Workshops

Buch Workshops

Optimal vorbereiten, spannend inszenieren, professionell nachbereiten

Linde,


Rezension

Workshops – ein netter Plausch, aber völlig ineffizient? Nicht, wenn man sie sys­tem­a­tisch angeht, sagt Irene Ruedel. Und: Die Vor- und Nach­bere­itung eines Workshops seien für dessen Erfolg genauso entschei­dend wie die eigentliche Durchführung. Anhand the­o­retis­cher Grundlagen, vor allem aber auf Basis ihrer jahrelangen Praxis, gibt die erfahrene Trainerin einen Überblick über die wichtigsten und tauglich­sten Work­shop-Meth­o­den. Sie erklärt einzelne Ar­beitss­chritte, spricht häufige Probleme an und kann mit zahlreichen Tipps aufwarten. Sicher: Manche davon sind allzu selbstverständlich, etwa der Rat, niemandem ins Wort zu fallen, und gele­gentlich sind Vorschläge nur aufgelistet, ohne näher ausgeführt zu werden. Was z. B. ein „Spinnennetz“ sein soll oder wozu ein „Hoch­seil­gar­ten“ konkret dient, bleibt unklar. Grundsätzlich vertritt Ruedel ein leit­eror­i­en­tiertes Work­shop-Konzept – im Gegensatz zu grup­penori­en­tierten Systemen. Wer damit arbeiten will, findet in diesem leicht zu lesenden Handbuch eine praktische Stütze. BooksInShort empfiehlt das Buch Per­son­alen­twick­lern, Beratern, Trainern, Moderatoren und Chefs.

Take-aways

  • Kein er­fol­gre­icher Workshop ohne geeigneten Moderator – das kann der Firmenchef selbst sein, jemand aus der Per­son­al­abteilung oder ein externer Trainer.
  • Formulieren Sie die Ziele Ihres Workshops präzise. Nur dann können Sie sie später überprüfen.
  • Der erste Eindruck prägt – beginnen Sie den Workshop daher entspannt.
  • Ve­r­anstal­ten Sie kein Meth­o­d­en­wirrwarr. Das kostet nur Zeit und Konzen­tra­tion.
  • Legen Sie sich im Vornherein Strategien gegen Quassler, Besser­wisser, Nörgler und Schweiger zurecht.
  • Wesentliche Work­shop-El­e­mente sind das Sammeln von Ideen, deren Gewichtung und Vertiefung, ein Konsens und der Maßnahmenplan.
  • Wechseln Sie zwischen intensiven Diskus­sio­nen und spielerischen Elementen ab.
  • Fassen Sie die Diskus­sion­sergeb­nisse von Zeit zu Zeit zusammen.
  • Beenden Sie den Workshop mit einer Feed­back­runde.
  • Regen Sie die Teilnehmer an, Ve­r­ant­wor­tung zu übernehmen und die beschlosse­nen Maßnahmen möglichst rasch umzusetzen.
 

Zusammenfassung

Wer soll den Workshop moderieren?

„Workshop“ klingt nach Arbeit und handfesten Resultaten. Deshalb wird der Begriff so gern verwendet, selbst wenn die Ergebnisse oft mager ausfallen. Um wirklich effizient zu sein, müssen Sie erst einmal den idealen Moderator finden. Wer ist am ehesten geeignet, die gesteckten Ziele zu erreichen?

  1. Der Chef? Er kennt sich bestens mit dem Unternehmen und seinen Zielen aus. Nachteil: Hi­er­ar­chis­che Konflikte sind möglich. Schafft es der Chef, den nötigen Abstand zum Un­ternehmen­sall­tag zu gewinnen? Bringen die Teilnehmer den Mut zu Kreativität und Spinnerei auf und trauen sie sich, alles auszus­prechen?
  2. Ein externer Moderator? Er hat keinen Tunnelblick und ist für seinen Job ausgebildet. Nachteil: Er verursacht Kosten. Und er braucht eine gewisse Vorlaufzeit, um sich in die Thematik einzuar­beiten.
  3. Ein interner Moderator? Er stammt meist aus einer be­nach­barten Abteilung, aus der Per­son­alen­twick­lung oder dem Change-Man­age­ment. Daher ist er sowohl mit dem Unternehmen als auch mit der Methodik vertraut. Er spart Kosten. Nachteil: Interne halten sich in der Regel an fixe Richtlinien, worunter die In­no­va­tion­slust leiden kann. Die Workshops laufen meist nach einem stan­dar­d­isierten Schema ab.

Zield­e­f­i­n­i­tio­nen und Teilnehmer

Formulieren Sie das primäre Work­shopziel schriftlich und möglichst präzise. So können Sie Diskus­sio­nen, bevor sie aus dem Ruder laufen, immer wieder auf den Zielpunkt zurückführen. Brechen Sie das primäre Ziel auf praktische Teil- und Zwis­chen­ziele herunter. Formulieren Sie Lernziele für alle Teilnehmer. Je sorgfältiger Sie dabei vorgehen, desto leichter können Sie die Ergebnisse überprüfen. Achten Sie darauf, dass diese Lernziele aus mindestens zwei, am besten aus allen drei der folgenden Kategorien stammen:

  1. Kognition: Vermitteln Sie Sachver­halte und Zusammenhänge so eingängig, dass die Teilnehmer sie nicht nur verstehen, sondern sich später auch daran erinnern.
  2. Affektion: Bringen Sie die Teilnehmer dazu, ein bestimmtes Gefühl oder eine gewünschte Einstellung zu einem Sachverhalt zu entwickeln.
  3. Psy­chomo­torik: Trainieren Sie mit den Teilnehmern neue Fer­tigkeiten, bis sie diese „intus“ haben.
„Workshops sind geplante und vor­bere­it­ete Ar­beit­srun­den, in denen sich die Teilnehmer explizit auf ein Thema konzen­tri­eren.“

Die Ausrichtung des Workshops steht und fällt mit der Entschei­dung, welche Personen eingeladen werden – un­ternehmen­sex­terne wie Kunden oder Lieferanten, Führungskräfte, Mitarbeiter oder ein Mix aus allen Bereichen. Möglich ist es auch, dass Kader­per­so­nen erst zu einem späteren Zeitpunkt zum Workshop stoßen. Setzen Sie für die Teilnahme ein gewisses Niveau an Fachken­nt­nis­sen voraus. Indem Sie z. B. eigens für diesen Zweck Kreativitätswet­tbe­werbe ve­r­anstal­ten, können Sie geeignete oder in­ter­es­sante Leute rekrutieren. Größere Work­shop­grup­pen erfordern einen Ko-Mod­er­a­tor, der im Hintergrund hilft und sich beispiel­sweise um Pinnwände oder die Ar­beits­grup­penein­teilung kümmert.

Der Ablaufplan

Notieren Sie sich im Vorfeld auf kleinen Karteikarten die Inhalte der einzelnen Phasen. Sie dienen Ihnen später als Gedankenstütze. Jeder Workshop ist anders, aber bei aller Un­ter­schiedlichkeit bleiben folgende Abschnitte gleich:

  • In­for­ma­tions­beschaf­fung: Gehen Sie alle Un­ternehmens­abteilun­gen durch, die von Veränderungen betroffen sein werden, und stellen Sie ihnen relevante In­for­ma­tio­nen zur Verfügung – am besten in übersichtlichen Charts.
  • Einstieg in den Workshop: Er ist besonders wichtig, denn der erste Eindruck prägt. Vor allem gewinnen Sie mit einem guten Einstieg auch solche Teilnehmer, die evtl. nicht ganz freiwillig teilnehmen. Ideal ist die Ankunft der Teilnehmer am Vorabend. Beginnen Sie am besten mit einem gemeinsamen Abendessen oder Frühstück und einem anschließenden Spaziergang. Stellen Sie sich als Person vor, und lassen Sie die Teilnehmer sich vorstellen – inkl. persönlicher Interessen und Freizeitbeschäftigungen. Präsentieren Sie dann die Agenda.
  • In­for­ma­tion­sphase: Zeigen Sie – als Resultat Ihrer Recherchen – Charts zur Ist-Sit­u­a­tion im Unternehmen.
  • Zield­e­f­i­n­i­tion: Brechen Sie Ihre Ziele auf einzelne Abteilungen und Prozess­ab­schnitte herunter. Legen Sie dafür die geeigneten Methoden fest.
  • Auf­gabenbeschrei­bung: Formulieren Sie die zu bewältigenden Aufgaben und geben Sie Ihrem Workshop ein möglichst emo­tion­al­isieren­des Motto.
  • Method­is­ches Vorgehen: Wenden Sie aus Zeit- und Konzen­tra­tionsgründen nicht zu viele ver­schiedene Methoden an. Haben Sie aber ein paar Asse im Ärmel für den Fall, dass die eine oder andere nicht ankommt.

Der operative Teil

Sobald Sie den Workshop gestartet haben, empfehlen sich folgende Schritte:

  1. Ideen­find­ung­sprozess: Lassen Sie die Teilnehmer eine Vielfalt an Ideen kreieren, ohne Rücksicht auf die praktische Um­set­zbarkeit.
  2. Sortieren: Gewichten Sie, gemeinsam mit den Teilnehmern, die Ideen nach den Kriterien der Fragestel­lung.
  3. Konkretisieren: Lassen Sie die Teilnehmer die einzelnen Ideen ausarbeiten – beispiel­sweise in parallelen Ar­beits­grup­pen.
  4. Kon­sens-En­twick­lung: Stellen Sie die Ergebnisse der einzelnen Arbeiten vor und stellen Sie sie zur Diskussion. Was scheint am ehesten umsetzbar?
  5. Maßnahmenplan: Legen Sie die Aufgaben, die Ve­r­ant­wortlichkeiten, den Zeitrahmen sowie eventuell nötige Partner fest. Lassen Sie den Plan von den Teilnehmern un­ter­schreiben.
  6. Nach­haltigkeit: Machen Sie sich bereits vor dem Workshop Gedanken über die Zeit danach. Doku­men­tieren und kom­mu­nizieren Sie den anschließenden Pro­jek­tver­lauf.

Störer, Besser­wisser und Nörgler

Es wird immer Teilnehmer geben, die Ihren Workshop stören. So gehen Sie mit den wichtigsten von ihnen um:

  1. Der Ko-Referent: Er hat zu allem etwas anzufügen und ist überzeugt davon. Übertragen Sie ihm Aufgaben, bei denen er sich für die Gruppe nützlich machen kann, lassen Sie ihn z. B. Pinnwände vorbereiten. In Extremfällen müssen Sie ihm die Rol­len­verteilung klar machen.
  2. Der Besser­wisser: Er sabotiert die Grup­pe­nar­beit unter dem Deckmantel des Ex­per­ten­tums. Betonen Sie, dass es um das gemeinsame Arbeiten und den Lerneffekt geht. Notfalls sprechen Sie mit ihm unter vier Augen.
  3. Der Nörgler: Er lässt gewohn­heitsmäßig an jedem Beitrag seinen Unmut aus. Übersetzen Sie seine Einwände ins Sachliche und bitten Sie ihn um kon­struk­tive Mitwirkung. Schlimm­sten­falls schließen Sie ihn aus dem Workshop aus.
  4. Der Schweiger: Er verfolgt die Grup­pen­prozesse meist sehr genau. Fragen Sie ihn gele­gentlich direkt und bestätigen Sie seine Antworten.
  5. Der Provokateur: Bitten Sie ihn um Konkretisierung oder holen Sie die Meinung der anderen Teilnehmer zu seinen Beiträgen ein.
  6. Der lange Redner: Führen Sie eine Sanduhr ein.
„Workshops sind Mo­ti­va­tionsförderer, denn in der ungewohnten Umgebung nimmt man die Kollegen anders wahr und kann auf andere Art miteinander umgehen, als dies im Alltag der Fall ist.“

Wichtig: Spielen Sie in der Vor­bere­itungsphase auch Worst-Case-Szenar­ien durch und überlegen Sie sich Gegen­strate­gien für solche Fälle.

Während des Workshops

Bleiben Sie bei Mei­n­ungsver­schieden­heiten unter den Teilnehmern neutral. Fassen Sie die Diskus­sion­sergeb­nisse von Zeit zu Zeit zusammen und filtern Sie sie. Lassen Sie Ihre Persönlichkeit hinter das Thema, das Sie präsentieren, zurücktreten. Seien Sie ruhig, sachlich, souverän und wertschätzend. Geben Sie den Teilnehmern genug Raum für Ar­tiku­la­tion und Kreativität. Behalten Sie zu allen Teilnehmern Blick­kon­takt, richten Sie sich aber immer an die ganze Gruppe, es sei denn, es geht um Wort­mel­dun­gen oder Nachfragen. Gerät die Diskussion in Schräglage oder nehmen Sie – auch nonverbal – starken Unmut wahr, so sprechen Sie das an.

„Meist kommen die Randthemen oder neue Aspekte in den Pausen­zeiten zur Sprache.“

Behalten Sie den Zeitplan für die einzelnen Work­shop-Ab­schnitte im Auge. Seitengespräche und End­los­diskus­sio­nen gilt es rechtzeitig einzudämmen. Richten Sie einen Themen-, Fragen- und Ideen­spe­icher ein, um Inputs aufzube­wahren, die nicht zur aktuellen Thematik passen. Wechseln Sie immer wieder zwischen Phasen der konzen­tri­erten Diskussion und spielerischen Elementen ab: Lassen Sie malen, kneten oder basteln. Setzen Sie Medien wohldosiert ein. Au­dio­vi­suelle Inhalte haften in der Regel stärker im Gedächtnis als rein visuelle oder auditive Dar­bi­etun­gen.

Gegen­seit­iges Feedback

Beenden Sie den Workshop mit einem Feedback der Teilnehmer, das Sie in drei Kategorien aufteilen: Arbeits- und Um­set­zungsergeb­nisse, Work­shop-Charak­ter und Moderation. Wie waren die Teilnehmer mit dem Ort, dem Programm und den Resultaten zufrieden? Bitten Sie um Verbesserungsvorschläge, u. a. für die Moderation. Sie können das Feedback auch über einen anonymen Fragebogen einholen. Lassen Sie dabei die wesentlichen Punkte anhand von Rat­ingskalen bewerten. Der Nachteil schriftlicher Antworten: Sie können nicht nachhaken und zur dif­feren­zierten Darstellung anregen. Entlassen Sie die Teilnehmer nicht, ohne ihnen für ihre Mitarbeit zu danken. Geben Sie ihnen ein eigenes Feedback und bieten Sie an, per E-Mail und Telefon weiterhin in Kontakt zu bleiben.

Nach dem Workshop

Fassen Sie erst für sich, dann für die Teilnehmer den Verlauf und die Quintessenz des Workshops noch einmal zusammen. Teilen Sie Ihrem Auf­tragge­ber das Fazit, die Beson­der­heiten und womöglich überraschende Erken­nt­nisse aus dem Workshop mit. Erfragen Sie auch seine Sicht der Ergebnisse.

„Jede Lösung, die während eines Workshops erarbeitet wird, muss doku­men­tiert werden.“

Haben Sie den Workshop als Fir­menin­terner geleitet, übernehmen Sie wahrschein­lich auch das Pro­jek­t­man­age­ment. Regen Sie die Teilnehmer an, leicht re­al­isier­bare Beschlüsse als „Quick-Wins“ rasch umzusetzen. Für die länger­fristi­gen Maßnahmen stellen Sie Teams zusammen, legen Zeitrahmen, Ve­r­ant­wortliche und Ressourcen fest und engagieren gegebe­nen­falls Spezial­is­ten. Doku­men­tieren Sie als Pro­jek­tleiter die Fortschritte der einzelnen Maßnahmen – z. B. in Form eines elek­tro­n­is­chen Pro­jek­t­tage­buchs – und kom­mu­nizieren Sie diese im Unternehmen. Nach der Umsetzung des Projekts legen Sie eine Schlusspräsentation vor und ve­r­anstal­ten am besten einen weiteren, nur wenige Stunden dauernden Workshop unter dem Motto „Lessons learned“. Resümieren Sie den Verlauf des Projekts, besprechen Sie besondere Her­aus­forderun­gen, Fehler, Lern­prozesse, Verbesserungsvorschläge. Fragen Sie zum Schluss: Wo könnten neue Handlungs- und In­no­va­tions­felder innerhalb des Un­ternehmens liegen?

Über die Autorin

Irene Ruedel arbeitet in den Bereichen Werbung und Kom­mu­nika­tion und betreut Workshops von der Vor­bere­itungs- bis zur Um­set­zungsphase.