Strategisches Investment Management

Buch Strategisches Investment Management

Wie Investoren nachhaltige Wertsteigerung erzielen

Haupt,


Rezension

Das Bild ist desolat: die Fi­nanzin­dus­trie im selb­stver­schulde­ten Niedergang, Renditen Fehlanzeige und keine Besserung in Sicht – jedenfalls weder mit den bisherigen Modellen noch mit den Managern, die uns die aktuelle Systemkrise beschert haben. Mit fast spürbarem Kopfschütteln beschreiben Pümpin und Pedergnana nüchtern und eloquent, leider auch mit manchen Wieder­hol­un­gen, wie man es besser machen könnte. Ihre Lösung in Form des strate­gis­chen In­vest­ment-Man­age­ments scheint gerade trau­ma­tisierte Großinvestoren und Fi­nanz­fach­leute anzus­prechen. Wohl nicht ganz zufällig kommen dabei Pri­vate-Eq­uity-In­vest­ments (und teilweise sogar Hedgefonds) ver­gle­ich­sweise gut weg – in einem Buchband aus der Reihe Swiss Private Equity & Corporate Finance Association. BooksInShort empfiehlt das Buch allen Investoren, die größere (eigene oder fremde) Vermögen zu verwalten haben.

Take-aways

  • Extreme Kurs­be­we­gun­gen kommen sechsmal häufiger vor, als es die Nor­malverteilung erwarten lässt.
  • Die gängigen Kap­i­tal­mark­t­mod­elle taugen nur für Schönwet­ter­phasen.
  • Tra­di­tionelle Konzepte beim Vermögensaufbau bringen nur bescheidene Renditen.
  • Eine nachhaltige Wert­steigerung sieht eine Verdopplung des einge­set­zten Vermögens innerhalb weniger Jahre vor.
  • Strate­gis­ches In­vest­ment-Man­age­ment (SIM) nutzt sämtliche verfügbaren Ressourcen: menschliche, physische, finanzielle und zeitliche (Timing).
  • Die jeweilige Strategie hängt von den Kompetenzen des Investors ab und kann nur maßgeschnei­dert sinnvoll sein.
  • Um Risikofähigkeit und Fokus zu bestimmen, sind möglichst viele Faktoren zu berücksichtigen: finanzielle Ressourcen, Cashflows, Kred­itverpflich­tun­gen, Wert­pa­pier­erträge, Pen­sion­skassen-Guthaben, Lebensver­sicherun­gen, Rück­stel­lun­gen.
  • Mit Anleihen und Indexfonds lässt sich kaum ein Kom­pe­ten­zvorteil aufbauen.
  • SIM durch­leuchtet das gesamte Umfeld jedes Investments im Hinblick auf Einzel­trends und deren Wech­sel­beziehun­gen.
  • Zu den vielver­sprechend­sten An­lageklassen gehören Di­rek­t­beteili­gun­gen an Unternehmen, Immobilien und Private Equity.
 

Zusammenfassung

Min­i­mal­ren­diten – oder darf’s ein bisschen mehr sein?

Ver­meintlich wis­senschaftlich fundierte Konzepte wie die Kap­i­tal­mark­t­the­o­rie haben in­sti­tu­tionellen Anlegern wie Pen­sion­skassen, Fonds und Ver­sicherun­gen in den vergangenen Jahrzehnten einen relativ einfachen Bezugsrah­men gegeben. Neuere Un­ter­suchun­gen belegen jedoch, dass tra­di­tionelle An­lageklassen wie Aktien und Anleihen langfristig nur recht bescheidene Renditen her­vor­brin­gen. Nachhaltige Wert­steigerun­gen sind vielerorts Fehlanzeige, besonders dann, wenn man Steuern, Inflation und sämtliche Gebühren berücksichtigt. So haben schweiz­erische und öster­re­ichis­che Pen­sion­skassen in den letzten zehn Jahren eine jährliche Brut­toren­dite von nicht einmal 5 % erzielt. Im selben Zeitab­schnitt kam der Yale Endowment Fund auf eine Net­toren­dite von 17,8 %, ähnlich die Endowment Funds anderer US-amerikanis­cher Universitäten wie MIT oder Harvard mit jeweils rund 15 %. Der Unterschied lag im Einsatz innovativer In­vest­men­tkonzepte und An­lageklassen.

Die Schwächen des tra­di­tionellen Investments

Eine nachhaltige Wert­steigerung sieht eine Verdopplung des einge­set­zten Vermögens innerhalb weniger Jahre vor – mit tra­di­tionellen In­vest­men­tansätzen ist das praktisch unmöglich. Gerade die En­twick­lun­gen der vergangenen ein bis zwei Jahre haben gezeigt, dass Banken, die ihre Risikos­teuerung an überholte Modelle knüpfen, in ex­is­ten­zielle Krisen rutschten. Drei fun­da­men­tale Schwächen kamen ans Tageslicht:

  1. niedrige Net­toren­diten (nach Berück­sich­ti­gung von Inflation, Steuern und Kosten),
  2. nicht zutreffende Risikoan­nah­men,
  3. überwiegend math­e­ma­tis­che Be­tra­ch­tungsweise (Nichtberück­sich­ti­gung von Aspekten, die sich math­e­ma­tisch nicht ausdrücken lassen).
„Nichts ist so gefährlich wie mit einem Blick in den Rückwärtsspiegel auf einem kur­ven­re­ichen Weg nach vorne zu fahren, und dies mit zunehmender Geschwindigkeit. Dennoch entspricht dies dem All­t­agsmuster in den Analy­seabteilun­gen von Banken und Vermögensver­wal­tern.“

Überraschende und nicht vorherse­hbare Ereignisse (so genannte Black-Swan-Ereignisse) kennen die herkömmlichen In­vest­men­tkonzepte nicht. So kam es, dass die größten in­ter­na­tionalen Banken bis zuletzt mit Risiko­mod­ellen arbeiteten, die auf Nor­malverteilun­gen und Stan­dard­ab­we­ichun­gen beruhten. Die Jahre 2007 und 2008 haben sie eines Besseren belehrt.

„Bildhaft gesprochen baut die Moderne Port­fo­lio-The­o­rie (das Stan­dard­w­erkzeug fast aller Banken und Vermögensver­wal­ter) mit der Nor­malverteilung auf einer Schönwet­ter­an­nahme auf.“

In den Jahren, in denen das CAPM (Capital Asset Pricing Model) und die MPT (Modern Portfolio Theory) ihre Dienste taten, wuchs die Gläubigkeit an diese Modelle immer weiter, und immer weniger wurden sie hinterfragt. Die Geschehnisse im Fi­nanzsek­tor in den Jahren 2007 und 2008 haben diese Hörigkeit in Frage gestellt. Eines der gravierend­sten Probleme bei den angewandten Risikoab­sicherungsmod­ellen – die ihren Namen offenbar nicht verdienten – war, dass wichtige Eigen­schaften von Ko­r­re­la­tio­nen (gegen­seit­i­gen Abhängigkeiten) nur ungenügend oder gar nicht berücksichtigt wurden. Zum einen wurden in der Ver­gan­gen­heit beobachtete Ko­r­re­la­tio­nen auch für künftige En­twick­lun­gen unterstellt, zum anderen löste sich die Annahme einer statischen Korrelation in Luft auf, und das gerade in Phasen, in denen die math­e­ma­tis­chen Modelle stabile Muster vo­raus­ge­sagt hatten. Aber keine Risikoab­sicherung der Welt funk­tion­iert noch, wenn sich die un­ter­stell­ten Ko­r­re­la­tio­nen gerade an Tagen mit den gefürchteten extremen Mark­ten­twick­lun­gen verschieben.

Die Welt ist nicht nor­malverteilt

Der prob­lema­tis­che Umgang des Menschen mit den Gesetzen der Wahrschein­lichkeit hat eine lange Tradition. Große Bedeutung an den Finanzmärkten haben so genannte Bi­furka­tion­spunkte: Der Investor steht an einer Weggabelung und muss eine bedeutende Entschei­dung treffen. Hat eine Investition erst einmal einen solchen Punkt passiert, ist ein Zurückschwenken auf den anderen Pfad nicht mehr möglich – nichts­destotrotz halten viele Anleger unbeirrt an ihrem ursprünglichen Plan fest, ohne die neuen Gegeben­heiten zu beachten. Eine genaue Mod­el­lierung von Ren­di­teer­wartun­gen ist an den Finanzmärkten überlebenswichtig. Dumm nur, dass extreme Kurs­be­we­gun­gen etwa sechsmal häufiger vorkommen, als es die altehrwürdige Nor­malverteilung (Glock­enkurve) erwarten lässt. Mit anderen Worten: Die math­e­ma­tis­chen Modelle, die der Finanzwelt übergestülpt wurden, taugen nur für Schönwet­ter­phasen – bei Schlechtwet­ter­pe­ri­o­den an den Börsen muss das Gebäude in sich zusam­men­brechen. Eine entschei­dende Erkenntnis ist: Risiken werden nicht von der Mathematik eingegangen und kon­trol­liert, sondern von Menschen. Also muss der Faktor Mensch adäquat gewürdigt werden, wie es die Behavioral Finance (ver­hal­tensori­en­tierte In­vest­ment­forschung) tut, ganz im Gegensatz zum tra­di­tionellen As­set-Man­age­ment, das nur eine passive Rolle des Investors wie auch des Risiko­man­age­ments vorsieht. Beim Strate­gis­chen In­vest­ment-Man­age­ment (SIM) spielen die Erken­nt­nisse der Behavioral Finance eine zentrale Rolle – zum Schutz des Investors vor sich selbst.

Strate­gis­ches In­vest­ment-Man­age­ment

Al­therge­brachte Konzepte wie MPT und CAPM – beide stammen aus den 50er bzw. 60er Jahren des 20. Jahrhun­derts – haben in den vergangenen Jahren ihre Schwächen offenbart. Im Unterschied dazu zeichnet sich das Strate­gis­che In­vest­ment-Man­age­ment dadurch aus, dass es sämtliche verfügbaren Ressourcen nutzt:

  • humane Ressourcen, z. B. Führungskräfte und Mitarbeiter,
  • physische Ressourcen, z. B. Computer, Gebäude etc.,
  • finanzielle Ressourcen,
  • zeitliche Ressourcen, z. B. durch die Nutzung des Faktors Zeit oder Timing,
  • Netzwerke, z. B. solche des Un­ternehmens oder des Managers.
„Mit zunehmendem Vermögen nimmt der Grenznutzen einer zusätzlichen Million ab. Bei manchen Personen kippt er sogar schon relativ früh ins Negative.“

Werden die vorhandenen Ressourcen des Investors optimal zur Geltung gebracht, entstehen daraus überlegene Fähigkeiten im Sinne von Kernkom­pe­ten­zen. Außerdem müssen Sie bedenken, dass auch im In­vest­ment­prozess Wettbewerb herrscht, d. h. dass Sie die Frage beantworten müssen, welche anderen Investoren sich in der gleichen An­lageklasse tummeln.

„Eine der wohl anspruchsvoll­sten Aufgaben im strate­gis­chen In­vest­ment-Man­age­ment ist die Neugestal­tung des Portfolios im Sinne der neu for­mulierten Strategie.“

Im Unterschied zum CAPM berücksichtigt das SIM jegliches für die jeweilige Strategie relevante Wissen. Ganz wichtig sind Ihre persönlichen Fähigkeiten bei der Strate­gieen­twick­lung sowie Ihre Bere­itschaft, sich und Ihre Kernkom­pe­ten­zen aktiv einzubrin­gen. Sind tra­di­tionelle Konzepte in der Regel bench­marko­ri­en­tiert (es wird versucht, einen bestimmten Index zu schlagen), so ist das Ziel des SIM eine absolute und nachhaltige Wert­steigerung. Im Vordergrund stehen nicht mehr die beiden Kerngrößen Risiko und Er­tragspoten­zial, sondern der Aufbau von Fähigkeiten im Hinblick auf die ausgewählten An­lageklassen. Das Mantra der Modernen Port­fo­lio-The­o­rie war die Di­ver­si­fika­tion (Risikostreu­ung). Demgegenüber berücksichtigt das SIM, dass man das In­vest­mentspek­trum zwangsläufig eingrenzen muss und eine zu große Streuung zwar das Risiko-, zugleich aber auch das Ren­ditepoten­zial erheblich schmälert.

Die An­lageklassen

Im SIM wird regelmäßig geprüft, welche An­lageklassen aus strate­gis­cher Sicht attraktiv und vielver­sprechend sind. Zur ersten Gruppe von An­lageklassen, bei denen es möglich ist, strate­gis­che In­vest­mentvorteile aufzubauen, gehören Di­rek­t­beteili­gun­gen an Unternehmen, Immobilien und Private Equity (Kapital von Pri­vat­per­so­nen). Mit Einschränkungen lassen sich auch Hedgefonds hier einordnen sowie exotisch anmutende An­lageklassen wie Kunst – dem persönlichen Einsatz des Investors kommt dabei enorme Bedeutung zu. In die zweite Gruppe der An­lageklassen, bei denen sich strate­gis­che Vorteile nur begrenzt oder mit hohem Aufwand realisieren lassen, zählen Investments in kleine börsen­notierte Unternehmen (so genannte Micro- oder Small-Caps), in Emerging Markets (auf­strebende Märkte) oder evtl. in vereinzelte Rohstoffe. Prob­lema­tisch dagegen ist die dritte Gruppe, zu der Anleihen, Indexfonds sowie Aktien von mittelgroßen oder großen Unternehmen gehören. Diese Gruppe bietet sich nur für Di­ver­si­fika­tion­szwecke an, sofern man dies wünscht. Aufgrund des starken Wettbewerbs und der damit verbundenen Mark­t­ef­fizienz – jeder hat zeitgleich dieselben In­for­ma­tio­nen – ist es fast nicht möglich ist, sich einen strate­gis­chen Kom­pe­ten­zvorteil aufzubauen.

Die Umwelt­analyse

Kein Investment steht einfach nur so für sich. Vielmehr ist es eingebettet in ein Umfeld, in eine Umwelt, in einen Trend. Dieses Umfeld muss genau durch­leuchtet werden, will ein Investor mit einem Engagement erfolgreich sein. Zur Umwelt­analyse eines bestimmten Marktes zählen beispiel­sweise die poli­tisch-rechtliche Dimension (Konflikte, Steuerthe­men), die soziale Sphäre (Konsum- und Sparver­hal­ten), tech­nol­o­gis­che Veränderungen (In­no­va­tion­szyklen, Produktivität), de­mografis­che Trends (Alterung und Migration, Ju­gendquo­tient) sowie wirtschaftliche Vo­raus­set­zun­gen (Brut­tosozial­pro­dukt, Inflation, Beschäftigung und Ar­beit­slosigkeit). Natürliche stehen sämtliche Phänomene wiederum in komplexen Wech­sel­beziehun­gen zueinander, zahlreiche Rück­kop­pelungsef­fekte prägen die Markt- und En­twick­lungszyklen. Diese Komplexität durch die Erkennung von Mustern zu entschlüsseln, darin liegt die Kunst der mehrdi­men­sion­alen Umwelt- und Mark­t­analyse im Rahmen des strate­gis­chen In­vest­ment-Man­age­ments.

Der Investor

Jeder Mensch ist einzigartig, so auch Sie als Investor. Die Suche nach Ihren persönlichen Ressourcen und nach Ihren Stärken kann daher nur individuell erfolgen. Dazu gehört im ersten Schritt die Aufstellung der fi­nanziellen Ressourcen sowie aller aktuellen und künftigen Cashflows (Mittelabflüsse bzw. -zuflüsse) beispiel­sweise aus Kred­itverpflich­tun­gen oder Wert­pa­pier­erträgen. Je umfassender, desto besser. Auch Guthaben in Pen­sion­skassen, Lebensver­sicherun­gen mit Rückkaufswert und Rück­stel­lun­gen für die Ausbildung der Kinder zählen dazu. Aus diesen Eckwerten lässt sich Ihre Risikofähigkeit ermitteln: Gegenwärtige und zukünftige Vermögenswerte abzüglich der gegenwärtigen und zukünftigen Verpflich­tun­gen ergeben die Risikofähigkeit. Doch Vorsicht: Diese ist nicht gle­ichzuset­zen mit Ihrer tatsächlichen Risikobere­itschaft, welche nur eine Teilmenge der Risikofähigkeit ist. Wer wie viel und wie oft von seiner the­o­retis­chen Risikofähigkeit einsetzt, hängt auch vom Zei­tho­r­i­zont, von gesellschaftlichen Wertvorstel­lun­gen und nicht zuletzt von persönlichen Präferenzen ab.

Die In­vest­mentstrate­gie

Mit dieser Vorarbeit können Sie nun die In­vest­mentstrate­gie entwickeln. Deren Leitidee umschreibt Ihre Absichten zur Entwicklung Ihres künftigen Vermögens. Es gilt, Schlüsselziele zu definieren im Hinblick auf Wert­steigerung, Werterhalt und das Eingehen der zuvor ermittelten Risiko­tol­er­anz. Das Kernelement der In­vest­mentstrate­gie sind jedoch die aufzubauen­den Er­fol­gspo­si­tio­nen, d. h. Ihre Kernkom­pe­ten­zen, die zur Umsetzung der Ziele als er­fol­gs­bes­tim­mend her­auskristallisiert wurden. Daraus geht schließlich die grundsätzliche Struktur des Portfolios hervor: Welche Fokus- und welche Ab­sicherungs-In­vest­ments soll es enthalten, wo liegen ge­ografis­che Schw­ergewichte, welche Cash- und Liquiditätspolitik wird berücksichtigt, welche Netzwerke kann der Investor aktivieren und welche Ressourcen (auch die zeitlichen und sach­be­zo­ge­nen) können eingesetzt bzw. müssen erst noch aufgebaut werden?

Über die Autoren

Cuno Pümpin ist emer­i­tierter Professor für Man­age­mentlehre und Präsident des Instituts für Be­trieb­swirtschaft an der Universität St. Gallen. Maurice Pedergnana ist Professor an der Fach­hochschule Zen­tralschweiz und Geschäftsführer der SECA Swiss Private Equity & Corporate Finance Association.