Nachhaltig investieren und gewinnen

Buch Nachhaltig investieren und gewinnen

Profitieren vom ökologischen Megatrend

Linde,


Rezension

Mit diesem Buch ist Wolfgang Pinner ein beachtlicher Ratgeber zum Thema nachhaltige Geldanlagen gelungen. Wer sich zum ersten Mal damit beschäftigt, wird im um­fan­gre­ichen Fond­san­bi­eter-Überblick einen sehr hilfreichen Begleiter finden und ihn zu schätzen wissen. Pinners Stil bleibt durchwegs nüchtern. Einige konkrete Prax­is­beispiele von „gelebter Nach­haltigkeit“ hätten die starke The­o­rielastigkeit problemlos nehmen können. Durch die zahlreichen Info-Boxen wird das Buch nur bedingt aufge­lock­ert. Auch hätte jemand den Autor auf die Existenz handelsüblicher Chart-Pro­gramme zur grafischen Kurs­darstel­lung aufmerksam machen sollen. Bei einer möglichen Neuauflage könnte das Buch damit rein optisch noch ansprechen­der daherkommen. BooksInShort empfiehlt das Buch allen ökologisch und sozial sen­si­bil­isierten Pri­vatan­legern zum Einstieg in die Thematik. Wolfgang Pinner holt sie ganz vorne am Eingang ab und erklärt sogar grundle­gende Begriffe wie „Börse“, „Fun­da­men­tal­daten“ oder „Performance“.

Take-aways

  • Nach­haltiges Investieren ist ein Main­stream-Thema geworden, beflügelt durch die Frieden­sno­bel­preise an Al Gore und Mohammed Yunus.
  • Kurzfristige Gewinne sind nicht das Ziel nach­haltiger Geldanlagen. Bei der Al­tersvor­sorge etwa geht es ohnehin um Jahrzehnte.
  • Am häufigsten sind Auss­chlussklauseln wie „keine Waffen, kein Tabak, kein Alkohol“.
  • Als Ak­tienbe­sitzer können Sie sich auf der Hauptver­samm­lung Gehör verschaffen.
  • Auch andere Stakeholder (Kunden, Lieferanten) verfügen über Druckmittel.
  • In­vest­ment­pro­dukte mit Nach­haltigkeits-La­bel sind in den vergangenen Jahren zuhauf aus dem Boden geschossen. Genau hinschauen lohnt sich.
  • Relativ risikoreich, aber auch lukrativ können Pri­vate-Eq­uity- oder Ven­ture-Cap­i­tal-Fonds sein.
  • Sicherer sind Index-Fonds, die die Performance nach­haltiger Firmen nachze­ich­nen.
  • Nach­haltigkeit ist ein Megatrend, der anhalten wird.
  • Schon heute performen Nach­haltigkeits­fonds mindestens so gut wie andere.
 

Zusammenfassung

Größter gemeinsamer Nenner

Nachhaltige Geldanlagen sind längst kein exotisches Randthema mehr. Die Frieden­sno­bel­preise der vergangenen beiden Jahre gingen nicht zufällig an Initiativen in diesem Bereich: 2006 an Mohammed Yunus für Kle­in­stkred­ite, 2007 an Al Gore für sein Kli­maschutz-En­gage­ment. Sein Geld nachhaltig zu investieren, bedeutet, die Anlage mit Gewissen, Ve­r­ant­wor­tung und ethischen Grundsätzen zu vereinbaren. Nicht nur die Shareholder (Ak­tienbe­sitzer), sondern auch die weit größere Gruppe der Stakeholder (Anspruchs- oder In­ter­es­sen­ge­mein­schaft) gilt es zu berücksichtigen. Das muss weder kompliziert noch unrentabel sein. Neuere Un­ter­suchun­gen brachten ein in­ter­es­santes Paradoxon ans Licht: Obwohl nachhaltige Geldanlagen neben wirtschaftlichen auch noch sozialen und ökologischen Kriterien Rechnung tragen, schneiden sie auch ökonomisch besser ab.

Ursprünge in der Forstwirtschaft

Zuallererst muss der Begriff Nach­haltigkeit definiert werden. Er hat seinen Ursprung im 18. und 19. Jahrhundert, als es darum ging, Wälder nicht über Gebühr abzuholzen, sondern „in angemessener Be­trieb­sweise nachhaltig zu be­wirtschaften“. Dem gleichen Grundsatz folgt etwa der Reis­ter­rasse­nan­bau in China oder der Fischfang der Inuit: Vorhandene Ressourcen werden genutzt, aber nicht aufge­braucht. Auf die Fi­nanzwirtschaft übertragen besagt Nach­haltigkeit demnach, dass „auf ökologische, ökonomische und soziale Belange“ gleichermaßen Rücksicht zu nehmen ist. Im Gegensatz zum rein kap­i­tal­is­tisch geprägten Wirtschaftssys­tem vor allem der USA fließen ökosoziale Überlegungen in Kon­ti­nen­taleu­ropa bereits seit Längerem in An­lage­prozesse ein – zumindest ansatzweise.

Starke und schwache Nach­haltigkeit

Auf dem Radar der Öffentlichkeit erschien das Thema erstmals durch den berühmt gewordenen „Club of Rome“ im Jahre 1972. Andere Initiativen waren der Brundt­land-Re­port in den 1980er Jahren sowie die ver­schiede­nen Umwelt­gipfel, z. B. in Rio de Janeiro 1992, Kyoto 1997 und Jo­han­nes­burg 2002. Es entstand ein eigentlicher Hype, der in den besagten No­bel­preisen gipfelte. Zu un­ter­schei­den ist zwischen dem „schwachen“ und dem „starken“ Nach­haltigkeit­sansatz – quasi ver­schiedene Glauben­srich­tun­gen. Vertreter der schwachen Definition glauben an Innovation und tech­nol­o­gis­chen Fortschritt, sodass sich knappe Ressourcen strecken oder sub­sti­tu­ieren lassen. Nicht so die Anhänger der starken Definition, die gegebene Ressourcen möglichst zur Gänze erhalten sehen möchten.

Sparen Sie noch oder investieren Sie schon?

Zwischen Sparen und Anlegen existiert ein him­mel­weiter Unterschied. Sparen bedeutet kaum mehr als „Aufbewahren“, Investieren trägt Züge strate­gis­chen Handelns. Die zunehmende Alterung unserer (westlichen) Gesellschaft macht das Letztere praktisch unumgänglich, will man den Lebensabend nicht auf Sozial­hil­feniveau darben. Neben der staatlichen Rente und der be­trieblichen Al­tersvor­sorge ist diese vielerorts beschworene private Vorsorge als dritte Säule der Al­terssicherung bekannt geworden, Die nachhaltige Geldanlage zielt auf eine strate­gis­che, alle An­lageklassen übergreifende, langfristige Denk- und In­vesti­tion­sweise. Kurzfristig ausgelegtes Speku­lanten­tum mit dem Blick auf rasche Profite ist nicht das Ziel – beim Anlagezweck Al­tersvor­sorge etwa rechnet man ohnehin in Jahrzehnten.

Die Grund­bausteine: Aktie und Anleihe

Die beiden Haup­tan­lageklassen für Otto-Nor­mal-In­vestor sind Aktien und Anleihen. Wie Sie diese beiden bei Ihrem Vermögensaufbau akzen­tu­ieren, hängt nicht nur von äußeren Faktoren wie dem weltwirtschaftlichen Umfeld ab, sondern auch von Ihrem persönlichen Risiko­pro­fil. Wenn Sie die Börsenkurse Ihrer „Lieblinge“ mit Schweißperlen auf der Stirn verfolgen, sind Aktien nicht das Richtige für Sie. Aktien und Anleihen un­ter­schei­den sich außer im Risiko­pro­fil auch hin­sichtlich der Stellung des Investors (Mitbesitzer bei Aktien versus Gläubiger bei Anleihen) oder der Mitwirkungsrechte. Eine gute Mischung, im Fachjargon „Di­ver­si­fika­tion“, ist das A und O, wenn Erträge maximiert und Risiken minimiert werden sollen. Dies gilt sowohl innerhalb einer An­lageklasse (z. B. Ak­tien­in­vesti­tio­nen weltweit zu streuen) als auch über die Klassen hinweg (z. B. 50 % Anleihen, 40 % Aktien, 10 % Geld­mark­tan­teile).

Nach­haltigkeit ist De­f­i­n­i­tion­ssache

Was aber bedeutet Nach­haltigkeit konkret für Ihre Vermögensanlage? Zunächst ist sie nur ein Oberbegriff für andere Beze­ich­nun­gen und De­f­i­n­i­tio­nen. Das Problem dabei ist die nicht zu vermeidende Subjektivität. Manche „ethischen“ An­lageprinzip­ien gehen über reine Nach­haltigkeit­saspekte hinaus und sind deutlich schärfer formuliert – so etwa die scharia- oder is­lamkon­forme Vermögensanlage.

„Es darf uns nicht egal sein, wie mit unserem Gesparten oder In­vestierten umgegangen wird. Wir sind mündige Bürger, wir sollten auch mündig investieren.“

Nur wenigen dürfte bekannt sein, dass schon in den 1930er Jahren mit dem Pioneer Fund in den USA ein Fonds existierte, der ethisch-nach­haltige Kriterien berücksichtige: Er verzichtete auf Investments in Unternehmen, die mit Waffen, Alkohol oder Tabak zu tun hatten. In den 1970er Jahren bekam die Initiative frischen Schwung, als die Friedens­be­we­gung auch Gel­dan­lagei­deen zu bee­in­flussen begann.

Aktive Ein­flussnahme: immer zum Guten?

Zunächst dominierten die Neg­a­tivkri­te­rien – das war einfach und nachvol­lziehbar und ist es auch heute noch. Erst in jüngerer Zeit kam der Begriff „SRI“ auf. So­cial-Re­spon­si­bil­ity-In­vest­ments berücksichtigen neben den bekannten Auss­chlussklauseln die Sozial- und Umweltverträglichkeit einer Geldanlage. Nicht selten ermuntern Fondsini­tia­toren zur aktiven Mitbes­tim­mung, z. B. im Rahmen der Hauptver­samm­lung eines Un­ternehmens. Aber auch andere Stakeholder können sich Gehör verschaffen: Mitarbeiter verfügen über Ar­beit­nehmervertre­tun­gen, Lieferanten über Möglichkeiten der Ein­flussnahme in Ver­hand­lun­gen mit dem Management und Kunden über die Macht des Käuferstreiks.

„Vor­sorgeein­rich­tun­gen müssen sich wohl zweimal überlegen, ob sie zugeben wollen, dass ihnen Nach­haltigkeit egal ist.“

Ein bekannt gewordenes Beispiel aktiver Ein­flussnahme ist der Einsatz der Umwel­tor­gan­i­sa­tion Greenpeace, als der Ölkonzern Shell 1995 die ausgediente Bohrinsel „Brent Spar“ im Meer versenken wollte. Shell beugte sich schließlich dem Druck der öffentlichen Meinung und ließ die Plattform aufwendig an Land ziehen und demontieren. Erst später wurde bekannt, dass die Green­peace-Angaben zum Giftgehalt der Bohrinsel massiv übertrieben waren – wofür sich die Or­gan­i­sa­tion kleinlaut bei Shell und der Öffentlichkeit entschuldigte.

Übergreifender Welt­stan­dard gesucht

Über religiöse und weltan­schauliche Auf­fas­sun­gen hinweg ein­heitliche Prinzipien nach­halti­gen Wirtschaftens zu definieren, ist alles andere als einfach. Einen Versuch unternimmt das Prinzip des „Weltethos“, entwickelt vom Theologen Hans Küng. Vier Gebote haben sich unabhängig von Religion und Wertesystem her­auskristallisiert:

  • Verpflich­tung zur Gewalt­losigkeit und zur Achtung des Lebens,
  • Solidarität und gerechte Wirtschaft­sor­d­nung,
  • Toleranz und Wahrhaftigkeit,
  • Gle­ich­be­hand­lung und Part­ner­schaft von Mann und Frau.

CSR: drei Buchstaben, ein gemeinsames Ziel

Fond­san­bi­eter sind bemüht, durch die Ein­schal­tung von Ethik-Beiräten dem Problem der Subjektivität ethischer Fragen zu begegnen. Im Falle schari­akon­former Geldanlagen wacht ein „Scharia-Komi­tee“ über die Einhaltung der strengen Regeln, so etwa des Zinsverbots (genereller Ausschluss von Banken) oder des Verbots von Glücksspiel und Spekulation.

„Nachhaltige Investoren berücksichtigen sowohl finanzielle als auch ex­tra­fi­nanzielle In­for­ma­tio­nen. Sie sind daher besser und umfassender informiert als kon­ven­tionelle Investoren.“

Andere Ansätze sind Ap­pel­lver­suche an die Corporate Social Re­spon­si­bil­ity (kurz CSR, un­ternehmerische Ve­r­ant­wor­tung), der zufolge Unternehmen freiwillig mehr tun sollen als nur ihre Profite zu maximieren. Anders als die Corporate Governance (Leitung und Überwachung der fi­nanziellen Kontrolle) schließt CSR auch die ökologische und soziale Kontrolle durch die In­ter­esseneigner mit ein. So wird von Gesellschaften zwar verlangt, dass sie ertragreich wirtschaften und Gesetze einhalten, aber es wird auch „erwartet“, dass sie sich dabei ethisch verhalten – und schließlich ist „erwünscht“, dass sie Ve­r­ant­wor­tung übernehmen und diese vorleben. Die Pflichten eines Un­ternehmens sind danach durchaus denen eines „guten Bürgers“ gle­ichzuset­zen („Corporate Citizenship“). Eine Gesellschaft kann selbstverständlich eigenini­tia­tiv an ihrer CSR-Strate­gie arbeiten und diese kom­mu­nizieren, bevor Forderungen von Stake­hold­ern an sie herange­tra­gen werden.

Kompetenten Rat in Anspruch nehmen

Nun steht sowohl privaten als auch in­sti­tu­tionellen Investoren heutzutage eine schon fast unüberschaubare Menge an Anlagemöglichkeiten offen, die sich selbst das Nach­haltigkeits-La­bel angeheftet haben. Ein Auswahl­prozess ist unerlässlich. Dabei helfen können Rating- bzw. Re­search-Agen­turen wie die Schweizer Oekom Research oder Scoris und Imug. Die Analysen bzw. Ratings verfolgen ver­schiedene Ansätze, vom Best-in-Class-Prinzip bis zur Suche nach Top-Per­formern im „Nach­haltigkeits-Uni­ver­sum“. Als Anleger sollten Sie auch auf Gütesiegel achten wie die Eurosif Trans­parenz-Leitlin­ien für Fonds oder die Ausze­ich­nun­gen der UN-Ini­tia­tive „Global Compact“.

„Man sagt auch, dass ‚an der Börse keine Wertpapiere, sondern Meinungen gehandelt werden‘.“

Sie möchten möglichst ganz am Anfang der Wertschöpfungskette investieren und nicht überreifen Früchten nachjagen? Auch das geht, und zwar durch Pri­vate-Eq­uity(PE)- oder Ven­ture-Cap­i­tal(VC)-Gelder. Darunter versteht man die Frühphasen­fi­nanzierung der Un­ternehmensen­twick­lung. Entsprechende Fonds stehen heute auch Pri­vatan­legern offen. Wenn Sie es weniger riskant mögen, bieten sich In­vesti­tio­nen in einen der vielen Nach­haltigkeits-In­dizes an. Fonds oder Zertifikate (An­teilss­cheine), die in Aktien der in Nach­haltigkeits-In­dizes vertretenen Unternehmen investieren, „tracken“ den zugrunde liegenden Index (bauen ihn nach), so dass Sie als Anleger eins zu eins an dessen Performance par­tizip­ieren. Die Entwicklung solcher Fonds war in den vergangenen Jahren jedoch höchst un­ter­schiedlich, so dass auch hier ein genauer Blick vonnöten ist.

Im Trans­parenz-Dschun­gel

Eine lange Liste hartnäckiger Vorurteile erschwert bis heute die Akzeptanz nach­haltiger Geldanlagen:

  • Sind nachhaltige Investments überhaupt lohnenswert? Ja. Neuere Studien besagen, dass sie mindestens genauso ertragreich abschneiden wie kon­ven­tionelle Anlagen.
  • Wie trennt man die Spreu vom Weizen? Gute Nach­haltigkeits-Fonds fahren eine ve­r­ant­wor­tungsvolle Strategie im Einklang mit den for­mulierten An­lagekri­te­rien und verfügen über Ex­perten­beiräte.
  • Ist das Daten­ma­te­r­ial valide? Es wird zunehmend besser, da sich Unternehmen mehr und mehr dem CSR- und Cor­po­rate-Gov­er­nance-Gedanken ver­schreiben – sei es freiwillig oder auf Druck der In­ter­esseneigner.
  • Sind Nach­haltigkeit­s­the­men nicht schon „gegessen“? Nein. Es gibt Megatrends wie der Klimawandel und die de­mografis­che Entwicklung, die uns über Jahrzehnte begleiten.
  • Ist eine nachhaltige Geldanlage nicht äußerst subjektiv? Im Prinzip: ja. Und das ist auch gut so. Die große Pro­duk­tvielfalt in dieser auf­streben­den Branche bietet so ziemlich jeder in­di­vidu­ellen Sichtweise eine passende Spielwiese.

Über den Autor

Wolfgang Pinner ist Leiter des Teams „Nach­haltiges Investment“ der öster­re­ichis­chen Fonds­ge­sellschaft Erste Sparinvest sowie Geschäftsführer der Nach­haltigkeits­ber­atungs­firma Vinis.