Die Zeitmaschine

Buch Die Zeitmaschine

London, 1895
Diese Ausgabe: dtv,


Worum es geht

Der Vater der Sci­ence-Fic­tion

Wel­traumpa­trouillen und zwölffache Licht­geschwindigkeit – diese Wunder der Sci­ence-Fic­tion sind uns heute so geläufig, als wären sie bereits Teil unseres Alltags. Ganz anders muss es den Lesern von Wells’ Romanen vor 100 Jahren ergangen sein. Er und sein französischer Kollege Jules Verne waren gewissermaßen die Erfinder dieses Genres. In seinem Roman Die Zeit­mas­chine – ein Begriff, der ebenfalls der Fantasie des Autors entstammt – reist ein englischer Wis­senschaftler in die ferne Zukunft des Jahres 802701 n. Chr. Die Menschheit hat sich inzwischen in zwei Gattungen aufgeteilt und lebt in einer gruseligen Symbiose zusammen: Während die kan­ni­balis­chen Morlocken in der Unterwelt hausen und alle Arbeit übernommen haben, leben die naiven Eloi auf der Erdoberfläche und dienen den Morlocken als Schlachtvieh. Mit dieser pes­simistis­chen Zukun­ftsvi­sion kom­men­tierte H. G. Wells die Zweik­las­sen­ge­sellschaft des damaligen England. Die ist zwar längst passé, trotzdem ist das Buch nach wie vor lesenswert als einer der wichtigsten Sci­ence-Fic­tion-Ro­mane aller Zeiten.

Take-aways

  • Mit seinem Debüt Die Zeit­mas­chine (1895) begründete H. G. Wells den modernen Sci­ence-Fic­tion-Ro­man.
  • Thema ist die Zeitreise eines Wis­senschaftlers aus dem vik­to­ri­an­is­chen England in die ferne Zukunft des Jahres 802701 n. Chr.
  • Inhalt: Ein englischer Wis­senschaftler landet mit seiner Zeit­mas­chine in einer scheinbar idyllischen Zukunft, in der sich die Menschheit jedoch in zwei Gattungen gespalten hat. Unter der Erde hausen die kan­ni­balis­chen Morlocken, die alle Arbeit der Gesellschaft übernehmen, während die naiven Eloi auf der Erde ein sorgloses Leben führen. Manchmal wird aber auch ein Eloi von den Morlocken entführt und aufge­fressen.
  • Der Autor kritisiert mit seinem Buch die Zweik­las­sen­ge­sellschaft des ausgehenden 19. Jahrhun­derts.
  • Seine pes­simistis­che Zukun­ftsvi­sion ist stark von der Evo­lu­tion­s­the­o­rie Charles Darwins beeinflusst.
  • Der Erfolg des Buchs beruht auch auf der zarten Liebesgeschichte zwischen dem zeitreisenden Pro­tag­o­nis­ten und einer Eloi-Frau.
  • H. G. Wells war überzeugter Sozialist. Er schrieb zunächst weitere Sci­ence-Fic­tion-Ro­mane, wandte sich dann jedoch politischen und re­al­is­tis­chen Themen zu.
  • 1960 wurde Die Zeit­mas­chine mit Rod Taylor in der Hauptrolle erstmals verfilmt.
  • Wells’ Einfluss auf die Sci­ence-Fic­tion ist einzigartig. Seine Einfälle und Visionen – darunter die Zeit­mas­chine selbst – zählen heute zum Inventar des Genres.
  • Zitat: „Meine anmutigen Kinder der Oberwelt waren nicht die einzigen Abkommen unserer Men­schheitsstufe, sondern auch dieses bleiche, widerliche Nachtwesen, das blitzartig an mir vor­beige­huscht war, musste ein Erbe aller vergangenen Zeitalter sein.“
 

Zusammenfassung

Die vierte Dimension

Im England des ausgehenden 19. Jahrhun­derts lädt der Zeitreisende zu einer Abendge­sellschaft ein. Zu Gast sind Hillyer, der die folgende Geschichte erzählt, der schlichte Filby, ein Psychologe, ein Arzt, ein Bürgermeister aus der Provinz sowie ein junger Mann. Der Zeitreisende spricht von den vier Dimensionen. Zum einen gebe es die drei Seiten des Würfels, darüber hinaus aber noch die vierte Dimension: die Zeit, durch die der Würfel sich von Tag zu Tag bewegen müsse. Er erklärt, dass ihn seit einer Weile eine bestimmte Frage beschäftige: Wenn es möglich sei, sich nach vorn, hinten, rechts, links, oben und unten zu bewegen, warum dann nicht auch durch die Zeit? Die ver­sam­melten Herren sind skeptisch. Der Zeitreisende holt einen winzigen Apparat aus seinem Lab­o­ra­to­rium und stellt ihn vor seinen Gästen auf den Tisch. Das Gerät sei ein verklein­ertes Modell seiner Zeit­mas­chine, erklärt er und bittet den Psychologen, einen Hebel an der Maschine zu betätigen. Tatsächlich ver­schwindet die Maschine spurlos vom Tisch. Die Gäste sind beeindruckt. Sie glauben ihm aber nicht wirklich, dass die Maschine in die Zukunft geflogen ist. Zum Abschluss des Abends führt der Zeitreisende die Besucher in sein Lab­o­ra­to­rium und zeigt ihnen die große Version der Zeit­mas­chine. Mit dieser werde er bald als erster Mensch die Zeit erforschen.

Reise in die Zukunft

Am folgenden Donnerstag versammelt sich erneut eine Abendge­sellschaft. Der Zeitreisende stößt etwas später dazu. Seine Kleider sind zerrissen, sein Gesicht verschrammt. Dieser Auftritt macht die Gäste neugierig, sie müssen sich jedoch gedulden, da der Zeitreisende vollkommen aus­ge­hungert ist. Er macht sich über das Essen her, bevor er zu erzählen beginnt.

„Der Zeitreisende (...) war im Begriff, uns eine geheimnisvolle Sache darzulegen.“ (S. 7)

Seine Geschichte setzt am Morgen desselben Tages ein, genauer: um zehn Uhr. Erstmals setzt sich der Zeitreisende auf seine Maschine. Er berührt kurz den Starthebel, spürt einen leichten Schwindel, hält dann die Maschine wieder an und stellt fest, dass es plötzlich vier Uhr nachmittags ist. Daraufhin drückt er den Starthebel ganz durch, und das Lab­o­ra­to­rium um ihn herum ver­schwindet im Nebel. Nacht und Tag folgen rasend schnell aufeinander, bis er schließlich mit einer Geschwindigkeit von einem Jahr pro Minute durch die Zeit reist. Dann fasst er sich ein Herz und bremst die Maschine abrupt ab.

„Tatsächlich gibt es vier Dimensionen, von denen wir drei die Ebenen des Raumes nennen und eine vierte die Zeit.“ (der Zeitreisende, S. 8)

Der Zeitreisende kommt auf einer Wiese zu sich, neben ihm die umgekippte Zeit­mas­chine. Das Kon­trollfeld zeigt an, dass er sich im Jahr 802701 befindet. In seiner Nähe steht eine große Statue, die ihn an eine geflügelte Sphinx erinnert. Ein Hagelschauer zieht über die gartenähnliche Landschaft und durchnässt ihn bis auf die Haut. Während die Ge­wit­ter­wolken sich verziehen, bekommt es der Zeitreisende mit der Angst zu tun. Was, wenn die Bewohner der Zukunft gefährlich sind? Er richtet seine Zeit­mas­chine auf und bemerkt, dass er nicht mehr allein ist. Von einem nahen Hügel kommen einige Gestalten auf ihn zu. Die Wesen wirken allerdings alles andere als bedrohlich. Sie sind klein, tragen einfache, farbenfrohe Kleider und wirken äußerst zart und zer­brech­lich.

Das Goldene Zeitalter

Die Menschen der Zukunft sprechen in einer sanften und schönen fremden Sprache. Der Zeitreisende zeigt auf die Sonne, um auf das Vergehen der Zeit und damit auf seine Herkunft hinzuweisen. Zu seiner Enttäuschung glauben die kleinen Leute daraufhin, er sei mit dem Hagel vom Himmel gefallen. Der Zeitreisende hat erwartet, dass ihm die Menschen der Zukunft in­tellek­tuell und kulturell weit überlegen seien und er von ihnen lernen könne. Diese Wesen haben jedoch ganz of­fen­sichtlich ein eher sorgloses und kindliches Gemüt. Er montiert zur Sicherheit den Starthebel von seiner Zeit­mas­chine ab und lässt sich dann von den kleinen Leuten zu einem ihrer Gebäude führen. Plappernd springen sie um ihn herum und behängen ihn mit Blumenkränzen. Im Inneren des Gebäudes befindet sich eine große Halle, in der Hunderte dieser Wesen friedlich zusam­men­leben. Es gibt Kissen zum Ausruhen und reichlich Obst. Er fordert einige der Leute auf, ihm ihre Sprache beizubrin­gen. Sie verlieren jedoch schnell das Interesse daran und überlassen ihn lächelnd wieder sich selbst.

„Aber ein zivil­isierter Mensch ist in dieser Hinsicht besser dran als der Wilde. Er kann, gegen die Schwerkraft, mit einem Ballon in die Höhe steigen; und warum sollte er nicht Grund zur Hoffnung haben, eines Tages auch sein Gleiten entlang der Zeit­di­men­sion aufhalten oder beschle­u­ni­gen zu können?“ (der Zeitreisende, S. 12)

Der Zeitreisende verlässt die Halle und besteigt einen nahe gelegenen Hügel. In der Ferne kann er einige Ruinen ausmachen, ansonsten scheint die Welt nur aus schönster Natur zu bestehen. Alle Krankheiten und wilden Tiere sind offenbar ausgerottet. Der Zeitreisende stellt daraufhin seine erste Theorie auf: Er vermutet, dass Not, Elend und äußere Gefahren aus dieser Welt ver­schwun­den sind. Da sich wirkliche Stärke aber nur im Bewusstsein einer Bedrohung her­aus­bilden könne, habe dieser Zustand der Sicherheit und Sor­glosigkeit die Leute schwach werden lassen. Er schlussfol­gert, dass eine derart zufriedene und tatenlose Gesellschaft, der jede Anstrengung und jeder Wettstreit fremd sei, zwangsläufig auf ihren Verfall zusteuern müsse.

Zweigeteilte Menschheit

Als es dunkel wird, steigt der Zeitreisende von seinem Hügel. Er kommt an dem Rasenplatz vor der Sphinx vorbei und muss feststellen, dass seine Zeit­mas­chine ver­schwun­den ist. Da er den Starthebel bei sich trägt, kann niemand mit der Maschine durch die Zeit davon­gereist sein. Trotzdem gerät er in Panik und fürchtet, für immer in dieser Zukunft gefangen zu sein. Er entdeckt Schleif­spuren, die über die Rasenfläche zum Sockel der Sphinx führen, kann aber nicht ins Innere der Statue gelangen. Als er die kleinen Leute auf die Sphinx anspricht, stößt er auf Abscheu und Entsetzen. Da sie selbst zu schwach sind, als dass sie die Maschine hätten bewegen können, schöpft er einen Verdacht: Es muss in der Welt der Zukunft noch andere Wesen geben.

„Ich holte tief Atem, biss die Zähne zusammen, betätigte den Starthebel mit beiden Händen und fuhr mit einem Ruck los. Das Lab­o­ra­to­rium verschwamm vor meinen Augen.“ (der Zeitreisende, S. 31)

Der Zeitreisende erkundet die Umgebung der Statue. Er entdeckt zahlreiche Brunnen, die offenbar Teil eines un­terirdis­chen Lüftungssys­tems sind, kann sich dessen Zweck jedoch nicht erklären. Nachts bemerkt er bleiche, affenartige Wesen, die durch die Dunkelheit huschen. Eines von ihnen kann er bis zu einem der Brunnen verfolgen, in den es dann hin­abklet­tert. Er stellt eine zweite Theorie auf: Er vermutet, dass die Menschheit sich im Lauf der Jahrtausende zweigeteilt habe: Auf der Erdoberfläche genössen die kleinen Leute als Herrenvolk ihre Tage, während in der Unterwelt die bleichen Affenwesen alle Arbeit übernehmen müssten.

Im Reich der Morlocken

Der Zeitreisende lernt allmählich doch die Sprache der kleinen Leute. Er erfährt, dass sie sich Eloi nennen, während die Wesen der Unterwelt als Morlocken bezeichnet werden. Eines Tages rettet der Zeitreisende eine Eloi-Frau namens Weena vor dem Ertrinken und freundet sich mit ihr an. Sie scheint panische Angst vor den Morlocken zu haben, und darüber kommt der Zeitreisende noch einmal ins Grübeln. Auch seine zweite Theorie scheint nicht zu stimmen. Wenn die Morlocken als Ar­beitssklaven in die Unterwelt verbannt worden sind, warum haben die Eloi dann solche Angst vor ihnen? Er nimmt all seinen Mut zusammen und beschließt, in einen der Brunnen hin­abzusteigen.

„Im nächsten Augenblick standen wir einander gegenüber, ich und dieses zer­brech­liche Zukun­ftswe­sen. Es kam direkt auf mich zu und lachte mich freundlich an.“ (der Zeitreisende, S. 39)

Nur mit Mühe kann er sich von Weena ve­r­ab­schieden, die seinen Abstieg mit Entsetzen beobachtet. Je tiefer er klettert, desto deutlicher vernimmt er den Lärm von Maschinen. Am Boden des Brunnens gelangt er in einen waagerechten Tunnel und von dort in eine große Höhle. Er reißt ein Streichholz an und sieht etliche der Morlocken, die von dem Licht geblendet zurückweichen. Außerdem wird er auf einen Tisch aufmerksam, auf dem eine blutige Fleis­chkeule liegt. Ganz of­fen­sichtlich sind die Morlocken im Gegensatz zu den Eloi Fleis­chfresser. Die Wesen nähern sich ihm, reißen an seinen Kleidern und lassen sich nur durch das Stre­ich­hol­zlicht in Schach halten. Mit knapper Not gelingt es dem Zeitreisenden, durch den Brun­nen­schacht zurück ans Tageslicht zu flüchten.

Kannibalen

Neumond naht, und die Eloi haben große Angst. Der Zeitreisende ist sich sicher, dass die Morlocken sie in dieser Nacht angreifen werden. Was auch immer passieren wird, er will sich verteidigen. In der Ferne entdeckt er einen Hügel mit einem grünen Palast und macht sich auf den Weg, um sich dort zu verschanzen. Weena trägt er wie ein Kind auf den Schultern. Da die Strecke an einem Tag nicht zu bewältigen ist, müssen die beiden im Freien übernachten. Von den Morlocken ist nichts zu sehen. Dafür kommt dem Zeitreisenden eine grauenvolle Erkenntnis: Das Fleisch, das er in der Höhle gesehen hat, muss von einem Eloi stammen. Die Morlocken sind Kannibalen, die zwar für die Eloi arbeiten, sich dafür aber hin und wieder einige von den kleinen Menschlein zum Fraß holen.

„In dieser neuen Situation vol­lkommener Zufrieden­heit und Sicherheit musste sich die rastlose Energie, die unsere Stärke ist, in Schwäche verwandeln.“ (der Zeitreisende, S. 53)

Am nächsten Tag erreichen der Zeitreisende und Weena den grünen Palast. Das Gebäude entpuppt sich als ein verfallenes Museum. Aus einer der aus­gestell­ten Maschinen entnimmt der Zeitreisende eine Eisenstange, um sich damit zu bewaffnen. Außerdem findet er ein gut erhaltenes Paket Streichhölzer und Kampfer, aus dem er sich eine Fackel herstellen will. So ausgerüstet verlässt er das Museum und sucht mit Weena einen Platz für die Nacht.

Weenas trauriges Ende

Der Zeitreisende glaubt, dass ein kleiner Hügel unweit vom Museum der sicherste Ort für die Nacht sei. Um dorthin zu gelangen, müssen er und Weena allerdings einen kleinen Wald durchqueren, in dem ihnen Morlocken begegnen. Die werden so zudringlich, dass der Plan geändert werden muss. Der Zeitreisende entfacht ein Lagerfeuer und will auf den Morgen warten. Vollkommen übermüdet schläft er ein. Als er aufwacht, ist Weena weg – und die Morlocken machen sich mit Händen und Zähnen an ihm zu schaffen. Einige der Monster kann er mit seiner Eisenstange erschlagen, und plötzlich lassen auch die anderen überraschend von ihm ab. Entsetzt stellt er fest, dass der Wald brennt. Die trockenen Blätter und Äste müssen sich an seinem Feuer entzündet haben. Er flüchtet vor den Flammen auf eine Lichtung und beobachtet dort, wie zahllose Morlocken vom Feuerschein geblendet umherirren und elend verbrennen. Der Zeitreisende übersteht die Nacht. Weena allerdings kann er nirgends wiederfinden.

Heimreise mit Umwegen

Der Zeitreisende entwirft nun eine dritte und letzte Theorie: Ursprünglich seien die Morlocken von den Eloi unter die Erde verbannt worden, um ihnen dort als Arbeiter zu dienen. Irgendwann sei in der Unterwelt jedoch die Nahrung ausgegangen, woraufhin die Eloi, in ihrer naiven Be­quem­lichkeit, das Schlachtvieh der Morlocken wurden. Der Zeitreisende kehrt zurück zu der Sphinx und entdeckt, dass sich im Sockel eine Tür geöffnet hat. Er tritt ein und findet seine Zeit­mas­chine, gerät dabei aber in einen Hinterhalt. Noch einmal muss er mit den Morlocken um sein Leben kämpfen, bevor er in die Zeit­mas­chine steigt und endgültig flüchten kann.

„Wie ein Schlag ins Gesicht traf mich plötzlich die Erkenntnis, dass ich mein eigenes Zeitalter verlieren und hilflos in dieser sonderbaren neuen Welt ausgesetzt bleiben könnte.“ (der Zeitreisende, S. 56 f.)

Er reist noch weiter in die Zukunft und landet in einer ganz und gar düsteren Welt. 30 Millionen Jahre nach seiner Zeit rotiert die Erde nicht mehr, und die Sonne ist am Erlöschen. Leben gibt es kaum noch. Der Zeitreisende sieht etwas Moosbewuchs auf den Steinen und ein hässliches Monster mit Fangarmen, das auf einer Sandbank umher­torkelt.

„Meine anmutigen Kinder der Oberwelt waren nicht die einzigen Abkommen unserer Men­schheitsstufe, sondern auch dieses bleiche, widerliche Nachtwesen, das blitzartig an mir vor­beige­huscht war, musste ein Erbe aller vergangenen Zeitalter sein.“ (der Zeitreisende, S. 76 f.)

Schließlich reist er zurück ins vik­to­ri­an­is­che England. Er landet in seinem Lab­o­ra­to­rium, humpelt erschöpft und aus­ge­hungert zu seinen Gästen und erzählt ihnen im flackernden Licht des Kamins seine Geschichte. Die anwesende Herrenrunde ist ein wenig überfordert mit dem Bericht. Soll man ihm Glauben schenken? Der Zeitreisende selbst ist verwirrt. Die Welt der Zukunft, die er gesehen hat, scheint ihm nun genauso traumhaft und unwirklich wie die Gegenwart, in die er zurückgekehrt ist.

„Jetzt wusste ich, was sich unter der trügerischen Schönheit der Oberwelt verbarg. Angenehm war das Leben dieser Leute, so angenehm wie das von Tieren auf der Weide. Wie diese kannten sie keine Feinde und brauchten sich um nichts zu sorgen. Doch auch ihr Ende war das von Schlachtvieh.“ (der Zeitreisende, S. 124)

Als Hillyer ihn am nächsten Morgen noch einmal besucht, trifft er den Zeitreisenden bei bester Laune. Er hat einen Rucksack gepackt und eine Kamera bei sich. Offenbar will er noch einmal in die Zukunft reisen und diesmal Beweise für seine Erlebnisse zurückbringen. Es kommt jedoch anders. Von seiner zweiten Expedition kann der Zeitreisende nicht mehr berichten. Er bleibt ver­schwun­den. Auch drei Jahre später fehlt von ihm jede Spur.

Zum Text

Aufbau und Stil

Als Erzähler des Romans tritt Hillyer auf, der an den Abendge­sellschaften des Zeitreisenden teilnimmt und dem Leser berichtet, was sich vor und nach der Zeitreise zugetragen hat. Eingebettet in diese Rah­men­hand­lung ist der Bericht des Zeitreisenden. Wells selbst bezeichnete seinen Roman als „scientific romance“, also als wis­senschaftliche Romanze. Er erläutert den wis­senschaftlichen Hintergrund des Zeitreisens und lässt seine Hauptfigur in es­say­is­tis­chen Passagen die gesellschaftlichen Zusammenhänge der Zukunft analysieren. Der Form nach ist der Roman eine negative Utopie: Der Zeitreisende landet in einer Zukunft, deren Lebensverhältnisse bedrückend sind. Außerdem ist Die Zeit­mas­chine einer der ersten Sci­ence-Fic­tion-Ro­mane der Weltlit­er­atur. Diese beiden Genres sind nicht immer klar zu trennen, aber im Gegensatz zum utopischen Roman, in dessen Mittelpunkt die Schilderung der politischen und gesellschaftlichen Zustände steht, konzen­tri­ert sich die Sci­ence-Fic­tion vor allem auf die Darstellung von Wis­senschaft und Technik. Gle­ichzeitig enthält der Roman mit der Beziehung zwischen dem Zeitreisenden und der Eloi-Frau Weena eine zarte Liebesgeschichte.

In­ter­pre­ta­tion­sansätze

  • Den Aus­gangspunkt für die Zeitreise bildet das vik­to­ri­an­is­che England, in dem wohlhabende Herren Zeit und Muße haben, sich am Kaminfeuer wis­senschaftlichen Fantasien zu widmen. Wells äußert seine Gesellschaft­skri­tik an den Zuständen dieser Zeit, indem er ihr den Spiegel einer überspitzten negativen Zukun­ftsver­sion vorhält.
  • Die Eloi und die Morlocken verweisen auf die Zweik­las­sen­ge­sellschaft des 19. Jahrhun­derts. Die Eloi sym­bol­isieren die damalige Oberschicht, die uneingeschränkt an das Wohl und die wirtschaftlichen Vorzüge des technischen Fortschritts glaubte. Die Morlocken hingegen stellen die Un­ter­schicht dar. Wie viele Bergbau- und Fab­rikar­beiter zu Wells’ Lebzeiten sind auch sie vom gesellschaftlichen Leben bei Tageslicht aus­geschlossen.
  • Mit der extremen Aufteilung der Menschheit in zwei Gattungen orientierte sich Wells an Charles Darwins Evo­lu­tion­s­the­o­rie. Darwin beschreibt darin die Anpassung allen Lebens an die An­forderun­gen der Umwelt. Entsprechend entwickeln sich die Bevölkerungs­grup­pen bei Wells: Ohne Her­aus­forderun­gen im Überleben­skampf sind die Eloi dekadent, ver­we­ich­licht und kaum noch überlebensfähig geworden. Die blinden und bleichen Morlocken hingegen haben sich körperlich dem Leben in der Unterwelt angepasst und sind im Lauf der Jahrtausende zu Kannibalen geworden.
  • Der Fortschrittsop­ti­mis­mus des 19. Jahrhun­derts gipfelte in dem Traum, mithilfe technischer Er­run­gen­schaften die Naturge­setze besiegen zu können. Wells entlarvt diesen Fortschritts­glauben in der Zeit­mas­chine als naiv, indem er eine Zukunft präsentiert, die als deutlicher Rückschritt gegenüber seiner Zeit zu werten ist.
  • Das Universum strebt in Wells’ Roman schließlich den Zustand größter Entropie an. Alle Kräfte gleichen sich aus, alle Energie geht verloren, nichts bleibt. So wie sich die Bevölkerungs­grup­pen gegenseitig vernichten, entwickelt sich auch das Leben im Kosmos gegen null. Die Sonne erlischt, die Erde verwandelt sich in einen toten Stein.

His­torischer Hintergrund

Die vik­to­ri­an­is­che Zweik­las­sen­ge­sellschaft

Königin Viktorias Amtszeit währte von 1837 bis 1902 – keine englische Monarchin war länger im Amt. Geprägt wurde diese Epoche vor allem vom wirtschaftlichen Aufschwung Großbritanniens und den damit ein­herge­hen­den gesellschaftlichen Veränderungen. Im Rahmen der in­dus­triellen Revolution vollzog sich die Umstellung von handw­erk­licher Fertigung auf in­dus­trielle Großproduktion, was im englischen Königreich radikaler und er­fol­gre­icher gelang als im restlichen Europa. Nicht nur in der Tex­tilin­dus­trie, sondern auch im Bergbau und im Maschi­nen­we­sen war ein jahrzehn­te­langer Aufschwung zu verzeichnen. Eine Mit­telschicht aus Un­ternehmer­fam­i­lien und Aktionären entstand, die neben dem Adel am Wohlstand des Landes teilhatte und sich zudem politisch engagierte.

Die Ein­wohn­erzahl Großbritanniens erhöhte sich von 24 Millionen im Jahr 1831 auf 41,5 Millionen im Jahr 1901. Dadurch wuchs nicht nur die Gruppe der finanziell ab­gesicherten Bürger, sondern auch die soziale Un­ter­schicht des Landes, die schließlich aus zwei Dritteln der Bevölkerung bestand. Die Ar­beits­be­din­gun­gen in den Fabriken und ins­beson­dere in den Bergwerken waren katas­trophal, die Arbeitstage schier endlos. Viele Familien lebten weiterhin am Ex­is­tenzmin­i­mum. Während sich am Ende des 19. Jahrhun­derts die Situation für In­dus­triear­beiter und Handwerker allmählich verbesserte, wohnten die unaus­ge­bilde­ten Tagelöhner noch immer zusam­mengepfer­cht in den Elendsvierteln der großen Städte. Erst 1874 wurden die ersten Arbeiter ins Parlament gewählt und setzten sich dort für einen größeren Einfluss der Gew­erkschaften ein. Die spätere Ar­beit­er­partei (Labour Party) wurde am Ende des vik­to­ri­an­is­chen Zeitalters, im Jahr 1900, gegründet.

Entstehung

Wells’ Engagement für einen gesellschaftlichen Wandel ist auf seine Zeit an der Normal School of Science in London zurückzuführen, wo er von 1884 bis 1887 Natur­wis­senschaften studierte. Hier nahm er Kontakt zu einer Gruppe in­tellek­tueller Sozialisten auf, der Fabian Society, aus der später die Labour Party hervorgehen sollte. Großen Einfluss auf Wells hatte sein Bi­olo­giepro­fes­sor Thomas Henry Huxley, der auf radikale und polemische Art die darwinsche Theorie der Evolution vertrat. Für Wells stand schon bald fest: Der Mensch stammt vom Affen ab und muss sich an die An­forderun­gen seiner Umwelt weiter anpassen oder eines Tages aussterben.

Wells war Mitbegründer und Herausgeber des Science School Journal. In dieser Hochschulzeitschrift veröffentlichte er kurze gesellschaft­skri­tis­che Essays und Lit­er­aturbe­sprechun­gen sowie im April 1888 seine erste Kurzgeschichte The Chronic Argonauts. Die Erzählung beschäftigte sich mit dem Thema Zeitreisen und war eine Vorarbeit zur späteren Zeit­mas­chine, trotzdem sollte es bis zur Fer­tig­stel­lung des Romans noch etwas dauern. Erst 1893 wurde Wells vom Herausgeber der New Review ange­sprochen, ob er nicht eine Fort­set­zungs­geschichte schreiben könne. Wells nahm dankbar an und schrieb den Roman. Nach dem Vorabdruck in der New Review verkaufte er die Pub­lika­tion­srechte für 100 Pfund an den bekannten Verleger William Heinemann, in dessen Haus der Text dann 1895 erstmals vollständig erschien.

Wirkungs­geschichte

Mit der Veröffentlichung der Zeit­mas­chine schaffte Wells den Durchbruch als Schrift­steller. Um seinen Ruf als Autor zu festigen, schrieb er innerhalb der nächsten drei Jahre gleich fünf weitere Romane. Ins­beson­dere Die Insel des Dr. Moreau und Krieg der Welten konnten an den Erfolg seines Debüts anknüpfen. Wells gilt neben Jules Verne als Vater des modernen Sci­ence-Fic­tion-Ro­mans. Die Themen seiner Bücher waren zur damaligen Zeit überaus innovativ: Weder von an­greifenden Marsmännchen, noch von Ausflügen ins Weltall oder eben von Reisen durch die Zeit hatten die Leser zuvor gehört. Entsprechend prägend waren Wells’ Romane für spätere Sci­ence-Fic­tion-Au­toren, von denen diese Themen bis heute aufgenommen und weitergeführt werden. Der Begriff „Zeit­mas­chine“ war zuvor niemals öffentlich verwendet worden und gilt als Erfindung des Autors.

Interessant ist nicht nur Wells’ Einfluss auf die Literatur, sondern auch jener auf die Wis­senschaft. So erklärt der Zeitreisende im Roman das Konzept des Raum-Zeit-Kon­tin­u­ums und nimmt damit Überlegungen vorweg, die Albert Einstein erst zehn Jahre später in seiner Relativitätstheorie wis­senschaftlich aus­for­mulierte. Sehr bekannt ist die Verfilmung des Romans aus dem Jahr 1960 mit Rod Taylor in der Rolle des Zeitreisenden. Aus dem Jahr 2002 stammt die letzte große Hol­ly­wood-Adap­tion mit Guy Pearce in der Hauptrolle. Regie führte in­ter­es­san­ter­weise H. G. Wells’ Urenkel Simon Wells.

Über den Autor

H. G. Wells wird als Herbert George Wells am 21. September 1866 im südenglischen Bromley geboren. Er wächst in ärmlichen Verhältnissen auf, muss im Eisen­waren­laden seiner Eltern mithelfen und später als Tuchhändler dazu­ver­di­enen. Im Alter von 18 Jahren bekommt er ein Stipendium und zieht nach London, um an der Normal School of Science Natur­wis­senschaften zu studieren. Er wird Mitglied der sozial­is­tis­chen Fabian Society und engagiert sich für die Gründung der Labour Party. Sein Lehrer Thomas Henry Huxley macht ihn mit Darwins Evo­lu­tion­s­the­o­rie bekannt. Bei einem Fußballspiel verletzt Wells sich 1887 so schwer an der Niere, dass er in den nächsten Jahren mehrmals fast an den Fol­geerkrankun­gen stirbt. Ab 1889 arbeitet er als Lehrer in London. Er heiratet seine Cousine Isabel Mary Wells, die er jedoch 1894 für seine Schülerin Amy Catherine Robbins verlässt. Unterdessen veröffentlicht er Kurzgeschichten und Essays. 1895 folgt schließlich sein erster Roman: The Time Machine (Die Zeit­mas­chine). Das von ihm maßgeblich geprägte Sci­ence-Fic­tion-Genre findet schnell Publikum, sodass er in den folgenden Jahren mehrere Romane dieser Art nachlegt. Zu seinen bekan­ntesten Werken zählen The Island of Doctor Moreau (Die Insel des Dr. Moreau, 1896), The Invisible Man (Der Unsichtbare, 1897) sowie The War of the Worlds (Krieg der Welten, 1898). Bis zu seinem Tod veröffentlicht Wells über 100 Bücher, bleibt jedoch nicht bei der Sci­ence-Fic­tion, sondern schreibt vermehrt politisch engagierte Ideenromane. Er vertritt die Ansicht, dass die Menschheit nur zu retten sei, wenn sie sich ihrem technischen Fortschritt anpasse und sich in einem Weltstaat vereinige. Während des Ersten Weltkriegs arbeitet er für das englische Kriegspro­pa­gandabüro; der Zweite Weltkrieg, ins­beson­dere der Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki, stürzt ihn in tiefe Verzwei­flung. H. G. Wells stirbt am 13. August 1946 in seinem Haus in London.