John D. Rockefeller

Buch John D. Rockefeller

Die Karriere des Wirtschafts-Titanen

Börsenverlag,


Rezension

Chernows Biographie über Rockefeller ist eine de­tail­lierte Darstellung einer klassischen US-Karriere: aus beschei­de­nen Verhältnissen zum reichsten Mann der Welt. Chernow beschäftigt sich über weite Strecken mit der Persönlichkeit und den Lebensumständen Rock­e­fellers. Der Autor versucht, die Entwicklung dieses Wirtschaftsführers zum reichen Wohltäter nachzu­vol­lziehen, der an­der­er­seits durch skrupellose Geschäft­sprak­tiken zum Hauptziel der ersten Anti-Trust-Gesetze in den USA wurde. Interessant sind die Ideen Rock­e­fellers zu Mi­tar­beit­er­beteili­gun­gen und zur Delegation von Ve­r­ant­wor­tung. Doch gele­gentlich scheint bei Chernow die Kritik an Rock­e­fellers Fehlleis­tun­gen etwas zu kurz zu kommen. BooksInShort empfiehlt dieses Buch dennoch allen, die an einer faszinieren­den Wirtschafts­bi­ogra­phie und dem Entstehen der Anti-Trust-Geset­zge­bung in­ter­essiert sind.

Take-aways

  • John D. Rockefeller stammte aus beschei­de­nen Verhältnissen, sein Vater war ein Scharlatan.
  • Von seinem Vater lernte er aber schon früh den Wert des Geldes zu schätzen.
  • Seinen ersten Job übernahm er im Alter von 16 Jahren - sein erster Arbeitstag (26. September 1855) war das Datum, das er Zeit seines Lebens mehr feierte als seinen Geburtstag.
  • Schon nach kurzer Zeit gründete er sein eigenes Han­del­sun­ternehmen.
  • Er nutzte den strategisch wichtigen Standort Cleveland, Ohio, um durch die Konkurrenz zwischen Eisenbahn und Schifffahrt Trans­port­preise für Erdöl zu drücken.
  • Mit einem Partner gründete er eine Raffinerie und nutzte seine Beziehungen zu Eisenbahnen, um gegenüber anderen Raffinerien Wet­tbe­werb­svorteile zu erzielen.
  • Durch hohe Kredite und harten Druck auf die Konkurrenz erwarb er 90 % der Raf­finer­ieka­pazitäten der USA und baute einen Grossteil der Pipelines.
  • Nach rund 20-jährigem Streit mit Behörden wurde sein Trust Standard Oil zerschlagen, Rockefeller selber wurde aber noch wohlhaben­der.
  • Der Wirtschaft­sti­tan spendete Millionen Dollar für medi­zinis­che Forschung und die Gründung der Universität Chicago.
  • Während seines Ruhestandes wurde Rockefeller begeis­terter Golfspieler. Er starb 1937 im Alter von 98 Jahren.
 

Zusammenfassung

Der Vater, ein Scharlatan

Geboren wurde John D. Rockefeller 1839 in der auf­streben­den Kleinstadt Richford, New York. Der Grossvater galt als gutmütiger Trinker, seine Grossmutter als zupackende Frau, die ihre Familie gut im Griff hatte und ein ausgeprägtes Interesse für Heilkräuter und selb­st­gemachte Arzneimit­tel hegte. Sein Vater, William, war ein vagabundieren­der Hausierer, der sich als taubstumm ausgab. Eliza, die Mutter Rock­e­fellers, war von diesem ro­man­tis­chen Verkäufer von Träumen und Tand fasziniert und heiratete ihn gegen den Willen der Eltern. Die Ehe entwickelte sich zur Tragödie: William trennte sich nicht von seiner bisherigen Freundin, sondern machte sie zur Haushälterin. Abwechselnd zeugte er mit ihr und Eliza Kinder, verschwand immer wieder für Wochen und Monate. Mehr oder minder auf sich alleine gestellt, führte Eliza die Farm und kümmerte sich um die Kinder.

Jugend, Kirche, Schule

Nach einer Übersiedlung versuchte Johns Vater kurzfristig, ein gutbürgerliches Leben zu führen. Er gründete die Dorfschule, die sein Sohn schliesslich besuchte. Williams Beziehung zu Geld hatte auch einen starken Einfluss auf den jungen Rockefeller. Denn sein Vater hegte eine fast sinnliche Liebe zu Geld und liess oft dicke Bündel von Geld­scheinen aus Spass durch seine Finger gleiten. Früh schickte er seinen noch jungen Sohn bereits Einkäufe erledigen und brachte ihm bei, dass man sein Gegenüber in geschäftlichen An­gele­gen­heiten auch mit unfairen Mitteln übervorteilen dürfe. Zu jener Zeit lockte der Goldrausch bereits rund 90 000 Siedler nach Kalifornien - ein Vorgeschmack auf die spätere Erdöl-Hysterie.

Auf dem Weg zum Reichtum

Nach einem weiteren Umzug in die Nähe von Cleveland, Ohio, leitete William, den man wegen seiner verrückten Lebensweise auch "Devil Bill" nannte, die Trennung von seiner Familie ein. Er heiratete ein zweites Mal und entwickelte sich zum Bigamisten. John, der sich nunmehr um die Finanzen der Familie kümmern musste, konnte nicht wie geplant aufs College gehen und verliess die High-School zwei Monate vor dem Abschluss. Stattdessen besuchte er einen drei­monati­gen Kurs auf einer Han­delss­chule. An­schliessend ging er in Cleveland auf Jobsuche: Sechs Tage pro Woche zog er über sechs Wochen lang korrekt gekleidet von Firma zu Firma, bis er schliesslich am 26. September 1855 eine Stelle als Buchführer bei einer Spedition erhielt. Zeit seines Lebens sollte er diesen Tag als "Job-Tag" feiern, begeis­terter als seinen Geburtstag.

Der junge Wohltäter

Penibel führte John auch über seine persönlichen Finanzen Buch, im so genannten "Hauptbuch A". In diesem Dokument finden sich nicht zuletzt Beweise dafür, dass John schon im Alter von 16 Jahren wohltätig war. Bereits im ersten Berufsjahr spendete er demzufolge 6 % seines Gehalts für meist bap­tis­tis­che Wohltätigkeit­spro­jekte. Auch zeigt das Buch Rockefeller als Gegner der Sklaverei: Ein Farbiger erhielt Geld von John D., um seine Frau freikaufen zu können. Nach rund einem Jahr verliess der Berufsanfänger bereits die in fi­nanziellen Schwierigkeiten steckende Spedition und gründete mit dem be­fre­un­de­ten Engländer Clark ein eigenes Handelshaus.

Der Baptist als Unternehmer

Diese erste Un­ternehmens­beteili­gung entwickelte sich zum Erfolg. Rockefeller und Clark handelten mit Wa­gen­ladun­gen ver­schiedener Produkte. Schon nach einem Jahr hatte John sein Einkommen ver­dreifacht. Seine makellos christliche Lebensführung erhöhte zudem seine Kreditwürdigkeit bei Banken. Und der amerikanis­che Bürgerkrieg erwies sich für Rockefeller als Goldgrube. Er sah in dem nationalen Gemetzel eine Möglichkeit, weiteren Reichtum anzuhäufen. Da die Armeen rasch trans­portiert werden mussten, stellte die Regierung der Nordstaaten rund einem Dutzend Eisen­bah­nge­sellschaften die enorme Fläche von 158 Millionen Morgen zur Verfügung - ein weiterer Katalysator für Rock­e­fellers Karriere: denn durch die Ausweitung des Bahnnetzes gelang es ihm, Preisnachlässe auszuhan­deln, indem er die Eisen­bahn-Gesellschaften gegeneinan­der ausspielte.

Der Einstieg ins Ölgeschäft

Mitte des 19. Jahrhun­derts konnte mit Wal­fis­chtran die Nachfrage nach Lampenöl nicht mehr befriedigt werden. Durch die Fre­und­schaft mit dem Chemiker Andrews, der in Cleveland als Erster Kerosin auf Erdölbasis produzierte, kam Rockefeller ins Ölgeschäft. Gemeinsam gründeten die beiden Partner eine Raffinerie. Der Ausbau des Eisen­bahn­net­zes ermöglichte es Rockefeller darüber hinaus, das Öl auf dem Land- oder Wasserweg zu trans­portieren. Eine Macht­po­si­tion, die ihn in die Lage versetzte, Vorzugstar­ife für seine Transporte auszuhan­deln. Und dennoch blieb Rockefeller ein Mann mit Bo­den­haf­tung: Aufgrund seiner Erziehung zur Sparsamkeit konnte man den auf­streben­den Wirtschaftsführer oft um halb sieben Uhr morgens selbst Fässer rollen sehen. Aus den Ab­fall­pro­duk­ten seiner Raffinerie erzeugte er später Düngemittel, und als Fässer knapp und dadurch teurer wurden, beschloss er, Fässer auf eigene Faust herzustellen. Auch wenn ihm die Exploration von Ölvorkommen als zu riskant erschien - dass das Raffinieren von Erdölprodukten seinen Einfluss auf die Branche insgesamt stärken könne, war ihm durchaus bewusst.

Der Ölrausch

1865 wurde bei Pithole Creek ein gewaltiges Ölvorkommen entdeckt. Innerhalb weniger Monate wurde aus dem ver­schlafe­nen Pioniernest mit vier Blockhäusern eine Stadt mit 2000 Einwohnern. Da Partner Clark die Ex­pan­sion­spläne von Rockefeller nicht unterstützte, trennten sich John D. und Andrews von ihm. Bei einer Auktion erwarb Rockefeller die Anteile Clarks an der Raffinerie. Zum Ende des Bürgerkrieges war praktisch die gesamte Ölindustrie der Welt im westlichen Penn­syl­va­nia konzen­tri­ert, zwei Drittel des Öls aus Cleveland gingen nach Übersee. Durch die ex­or­bi­tan­ten Rabatte, die Rockefeller als führender Raf­finerie-Boss den Eisen­bah­nge­sellschaften abtrotzte, zog er sich den Ärger kleinerer Unternehmen zu. Nach Meinung vieler sollte das Eisen­bahn­sys­tem zu einer Art von öffentlichem Verkehrsmit­tel werden, das niemanden bevorzugt. Vergünstigungen, die die Bah­nge­sellschaften Rockefeller einräumten, wurden erst 20 Jahre später gesetzlich verboten.

Die Verschwörung

Durch immer neue Ölfunde brachen die Rohölpreise innerhalb von nur zwei Jahren um vier Fünftel ein. Der Ölrausch der vergangenen Jahre hatte die Kapazität der Raffinerien dreimal höher geschraubt, als Rohöl gefördert werden konnte. Rockefeller entschied, sich in vielen anderen Raffinerien einzukaufen. Oft zahlte er für eine Raffinerie nur ein Viertel der Baukosten, nicht mehr als den Schrottwert. Ab 1870 ersetzte eine Ak­tienge­sellschaft mit dem Namen Standard Oil die bisherige Teil­haber­schaft, Rockefeller wurde ihr Präsident. In diese Zeit fiel auch eines der dunkelsten Kapitel seines Lebens: Die drei mächtigsten Eisen­bah­nge­sellschaften und wenige Raffinerien - und hier vor allem Standard Oil - gründeten ein Kartell. Seine Mitglieder erhielten bis zu 50 % Rabatt bei Öl-Trans­porten. Für Nicht­mit­glieder wurden die Trans­port­preise hingegen drastisch erhöht. Diese ein­geleit­ete Verschwörung löste heftige Proteste aus: Ar­beit­snieder­legun­gen und Kundge­bun­gen mit tausenden Teilnehmern waren die Folge. Unter diesem Druck musste schliesslich das Kartell wieder aufgelöst werden. Rockefeller selber hatte zu dieser Zeit der Panik in der Raf­finer­iebranche aber bereits vorgesorgt - denn 22 seiner 26 Konkur­renten in Cleveland gehörten bereits zu seinem weiter wachsenden Wirtschaft­sim­perium.

Im Spinnennetz der Pipelines

Die Entwicklung zum Bau immer längerer Öl-Pipelines bedrohte in Rock­e­fellers Augen sein bis dato gut funk­tion­ieren­des System zwischen Raffinerien und Eisen­bah­nge­sellschaften. Fol­gerichtig beschloss er, Pipelines in eigener Regie errichten zu lassen. Durch die bald konkur­ren­zlose Position auf dem Trans­port­sek­tor verschaffte sich Rockefeller eine enorme Machtfülle. Denn hatte jemand Ölvorkommen entdeckt, waren diese allein wertlos, solange er sich nicht einem Pipeline-Sys­tem an­schliessen konnte. Weniger hart und gnadenlos als gegenüber Konkur­renten trat Rockefeller im eigenen Unternehmen auf. Per­son­al­fra­gen hatten für ihn hohen Stellenwert und er sah es gerne, wenn Mitarbeiter Aktien von Standard Oil erwarben. Rockefeller stellte dafür sogar viel Kapital zur Verfügung. Krankengeld und Al­tersver­sorgung wurden bei dem Wirtschafts­mag­naten zur festen Einrichtung.

Im Konflikt mit dem Gesetz

1879 kon­trol­lierte Rockefeller 90 % des in den Vereinigten Staaten raf­finierten Erdöls, dem Konzern gehörte fast das gesamte Pipelinenetz. Einige hundert unbe­deu­tende Raffinerien duldete Rockefeller - auch um eine Konkurrenz vorzutäuschen, die es bereits nicht mehr gab. Als jedoch neue Ölfunde entdeckt wurden und die Produzenten ihre Fördermengen dennoch nicht kürzten, kam Rockefeller mit dem Gesetz in Konflikt: Als alle Tanks voll waren, kündigte Standard Oil an, Öl nur mehr zur sofortigen Lieferung an die Raffinerien abzunehmen. Der gebotene Preis dafür lag 20 % unter dem aktuellen Preisniveau. Die Ölförderer reagierten wütend - gegen Rockefeller und andere Manager wurde Anklage wegen des Verdachts der Verschwörung zur Mo­nop­o­lisierung erhoben. Rockefeller musste sich mit den Ölpro­duzen­ten einigen.

Die Trusts

Noch handelte es sich bei Standard Oil um einen Flick­en­tep­pich rechtlich unabhängiger Unternehmen, die in Wahrheit jedoch zentral gelenkt waren. Als in Ohio ansässige Firma konnte Standard Oil keine Unternehmen in anderen Bun­desstaaten besitzen. Daher wurden drei mittlere Manager als Treuhänder der Anteile an Tochterun­ternehmen eingesetzt. Später gründete Standard Oil in jedem Bundesstaat eigene Firmen, die in einer Art Holding zusam­menge­fasst waren. Da die grenzenlose Macht dieses Trusts aber viele Bürger mis­strauisch werden liess, geriet Rockefeller immer wieder ins Blickfeld staatlicher Un­ter­suchungsausschüsse. Ende der 80er Jahre wurde eine Flut von Anti-Trust-Geset­zen beschlossen, die die Zusam­me­nar­beit von Unternehmen in Gestalt von Wirtschaftsmonopolen untersagten. Standard Oil verfolgte indessen weiter seine bisherige Geschäftspolitik.

Der Rückzug

Um das Jahr 1895 zog sich Rockefeller aus der Konz­ernzen­trale am Broadway 26 zurück und übergab die Führung an seinen loyalen Kampfgefährten John D. Archbold. Im Ruhestand entwickelte der früher so ernste Rockefeller erstaunlich viel En­thu­si­as­mus für Spass und Spiel. Bald schon entdeckte er sein Talent für Golf. Kaum am Fairway eingetrof­fen, begann Rockefeller herumzual­bern, zu singen und Anekdoten zu erzählen. Kurz: John D. entwickelte sich durch den Rasensport zu einem geselligen Menschen. 1901 hatte Rockefeller alle Haare verloren und entwickelte mit der Zeit eine Vorliebe für Perücken. Er trug Modelle mit ver­schiede­nen Haarlängen, um auf diese Weise Friseurbe­suche vorzutäuschen.

Die Zer­schla­gung

Unter Präsident Roosevelt wurden die Anti-Trust-Mass­nah­men verschärft. Um die politischen Angriffe und das Misstrauen gegen seine Person abzuwehren, steckte Rockefeller mehr finanzielle Mittel in öffentliche Ein­rich­tun­gen. So spendete er 61 Millionen Dollar für den Aufbau des Rockefeller Institute of Medical Research. Der Erfolg blieb allerdings aus - 1911, nach einem fünfjährigen Prozess, wurde Standard Oil zerschlagen. Para­dox­er­weise wurde Rockefeller trotz dieser Zer­schla­gung noch reicher, er wurde der erste Beinahe-Mil­liardär der Geschichte. Darüber hinaus waren viele der neuen Teilun­ternehmen weiter erfolgreich, darunter Standard Oil of New Jersey (Exxon) oder Standard Oil of New York (Mobil). Rock­e­fellers erklärtes Ziel, hundert Jahre alt zu werden, verfehlte er nur knapp: Er starb 1937, sechs Wochen vor seinem 98. Geburtstag.

Über den Autor

Ron Chernow ist einer der er­fol­gre­ich­sten Sach­buchau­toren und Biographen der Vereinigten Staaten. Seine Bücher wurden mehrfach aus­geze­ich­net. Die New York Times nahm die Rock­e­feller-Bi­ogra­phie in die Liste der wichtigsten Bücher des Jahres auf.