im Falle der großen Konzerne Millionen von Angestellten, Familien, Kunden und Zulieferern auf der ganzen Welt betreffen.“
Auch ein üppig ausgestattetes Bankkonto kann Macht verleihen. Die medizinische Forschung z. B. läge ohne das Geld aus Stiftungen wie der von Bill Gates schon bald auf dem Trockenen. BP investiert an amerikanischen Universitäten Millionen Dollar in die Entwicklung von Biokraftstoffen. Andere Unternehmen unterstützen den amerikanischen Wahlkampf nach Kräften – nicht ganz uneigennützig, denn der spätere Präsident wird sich gerne daran erinnern. Und er hat, was sie nicht haben: politische Macht, die darin besteht, Entscheidungen treffen zu können. Deshalb umschwirrt die Super-Klasse Leute wie ihn wie Motten das Licht, um sie in ihr Netzwerk einzuknüpfen. Netzwerke sind ein Machtwerkzeug, das heute zunehmend an Bedeutung gewinnt.
„Im Wesentlichen lässt sich die Verteilung von Reichtum und Macht auf Ungerechtigkeiten zurückführen, die bis ins Kolonialzeitalter zurückzuführen sind – nicht nur in Lateinamerika.“
Schließlich hat Macht immer auch, wer Gewalt ausübt – und nicht nur androht. Ein Grund, weshalb die USA sich im Irak so schwertun, ist, dass sie ihre militärische Überlegenheit, die z. B. im Besitz atomarer Waffen besteht, gar nicht ausspielen können. Der eigentlich viel schwächere Feind hingegen kann alles riskieren, weil er nichts zu verlieren hat.
Die Finanz- und Wirtschaftselite
Es gibt immer wieder Leute, die die Gunst der Stunde zu nutzen wissen. Michail Chodorkowski hat der Zusammenbruch der Sowjetunion zum Start seiner Karriere verholfen. Als Vorstand der Menatep-Bank häufte er zunächst auch dank seines genialen Netzwerkes eine Menge Geld an, machte sich als Berater in der Regierung Freunde und kaufte dann mit deren Unterstützung den Ölgiganten Yukos, wodurch er in die Riege der vielfachen Milliardäre aufstieg. Seine Idee, jetzt auch noch politischen Einfluss an sich zu reißen, war aber nicht besonders gut, weil seine ehemaligen Wasserträger in der Regierung Gefahr witterten und Putin ihn kurzerhand ins Gefängnis beförderte. Anderen russischen Oligarchen erging es ähnlich; allein Roman Abramowitsch sicherte sich für den Fall der Fälle rechtzeitig eine luxuriöse Bleibe im Westen.
„Im Zeitalter der Globalisierung sind multinationale Konzerne nicht mehr an ein bestimmtes Land gebunden, wodurch sie wesentlich größeren Einfluss auf nationale Regierungen haben, die immer schneller an ihre Grenzen stoßen.“
Auch Wirtschaftsunternehmen ziehen ihren Gewinn an Geld und Macht aus großen Veränderungen wie der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, dem Ende des Kalten Krieges, der Wende oder der Globalisierung. Weder Staaten noch Kontinente stellen für weltweit agierende Konzerne heute noch Grenzen dar, und wer im Ausland erst mal Fuß gefasst hat, verfügt nicht nur dort, sondern auch in der Heimat über – im Wortsinn – grenzenlose Macht. Intel z. B. braucht längst keine eigenen, also amerikanischen Arbeitnehmer mehr, um sein Imperium zu vergrößern. Oder nehmen wir die 500 größten Aktiengesellschaften der USA. Sie erwirtschafteten 2007 über 50 % ihres Umsatzes im Ausland. Die Chairmen, CEOs und Geschäftsführer solcher Konzerne sind nicht nur bestens untereinander vernetzt, sie sind auch noch im Aufsichtsrat oder als Berater in anderen Großunternehmen vertreten, womit ihr Einfluss wächst wie eine Gewitterwolke.
Die politische Elite
Eigentlich hat in den USA das Volk die Macht; die Wähler entscheiden, wer Präsident wird. Offenbar interessiert das aber immer weniger Bürger, jedenfalls kennen mehr Amerikaner die Namen ihrer Sport- und Popstars als die ihrer politischen Vertreter. Wenn die Bürger ihre politische Verantwortung abgeben, kocht eine Handvoll Auserwählter das Süppchen eben alleine. Und wenn dann die Amtszeit vorbei ist, warten schon lukrative und vor allem einflussreiche Posten in der Finanzwelt auf sie. Die ehemaligen amerikanischen Finanzminister findet man u. a. bei Cerberus, Blackstone oder der Citigroup, mehrere Ex-Staatssekretäre bei Goldman Sachs. Eine rein amerikanische Spezialität ist das nicht, der britische Ex-Premierminister John Major ging zur Carlyle Group, der peruanische zur Credit Suisse und der Pakistani war vorher bei der Citigroup. Eine Hand wäscht die andere.
Die militärische Elite
Ähnlich miteinander verbandelt sind die Verteidigungsposten in der amerikanischen Regierung und die Posten in der Wirtschaftswelt – und das wird wohl auch so bleiben, solange sich die USA in einem selbst ernannten Dauerkriegszustand befinden. Robert McNamara beispielsweise war Chef der Ford Motor Company, als er auf den Platz des Verteidigungsministers rückte. Der Rüstungsindustrie gelang es in letzter Zeit, ihre Macht durch Fusionen noch stärker zu konzentrieren: Aus ehemals 50 amerikanischen Großbetrieben wurden in den letzten zehn Jahren sechs Großkonzerne. Von dem Kuchen möchten natürlich auch andere Länder etwas abkriegen, also ist Fusion ein globaler Trend in dieser Branche, und die Nutznießer sind die wenigen Vorstände der Megaunternehmen: Sie sind das Zünglein an der Waage, wenn es um neue, lukrative Waffensysteme geht.
Schattenkrieger und Medienmoguln
Man braucht heute keine kostspieligen Vertriebswege mehr, um Millionen Menschen zu erreichen. Die neuen Medien unseres Informationszeitalters verbreiten Nachrichten in Sekundenbruchteilen rund um den Globus. Die so genannte Schattenelite, Terroristen und Freiheitskämpfer, wären ohne diese Technologie bei Weitem nicht so schlagkräftig. Aber nicht nur Einzelne oder kleine Gruppen gelangen so zu enormem Einfluss, sondern auch jene, die die Diskussionsforen bereitstellen – etwa das Al-Fajr Media Center, das Dschihad-Botschaften in die Welt posaunt, oder manche Blogger, auf deren politisch gefärbten Websites sich weltweit Millionen Menschen treffen.
„Wenngleich Rüstungsfirmen immer stärker in globale Netzwerke eingebunden wurden, haben sie auch an Autonomie gewonnen, indem sie die Initiative zur Umstrukturierung der internationalen Rüstungsindustrie übernommen haben – eine Aufgabe, die früher in staa
Eine Elite stand jahrhundertelang auf dem Abstellgleis, ehe sie dank der modernen Medien eine Renaissance erlebte: die Religionsführer. Der Aufstieg der Taliban und der Sieg der Hamas spricht eine deutliche Sprache. Wo früher Missionare ausschwärmten, um Anhänger zu sammeln, bedient man sich heute des Internets – das geht deutlich schneller und ist umso effizienter, weil die Information nicht nur in eine Richtung fließt, sondern Feedbacks zulässt. Da muss man sich vermarkten können und Ideen haben – wie beispielsweise der argentinische Priester Luis Palau, der ein Unternehmen aufgebaut hat, für Millionen Dollar Festivals mit Skate-Parks und Rockbands organisiert, mit Präsident Bush durch China reist, in 42 Ländern über Radiostationen zu hören ist und damit Millionen von Anhängern erreicht.
„Am Ende ergibt sich ein durch und durch menschliches Bild der Super-Klasse: eigenwillige, unvollkommene Wesen, die vom Erfolg besessen sind.“
Mächtig ist, wer die Kontrolle ausübt. Das trifft natürlich speziell für die Kontrolle über Informationen zu. Nicht umsonst zählt Rupert Murdoch zu den einflussreichsten Menschen der Welt. Nach seinem Oxford-Studium verleibte er sich erst mal zu Hause, in Australien, einige Zeitungsverlage ein. Heute hält er als CEO und Chairman der News Corporation einen Megakonzern an der Leine, der vielen Hundert Millionen Menschen Nachrichten und Unterhaltung liefert. Ob Die Simpsons oder Nachrichten im Fox News Channel, ob American Idol (im deutschen Fernsehen Deutschland sucht den Superstar) oder Filme bei 20th Century Fox, Rupert Murdoch kontrolliert, was wir sehen und hören – und außerdem auch, wer regiert, denn natürlich dirigiert er die Berichterstattung in den wichtigsten US-Medien zugunsten seiner Favoriten.
Eine verschworene Clique
Die Elite bleibt unter sich, auch wenn die Mitglieder ständig wechseln, einige ausscheiden und andere dazustoßen. An die globalen Super-Events wie die Bilderberg-Konferenzen, die Trilaterale Kommission, das Weltwirtschaftsforum oder den Bohemian Grove wird nur eingeladen, wer dazugehört. Das stärkt das soziale Netzwerk und bewirkt, dass man sich als erlesene Gruppe fühlt. Klar, dass diese Abschottung Verschwörungstheorien Vorschub leistet, aber tatsächlich geht es bei solchen Begegnungen wohl weniger um mysteriöse Weltherrschaftsfantasien als schlicht um gemeinsame Interessen, um den Zusammenhalt, um die Festigung der eigenen Macht und natürlich um konkrete Geschäfte.
„Da ich selber Jude bin, hatte ich immer eine gewisse Schwäche für die alte Theorie einer jüdischen Weltverschwörung. Ich rechnete mir aus, dass ich ganz gute Chancen hätte, eine respektable Position im Weltbeherrschungsapparat zu ergattern. Aber entweder
Interessant ist die Frage, wie man es auf die Einladungsliste schafft. Wenn Sie die folgenden acht Kriterien erfüllen, stehen Ihre Chancen schon mal gut: Sie sind ein Mann, gehören zur Nachkriegsgeneration, stammen aus Nordamerika oder Europa, haben an einer Eliteuniversität promoviert, verdienen Ihr Geld in der Wirtschafts- oder Finanzwelt, besitzen institutionelle Macht, sehr viel Geld und eine ordentliche Portion Glück. Dann dürfen Sie mitmischen und über Wohl und Wehe des Planeten entscheiden.