Wer soll den Workshop moderieren?
„Workshop“ klingt nach Arbeit und handfesten Resultaten. Deshalb wird der Begriff so gern verwendet, selbst wenn die Ergebnisse oft mager ausfallen. Um wirklich effizient zu sein, müssen Sie erst einmal den idealen Moderator finden. Wer ist am ehesten geeignet, die gesteckten Ziele zu erreichen?
- Der Chef? Er kennt sich bestens mit dem Unternehmen und seinen Zielen aus. Nachteil: Hierarchische Konflikte sind möglich. Schafft es der Chef, den nötigen Abstand zum Unternehmensalltag zu gewinnen? Bringen die Teilnehmer den Mut zu Kreativität und Spinnerei auf und trauen sie sich, alles auszusprechen?
- Ein externer Moderator? Er hat keinen Tunnelblick und ist für seinen Job ausgebildet. Nachteil: Er verursacht Kosten. Und er braucht eine gewisse Vorlaufzeit, um sich in die Thematik einzuarbeiten.
- Ein interner Moderator? Er stammt meist aus einer benachbarten Abteilung, aus der Personalentwicklung oder dem Change-Management. Daher ist er sowohl mit dem Unternehmen als auch mit der Methodik vertraut. Er spart Kosten. Nachteil: Interne halten sich in der Regel an fixe Richtlinien, worunter die Innovationslust leiden kann. Die Workshops laufen meist nach einem standardisierten Schema ab.
Zieldefinitionen und Teilnehmer
Formulieren Sie das primäre Workshopziel schriftlich und möglichst präzise. So können Sie Diskussionen, bevor sie aus dem Ruder laufen, immer wieder auf den Zielpunkt zurückführen. Brechen Sie das primäre Ziel auf praktische Teil- und Zwischenziele herunter. Formulieren Sie Lernziele für alle Teilnehmer. Je sorgfältiger Sie dabei vorgehen, desto leichter können Sie die Ergebnisse überprüfen. Achten Sie darauf, dass diese Lernziele aus mindestens zwei, am besten aus allen drei der folgenden Kategorien stammen:
- Kognition: Vermitteln Sie Sachverhalte und Zusammenhänge so eingängig, dass die Teilnehmer sie nicht nur verstehen, sondern sich später auch daran erinnern.
- Affektion: Bringen Sie die Teilnehmer dazu, ein bestimmtes Gefühl oder eine gewünschte Einstellung zu einem Sachverhalt zu entwickeln.
- Psychomotorik: Trainieren Sie mit den Teilnehmern neue Fertigkeiten, bis sie diese „intus“ haben.
„Workshops sind geplante und vorbereitete Arbeitsrunden, in denen sich die Teilnehmer explizit auf ein Thema konzentrieren.“
Die Ausrichtung des Workshops steht und fällt mit der Entscheidung, welche Personen eingeladen werden – unternehmensexterne wie Kunden oder Lieferanten, Führungskräfte, Mitarbeiter oder ein Mix aus allen Bereichen. Möglich ist es auch, dass Kaderpersonen erst zu einem späteren Zeitpunkt zum Workshop stoßen. Setzen Sie für die Teilnahme ein gewisses Niveau an Fachkenntnissen voraus. Indem Sie z. B. eigens für diesen Zweck Kreativitätswettbewerbe veranstalten, können Sie geeignete oder interessante Leute rekrutieren. Größere Workshopgruppen erfordern einen Ko-Moderator, der im Hintergrund hilft und sich beispielsweise um Pinnwände oder die Arbeitsgruppeneinteilung kümmert.
Der Ablaufplan
Notieren Sie sich im Vorfeld auf kleinen Karteikarten die Inhalte der einzelnen Phasen. Sie dienen Ihnen später als Gedankenstütze. Jeder Workshop ist anders, aber bei aller Unterschiedlichkeit bleiben folgende Abschnitte gleich:
- Informationsbeschaffung: Gehen Sie alle Unternehmensabteilungen durch, die von Veränderungen betroffen sein werden, und stellen Sie ihnen relevante Informationen zur Verfügung – am besten in übersichtlichen Charts.
- Einstieg in den Workshop: Er ist besonders wichtig, denn der erste Eindruck prägt. Vor allem gewinnen Sie mit einem guten Einstieg auch solche Teilnehmer, die evtl. nicht ganz freiwillig teilnehmen. Ideal ist die Ankunft der Teilnehmer am Vorabend. Beginnen Sie am besten mit einem gemeinsamen Abendessen oder Frühstück und einem anschließenden Spaziergang. Stellen Sie sich als Person vor, und lassen Sie die Teilnehmer sich vorstellen – inkl. persönlicher Interessen und Freizeitbeschäftigungen. Präsentieren Sie dann die Agenda.
- Informationsphase: Zeigen Sie – als Resultat Ihrer Recherchen – Charts zur Ist-Situation im Unternehmen.
- Zieldefinition: Brechen Sie Ihre Ziele auf einzelne Abteilungen und Prozessabschnitte herunter. Legen Sie dafür die geeigneten Methoden fest.
- Aufgabenbeschreibung: Formulieren Sie die zu bewältigenden Aufgaben und geben Sie Ihrem Workshop ein möglichst emotionalisierendes Motto.
- Methodisches Vorgehen: Wenden Sie aus Zeit- und Konzentrationsgründen nicht zu viele verschiedene Methoden an. Haben Sie aber ein paar Asse im Ärmel für den Fall, dass die eine oder andere nicht ankommt.
Der operative Teil
Sobald Sie den Workshop gestartet haben, empfehlen sich folgende Schritte:
- Ideenfindungsprozess: Lassen Sie die Teilnehmer eine Vielfalt an Ideen kreieren, ohne Rücksicht auf die praktische Umsetzbarkeit.
- Sortieren: Gewichten Sie, gemeinsam mit den Teilnehmern, die Ideen nach den Kriterien der Fragestellung.
- Konkretisieren: Lassen Sie die Teilnehmer die einzelnen Ideen ausarbeiten – beispielsweise in parallelen Arbeitsgruppen.
- Konsens-Entwicklung: Stellen Sie die Ergebnisse der einzelnen Arbeiten vor und stellen Sie sie zur Diskussion. Was scheint am ehesten umsetzbar?
- Maßnahmenplan: Legen Sie die Aufgaben, die Verantwortlichkeiten, den Zeitrahmen sowie eventuell nötige Partner fest. Lassen Sie den Plan von den Teilnehmern unterschreiben.
- Nachhaltigkeit: Machen Sie sich bereits vor dem Workshop Gedanken über die Zeit danach. Dokumentieren und kommunizieren Sie den anschließenden Projektverlauf.
Störer, Besserwisser und Nörgler
Es wird immer Teilnehmer geben, die Ihren Workshop stören. So gehen Sie mit den wichtigsten von ihnen um:
- Der Ko-Referent: Er hat zu allem etwas anzufügen und ist überzeugt davon. Übertragen Sie ihm Aufgaben, bei denen er sich für die Gruppe nützlich machen kann, lassen Sie ihn z. B. Pinnwände vorbereiten. In Extremfällen müssen Sie ihm die Rollenverteilung klar machen.
- Der Besserwisser: Er sabotiert die Gruppenarbeit unter dem Deckmantel des Expertentums. Betonen Sie, dass es um das gemeinsame Arbeiten und den Lerneffekt geht. Notfalls sprechen Sie mit ihm unter vier Augen.
- Der Nörgler: Er lässt gewohnheitsmäßig an jedem Beitrag seinen Unmut aus. Übersetzen Sie seine Einwände ins Sachliche und bitten Sie ihn um konstruktive Mitwirkung. Schlimmstenfalls schließen Sie ihn aus dem Workshop aus.
- Der Schweiger: Er verfolgt die Gruppenprozesse meist sehr genau. Fragen Sie ihn gelegentlich direkt und bestätigen Sie seine Antworten.
- Der Provokateur: Bitten Sie ihn um Konkretisierung oder holen Sie die Meinung der anderen Teilnehmer zu seinen Beiträgen ein.
- Der lange Redner: Führen Sie eine Sanduhr ein.
„Workshops sind Motivationsförderer, denn in der ungewohnten Umgebung nimmt man die Kollegen anders wahr und kann auf andere Art miteinander umgehen, als dies im Alltag der Fall ist.“
Wichtig: Spielen Sie in der Vorbereitungsphase auch Worst-Case-Szenarien durch und überlegen Sie sich Gegenstrategien für solche Fälle.
Während des Workshops
Bleiben Sie bei Meinungsverschiedenheiten unter den Teilnehmern neutral. Fassen Sie die Diskussionsergebnisse von Zeit zu Zeit zusammen und filtern Sie sie. Lassen Sie Ihre Persönlichkeit hinter das Thema, das Sie präsentieren, zurücktreten. Seien Sie ruhig, sachlich, souverän und wertschätzend. Geben Sie den Teilnehmern genug Raum für Artikulation und Kreativität. Behalten Sie zu allen Teilnehmern Blickkontakt, richten Sie sich aber immer an die ganze Gruppe, es sei denn, es geht um Wortmeldungen oder Nachfragen. Gerät die Diskussion in Schräglage oder nehmen Sie – auch nonverbal – starken Unmut wahr, so sprechen Sie das an.
„Meist kommen die Randthemen oder neue Aspekte in den Pausenzeiten zur Sprache.“
Behalten Sie den Zeitplan für die einzelnen Workshop-Abschnitte im Auge. Seitengespräche und Endlosdiskussionen gilt es rechtzeitig einzudämmen. Richten Sie einen Themen-, Fragen- und Ideenspeicher ein, um Inputs aufzubewahren, die nicht zur aktuellen Thematik passen. Wechseln Sie immer wieder zwischen Phasen der konzentrierten Diskussion und spielerischen Elementen ab: Lassen Sie malen, kneten oder basteln. Setzen Sie Medien wohldosiert ein. Audiovisuelle Inhalte haften in der Regel stärker im Gedächtnis als rein visuelle oder auditive Darbietungen.
Gegenseitiges Feedback
Beenden Sie den Workshop mit einem Feedback der Teilnehmer, das Sie in drei Kategorien aufteilen: Arbeits- und Umsetzungsergebnisse, Workshop-Charakter und Moderation. Wie waren die Teilnehmer mit dem Ort, dem Programm und den Resultaten zufrieden? Bitten Sie um Verbesserungsvorschläge, u. a. für die Moderation. Sie können das Feedback auch über einen anonymen Fragebogen einholen. Lassen Sie dabei die wesentlichen Punkte anhand von Ratingskalen bewerten. Der Nachteil schriftlicher Antworten: Sie können nicht nachhaken und zur differenzierten Darstellung anregen. Entlassen Sie die Teilnehmer nicht, ohne ihnen für ihre Mitarbeit zu danken. Geben Sie ihnen ein eigenes Feedback und bieten Sie an, per E-Mail und Telefon weiterhin in Kontakt zu bleiben.
Nach dem Workshop
Fassen Sie erst für sich, dann für die Teilnehmer den Verlauf und die Quintessenz des Workshops noch einmal zusammen. Teilen Sie Ihrem Auftraggeber das Fazit, die Besonderheiten und womöglich überraschende Erkenntnisse aus dem Workshop mit. Erfragen Sie auch seine Sicht der Ergebnisse.
„Jede Lösung, die während eines Workshops erarbeitet wird, muss dokumentiert werden.“
Haben Sie den Workshop als Firmeninterner geleitet, übernehmen Sie wahrscheinlich auch das Projektmanagement. Regen Sie die Teilnehmer an, leicht realisierbare Beschlüsse als „Quick-Wins“ rasch umzusetzen. Für die längerfristigen Maßnahmen stellen Sie Teams zusammen, legen Zeitrahmen, Verantwortliche und Ressourcen fest und engagieren gegebenenfalls Spezialisten. Dokumentieren Sie als Projektleiter die Fortschritte der einzelnen Maßnahmen – z. B. in Form eines elektronischen Projekttagebuchs – und kommunizieren Sie diese im Unternehmen. Nach der Umsetzung des Projekts legen Sie eine Schlusspräsentation vor und veranstalten am besten einen weiteren, nur wenige Stunden dauernden Workshop unter dem Motto „Lessons learned“. Resümieren Sie den Verlauf des Projekts, besprechen Sie besondere Herausforderungen, Fehler, Lernprozesse, Verbesserungsvorschläge. Fragen Sie zum Schluss: Wo könnten neue Handlungs- und Innovationsfelder innerhalb des Unternehmens liegen?