Gut aufgestellt

Buch Gut aufgestellt

Fußballstrategien für Manager

Campus,


Rezension

König Fußball regiert die Welt – also auch die Wirtschaft, meint Reinhard K. Sprenger. Was der bei Weitem beliebteste Ballsport Firmenchefs zu bieten hat, beschreibt der renommierte Un­ternehmens­ber­ater in seiner gewohnt eloquenten Art. Mit viel Sprachwitz führt er den Leser anhand zahlreicher un­ter­halt­samer Fußballgeschichten durch die Her­aus­forderun­gen des Un­ternehmen­sall­t­ags. Sprenger besticht wieder einmal durch seine ungewohnten Denkansätze. Er hinterfragt alles, macht Widersprüche deutlich und fordert den Leser zu eigenständigem Denken und Handeln auf. Dabei passiert es schon mal, dass er sich selbst in seinen Gedankengängen zu verheddern droht. Sein un­vor­ein­genommener Blick auf oft einge­fahrene Ver­hal­tensweisen im Management macht dies aber mehr als wett. BooksInShort empfiehlt das Buch allen Un­ternehmern und Managern, die ihre gewohnten Denkmuster in Sachen Führung verlassen wollen.

Take-aways

  • Fußball ist ein Spiegel der Wirtschaftswelt.
  • Es gibt kein Paten­trezept für den Erfolg.
  • Durch gutes Fehler­man­age­ment stärken Sie die Kreativität.
  • Vor­bildliche Führungskräfte führen zuerst sich selbst.
  • Schaffen Sie Vertrauen durch Kon­trol­lverzicht.
  • Gute Führung erfordert Begeis­terung.
  • Entschei­dend für exzellente Teams ist die Fähigkeit der Zusam­me­nar­beit.
  • Spitzen­leis­tung wird durch Ar­beit­splatzun­sicher­heit gefördert.
  • Er­fol­gre­iche Zusam­me­nar­beit verlangt Regeln.
  • Übertriebene Kostenkon­trolle verhindert In­no­va­tio­nen.
 

Zusammenfassung

Fußball erobert das Management

Nichts ist so spannend wie die Wirtschaft – außer Fußball. Oder umgekehrt. Das Spiel mit dem runden Leder hat die Wirtschaft jedenfalls längst im Griff. Ob in Wer­bekam­pag­nen, in den Wirtschaftss­parten der Tageszeitun­gen, im Kundengespräch, in der Strate­giepla­nung oder im Be­rater­jar­gon – in nahezu allen Un­ternehmens­bere­ichen dominiert die Fußballsprache. Wer kennt nicht Re­dewen­dun­gen wie „den Ball flach halten“, „eine Steil­vor­lage geben“ oder „auf Zeit spielen“? Fußball hat aber für den Un­ternehmen­sall­tag noch mehr zu bieten als nur schlaue Sprüche.

„Wirtschaftsführer sind da angekommen, wo Trainer und Fußballmanager schon lange sind: bei hohem, kurzfristi­gen Ergeb­nis­druck, bei dauernder Veränderung, stetigen Wach­s­tum­sansprüchen, globalem Wettbewerb, ständiger Verbesserung, ja Neu-Erfind­ung.“

Der weltweit beliebteste Massensport kann auch als Vorbild für exzellentes Management dienen. Gerade vom Fußball können sich die Firmenbosse abschauen, wie sie den aktuellen Her­aus­forderun­gen der globalen Geschäftswelt erfolgreich begegnen können. Denn Fußball und Management haben mehr gemein als die meisten Unternehmer und Geschäftsführer ahnen. In beiden Welten geht es um das Gewin­nen­wollen, das schnelle Verändern von Strategien, die ständige Verbesserung der eigenen Leistung und die Un­sicher­heit der Beschäftigung. Und in beiden Welten ist der entschei­dende Faktor für Erfolg und Misserfolg der Mensch.

Was im Spiel mit und ohne Ball entschei­dend ist

Alles ständig im Griff zu haben, ist sicherlich der Wunsch der Mehrzahl der Un­ternehmenslenker. Doch die Realität sieht anders aus. Wo lässt sich das besser beobachten als beim Fußball? Die intensivste Vor­bere­itung, die größte Motivation und das beste Talent können nutzlos sein, wenn der Platz im Schnee versinkt oder der Schied­srichter nicht auf Ballhöhe ist. Auch Manager sollten sich im Klaren sein: Erfolg ist nicht planbar. Und genauso wenig wie Misserfolg lässt er sich vollständig durch die eigene Leistung erklären. Beides hängt immer auch von den aktuellen Gegeben­heiten ab.

„Leistung ist mehrdi­men­sional und das Ansetzen an der Leis­tungs­bere­itschaft ein entsprechend kurzer Hebel.“

Das Gleiche gilt für die in­di­vidu­elle Leistung. Eine hohe Motivation allein garantiert noch keine produktiven Ergebnisse. Diese werden erst möglich, wenn die Mitarbeiter geschult werden und sie Arbeitsplätze vorfinden, in denen sie das Gelernte umsetzen können. Wer glaubt, Ergebnisse ließen sich nur durch eine stärkere Motivation verbessern, gibt das Spiel le­icht­fer­tig aus der Hand.

„Siegen wollen ist eine biologische Beson­der­heit der Menschen.“

Die Abhängigkeit des Erfolgs vom Willen zum Sieg ist für viele Manager wahrschein­lich leicht nachzu­vol­lziehen. „Der Glaube versetzt Berge“, ist ein Sprichwort, das sich auch in vielen Firmen be­wahrheitet. Doch eine andere Erkenntnis des Fußballs können die Unternehmer oft nur schwer ertragen: Der Siegeswille lässt sich nicht antrainieren oder einfach abrufen. Schlimmer noch: Für Erfolg gibt es generell kein Paten­trezept. Jedes Unternehmen muss im globalen Wettbewerb seinen eigenen Weg finden. Die Manager müssen selbst entscheiden, was unter den sich ständig verändernden Rah­menbe­din­gun­gen das Beste ist. Und sie müssen die vollständige Ve­r­ant­wor­tung übernehmen, wenn sie Freiheit gewinnen wollen. Gemeint ist die Freiheit, selbst Stan­dard­si­t­u­a­tio­nen immer wieder neu und überraschend für den Kunden auszuführen.

„Es gibt keine goldene Regel – und wenn es sie gäbe, ich würde raten, ihr nicht zu folgen.“

Ein wesentlicher Faktor dabei ist ein gutes Fehler­man­age­ment. Hier sind die Fußballtrainer ihren Wirtschaft­skol­le­gen oft um einiges voraus. Denn die Kicker ignorieren nicht, dass Fehler zum beruflichen Alltag dazugehören. Zwar wollen auch die Fußballer nichts falsch machen. Aber sie verzichten darauf, aufwändige Systeme zu etablieren, um Fehler permanent zu vermeiden. Vielmehr lassen sie das Scheitern bewusst zu. Tritt es ein, werden keine Schuldigen gesucht, sondern aus dem Geschehenen wird gelernt und die Fehlerquellen werden behoben. Diese Offenheit für Risiken fördert die Kreativität und hält die Freude an der Arbeit am Leben.

„Zur Kunst des Verlierens gehört es, die Ursachen für die Niederlage bei sich selbst und nicht bei den Umständen zu suchen.“

Wer ohne Angst vor Fehlern führt, ist auch in der Lage, mit Anstand verlieren zu können und den Fähigkeiten seiner Leute zu vertrauen. Vor allem aber ist er bereit, alles auszupro­bieren, um auf seine Kundschaft einzugehen. Denn ohne Zuschauer gibt es keinen Fußball und ohne Kunden keine Unternehmen. Fußballvereine wie Barcelona, die auf ihren Trikots für Unicef werben und die Preise für Dauerkarten bewusst günstig halten, sind daher ein Vorbild für die Wirtschaft. Diese Vereine machen vor, wie Unternehmen ihre Kundschaft begeistern können. Schließlich geht es in den Firmen um mehr als nur ein gutes Produkt. Es geht um den Beitrag, den Unternehmen in der Gesellschaft leisten.

Train­er­weisheiten für Manager

Was zeichnet gute Führungskräfte aus? Auch wenn es dafür kein Rezept gibt, so liefert doch der Fußball zahlreiche Vorbilder für das Management. Das beste Beispiel ist sicherlich Jürgen Klinsmann. Der Ve­r­ant­wortliche für das deutsche Sommermärchen der Welt­meis­ter­schaft 2006 zeichnete sich dadurch aus, dass er seine klaren Vorstel­lun­gen jederzeit konsequent verfolgte und sich nicht darum kümmerte, die Erwartungen anderer zu erfüllen oder zu enttäuschen. Zudem umgab sich der Schwabe mit qual­i­fizierten Beratern, er stellte den Teamgeist in den Vordergrund, setzte auf die Stärken der deutschen Na­tional­mannschaft und gab eine einfache Strategie aus: das schnelle Of­fen­sivspiel. Und mit all dem hat Klinsmann sich selbst letztlich überflüssig gemacht.

„Das beste Mittel, eine Führungskraft zu messen, ist die Leistung seiner Mitarbeiter in Abwesenheit.“

Damit hat der ehemalige Nationalstürmer genau das beherzigt, was eine gute Führungskraft zuallererst auszeichnen sollte: sich selbst führen. Nur mit seiner an­ti­hier­ar­chis­chen, auf the­o­retis­che Man­age­men­tkonzepte verzich­t­en­den Einstellung konnte Klinsmann auf die freiwillige Unterstützung der deutschen Spieler und seines Train­er­stabs bauen. Mit seinem Führungsstil stärkte er ihr Selb­stver­trauen. Der Teamchef gewährte allen viele Freiräume für Experimente, er kanzelte niemanden für Fehler ab, er forderte die Spieler mit ungewöhnlichen Entschei­dun­gen ständig heraus und ließ alle die Erfahrung machen, sich nach Niederlagen selbst wieder aufzubauen.

„Freiwillige Gefol­gsleute sind das un­ab­d­ing­bare Gegenstück zu Führungskräften.“

Für viele Manager in der Wirtschaft ist der von Klinsmann prak­tizierte Kon­trol­lverzicht allerdings ein schwieriges Thema. Doch wer nicht loslassen und sich selbst vertrauen kann, wird schwerlich das Vertrauen seiner Belegschaft gewinnen. Klinsmann hat gezeigt, wie es geht. Und er hat seinen Wirtschaft­skol­le­gen noch eine andere Führungstu­gend demon­stri­ert: sich selbst angreifbar zu machen, ohne umzufallen. Der Wahlamerikaner hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er die Dinge anders machen würde, und gleich bei seinem Amtsantritt traf er viele umstrittene Entschei­dun­gen. Neue Train­ingsmeth­o­den gehörten ebenso dazu wie die Trennung vom langjährigen Tor­wart­trainer Sepp Maier, der Verzicht auf bewährte Spieler oder das Beibehalten seines Wohnsitzes in den USA. Für all das wurde Klinsmann heftig kritisiert, aber der Erfolg gab ihm schließlich Recht.

„Vertrauen ist der alles entschei­dende Wet­tbe­werb­svorteil auf schnellen Märkten.“

Der Teamchef räumte darüber hinaus noch mit anderen Vorurteilen vieler Führungskräfte auf. So zeigte er, dass nicht Lob entschei­dend für eine hohe Leis­tungs­bere­itschaft der Spieler ist, sondern ein intensiver und herzlicher Austausch. Vor allem aber zeigte Klinsmann, dass gute Führung eine echte, von innen kommende Begeis­terung für die eigene Aufgabe erfordert. Nur so konnte er seine Spieler emotional auf das gemeinsame Ziel einschwören. Vielen Managern war Klinsmann auch insofern einiges voraus, als er wusste, wann er abzutreten hatte.

Das Geheimnis des Teamgeistes

Eine Einheit sein, als Team auftreten, gemeinsam etwas erreichen wollen – das sind Forderungen, die Firmenchefs ihren Leuten immer wieder stellen. Doch gute Leute allein machen noch keine Er­fol­gs­man­nschaft aus. Dazu gehören vor allem ein ehrgeiziges Ziel, gegen­seit­ige Unterstützung, Ve­r­ant­wor­tung für das eigene Handeln, ein gewisser Zeitdruck, räumliche Ver­bun­den­heit und eine gute Führungskraft. Um den Teamgeist zu stärken, sollte die Führungskraft gerade diejenigen in­di­vidu­ellen Fähigkeiten hervorheben, die das Erreichen des gemeinsamen Ziels fördern.

„Nichts ist so prob­lema­tisch für den Erfolg von morgen wie der Erfolg von gestern.“

Trotz all dieser Faktoren ist die Per­son­alauswahl eine wichtige Vo­raus­set­zung für eine gute Mannschaft. Das Haup­tau­gen­merk sollte dabei natürlich auf Ausbildung und Talent gelegt werden. Gute Teamspieler zeichnet jedoch mehr aus. Ein exzellenter Verkäufer garantiert noch keinen Umsatz, wenn er sich nicht in die Mannschaft integrieren kann oder nicht hinter dem Produkt steht. Wichtiger als Fer­tigkeiten oder Wissen ist daher die Fähigkeit zur Zusam­me­nar­beit. Und das lässt sich am besten in einer Probezeit her­aus­finden. Für viele Un­ternehmenslenker ist diese Form des Auswahl­prozesses leider zu zeit­in­ten­siv. Dabei sollten selbst die etablierten Mitarbeiter immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden und ggf. ihre Aufgaben an andere, möglicher­weise bessere Kollegen abgeben müssen.

„Das Grund­prob­lem der Per­son­alauswahl ist: Er­fol­gre­iche Spieler waren immer unter bestimmten Umständen erfolgreich.“

Nicht nur im Fußball, auch in der Wirtschaft sind Spitzen­leis­tun­gen nur noch deshalb möglich, weil es keine sicheren Arbeitsplätze, Aufgaben oder Bezahlungen mehr gibt. Zudem hat sich die Zusam­me­nar­beit verändert: In guten Teams sind fast alle Spieler Alleskönner. Darüber hinaus werden ihre Ergebnisse nicht einzelnen Personen zugerechnet, sondern dem gesamten Team. Nur so bekommt man eine Team­leis­tung, keine Einzelleis­tun­gen.

Mehr als nur ein Spiel

Fußball lebt von Spannung und von Toren. Um beides zu garantieren, braucht das Spiel nicht nur Mannschaften und einen Platz, es braucht auch sinnvolle Regeln. Gleiches gilt für Unternehmen. Wenn die un­ter­schiedlichen Abteilungen im Sinne eines gemeinsamen Ziels zusam­me­nar­beiten sollen, müssen sie sich an bestimmte Regeln halten. Sonst herrscht in jeder Firma nur Chaos oder Kampf. Der Ausgleich un­ter­schiedlicher Interessen darf allerdings auch nicht zu weit getrieben werden, sonst führt er zur Lähmung.

„Ar­beit­splatzsicher­heit ist eine Illusion, Ar­beits­marktfähigkeit ist die Aufgabe eines jeden Einzelnen. Permanent und lebenslang.“

Entschei­dend für die In­no­va­tionsfähigkeit eines Un­ternehmens ist die Einstellung der Belegschaft. Sind alle Blicke nur auf Kostenkon­trolle aus­gerichtet, wie etwa der Vertei­di­gungsriegel im Fußball, verlieren die eigenen Produkte schnell an Attraktivität, und die kleinste Krise kann das Aus bedeuten. Freude an der gemeinsamen Aufgabe wird bei einem solchen Klima ebenfalls schwer zu finden sein.

„Wenn Sie Mannschaft­sleis­tung wollen, dann müssen Sie die Mannschaft­sleis­tung belohnen, mindestens betonen – eben das Unternehmen als Sol­i­darge­mein­schaft abbilden.“

Wie schnell das eigentliche Spiel bzw. die Un­ternehmensleis­tung in den Hintergrund treten kann, verdeut­licht ein anderer gemeinsamer Trend in Fußball und Wirtschaft: die Manie, alles in Zahlen und Statistiken zu verpacken. Wer heute Fir­men­broschüren oder den Sportteil in der Tageszeitung liest, wird mit einer Unmenge von Daten überhäuft, sodass man oft gar nicht mehr weiß, worum es geht.

Was sagt der Kranken­stand über das tatsächliche Firmenklima aus? Welches Ziel verfolgen Un­ternehmenslenker, wenn sie trotz schwarzer Zahlen Tausende von Mi­tar­beit­ern entlassen? Welchen Hinweis geben Persönlichkeit­stests über die Fähigkeit zur Zusam­me­nar­beit wirklich? Hinter allem Messen und Beziffern steckt letztlich der Wunsch nach Kontrolle. Auf der Strecke bleibt jedoch die Qualität. Denn egal wie gut Daten erhoben werden, die Ergebnisse werden immer anhand subjektiver Meinungen in­ter­pretiert.

Wer sich intensiv mit Fußball au­seinan­der­setzt, erkennt schnell, dass dieser Sport mehr ist als nur ein Spiel. Der Wirtschaft hält er für zahlreiche Themen einen Spiegel vor. Fußball ist längst keine nationale An­gele­gen­heit mehr. In den meisten Bun­desli­gavere­inen sind lokale Spieler oft nur noch die Ausnahme, es dominieren die so genannten „Legionäre“.

Zudem wird der ehemalige reine Männersport zunehmend von Frauen erobert. Und im Frauenfußball steht immer noch das Kom­bi­na­tion­sspiel mehr im Mittelpunkt als beim von Kraft und Ausdauer geprägten Männerfußball. Schließlich nimmt im Fußball faires Verhalten eine her­aus­ra­gende Rolle ein. Gewinnen um jeden Preis scheint zwar manchmal im Fußball wie in der Wirtschaft die Maxime zu sein. Doch letztlich ist es die Fairness, die bei Mi­tar­beit­ern und Kunden Begeis­terung weckt.

Über den Autor

Reinhard K. Sprenger gilt als pro­fil­iertester Man­age­ment­ber­ater und Führung­sex­perte Deutsch­lands. Zu seinen Kunden zählen nahezu alle großen DAX-Un­ternehmen. Der promovierte Philosoph lebt in Zürich und Santa Fe, New Mexico. Er ist auch Autor der Bücher Mythos Motivation, Vertrauen führt, Der dressierte Bürger und Aufstand des Individuums.