Du bist die Entscheidung

Buch Du bist die Entscheidung

Schnell und entschlossen handeln

Scherz,


Rezension

Die eigene Zögerlichkeit überwinden, schnell und konzen­tri­ert die anstehenden Entschei­dun­gen treffen – davon träumen viele. Der ehemalige Weltk­lass­eschied­srichter Urs Meier verrät, worauf es beim Entscheiden ankommt – nämlich nicht nur auf harte Fakten, sondern auch auf die Intuition, die eigenen Ziele und eine Portion Mut. Das Ganze erklärt Meier sehr anschaulich und mit vielen ausführlichen Beispielen aus seiner Zeit als aktiver Schied­srichter. Dabei erfährt man u. a., wie der hart­ge­sot­tene Profi-Entschei­der angesichts ran­dalieren­der Hooligans schon mal Muf­fen­sausen bekam oder vom Verband ungerecht behandelt wurde. Das zu lesen ist vor allem für Fußballfreunde interessant. Ganz frei von Plattitüden ist das Buch nicht, aber darüber kann man hinwegsehen, meint BooksInShort und empfiehlt es allen, die in Sachen Entschei­dun­gen nicht nur vom Spielfel­drand aus zuschauen wollen.

Take-aways

  • Jeden Tag treffen wir über 10 000 Entschei­dun­gen.
  • Entscheiden kann man lernen – indem man es einfach tut.
  • Ein wichtiger Ratgeber für gute Entschei­dun­gen ist das Vertrauen in die eigene Intuition.
  • Sammeln Sie Erfahrungen, denn diese füttern die Intuition.
  • Schluss mit dem Per­fek­tion­is­mus, angemessen ist meist gut genug.
  • Konzen­tri­eren Sie sich auf das Wichtigste, um in der In­for­ma­tions­flut nicht un­terzuge­hen.
  • Ziele sind das A und O: Nur wer weiß, wohin er will, trifft die richtigen Entschei­dun­gen.
  • Wer aus Angst nicht entscheidet, hat sich letztlich doch entschieden – nämlich dafür, dass andere für ihn entscheiden.
  • Überwinden Sie übertriebene Befürchtungen, aber berücksichtigen Sie berechtigte Ängste.
  • Wenn nicht alles wie gewünscht läuft und die Gefühle hochkochen, treten Sie einen Schritt zurück, damit Sie Ihre Ziele wieder in den Blick bekommen.
 

Zusammenfassung

Jede Entschei­dung zählt

Jeden Tag treffen wir bis zu 10 000 Entschei­dun­gen. Darunter sehr viele kleine, wie die Wahl der Frühstücks­marme­lade, und hin und wieder einige große, wie die Frage: die Familie verlassen oder bleiben? Jede einzelne dieser Entschei­dun­gen ist wichtig, denn alle zusammen formen Ihr Leben, und es ist Ihre ganz persönliche Freiheit, sich so oder eben anders zu entscheiden. Nicht alle mögen diese Freiheit. Viele Menschen scheuen sich, Entschei­dun­gen zu treffen, sei es aus Angst vor Fehlern, sei es aus Mangel an Selb­st­be­wusst­sein oder an In­for­ma­tio­nen. Die Fähigkeit zur schnellen Entschei­dung ist kein natürliches Talent, sondern trainierbar. Je häufiger man es tut, desto leichter fällt es. Und: Entscheiden macht Spaß! Es ist einfach ein tolles Gefühl, zu sagen: So ist es und nicht anders! Um schneller und leichter richtig entscheiden zu können und die Angst davor zu verlieren, hilft es, sich die fünf wichtigsten Elemente einer Entschei­dung zu verdeut­lichen: das Gefühl, den Verstand, die Erfahrung, den Mut und das Ich.

Das Gefühl

Das Bauchgefühl, auch Intuition genannt, ist ein wesentlicher Aspekt der meisten Entschei­dun­gen. Die Intuition ist viel schneller als der Verstand, und die intuitive Einschätzung einer Situation erfasst viele Komponenten, die man rational kaum aufdröseln könnte. So ist beispiel­sweise das Erkennen eines Gesichts kaum vernünftig nachzu­vol­lziehen, doch in der Praxis kann jeder in Sekun­den­bruchteilen einen Menschen erkennen – eben intuitiv, ohne stun­den­langes Abwägen und Messen, ob die Pro­por­tio­nen stimmen. Übrigens hat auch die Wis­senschaft inzwischen bewiesen, dass der Bauch eine Art zweites Gehirn ist und ständig In­for­ma­tio­nen an den Kopf weit­er­leitet. Die Er­schei­n­ungs­for­men kennt jeder: z. B. Schmetter­linge im Bauch, wenn man frisch verliebt ist, oder Übelkeit, die bei Stress oder Nervosität auftritt.

„Das Gefühl spielt bei unseren Entschei­dun­gen eine Riesenrolle, ohne dass wir uns dessen bewusst werden.“

In unserer auf Logik und Begründung gepolten Welt braucht man allerdings Mut, um seiner Intuition zu vertrauen. Tun Sie es trotzdem – auch wenn schlechte Laune und Ihre Tagesform die Klarheit Ihres Bauchgefühls trüben können. Deshalb ist es so wichtig, dass Sie sich vor wichtigen Entschei­dun­gen in eine positive Stimmung versetzen. Für den Schied­srichter gehört dazu, vor dem Spiel zu allen Beteiligten einen emotionalen Kontakt herzustellen und jedem etwas Positives zu vermitteln. Zur Intuition zählt auch das Wissen, ob man anderen in kritischen Situationen vertrauen kann. Ob man als Schied­srichter beispiel­sweise nur auf das Signal des Assistenten die Gelbe Karte zeigt, obwohl man selbst nichts gesehen hat. Übrigens sind Frauen keineswegs per se intuitiver, oft aber ganzheitlicher in ihrem Denken. Männer dagegen neigen eher zum sa­chori­en­tierten Tunnelblick, der alle Nebe­naspekte ausblendet.

„Gefühl und Intuition sind wesentlich für die schnelle Einschätzung von Situationen.“

Die Intuition hat ihre Grenzen: Bei manchen strikt sa­chori­en­tierten Entschei­dun­gen, wie etwa bei Be­wer­bungs­ge­sprächen, oder bei moralischen Entschei­dun­gen und bei Selb­stkri­tik verführt die Intuition häufig zum Selb­st­be­trug. Ganz falsch ist es, das eigene Gefühl nach dem Motto „Ich konnte nun mal nicht anders“ als Vorwand und Entschuldigung vorzubrin­gen, um keine Ve­r­ant­wor­tung für die eigenen Entschei­dun­gen übernehmen zu müssen.

Der Verstand

Manchmal ist es aber sinnvoll, aufgrund der Faktenlage gegen das Gefühl zu entscheiden. Gerade als heiß umworbener Konsument muss man sich regelrecht gegen die emotionalen Verführungen der Mar­ket­ingstrate­gen durchsetzen, um wirklich das Produkt mit dem besten Preis-Leis­tungs-Verhältnis und nicht das mit der besten Werbung zu kaufen. Wichtiger als die Diskussion einzelner Argumente ist etwas anderes: die eigenen Ziele. Nicht der Weg ist das Ziel, wie manche asiatische Religionen meinen, sondern umgekehrt: Das Ziel bestimmt den Weg. Wenn Sie Ihre ganz persönlichen Ziele kennen, ist das Entscheiden viel leichter, denn daraus leiten sich die vielen Einzel­hand­lun­gen ab, und Sie verzetteln sich nicht. Doch was ist ein gutes Ziel? Es darf nicht zu leicht zu erreichen sein, damit man es mit Ehrgeiz verfolgen kann, muss aber trotzdem re­al­isier­bar sein. „Ich will in 20 Jahren die WM pfeifen“ – über dieses Ziel des damals 18-jährigen Urs Meier haben alle gelacht, doch am Ende ist es genau so gekommen. Auch ist es keineswegs immer falsch, Ziele zu übernehmen, die von anderen Menschen vorgegeben werden, denn sie können einen zu Leistungen motivieren, die man sich selbst niemals zugetraut hätte. Dafür ist die Schule das beste Beispiel. Schwierige Ziele zu erreichen, macht Spaß und sollte auch gebührend gefeiert werden. Wer einfach nur zur Tage­sor­d­nung übergeht, tötet seine eigene Motivation.

„Der Verstand eröffnet uns die Möglichkeit, etwas anderes zu erreichen, als unser Gefühl vorgibt.“

Was gehört zur rationalen Entschei­dungs­find­ung? Hier drei besonders nützliche Methoden:

  1. Fakten sammeln und bewerten: Benutzen Sie Pro-und-Con­tra-Lis­ten, ggf. kombiniert mit einer Bewertung der einzelnen Punkte.
  2. Schluss mit Per­fek­tion­is­mus, der nur Energie frisst und wenig Zusatznutzen bringt. Das Ziel sollte eine angemessene Lösung, keine zigfach optimierte 150 %-Lösung sein.
  3. Konzen­tra­tion auf das Wichtige – damit Sie im Meer der In­for­ma­tio­nen nicht ertrinken.
„Das Geheimnis guter Entschei­dun­gen liegt darin, das Ziel zu kennen.“

Und das geht so: Reduzieren Sie die Anzahl der Entschei­dun­gen, die Sie tatsächlich selbst treffen müssen. Weniger wichtige delegieren Sie besser an Mitarbeiter. Konzen­tri­eren Sie sich bei der Anzahl der zu be­tra­ch­t­en­den Faktoren auf die wirklich wichtigen; meist kristallisiert sich dann schnell die richtige Alternative heraus. Wechseln Sie den Standpunkt. Formulieren Sie die eigentliche Frage um, machen Sie einen Rol­len­tausch oder denken Sie paradox, d. h. betrachten Sie das Gegenteil der angestrebten Lösung. Dadurch finden Sie auf jeden Fall schon mal die ungeeigneten Lösungen heraus.

„Das Gefühl, Bescheid zu wissen, schwächt die Dif­feren­zierungsfähigkeit.“

Außerdem hilfreich: Bewegung oder Sport, um den Kopf wieder frei zu bekommen, und Kom­mu­nika­tion mit anderen, um ihnen und sich selbst die eigenen Entschei­dun­gen verständlich zu machen.

Die Erfahrung

Je mehr Erfahrung man mit einer bestimmten Sache hat, desto besser werden die Entschei­dun­gen. Das liegt daran, dass Erfahrungen die Intuition füttern. Wichtig ist, dass Sie sich dem wirklichen Leben aussetzen. Erfahrungen „aus der Dose“, aus Film, Fernsehen oder Büchern sind nicht gleich viel wert. Kinder dürfen nicht vor allem und jedem beschützt werden, sondern müssen selbst Erfahrungen machen dürfen. Dumm nur, dass dazu auch das Aus­pro­bieren gehört, das hierzulande nicht gut angesehen ist – schnell gilt man als jemand, der nicht weiß, was er will. Die so genannten Umwege sind aber wesentlich, um her­auszufinden, was man wirklich will. Dazu gehören Fehler. Stehen Sie zu diesen, sie gehören nun einmal zum Leben. Un­ver­ar­beit­ete Fehler führen schnell zur Blockade, weil man sich schämt und die Sache einem peinlich ist. Deshalb: Kom­mu­nizieren Sie Fehler offen, und versuchen Sie, daraus zu lernen. Dazu gehört, sich ggf. zu entschuldigen. Dabei geht es nicht um das Abspulen von Floskeln, sondern um ernst gemeinte Entschuldigun­gen, die von Herzen kommen. Und wenn Ihnen jemand eine Entschuldigung anbietet, gilt: Großzügigkeit zahlt sich mehr aus als engstirnige Rechthaberei. So gut Erfahrungen sind, sie sollten nicht zur ne­un­malk­lu­gen Besser­wis­serei führen. Jede neue Situation ist anders und kann sich anders entwickeln als erwartet. Seien Sie also offen und nutzen Sie bewusst neue Erfahrungen, um innerlich zu reifen.

Der Mut

Angst ist der natürliche Partner der Entschei­dungss­chwäche: Angst vor Gerede, Strafe oder Fehlern. Deshalb neigen viele zum Aussitzen, Abwarten oder Nichtstun. Doch auch das Nich­t­entschei­den ist eine Entschei­dung, die Kon­se­quen­zen haben kann. Spätestens dann, wenn andere entscheiden, wenn beispiel­sweise der Chef Sie rauswirft, nachdem Sie selbst schon lange innerlich gekündigt haben. Es gibt drei Typen von Entschei­dungsver­mei­dern, wobei die Übergänge oft fließend sind:

  1. Der erste Typ hat schlicht und ergreifend Angst, falsch zu entscheiden. Er verstrickt sich in endlose Debatten, bringt immer neue Optionen ins Spiel und kommt nie zu einem Ergebnis.
  2. Der zweite Typ will keine Ve­r­ant­wor­tung tragen und entscheidet deshalb nur unter äußerstem Druck. Ergebnis: Es wird nichts entschieden, solange noch viel Hand­lungsspiel­raum besteht, sondern erst, wenn es im Grunde kaum noch was zu entscheiden gibt.
  3. Der dritte Typ wartet so lange, bis andere entschieden haben, um sich dann lautstark über das Ergebnis zu beschweren.
„Angst verhindert jede Form von Freiheit.“

Sie sollten in keine dieser Kategorien fallen – entscheiden Sie selbst! Machen Sie sich klar, dass Sie letztlich keine Angst vor dem Fehler als solchem haben, sondern nur vor der Blamage, vor dem Gefühl der Pein­lichkeit. Doch diese Angst ist be­herrschbar; sie im Griff zu haben, ist ein Zeichen von Führungsstärke. Die Dinge, vor denen Sie Angst haben, sind nur befürchtete, imaginäre Kon­se­quen­zen. In Wirk­lichkeit sind sie noch gar nicht eingetreten. Was Sie brauchen, ist Mut: Überwinden Sie Ihre Angst, wagen Sie den Schritt! Mut sorgt für Berechen­barkeit und bessere Ergebnisse, beflügelt und führt zu mehr Selb­st­be­wusst­sein. Trotzdem: Es gibt natürlich auch sehr berechtigte Ängste, bei denen Sie gut beraten sind, sie nicht beiseite zu wischen. Solche angemesse­nen Ängste wie beispiel­sweise die Angst des Schied­srichters vor aggressiven Hooligans, müssen Sie ernst nehmen. Trotzdem sollten Sie sich diesen Ängsten mutig stellen und sich niemals so einschüchtern lassen, dass Sie den Hin­ter­aus­gang nehmen.

„Man kann sich durch Nicht-Entschei­den nicht vor Kon­se­quen­zen schützen.“

Entscheiden kann immer nur einer; einer allein trägt die Ve­r­ant­wor­tung, auch wenn viele betroffen sind. Deshalb müssen die Zuständigkeiten rechtzeitig geklärt werden. Und dann gilt: Vertrauen Sie als Entscheider denen, die un­ter­ge­ord­net sind, und ordnen Sie sich selbst unter, wenn andere in der Entschei­der­po­si­tion sind. Niemand ist überall gleich gut. Überlassen Sie anderen die Entschei­dung, wenn diese eindeutig besser sind als Sie – auch wenn es schwer fällt.

Das Ich

Auch das Ego spielt eine große Rolle bei der Entschei­dungs­find­ung, vor allem das gekränkte. Wer sich ungerecht behandelt fühlt, neigt im Eifer der Gefühle schnell dazu, wutschnaubend alles hinzuwerfen. Das ist zwar verständlich, aber so verliert man seine eigenen Ziele und damit die Richtschnur für die eigentlich richtigen Entschei­dun­gen aus dem Blick. In einem solchen Fall sind ein Schritt zurück und ein wenig Selb­stkri­tik oft ebenso nützlich wie inhaltlich angebracht.

„Niemand kann für Sie entscheiden, denn niemand ist genau so wie Sie.“

Selbst wenn das Ich, die Persönlichkeit im Großen und Ganzen stabil ist, an den in­di­vidu­ellen Ausprägungen und den einzelnen Ver­hal­tensweisen kann man sehr wohl etwas ändern. Dadurch wird aus einem Angsthasen kein Draufgänger, aber nur so nutzt man sein Potenzial voll und ganz aus. Es lohnt sich, mehr Erfahrungen zu sammeln, mehr Mut zu zeigen, der Intuition stärker zu vertrauen oder öfter rational zu entscheiden. Das Ergebnis ist eine gelassene Souveränität, in der Ihre Persönlichkeit sich frei entfaltet und bei der nicht jedes kleine Problem zum Drama wird. Dazu braucht es eine positive Grun­de­in­stel­lung und die innere Gewissheit, dass am Ende alles gut ausgehen wird. Vertrauen Sie sich selbst: Niemand ist so wie Sie, und nur Sie können die Entschei­dun­gen treffen, die für Sie persönlich richtig sind.

Über den Autor

Urs Meier gehörte als Fußballschied­srichter zur in­ter­na­tionalen Elite. Seit dem Ende seiner Karriere im Jahr 2004 setzt er sich für eine Pro­fes­sion­al­isierung der in­ter­na­tionalen Schied­srichter ein. Außerdem ist er selbstständiger Unternehmer, hält regelmäßig Vorträge und ist bei Fußballübertra­gun­gen als Fernse­hex­perte für das ZDF tätig.