Internationale Unternehmenskommunikation
Die Globalisierung eröffnet neue Chancen, international aktiv zu werden, und zwar nicht nur großen, sondern auch kleinen und mittleren Unternehmen. Doch eine solche Expansion stellt die Kommunikation eines Unternehmens vor ganz neue Herausforderungen. Das betrifft PR und Werbung ebenso wie die interne Kommunikation. Wenn Sie einen neuen Markt erobern wollen, müssen Sie erst einmal in PR und Werbung investieren, ehe Sie auf Gewinne hoffen können. Deshalb sollten Sie Ihre Maßnahmen gut planen, um unnötige Ausgaben zu vermeiden. Auf internationaler Ebene können diesbezüglich ungeahnte Schwierigkeiten lauern. Eine Werbekampagne kann nicht einfach unverändert in mehreren Ländern eingesetzt werden. Werbung ist immer eng mit der jeweiligen Kultur verknüpft. Was in einem Land oder Kulturkreis die Menschen anspricht, kann in einem anderen völlig wirkungslos bleiben oder sogar einen negativen Eindruck hinterlassen. Deshalb sollten Sie sich intensiv mit Fragen der internationalen Kommunikation beschäftigen, bevor Sie in einem fremden Land aktiv werden.
„Einsatz und Gestaltung der Mittel und Maßnahmen in der Werbung und der PR können international höchst unterschiedlich sein.“
Eine weitere Herausforderung ist die interne internationale Kommunikation. Wenn das Unternehmen Standorte in verschiedenen Ländern hat, muss ein guter Kommunikationsfluss gewährleistet sein. Dabei müssen Mentalitätsunterschiede, Sprachbarrieren und Zeitverschiebungen überwunden werden. Wichtig ist, eine gemeinsame Firmenidentität für alle Mitarbeiter zu schaffen. Dabei helfen Maßnahmen wie eine internationale Mitarbeiterzeitschrift (als Ergänzung zu den lokalen Ausgaben) und ein Intranet, über das die Mitarbeiter weltweit Informationen austauschen können.
„Respektieren und nutzen Sie die Einzigartigkeiten der Länder, aber schaffen Sie auch ein Gemeinschaftsgefühl.“
Achten Sie darauf, dass Ihre internationale Kommunikation einheitlich ist – Widersprüche schaden dem Image Ihres Unternehmens. Das gilt vor allem für die Krisenkommunikation. Gerade in einer schwierigen Situation muss das Unternehmen weltweit mit einer Stimme sprechen. Dafür sind eine gute Abstimmung und ein schneller Informationsaustausch sehr wichtig. Legen Sie unbedingt vorher fest, wer wofür verantwortlich ist. Stellen Sie Pressemitteilungen ins Intranet, damit die Verantwortlichen an allen Standorten den gleichen Informationsstand haben. Sorgen Sie dafür, dass es nicht nur in der Zentrale, sondern auch in den Ländergesellschaften Fachleute für Krisenmanagement gibt. Berücksichtigen Sie die nationalen Unterschiede beim Umgang mit der Presse. So sind in Deutschland Pressemitteilungen üblich, in Frankreich steht dagegen eher der persönliche Kontakt im Mittelpunkt.
Die Ziele der internationalen Kommunikation
Die internationale Unternehmenskommunikation verfolgt zwei Ziele: Sie soll das Unternehmen bei den Bezugsgruppen bekannt machen und auf lange Sicht ein positives Image aufbauen. Ein bekanntes Unternehmen wird meist als grundsätzlich sympathisch empfunden. Konsumenten, Mitarbeiter und Investoren sollen eine klare Vorstellung davon bekommen, was Ihr Unternehmen und seine Produkte auszeichnet. Je klarer die Vorstellung, die jemand von Ihrem Unternehmen hat, umso eher wird er sich an Sie erinnern und Ihre Produkte kaufen. Legen Sie fest, welches Image Sie aufbauen und welche Botschaften Sie vermitteln wollen. Ihr Image muss weltweit einheitlich sein. Danach suchen Sie für jedes Land die Maßnahmen aus, mit denen Sie dieses Image dort aufbauen können. Legen Sie auch fest, welche Elemente international einheitlich bleiben sollen; dazu zählt in der Regel das Firmenlogo.
Werbung und kulturelle Codes
Geschäftstätigkeit und Werbung in einem Land werden stark von den Bedingungen vor Ort beeinflusst. Dazu zählen zunächst die wirtschaftlichen und politischen Bedingungen, wie etwa die Gesetze eines Landes. Bei der Planung Ihrer Werbemaßnahmen müssen Sie darauf achten, welche Medien in einem Land besonders verbreitet sind – es hat z. B. wenig Sinn, einen Vertriebskanal über das Internet aufzubauen, wenn nur ein kleiner Teil der Bevölkerung Zugang zum Internet hat. Auch religiöse Grundsätze im jeweiligen Land müssen Sie kennen und berücksichtigen. Das gilt selbst für ein so internationales Unternehmen wie McDonald’s: In muslimischen Ländern enthält der Hamburger kein Schweinefleisch, in Indien darf er nicht aus Rindfleisch hergestellt sein, und in Israel verzichtet man aus Rücksicht auf die jüdischen Speisegebote auf den Käse.
„Gefahren meiden und Wohlbefinden suchen, ist Leitmotto unseres Gehirns.“
Die Bedeutung kultureller Codes ist nicht zu unterschätzen. Das sind Normen und Werte, die jeder Mensch mit seiner Kultur aufnimmt und sich dann wie selbstverständlich an ihnen orientiert, ohne sich dessen bewusst zu sein. Wenn Sie in einem fremden Markt tätig werden wollen, sollten Sie unbedingt abklären, welche Codes im jeweiligen Land wichtig sind, und Ihre Aktivitäten darauf abstimmen. Andernfalls ist der Misserfolg vorprogrammiert. So scheiterte Ende der 1980er Jahre der Versuch, japanische Qualitätsstandards in amerikanischen Unternehmen einzuführen, weil dieser Ansatz der amerikanischen Mentalität zuwiderlief. Für Japaner ist Perfektion sehr wichtig, Amerikaner dagegen wollen lieber immer wieder etwas Neues, deswegen spielt Perfektion nur eine untergeordnete Rolle. Leider bleiben kulturelle Codes meist unbewusst, deshalb kann man sie nicht einfach abfragen. Geeignet sind psychologische Verfahren, die das Unbewusste ansprechen, z. B. Tests, die spontane Assoziationen zu bestimmten Begriffen abfragen. Solche Tests sollten Sie aber unbedingt von Fachleuten durchführen lassen.
Die grundlegenden Motive: Angst und Belohnung
Wie können Sie sichergehen, dass Ihre internationale Werbung beim Kunden ankommt? Über alle kulturspezifischen Unterschiede hinweg muss Ihre Werbung die Bedürfnisse ansprechen, die bei allen Menschen gleich sind. Menschen meiden Dinge, vor denen sie Angst haben, und fühlen sich zu Dingen hingezogen, die ihnen eine Belohnung versprechen. Das menschliche Gehirn speichert Erfahrungen immer zusammen mit einer Bewertung, mit positiven oder negativen Emotionen. Auf der Basis dieser Erfahrungen trifft der Mensch seine weiteren Entscheidungen. Diese Prozesse laufen meist unbewusst ab. Werden Konsumenten befragt, suchen sie nachträglich nach rationalen Gründen für ihre Kaufentscheidung; der eigentliche Auslöser aber sind die Gefühle, die mit den Erfahrungen verbunden sind. Was mit positiven oder negativen Emotionen besetzt ist, bleibt im Gedächtnis haften, andere Informationen gehen dagegen verloren. Weltweit werden sich die Menschen an Ihr Unternehmen erinnern, wenn sie es mit positiven Gefühlen verbinden und sich vom Kauf seiner Produkte eine Belohnung versprechen.
„Entscheidungen Ihrer Bezugsgruppen fallen vor allem unbewusst, also ohne dass diese hiervon etwas mitbekommen oder Auskunft darüber geben könnten.“
Welche Eindrücke ein Mensch mit positiven Gefühlen verknüpft, ist jedoch wieder stark von der jeweiligen Kultur beeinflusst. So wird z. B. sexuelle Annäherung in Frankreich wesentlich positiver bewertet als in den USA. Solche Unterschiede müssen Sie bei Ihrer internationalen Werbung unbedingt beachten. Unabhängig von ihrer Kultur werden die Menschen weltweit von drei Grundmotiven angetrieben: dem Bedürfnis nach Sicherheit, nach Erregung und nach Autonomie. Im Bedürfnis nach Sicherheit steckt der Wunsch nach Stabilität, Geborgenheit und Zuwendung. Das Bedürfnis nach Erregung dagegen bedeutet, dass der Mensch Abwechslung und neue Eindrücke sucht. Das Bedürfnis nach Autonomie schließt ein, dass der Mensch gerne selbst entscheidet, Erfolg und Einfluss haben möchte. Diese drei Motive bestimmen die Entscheidungen der Menschen. In Ihrer Kommunikation sollten Sie auf jeden Fall eines dieser Motive gezielt ansprechen – jeweils auf die Zielgruppe und das kulturelle Umfeld abgestimmt. Denn die drei Grundmotive sind in jedem einzelnen Menschen, aber auch in verschiedenen Kulturen unterschiedlich stark ausgeprägt; so gelten beispielsweise Amerikaner generell als eher risikofreudig, Deutsche als eher sicherheitsbewusst.
Werbung für alle Sinne
Das menschliche Gehirn verarbeitet jeden Eindruck dreifach: zum einen als äußeren Eindruck, dann seine Bedeutung und als Drittes seine Einbettung in Erfahrungen und Geschichten. Entsprechend besitzt der Mensch drei Arten von Gedächtnis, das sensorische, das semantische und das episodische, das am stärksten ausgeprägt ist. Auf diesen drei Wegen können Sie Ihre Kunden ansprechen. Das sensorische Gedächtnis reagiert auf Sinneseindrücke: Geschmack, Geruch, Farbe, Tastsinn. Das semantische Gedächtnis spricht auf Symbole und auf Sprache an, etwa auf einprägsame Slogans. Das episodische Gedächtnis können Sie ansprechen, indem Sie die wesentlichen Aussagen über Ihr Unternehmen in einprägsame Geschichten verpacken.
„Zu den großen Herausforderungen der internationalen Kommunikation gehören Abstimmungen – der Großteil der internationalen Kommunikation besteht aus deren Organisation.“
Auch hierbei gibt es erhebliche kulturelle Unterschiede. So ist die Farbsymbolik in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich. In China z. B. steht die Farbe Weiß für Trauer. Geschmacksempfindungen oder die Vorliebe für bestimmte Gerüche sind ebenfalls stark kulturabhängig. Ebenso können Symbole in verschiedenen Kulturen eine ganz unterschiedliche Bedeutung haben; so gilt z. B. ein nach oben gestreckter Daumen in den USA als positive Geste, in Nigeria dagegen als obszön. Als Sprache spielt das Englische international eine zentrale Rolle und wird auch für Werbeslogans gerne verwendet. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass Slogans in der Muttersprache sehr viel stärker wirken. Wenn Sie Geschichten über Ihr Unternehmen erzählen, sollten Sie darauf achten, dass die Motive in der jeweiligen Kultur verstanden werden, bzw. wählen Sie Motive, die in dieser Kultur beheimatet sind.
Ein Kommunikationsplan für Ihr Unternehmen
Planen Sie Ihre internationale Kommunikation gründlich. Erstellen Sie ein Konzept für Werbung und PR über den Zeitraum der nächsten drei bis fünf Jahre. Dazu müssen Sie als Erstes Ihre aktuelle Situation analysieren: Wer sind Ihre Bezugsgruppen in den einzelnen Ländern? Was denken sie über das Unternehmen? Wo steht das Unternehmen im Wettbewerb? Sammeln Sie Informationen über Ihr bisheriges Vorgehen bei der Kommunikation und über die Abläufe in Ihrem Unternehmen.
„Weltweit zu kommunizieren heißt nicht nur, Fremdsprachen zu beherrschen. Gefragt ist auch der professionelle Umgang mit den unterschiedlichen Mediensystemen.“
Im nächsten Schritt folgt die Bewertung: Was sind die Stärken und Schwächen Ihrer Kommunikation, wo liegen die Chancen und die Risiken? Aus dieser Analyse erstellen Sie die Aufgaben für die Zukunft. Gewichten Sie dabei die Bezugsgruppen und die Maßnahmen, damit Sie sich nicht verzetteln. Anschließend machen Sie einen Plan. Legen Sie fest, welche Ziele Sie erreichen wollen, welche Strategien eingesetzt werden und mit welchen Maßnahmen das konkret geschehen soll. Die Strategie gibt Ihren Maßnahmen die Richtung vor. Legen Sie hier z. B. fest, worin Sie sich von Ihren Wettbewerbern unterscheiden wollen. Denken Sie an die drei Grundmotive der Menschen und bestimmen Sie, was Sie den Kunden bieten möchten, worin die Belohnung besteht. Legen Sie fest, in welchem Umfang Sie welche Medien einsetzen werden. Auch der Stellenwert der Tochtergesellschaften spielt eine Rolle: Soll die Kampagne von der Zentrale aus gesteuert werden oder im jeweiligen Land? Gibt es länderspezifische Kampagnen oder nur eine zentrale? Einheitliche Kampagnen sind kostengünstiger, sollten aber nur bei Produkten eingesetzt werden, bei denen die kulturellen Unterschiede nicht ins Gewicht fallen, wie z. B. Sportartikel oder Computerzubehör. Die Pläne setzen Sie dann in konkrete Aktionen um. Dabei sollten Sie möglichst unterschiedliche Maßnahmen miteinander kombinieren, etwa Pressekonferenzen, Ausstellungen und Newsletter.
„Die internationale Kommunikation sollte als Aufgabe in der Unternehmensführung angesiedelt sein.“
Legen Sie unbedingt vorher fest, wie die Maßnahmen koordiniert und die Ergebnisse kontrolliert werden sollen. Gerade bei der internationalen Kommunikation ist eine regelmäßige Kontrolle sehr wichtig. Am besten eignen sich dafür Studien, wie z. B. Befragungen, Kundenbeobachtungen oder Experimente im Labor. Solche Studien sind zwar teuer, bringen aber die sichersten Ergebnisse.
Prof. Dr. Dieter Herbst ist Experte für internationale Kommunikation und lehrt an mehreren Universitäten. Einige Jahre war er in einem großen Konzern für den Aufbau eines internationalen Kommunikationsnetzwerks zuständig. Seit 2003 ist er als selbstständiger Kommunikationsexperte tätig und berät Firmen zu Fragen der internationalen Kommunikation. Er ist auch Autor des Buches Der Mensch als Marke.