Wie komme ich zu Venture Capital?

Buch Wie komme ich zu Venture Capital?

Praxisratgeber mit Insidertipps für die erfolgreiche Kapitalakquise

Linde,


Rezension

Andreas R. Boué nimmt den Leser bei der Hand und begleitet ihn auf dem steinigen Weg der Risikokap­i­ta­lakquise. Wer die Selbstprüfung besteht und sich für eine Ven­ture-Cap­i­tal-Part­ner­schaft entscheidet, erhält einen praxisnahen Einblick in die Welt der Man­age­ment­ge­sellschaften und Ven­ture-Cap­i­tal-Fonds. Der Autor erklärt den Prozess der Risikokap­i­tal­fi­nanzierung detailliert und ken­nt­nis­re­ich, wenngleich sich manche In­for­ma­tio­nen wiederholen. Wenn er dem Leser einen Spiegel vorhält, damit sich dieser aus Sicht des In­vest­ment­man­agers betrachtet, ist Boué in seinem Element. Mit dermaßen geschärftem Blick lassen sich Fallstricke erkennen und trickreich umgehen. Gründer erhalten fundierte Ratschläge, wie sie ihr junges Unternehmen mit Ven­ture-Cap­i­tal auf Erfolgskurs bringen, ohne dabei selbst auf der Strecke zu bleiben. Wer jedoch konkrete Beispiele, Zahlen und Konzepte erfolgreich fi­nanzierter Unternehmen erwartet, wird enttäuscht. Dafür werden im Glossar Fach­be­griffe erklärt, und Infoboxen stellen Zusammenhänge und Hintergründe dar. BooksInShort empfiehlt das Buch allen, die wissen wollen, wie sie Risikokap­i­tal möglichst risikolos an Land ziehen.

Take-aways

  • Junge Unternehmen können oft nur mit externer Fi­nanzierung investieren und wachsen.
  • Eine Alternative zum klassischen Bankkredit ist Ven­ture-Cap­i­tal (Risikokap­i­tal).
  • Sich darum zu bemühen, ist zeit­in­ten­siv und ar­beit­sre­ich, lohnt sich aber.
  • Unternehmen und Unternehmer müssen gleichermaßen für eine Ven­ture-Cap­i­tal-Fi­nanzierung geeignet sein.
  • Ziel des Investors ist es immer, seine Anteile oder das Gesam­tun­ternehmen zu einem späteren Zeitpunkt gewinnbrin­gend zu verkaufen.
  • Nur wenn ihm die Rendite ausreichend hoch erscheint, wird er investieren.
  • Im Idealfall erhalten Sie nicht nur Geld, sondern auch einen erfahrenen Partner, der Sie berät, Ihre internen Prozesse kon­trol­liert und Net­zw­erkkon­takte zur Verfügung stellt.
  • Investoren bekommen Mi­tentschei­dungsrechte im Unternehmen; der Unternehmer wird in seiner Freiheit eingeschränkt.
  • In einer Due Diligence wird das kapitalbedürftige Unternehmen auf Herz und Nieren geprüft.
  • Versuchen Sie, im Beteilungsver­trag möglichst viel für sich selbst her­auszu­holen.
 

Zusammenfassung

So funk­tion­iert eine Ven­ture-Cap­i­tal-Fi­nanzierung Ven­ture-Cap­i­tal bezeichnet externes Eigenkap­i­tal, mit dem ins­beson­dere Gründer ihr Unternehmen finanzieren können. Der Geldgeber erhält im Gegenzug Un­ternehmen­san­teile, die ihm Mitbes­tim­mungsrechte sichern. Gle­ichzeitig trägt er das un­ternehmerische Risiko („Venture“) voll mit. Anders als bei einen Bankkredit muss der Unternehmer das investierte Kapital nicht zurückzahlen. Die Fi­nanzierung mündet in einen Verkauf der Un­ternehmen­san­teile des Investors oder auch des kompletten Un­ternehmens, woraus sich der Risikokap­i­tal­ge­ber einen Gewinn erhofft. In einem Ven­ture-Cap­i­tal-Fonds stellen mehrere Geldgeber (Pri­vat­per­so­nen, Banken, Ver­sicherun­gen, Großunternehmen) ihr Kapital einem Un­ternehmen­sport­fo­lio zur Verfügung. Das Geld wird von der Man­age­ment­ge­sellschaft verwaltet. Die In­vest­ment­man­ager suchen in­ter­es­sante Projekte und prüfen deren Risiko. Ein Gremium entscheidet über die Fi­nanzierung. Als Ven­ture-Cap­i­tal-fi­nanzierter Unternehmer sparen Sie laufende Ausgaben für Zinsen und Kred­it­til­gung, Sie bleiben liquide und können In­vesti­tio­nen tätigen. Außerdem kommen Sie in den Genuss von nicht monetären Leistungen (Added Value):

  • Coaching und Beratung durch einen erfahrenen Partner,
  • laufendes Controlling der internen Prozesse,
  • Synergien durch Net­zw­erkkon­takte und Port­fo­lioun­ternehmen.

Wie der Ven­ture-Cap­i­tal-In­vest­ment­prozess abläuft

Wenn Sie zum Schluss gekommen sind, dass eine Ven­ture-Cap­i­tal-Fi­nanzierung für Sie und Ihr Unternehmen die optimale Form der Geldbeschaf­fung ist, müssen Sie sich aktiv um eine Beteiligung bemühen. Das Verfahren gleicht einem mehrstu­fi­gen Be­wer­bung­sprozess. So läuft es ab:

  • Sie fertigen einen aussagekräftigen Busi­ness­plan an.
  • Sie treffen eine Vorauswahl der poten­ziellen Investoren, klas­si­fizieren sie und versenden Ihren Busi­ness­plan.
  • Sie präsentieren Ihre Geschäftsidee dem In­vest­ment­man­ager und stellen sich kritischen Fragen.
  • Sie handeln mit dem In­vest­ment­man­ager eine Ab­sicht­serklärung aus.
  • Der Investor startet eine intensive Beteili­gung­sprüfung (Due Diligence).
  • Sie führen die eigentlichen Beteili­gungsver­hand­lun­gen.

Vo­raus­set­zun­gen für eine Ven­ture-Cap­i­tal-Fi­nanzierung

Bevor Sie mit der aufwändigen Akquise starten, bedenken Sie, dass, aus Sicht des Investors, Ihre Persönlichkeit als Unternehmer den entschei­den­den Er­fol­gs­fak­tor darstellt. Nur wenn Sie folgende Fragen be­din­gungs­los und ehrlich mit Ja beantworten können, haben Sie Aussichten auf Erfolg:

  • Lässt mein Projekt eine hohe Rendite erwarten?
  • Ist der Markt für mein Produkt groß genug und wächst er stark?
  • Bietet mein Produkt eine Unique Selling Proposition (USP)?
  • Hat mein Management genügend Erfahrung, um das angepeilte Wachstum zu erzielen?
  • Möchte ich andere in die Entschei­dung­sprozesse meines Un­ternehmens eingreifen lassen?
  • Bin ich bereit, u. U. die Geschäftsführung abzugeben und mein Unternehmen zu verkaufen?

So finden Sie den passenden Investor

Um einen Investor zu finden, können Sie sich an die nationalen Ven­ture-Cap­i­tal-Dachverbände wenden:

  • Deutschland: Bun­desver­band Deutscher Kap­i­tal­beteili­gungs­ge­sellschafter, www.​bvk-ev.​de
  • Österreich: Austrian Private Equity and Venture Capital Or­ga­ni­za­tion (AVCO), www.​avco.​at
  • Schweiz: Swiss Pivate Equity & Corporate Finance Association (SECA), www.​seca.​ch
„Die Person des Un­ternehmers ist Dreh- und Angelpunkt des Un­ternehmenser­folgs.“

Führen Sie zuerst eine Grobanalyse mit einem Auss­chlussver­fahren durch. Nehmen Sie nur solche Investoren in die engere Auswahl, die Ihnen hin­sichtlich Branche, In­vest­ment­phase, ge­ografis­chem Standort und Fi­nanzierungs­be­darf entsprechen. Wenn Ihr fi­nanzieller Bedarf größer als üblich ist, verzweifeln Sie nicht − einige Investoren finanzieren Projekte auch gemeinsam. Als Nächstes unterziehen Sie Ihre Vorauswahl einer Feinanalyse. Bewerten Sie die Investoren und erstellen Sie eine Rangliste anhand in­di­vidu­eller Kriterien. Berücksichtigen Sie z. B. Ihren Added-Value-Be­darf oder mögliche Ko­op­er­a­tionspart­ner im Portfolio. Scheuen Sie sich nicht, In­for­ma­tio­nen über Ihren künftigen Investor direkt bei anderen Unternehmen zu erfragen, die von ihm finanziert wurden. Bevor Sie Ihren Busi­ness­plan schicken, verlangen Sie vom Investor unbedingt eine Ver­traulichkeit­serklärung.

Wie hoch ist der Preis?

Nach einem erfolgreich verlaufenen Erstgespräch wird ein Letter of Intent (LOI) oder Term-Sheet aufgesetzt. Dieses Dokument ist rechtlich nicht verbindlich, nimmt aber künftige Ver­tragsin­halte vorweg und doku­men­tiert die Absicht einer weiteren Zusam­me­nar­beit. Außerdem wird die Kostenübernahme der Beteili­gung­sprüfung definiert, die bei Nichtzu­s­tandekom­men des Investments der Unternehmer zu tragen hat. Tipp: Legen Sie einen Max­i­mal­be­trag fest. Im LOI oder Term-Sheet wird aus­ge­han­delt, was der eigentliche Ven­ture-Cap­i­tal-Ver­trag später im Detail regelt. Also alles, was Sie für die Fi­nanzierung als Gegen­leis­tung zu erbringen haben, wie viel Sie bekommen und worauf Sie künftig verzichten müssen. Einerseits haben Sie eine um­fan­gre­iche In­for­ma­tion­spflicht gegenüber dem Investor, die Sie mit monatlichen Reportings erfüllen. Viele In­vest­ment­man­ager informieren sich auch persönlich. An­der­er­seits erhält der Investor weiträumige Mitbes­tim­mungsrechte, auch bei einer Min­der­heits­beteili­gung. Das müssen Sie beachten:

  • Durch den Genehmi­gungsvor­be­halt beim Budget oder bei Per­son­alentschei­dun­gen verlieren Sie einen Teil Ihrer Geschäftsführerbefug­nisse. Achtung: Geben Sie das Kündi­gungsrecht nicht aus der Hand! Sonst stehen Sie bei Ihren Leuten schnell als Papiertiger da.
  • Bei der Vere­in­barung einer Mitveräußerungspflicht verfügt der Investor beim Verkauf seiner Anteile automatisch auch über Ihre Anteile – denn oft lässt sich ein Unternehmen nur als Ganzes verkaufen. Vereinbaren Sie einen Min­dest­preis für Ihr Unternehmen und verpflichten Sie den Investor ebenfalls zu einer Mitveräußerungspflicht.
  • Beim Mitveräußerungsrecht kann der Investor seine Anteile zu den gleichen Bedingungen wie Ihre eigenen verkaufen. Setzen Sie dieses Recht auch für sich durch, und fordern Sie ein Vetorecht.
  • Das Vorkauf­s­recht gilt meist für alle Beteiligten, Sie sollten dazugehören.
  • Die Liq­ui­da­tion-Pref­er­ence sichert dem Investor eine Min­de­stren­dite beim Verkauf, indem sie die Reihenfolge der Gewin­nverteilung festlegt. Schlimm­sten­falls bleibt nach Auszahlung des einge­set­zten Kapitals und der Gewinne beim Exit für Sie nichts mehr übrig.

Auf dem Prüfstand: Due Diligence

Die Due Diligence ist eine intensive Prüfung Ihres Un­ternehmens und erfolgt meist unter Beteiligung externer Berater, Wirtschaft­sprüfer und Anwälte; bei High-Tech-Pro­jek­ten können auch Forschungsin­sti­tute beteiligt sein. Es geht um eine sys­tem­a­tis­che Stärken- und Schwächenanalyse Ihres Projekts. Der Investor will so genannte „Deal Breakers“ iden­ti­fizieren: Probleme, die nicht ausgemerzt werden können und die gegen eine Beteiligung sprechen. Folgendes kann auf den Tisch kommen:

  • Legal Due Diligence: rechtliche Risiken, z. B. bestehende Verträge.
  • Financial Due Diligence: vergangene Jahresab­schlüsse und künftige Planungen.
  • Tax Due Diligence: Steuer­vorteile bei strate­gis­chen In­vesti­tio­nen.
  • Patent Due Diligence: geistiges Eigentum, Patente der Wet­tbe­wer­ber.
„Alle Added-Value-Leis­tun­gen sind dazu geeignet, die Entwicklung Ihres Un­ternehmens positiv zu bee­in­flussen – zusätzlich zur Fi­nanzierungsleis­tung per se.“

Bei dieser Prüfung geben Sie eine erste Arbeits- und Ver­trauen­sprobe ab. Arbeiten Sie deshalb intensiv mit den Prüfern zusammen. Am besten legen Sie einen Datenraum mit allen wichtigen Unterlagen an. Dieser kann virtuell (z. B. im Internet) oder physisch (z. B. bei einem Berater) vorhanden sein. Beachten Sie jedoch in beiden Fällen das Sicher­heit­srisiko für sensible In­for­ma­tio­nen. Ihr poten­zieller Investor könnte z. B. bei einem Ihrer Konkur­renten beteiligt sein, dem Sie so un­be­ab­sichtigt brisante In­for­ma­tio­nen verschaffen. Geben Sie Top-Se­cret-In­for­ma­tio­nen erst nach einer Beteili­gungszusage preis. In einer Feed­back­runde können Sie Restrisiken durch die Übernahme von Garantien relativ leicht aus der Welt schaffen. Bei den auss­chlaggeben­den fi­nanziellen Risiken haben Sie meist nur die Möglichkeit, einen günstigeren Un­ternehmenswert anzubieten.

So holen Sie am meisten heraus

Um selbst möglichst viele Anteile zu halten, können Sie in den Beteili­gungsver­hand­lun­gen folgende Al­ter­na­tiven vorschlagen:

  • Bei einem Fi­nanzierungsmix reduzieren Sie den Anteil des externen Eigenkap­i­tals und nehmen ein Gesellschaf­ter­dar­lehen (also zurück­zuzahlen­des Fremd­kap­i­tal) beim Investor auf, das gegenüber klassischen Bankkred­iten nachrangig ist. Dafür tragen Sie allerdings eine hohe Zinslast.
  • Beim Ratchet ändert sich die Bewertung Ihres Un­ternehmens abhängig von seiner Entwicklung; entschei­dend ist meist der Zeitpunkt des Exits. Als Maßstab kann der Umsatz dienen. Ist er hoch, steigt die Bewertung und Sie erhalten einige Anteile kostenfrei zurück.
  • Bei Ak­tienop­tion­spro­gram­men stehen Ihnen oder Ihren Angestell­ten bis zu 10 % des Stammkap­i­tals zur Verfügung.
„Wenn Ihnen Ihr In­vest­ment­man­ager mit Rat und Tat zur Seite stehen will, nehmen Sie dieses Angebot einerseits an, weil Sie wahrschein­lich wirklich davon lernen können, und an­der­er­seits um des lieben Frieden willen.“

Investoren verwenden in der Regel eines von zwei Be­w­er­tungsver­fahren:

  • Bei der Mul­ti­p­lika­tormeth­ode teilt man den Wert von börsen­ge­lis­teten Ver­gle­ich­sun­ternehmen (Peer-Group) durch eine op­er­a­tionale Maßzahl (z. B. das Kurs-Gewinn-Verhältnis) und mul­ti­pliziert das Ergebnis (den Mul­ti­p­lika­tor) mit der Maßzahl des zu bewertenden Un­ternehmens. Vom Ergebnis (dem Un­ternehmenswert) wird ein Abschlag abgezogen, da das Jun­gun­ternehmen noch nicht börsen­ge­lis­tet ist. Diskutieren Sie über die Höhe der Abschläge und plädieren Sie ggf. für Zuschläge!
  • Das Dis­counted-Cash­flow-Ver­fahren bewertet die zu erwartenden Erträge und ermittelt den so genannten Barwert der zukünftigen Überschüsse aus Einnahmen und Ausgaben. Der Barwert wird mittels Abzinsung auf den jetzigen Zeitpunkt berechnet. Über die Höhe des geplanten Cashflows können Sie den Barwert bee­in­flussen.

Über den Autor

Andreas R. Boué ist In­vest­ment­man­ager bei der öster­re­ichis­chen IPO Beteili­gungs-Man­age­ment AG. Nach dem Studium der Sozial- und Wirtschaftswis­senschaften arbeitete er als In­vest­ment-An­a­lyst bei T-Venture in Bonn.