Von der Wall Street zur Chinesischen Mauer

Buch Von der Wall Street zur Chinesischen Mauer

Wie Anleger von Chinas Boom profitieren können

FinanzBuch,


Rezension

Burton G. Malkiel, bekannter Verfechter der Ran­dom-Walk-The­o­rie, zeigt dem Investor, wohin der Weg in China führt. Nach einem his­torischen Teil, der beleuchtet, warum die wirtschaftliche Situation im Reich der Mitte so ist, wie sie ist, geht es um mögliche Investments und schließlich um die optimale in­di­vidu­elle China-Strate­gie für jeden Anleger: Wie viel Geld steht zur Verfügung? Wie hoch ist die eigene Risikonei­gung? Welchen Anteil sollte man in welche Produkte investieren? Anhand von Beispielen und Schaubildern sollte es dem in­ter­essierten Investor gelingen, seinen eigenen Weg durch die Vielfalt chi­ne­sis­cher Wertpapiere zu finden. Zudem nennt der Autor die Namen von relevanten Unternehmen und Fonds, was die Wahl der passenden Anlage erleichtert. Wer sich bisher nicht mit der Geldanlage in Wert­pa­pieren beschäftigt hat, wird mit diesem Buch vielleicht ein wenig überfordert sein. Zwar erklärt der Autor auch einige grundle­gende Dinge, aber im Wesentlichen richtet sich das Werk an Leser, die mit den Fach­be­grif­fen vertraut sind. BooksInShort empfiehlt es allen Anlegern, die ihrem Depot den China-Kick verleihen wollen.

Take-aways

  • An Chinas Wirtschafts­boom können Sie als Pri­vatan­leger teilhaben.
  • China ist die viertgrößte Volk­swirtschaft der Welt – und wächst weiter.
  • In China tele­fonieren mehr Menschen schnurlos, als die USA Einwohner haben.
  • Die Olympischen Spiele haben in Peking einen starken Bauboom ausgelöst.
  • In­vesti­tio­nen in China werden oft als gefährlich betrachtet, doch viele Argumente lassen sich leicht entkräften.
  • A, B oder H? Die Chinesische Ak­tien­struk­tur ist schwierig zu durch­schauen.
  • Mit dem Gor­don-Mod­ell können Sie realistisch abschätzen, wie sich ein Wertpapier in Zukunft entwickeln wird.
  • Wer je nach Risiko­pro­fil etwa 5–20 % seines Gesamt­port­fo­lios in China anlegt, di­ver­si­fiziert sein Depot und macht es somit sicherer.
  • Zu den aus­sicht­sre­ich­sten Branchen gehören Energie, In­fra­struk­tur, Konsum und Freizeit.
  • Alternative Investments in China sind Anleihen, Immobilien und Kunst.
 

Zusammenfassung

Chinas Boom

China ist die drittgrößte Han­del­sna­tion der Erde. Es gibt dort 170 Städte mit mehr als einer Million Einwohnern – in den USA sind es nur zehn. 400 Millionen Chinesen tele­fonieren schnurlos – ein Viertel mehr Menschen als in den USA überhaupt leben. Speziell die chinesische Autobranche ist beein­druck­end: Noch Anfang der 1970er Jahre, also zu Zeiten Maos, war die Au­to­mo­bilin­dus­trie verglichen mit dem Westen auf dem Stand der 1930er Jahre. Doch dann ging es steil bergauf: 2005 war China erstmals Net­to­ex­por­teur für Lkws und Pkws.

„2005 überholte das so genannte ‚kom­mu­nis­tis­che‘ Land die gewaltigen ‚kap­i­tal­is­tis­chen‘ Vereinigten Staaten als größter Empfänger ausländischer Di­rek­t­in­vesti­tio­nen.“

Dieses Wirtschaftswun­der hängt eng mit der großen Bevölkerungszahl des Landes zusammen. In China gibt es jährlich die meisten Universitätsab­sol­ven­ten. Die Al­pha­betisierungsquote lag 2003 bei 89 %. Und je besser die Bevölkerung ausgebildet ist, desto höher dotierte Jobs bekommt sie. Das fördert wiederum den Konsum und die Produktion.

„Bentley ist stolzer Hersteller des teuersten Autos der Welt – der 728er Stretch-Lim­ou­sine im Wert von 1,2 Millionen Dollar – und hat davon durch seine Nieder­las­sung in Peking mehr Exemplare verkauft als durch irgendeine andere Zweigstelle der Welt.“

Erinnern wir uns: Vor gar nicht allzu langer Zeit galt das wirtschaftliche Klima in China als aus­ge­sprochen un­ternehmensfeindlich. Heute ist die asiatische Nation die viertgrößte Volk­swirtschaft der Welt und sogar das Land, in das in den vergangenen Jahren die meisten ausländischen Di­rek­t­in­vesti­tio­nen geflossen sind. Wer diesen unglaublichen Wandel verstehen will, sollte sich die Geschichte Chinas näher ansehen.

„China ist nun die drittgrößte Han­del­sna­tion der Welt.“

Chinas vier K’s

  • Kon­fuzian­is­mus: Vor Christi Geburt war China in Feu­dal­staaten zer­split­tert, die sich gegenseitig bekriegten. Konfuzius wurde 551 v. Chr. geboren, war Buchhalter und später Jus­tizmin­is­ter. Er führte in seiner Philosophie zwei Konzepte ein: ren und li. Ersteres steht für Nächstenliebe, Letzteres für Respekt. Beides hatte zu seiner Zeit zwar wenig Auswirkun­gen auf die Kriegsparteien, aber großen Einfluss auf Chinas Geschichte. Lange nach Konfuzius’ Tod eroberte Qin Shi Huang, 259 v. Chr. geboren, die Feu­dal­staaten und vereinte sie zu einem Reich. Er vere­in­heitlichte die Schrift und erweiterte die Chinesische Mauer. Im Laufe der Zeit erfanden die Chinesen Porzellan, Schießpulver, Schubkarre, Kompass, Steigbügel, Papier und Spinnrad. Außerdem exportierte das Land Seide und Tee und war Anfang des 19. Jahrhun­derts die größte Volk­swirtschaft der Welt.
  • Kolo­nial­is­mus: Die Briten trieben eifrig Handel mit den Chinesen. Als Silber zu teuer wurde, stiegen sie auf Opium als Handelsware um. Das wurde exklusiv nach China vertrieben, und mehrere Tausend Menschen erfreuten sich daran. Doch die Sucht nahm solche Dimensionen an, dass Opium 1838 vom Kaiser verboten wurde. Das war der Auftakt zu den Opi­umkriegen, in deren Folge die Briten und die Franzosen sich Teile des Landes unterwarfen. 1931, 1932 und 1937 fielen zudem die Japaner in Teile Chinas ein.
  • Kommunismus: 1945 unterlagen die Japaner schließlich. Jetzt nutzten die Kommunisten unter Mao ihre Chance: 1949 gründeten sie die Volk­sre­pub­lik China und führten die Plan­wirtschaft ein. Ab 1956 durfte im Land nur noch mit behördlicher Erlaubnis gereist werden, alle Titel oder Stellungen wurden ungültig. Zwar wurden den Frauen mehr Rechte zuge­sprochen, aber alles in allem führten die Neuerungen in unglücklicher Kombination mit heftigen Unwettern zu einer Hungersnot, in der bis zu 30 Millionen Menschen starben. Ab 1966 lief der dritte Fünf­jahre­s­plan, und im selben Jahr startete Mao die Kul­tur­rev­o­lu­tion. Dadurch versank das Land im Chaos. Börsen gab es in dieser Zeit keine mehr und somit auch keinen Ak­tien­han­del.
  • Kap­i­tal­is­mus: 1976 starb Mao. Einige Jahre danach kam Deng Xiaoping an die Macht, und mit ihm begann der Aufschwung. Unter anderem wurden jetzt Aktien eingeführt, da man sich von ihnen finanzielle Disziplin für Unternehmen erhoffte. Außerdem sind die Manager bei diesem System den Aktionären verpflichtet und können nicht so leicht in die eigene Tasche wirtschaften. 1990 wurde die Shanghaier Börse nach rund 50 Jahren wiedereröffnet.

Die Olympischen Spiele 2008

Für die vielen Besucher, die zu den Olympischen Spielen erwartet werden, wird Peking auf Hochglanz poliert. Es entstehen neue Fußgängerunterführungen, Hotels und Wohnkom­plexe. Während der Spiele darf nur derjenige in die Stadt, der dort wohnt oder Ein­trittskarten für die Sportver­anstal­tun­gen hat. Um die Luftver­schmutzung zu reduzieren, wurden ganze Fabriken um Hunderte von Kilometern verlegt. Der Ben­z­in­verkauf soll für die Dauer der Großve­r­anstal­tung streng re­gle­men­tiert werden.

Chancen und Risiken

Nicht alle glauben an das weitere Wachstum Chinas. Immer wieder werden Argumente vorgebracht, die dagegen sprechen. Manche davon lassen sich leicht entkräften, andere dagegen tragen einen wahren Kern in sich:

  • Richtig ist, dass die Beziehungen zu Japan und Taiwan historisch bedingt angespannt sind. Allerdings sind die Länder wirtschaftlich miteinander verflochten. Ein Krieg, der die Länder und ihre Wirtschaft zerstören könnte, ist eher un­wahrschein­lich.
  • Es stimmt, dass China sich in einem betrüblichen Zustand befindet, was die Umweltzerstörung anbelangt. Aber: Die Gefahr ist immerhin erkannt, und man geht dagegen an.
  • Ebenfalls richtig ist, dass es in China ein steiles Gefälle zwischen Arm und Reich gibt, was zu Unruhen führen könnte. Doch auch hier gilt: Die Regierung arbeitet daran, die Kluft zu verringern.
  • Die Ein-Kind-Poli­tik ist weitgehend außer Kraft gesetzt. Die Geburten­rate Chinas ist derzeit höher als die Italiens. Somit wird das Land künftig nicht unter einer zu großen Überalterung der Bevölkerung leiden.
  • Die Chinesen haben weltweit betrachtet eine sehr hohe Sparquote, und die chinesische Regierung unterstützt den Auf- und Ausbau des Banken­sys­tems mit allen Mitteln. Außerdem haben in­ter­na­tionale Investoren großes Interesse an China. So genannte un­ein­bringliche Forderungen werden der chi­ne­sis­chen Wirtschaft somit keinen Schaden zufügen.
  • Natürlich steigen in China die Löhne. Doch das wird die boomende Wirtschaft nicht negativ bee­in­flussen, denn damit wächst die Kaufkraft im eigenen Land.
  • Zwar werden künftig weder die privaten noch die öffentlichen In­vesti­tio­nen oder die Exporte im gleichen Tempo weit­erwach­sen. Aber eine Wirtschaft kann auch im Land selbst gedeihen. Erste Anzeichen sind zu sehen: Die jüngeren Jahrgänge sind sehr kon­sum­freudig.
  • Korruption ist in China ein großes Problem. Doch auch hier gibt es bereits Gegenmaßnahmen.

Investieren in China

Es gibt also eigentlich keine schlagkräftigen Gründe, die gegen ein Investment in China sprechen. Allerdings ist eine Investition in China auch nicht so einfach, wie man annehmen sollte. Es gibt dort z. B. eine verwirrende Anzahl von un­ter­schiedlichen Aktien und Benennungen: A-Aktien sind für Ein­heimis­che und einige wenige ausländische Investoren bestimmt, H-Aktien bekommen Investoren aus Hongkong, L-Aktien sind an der Börse in London notiert, T-Aktien in Tokio. Und das sind nur einige Beispiele. Diese Aktien werden häufig auch zu un­ter­schiedlichen Preisen verkauft. Hinzu kommt, dass die Wirtschaft in großen Teilen noch immer der staatlichen Kontrolle unterliegt. Darüber hinaus werden chinesische Aktienkurse manchmal manipuliert, auch wenn es Be­stre­bun­gen von Regierungs­seite gibt, dies zu unterbinden. All das macht es für den Pri­vat­in­vestor schwierig, die richtigen Wertpapiere zu kaufen.

„Zweifellos wird Chinas Wandel vom ex­por­to­ri­en­tierten Niedriglohn­land zu einem wohlhaben­deren, stärker kon­sumori­en­tierten Land Störungen hervorrufen und auf persönlicher Ebene auch zu Tragödien führen.“

Die entschei­dende Frage lautet aber: Wie kann ich wissen, welche Papiere Potenzial für die Zukunft haben? Eine Möglichkeit ist, das Modell des Finanzökonomen Myron Gordon zu Rate zu ziehen. Danach schätzen Sie die langfristige Ertragsrate, indem Sie zur Div­i­den­den­ren­dite zum Zeitpunkt des Aktienkaufs die langfristige Wach­s­tum­srate der Erträge und Dividenden addieren. Die Div­i­den­den­ren­dite ergibt sich, wenn Sie die erreichte Dividende eines Wertpapiers durch den Kurs der Aktie teilen. Die Wach­s­tum­srate ist die durch­schnit­tliche jährliche Rate, mit der Erträge und Dividenden wachsen. Ein Beispiel für den US-amerikanis­chen Aktienmarkt im Jahr 2007: Die Div­i­den­den­ren­dite amerikanis­cher Stammaktien lag bei 2 %, die erwartete Wach­s­tum­srate bei 5,5 %. Das ergibt nach Gordon eine langfristige Wert­pa­pier­ren­dite von 7,5 %. Schaut man nach China, lag die Div­i­den­den­ren­dite chi­ne­sis­cher Stammaktien bei 1,5 %, die Wach­s­tum­srate aber bei 7,5 % – das macht eine langfristige Rendite von 9 %. Chinesische Wertpapiere sind außerdem auch geeignet, das Portfolio zu di­ver­si­fizieren. Der Ko­r­re­la­tion­sko­ef­fizient zeigt, dass beispiel­sweise der US-amerikanis­che und der chinesische Aktienmarkt nicht den gleichen Rhythmus haben. Stark vereinfacht bedeutet das: Brummt der eine Markt, ist der andere zurückhaltend, und umgekehrt.

„In China spielt die Musik, und wir glauben, dass diejenigen, die jetzt in China investieren, in den kommenden Jahren reich belohnt werden.“

Wer sich China ins Depot holen möchte, sollte einige Punkte beachten: Fonds, die eine Verkaufsgebühr erheben und jährliche hohe Ver­wal­tungs­gebühren verlangen, schmälern die Rendite. Zu empfehlen ist die Investition in Indexfonds, denn die Kosten sind hier in der Regel sehr niedrig. Eine wesentliche Rolle spielt auch die Frage der Risikobere­itschaft. Kleine oder junge Unternehmen bieten oft hohe Renditen. Doch je höher die Rendite, desto höher im Regelfall auch das Risiko. Je nach Ihrer Risikobere­itschaft und Risikofähigkeit sollte Ihr Portfolio 5–20 % China-Ak­tien enthalten. Übrigens: Weniger riskant und einfacher als die Anlage in chinesische Papiere ist das Investment in Aktien von US-amerikanis­chen oder europäischen Unternehmen, die sich stark in China engagieren und dadurch satte Gewinne erzielen. Zu den Branchen mit besonders guten Aussichten gehören im Reich der Mitte Konsumgüter, Finanz- und In­fra­struk­tu­run­ternehmen, also Firmen, die z. B. Züge herstellen, Straßen bauen oder die Wasserver­sorgung des Landes vo­rantreiben. Auch die Energie- und Freizeitwirtschaft wird in China weiter wachsen.

Alternative Investments in China

Immobilien haben in China eine große Zukunft, denn der Bauboom nimmt kein Ende. Allerdings ist es für Pri­vat­in­ve­storen sehr schwierig, sich direkt daran zu beteiligen. Die beste Möglichkeit, in Immobilien in China zu investieren, ist die Anlage in REITs (Real Estate Investment Trusts), also Im­mo­bilien­fonds, die pro­fes­sionell gemanagt und in Aktienform an die Börse gebracht werden.

„Während es unsinnig wäre zu glauben, die Wach­s­tum­sraten blieben für immer bei 9–10 %, so sind wir doch recht zu­ver­sichtlich, dass die Wach­s­tum­sraten in den kommenden 20 Jahren weiter im hohen ein­stel­li­gen Bereich liegen werden und China sich als die am s

Er­staunliche Wert­steigerun­gen haben in der letzten Zeit auch chinesische Kun­st­ge­genstände erzielt. Allerdings ist es sehr schwierig vo­rauszuse­hen, was an Wert gewinnt, und was nicht. Kunst sollte darum primär als Samm­ler­ob­jekt verstanden werden: Man kauft sie in erster Linie, weil sie einem gefällt. Eine Möglichkeit ist beispiel­sweise, sich bei On­line-Auk­tionshäusern zu informieren, was dort gut ankommt, und dann ein Werk zu kaufen, an dem man Gefallen gefunden hat und das den eigenen Preisvorstel­lun­gen entspricht. Mit etwas Glück steigt sein Wert in den kommenden Jahren an.

„Die Risikofähigkeit hat damit zu tun, wie viel Risiko Sie eingehen können, ohne entweder Ihre finanzielle Stabilität oder die Aufrechter­hal­tung Ihres gewohnten Lebensstils zu gefährden.“

Wer sich für chinesische Anleihen in­ter­essiert, tut seinem Portfolio in Form einer Di­ver­si­fizierung etwas Gutes, denn diese Papiere können das Risiko mindern. Allerdings bleibt hier im Regelfall nur der Gang zum in­sti­tu­tionellen Anleger, denn Privatleute haben so gut wie keine Chance, Anleihen zu erwerben.

Über die Autoren

Burton G. Malkiel ist Professor an der Princeton University und Autor des Buches Börsenerfolg ist kein Zufall. Patricia A. Taylor ist Redakteurin und Autorin. Jianping Mei lehrt an der Cheung Kong Graduate School of Business in Peking. Rui Yang ist Fonds­man­ager bei Bosera Asset Management.