Kokospalmen am Nordseestrand

Buch Kokospalmen am Nordseestrand

100 heimliche Gewinner des Klimawandels. Ein Finanzbuch

Frankfurter Allgemeine Buch,


Rezension

Keiner weiß genau, wie stark der Klimawandel die Welt verändern wird. De­mentsprechend schwierig ist es, die Gewin­ner­ak­tien der Erderwärmung vorherzusagen. Die Ambition der Autoren, die Prognose auf schmaler Datenbasis dennoch zu versuchen, ist daher recht gewagt. Unter den 100 Unternehmen, die sie als künftige Klim­agewin­ner darstellen, sind außer den üblichen Verdächtigen – Solar- und Winden­ergiefir­men – viele Überraschungskan­di­daten. Die Zusam­men­stel­lung unter dem Stichwort „Klimawandel“ erscheint z. T. willkürlich, wenn neben zahlreichen DAX-Un­ternehmen auch noch ein Ölkonzern, ein Flughafen­be­treiber, ein Düfte­hersteller oder ein Hersteller von Überwachungskam­eras vom heißen Klima profitieren sollen – Letzterer wegen zu erwartender sozialer Konflikte. Trotz dieser Vorbehalte ist es aber zu begrüßen, dass der Klimawandel langsam vom lähmenden Katas­tro­phen­szenario zur Quelle un­ternehmerischer Chancen mutiert – das weckt Hoffnung, dass sich doch noch was bewegt. BooksInShort empfiehlt das Buch darum Anlegern, die sich einen Überblick über mögliche Umwelt­in­vest­ments verschaffen wollen, und Führungskräften, die ihr Unternehmen auch unter ökologischen Gesicht­spunk­ten wet­tbe­werbsfähig halten wollen.

Take-aways

  • Es ist ökonomisch sinnvoller, den Klimawandel zu bekämpfen statt dessen Folgen.
  • Die Erderwärmung stellt fast alle Branchen vor große Her­aus­forderun­gen.
  • Sowohl Kundenwünsche als auch behördliche Auflagen werden immer mehr Unternehmen zum Klimaschutz drängen.
  • Die Branche umwelt­fre­undlicher Tech­nolo­gien wird in den nächsten Jahren doppelt so schnell wachsen wie die Weltwirtschaft.
  • Durch eine frühe Umstellung auf Umweltverträglichkeit erzielen Sie kurzfristig Im­agegewinne und langfristig Wet­tbe­werb­svorteile.
  • Viele große Unternehmen streben bereits heute nach Nach­haltigkeit.
  • Rund 100 Unternehmen können in­ter­na­tional als Vorreiter gelten.
  • Darunter sind Erzeuger sauberer Energie, nachhaltig wirtschaf­tende Konzerne und Ökospezial­is­ten aus ver­schiede­nen Nischen.
  • Als Anleger sollten Sie die Nach­haltigkeit der Unternehmen genau unter die Lupe nehmen.
  • Den Gewinnern des Kli­mawan­dels stehen Verlierer gegenüber: die nicht anpassungsfähigen Vertreter jeder Branche.
 

Zusammenfassung

Wirtschaften in einem veränderten Klima

Der Klimawandel wird den Alltag der Menschen verändern – und das Wirtschaft­sleben. Nach Ansicht des ehemaligen Chefökonomen der Weltbank, Nicholas Stern, ist es nicht nur ökologisch, sondern auch finanziell sinnvoll, den Klimawandel selbst zu bekämpfen statt nur dessen Folgen. Immer mehr Unternehmen springen, unterstützt von der Politik, auf diesen Zug auf. Darunter sind nicht nur Firmen aus neuen Branchen wie der So­larindus­trie, sondern auch tra­di­tionelle Unternehmen. Selbst En­ergiev­er­sorger streben in Richtung klimaverträgliches Wirtschaften. Möglicher­weise gibt es auch in Ihrer Firma bereits konkrete Konzepte, die Umweltkom­pe­tenz auszubauen? Fest steht, dass die Kli­ma­ef­fizienz und Umwelt­fre­undlichkeit Ihrer Firma und Ihrer Produkte künftig stärker unter die Lupe genommen werden – sei es von Kunden, Geschäftspartnern oder vom Staat.

„Die Erderwärmung wird zu einem bes­tim­menden Thema, denn es gibt kaum eine Region oder eine wirtschaftliche Aktivität, die nicht betroffen wäre.“

Mit der Umori­en­tierung auf nach­haltiges Wirtschaften steht Ihnen eine Grat­wan­derung bevor. Sie müssen Ökologie und Ökonomie miteinander verbinden und dabei auch soziale Belange – z. B. die Ihrer Mitarbeiter – im Auge behalten. In­ter­essenkon­flikte sind zu erwarten. Nicht immer wird es Win-Win-Geschäfte geben wie bei In­vesti­tio­nen in eine höhere En­ergieef­fizienz, die sich durch Kosteneinsparun­gen oft selbst finanzieren. Dennoch lohnt es sich für Sie, zum Vorreiter zu werden. Viele große Unternehmen setzen bereits auf die grüne Karte. Sie erzielen damit langfristig Wet­tbe­werb­svorteile und schon kurzfristig ein positives Image. Über ihre Lieferkette beziehen sie auch Zulieferer in diesen Wandel mit ein.

Alternativ leben und arbeiten

Vermutlich rechnet Ihre Firma noch nicht aus, ob es sich lohnt, Mitarbeiter lieber in Heimarbeit zu beschäftigen. Die Kosten für Geschäftsreisen, die aufgrund der Rohstoff­preise weiter steigen werden, zieht aber manches Unternehmen bereits ins Kalkül: Das technische Potenzial von Videokon­feren­zen sorgt für eine stan­dor­tun­abhängige Zusam­me­nar­beit. Diese Möglichkeit sollten Sie für sich testen und nutzen. Die ar­beit­steilige Wirtschaftsweise wird durch steigende Trans­portkosten auch im Güterverkehr auf die Probe gestellt. Ein In­vest­ment­banker prog­nos­tiziert bereits, dass Lebens­mit­tel künftig viel mehr als heute direkt aus dem Umfeld unserer Städte stammen werden. Der Wohnort wird damit in jeglicher Hinsicht zum Lebens­mit­telpunkt.

„Wenn die Unternehmen sich nicht freiwillig umstellen, weil dies die Konsumwünsche erfordern, werden sie durch bürokratische Vorgaben der Politik oder neue, schärfere Regeln zum Klimaschutz dazu gezwungen.“

Erfolg in Sachen Nach­haltigkeit schlägt sich auch im Kurs an der Börse nieder. Wenn Sie als Investor vom Umwelttrend profitieren wollen, sollten Sie die Gewinner des Kli­mawan­dels iden­ti­fizieren. Der Aufbruch in Richtung klimaverträgliche Wirtschaft darf Sie als Anleger allerdings nicht in Euphorie versetzen. Statt mit der Herde zu laufen, beachten Sie lieber die grundsätzlichen Börsenregeln für die Risikostreu­ung, den In­vesti­tion­szeit­punkt und die Ren­di­teer­wartung. Viele Unternehmen fertigen inzwischen Nach­haltigkeits­berichte an, in denen sie über ihre ökologische Verträglichkeit Rechen­schaft ablegen.

Die Gewinner des Kli­mawan­dels

Der Bereich umwelt­fre­undlicher Tech­nolo­gien wird in den nächsten 20 Jahren etwa doppelt so schnell wachsen wie die Weltwirtschaft insgesamt. Davon werden drei Gruppen von Unternehmen profitieren:

  1. wandlungsfähige Konzerne,
  2. Spezial­is­ten in bestimmten Nischen und
  3. alternative En­ergiev­er­sorger.
„Leider haben es sich viele Unternehmen angewöhnt, aus alter Gewohnheit, Nachlässigkeit oder aus Profitgier, an vielen Stellen die Substanz über das vernünftige Maß hinaus zu nutzen.“

Unter den Unternehmen, die sich als Profiteure des Kli­mawan­dels iden­ti­fizieren lassen, sind viele große Konzerne. Das liegt auch daran, dass bislang meist nur große Firmen Nach­haltigkeits­berichte vorlegen. Keines dieser Unternehmen ist mit seiner Umwelt vollkommen im Reinen – in Sachen Umweltverträglichkeit haben viele noch einen weiten Weg vor sich. Dennoch wirtschaften sie als Vorreiter in ihrer Branche bereits nach­haltiger als andere und können daher als Vorbild dienen. Einige der Gewin­ner-Un­ternehmen weisen an der Börse ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von mehr als zehn auf, die Ökoen­ergiean­bi­eter sogar von 20. Mittel- bis langfristig betrachtet, sind diese Unternehmen dennoch un­ter­be­w­ertet.

Öko-Mix aus vielen Branchen

Der Querschnitt der Gewin­ner-Fir­men geht durch fast alle Branchen. Die Bauin­dus­trie wird mit en­ergies­paren­den Neubauten und der Wärmedämmung glänzende Geschäfte machen – und nicht zu vergessen auch mit dem Hochwasser­schutz. Die Land­wirtschaft profitiert von der wachsenden Nachfrage nach Biokraft­stof­fen. Wälder sind bereits zu lukrativen An­la­geob­jek­ten geworden. Ver­sicher­ern bietet sich die Chance auf neue Produkte, z. B. in Form von Wet­ter­po­li­cen oder Katas­tro­phenan­lei­hen. Sie können auf steigende Prämien hoffen, müssen allerdings auch höhere Schäden einkalkulieren. Auch die Chemiein­dus­trie benötigt erst neue Produkte, um den Klimawandel in wirtschaftlichen Erfolg ummünzen zu können. In der En­ergiebranche werden die Anbieter erneuer­barer und kohlen­diox­id­freier En­ergiequellen zu den Gewinnern zählen. Die Phar­main­dus­trie hingegen wird derzeit kaum vom Klimawandel beeinflusst. Sollten sich allerdings mit steigender Temperatur auch die Krankheit­spro­file in den Industrieländern verändern, würden sich Mark­tchan­cen ergeben. Es ist z. B. denkbar, dass hierzulande mehr Tropenkrankheiten behandelt werden müssen.

Die Firmen der Topgruppe

Unter den Mitgliedern der Spitzen­gruppe sind Blue Chips, aber auch ver­gle­ich­sweise kleine Unternehmen, die zu Stan­dar­d­ak­tien werden können. Dazu zählen Windrad- und So­larzel­len­her­steller wie Q-Cells, Solarworld und Vestas. Let­zt­ge­nan­nte Firma baut jede dritte Wind­kraftan­lage, die weltweit an Land oder im Meer aufgestellt wird.

„Alle setzen auf Sonnenstrom aus deutschen Landen – von Kalifornien bis China, von Norwegen bis Südafrika. In Ost­deutsch­land schafft die So­lar­branche daher gerade jene blühenden Land­schaften, die einst von der Politik versprochen wurden.“

Ein Drittel der Kli­mafa­voriten sind deutsche Unternehmen. BMW hat es durch sein Umwelt­man­age­mentsys­tem geschafft, binnen zehn Jahren den En­ergie­ver­brauch in der Produktion um mehr als ein Viertel zu senken. Henkel setzt in seinen Produkten zwei Drittel weniger Schw­er­met­alle ein als vor fünf Jahren, während Adidas auf umwelt­fre­undliche Materialien setzt. BASF hat das Konzept eines Null-Heizkosten-Hauses mit aus­ge­feil­ter Dämmung, Belüftung und Scheiben­heizung entwickelt. Die Deutsche Telekom kann dank Emis­sion­sz­er­ti­fikaten und Strom sparenden Telefonen seit 1999 einen Platz im Dow Jones Sus­tain­abil­ity Index für sich beanspruchen. Die Allianz verbündet sich mit dem World Wide Fund for Nature (WWF), damit Au­tover­sicherun­gen ökologischer gestaltet werden.

„Deutschland hat in diesem Geschäft einige Trümpfe in der Hand, weil besonders viele Hersteller von Windanlagen und Solarzellen aus Deutschland kommen und in andere Länder liefern.“

In­ter­na­tionale Unternehmen sind ebenfalls bereits gut aufgestellt. Der spanische Wind­kraft­be­treiber Iberdrola, der US-Konzern General Electric oder die holländische Akzo Nobel zählen dazu. Die spanische Inditex, bekannt durch die Modekette Zara, produziert größtenteils in Fabriken in Europa – bald verbunden durch eine Lkw-Flotte mit Biotreib­stoff. Der norwegische Ölkonzern Statoil wird ebenfalls vom Klimawandel profitieren, da er seine Produktion in Richtung des klimaverträglicheren Erdgases verlagert.

Umwelt­pi­oniere in der zweiten Reihe

In der Liste der Klim­agewin­ner mit etwas weniger starkem Umwelt­pro­fil stammt fast die Hälfte der ausgewählten Unternehmen aus Deutschland. Der Rück­ver­sicherer Münchener Rück reagierte schon früh auf den Klimawandel mit Umwelt­in­for­ma­tions­di­en­sten, ökologischen Standards und entsprechen­den Ver­sicherung­spro­duk­ten. Ressourcens­parende Produkte – z. B. eine su­per­le­ichte Kun­st­stoff­flasche – sind von Krones, einem Maschi­nen­bauer. Daimler ist führend in der Herstellung von Bussen mit Hy­brid-Antrieb. Die Lufthansa hat durch den Austausch alter Flugzeuge mit neuem Material ihre Kraft­stof­f­ef­fizienz erhöht: Neue Flieger verbrauchen rund ein Drittel weniger Kerosin. Hochtief investiert in Geothermie, Vossloh in Verkehrstech­nik. Die Deutsche Bank baut gerade ihr Frankfurter Haup­tquartier um. Demnächst soll der Kohlen­diox­i­dausstoß der beiden Türme nur noch halb so hoch sein wie vorher.

„Künftig wird es für Anleger aus Renditegründen wichtiger, die Gewinner des Kli­mawan­dels zu iden­ti­fizieren.“

Unter den in­ter­na­tionalen Klim­agewinnlern sind vor­bildliche Trans­portun­ternehmen wie z. B. der Nahverkehrsan­bi­eter MTR Corp oder die Eisenbahn Kansas City Southern. Mit Transport im weiteren Sinne verdient auch Shimano sein Geld: Das Unternehmen stellt Komponenten für das umwelt­fre­undliche Fort­be­we­gungsmit­tel Fahrrad her. Hinzu kommen Umwelt­di­en­stleis­ter, Wasser­auf­bere­iter und Re­cy­cling­fir­men wie Mayr-Melnhof und ZhongDe sowie Lebens­mit­telkonz­erne wie Danone, SunOpta und Asian Bamboo. Ricoh forscht derweil an Druck­er­ton­ern auf pflan­zlicher Basis, um vom Öl unabhängig zu werden.

Die En­ergievor­re­iter

An der Börse ist der weltgrößte Ölkonzern – Exxon Mobile – zurzeit mehr wert als alle Hersteller von Windrädern, So­lar­mod­ulen, Bio­massekraftwerken und ge­ot­her­mis­chen Anlagen zusammen. Die Preis­steigerun­gen der fossilen Brennstoffe spielen aber den Anbietern von Ökoenergie künftig in die Hände. Ihre Technologie wird immer günstiger werden. Die Stromerzeu­gung der Windbranche verdoppelt sich alle zwei bis drei Jahre. Aufwind­kraftwerke in der Sahara sind in Sicht. Die Hersteller von al­ter­na­tiven Kraft­stof­fen zählen dagegen derzeit nicht zu aus­sicht­sre­ichen Kandidaten – sie sind nur wenig nachhaltig.

„Die Länder­al­loka­tion unserer Umweltak­tien spiegelt auch wider, dass Umwelt- und Kli­mat­e­ch­nik in erster Linie eine Domäne der Industrieländer ist und vorerst auch bleiben dürfte.“

Unter den Anbietern von Technik für die nachhaltige En­ergieerzeu­gung finden Sie viele bekannte deutsche Unternehmen: Nordex, Conergy, Centrotec Sustainable, Smart Fuel Cell, Centrotherm und die Spezial­maschi­nen­bauer Roth & Rau und Manz Automation. Die in­ter­na­tionale Konkurrenz trägt Namen wie Gamesa, First Solar, Energy Conversion Devices, Ormat Tech­nolo­gies, Sharp, Suntech und Applied Materials. Als aus­sicht­sre­ich gelten zudem der britische Hersteller von Elek­tro­fahrzeu­gen Tanfield und der für eine nachhaltige Biotreib­stoffher­stel­lung wichtige dänische En­zym­pro­duzent Novozymes. Der Öster­re­ichis­che Elektrizitätswirtschafts AG Verbund produziert rund 90 % seines Stroms aus Wasserkraft und will weiter in diese umwelt­fre­undliche En­ergieerzeu­gung investieren.

Verlierer des Trends zur klimaverträglichen Wirtschaft

Prinzipiell sind in jeder Branche diejenigen Unternehmen in einer aus­sicht­sre­ichen Position, die sich frühzeitig auf das geänderte Umwelt- und Geschäftsklima einstellen. Deshalb gibt es auch für diejenigen, die in einer der häufig genannten Ver­liererbranchen tätig sind, keinen Grund, ängstlich in die Zukunft zu sehen. Au­to­mo­bilkonz­erne, Flugge­sellschaften und Schiff­fahrt­sun­ternehmen werden ebenso wenig kollektiv von der Bildfläche ver­schwinden wie Touris­mu­san­bi­eter. Toyota zeigt mit Erfolg, dass bereits heute der Umweltgedanke mitfährt. Autos in Brasilien fahren längst mit einem hohen Biospri­tan­teil. Frachtschiffe mit Windsegeln durchpflügen mit geringerem Treib­stof­fver­brauch die Weltmeere. Sicherlich werden sich Unternehmen dieser Branchen aber besonders stark umstellen müssen, um künftig klimaverträglich zu werden. Die un­ter­fi­nanzierten unter den Flugge­sellschaften werden die Kli­main­vesti­tio­nen kaum stemmen können – sie zählen zum Club der Verlierer. Außerdem sollten Sie bedenken: Nicht jede Region der Welt ist vom Klimawandel gleichermaßen betroffen, und die Veränderung ist auch nicht immer negativ. Mit­tel­ge­birge könnten sich beispiel­sweise dank besseren Wetters zu beliebten Urlaub­szie­len entwickeln.

Über die Autoren

Thomas Schmitt ist Dipl.-Volkswirt und Redakteur beim Han­dels­blatt. Heidi Trabert ist ebenfalls Dipl.-Volk­swirtin und freie Jour­nal­istin.