Wie führe ich meinen Chef?

Buch Wie führe ich meinen Chef?

Erfolgreiche Kommunikation von unten nach oben

Orell Füssli,


Rezension

Er ist der Traum jedes geplagten Mi­tar­beit­ers: ein Ratgeber mit Tipps, die helfen, aus dem berühmten Scheusal im Chefsessel einen halbwegs vernünftigen Menschen zu machen. Gabriele Stöger verspricht nichts weniger als die Erfüllung dieses frommen Wunsches. Angesichts der Größe ihres Ver­sprechens fehlt es dem bunten Potpourri an Kom­mu­nika­tion­stipps und Men­tal­train­ing­stech­niken allerdings ein wenig an Neuigkeitswert. Dass Ich-Botschaften beim Gegenüber besser ankommen als unüberlegte Rüffel, ist bekannt; und dass ein gesundes Selb­stver­trauen vieles im Leben erleichtert, dürfte auch niemanden überraschen. Unterlegt werden die Erken­nt­nisse mit Sentenzen und Weisheiten aus den Mündern und Federn wichtiger Dichter und Denker: von Friedrich Schiller über Phil Collins bis hin zu Luke Skywalker und Meister Yoda aus dem Kinoerfolg Star Wars. Weil das Buch sehr eingängig und praxisnah geschrieben ist und nicht zuletzt auch, weil die rare Perspektive der Führung von unten nach oben gefällt, empfiehlt BooksInShort es allen, die Probleme mit ihrem Vorge­set­zten haben und daran etwas ändern wollen.

Take-aways

  • Nur wenige Prob­lem­chefs sind hoff­nungslose Fälle. Die meisten lassen sich erziehen.
  • Viele Chefs kom­pen­sieren mangelndes Selb­stver­trauen durch Egotrips, Gefühlskälte oder Selb­stern­iedri­gung.
  • Solchen Strategien sollten Sie mit part­ner­schaftlicher Kom­mu­nika­tion begegnen.
  • Dazu gehören Ich-Botschaften statt Vorwürfe, Fragen statt Forderungen und konkretes Feedback.
  • Analysieren Sie Ihre Glaubenssätze über den Chef, denn diese stehen oft jeder Veränderung im Weg.
  • Finden Sie Gegen­beispiele für seinen ver­meintlich unveränderlichen Charakter.
  • Stärken Sie Ihr eigenes Selb­stver­trauen, indem Sie Erfolge innerlich wieder aufleben lassen und Misserfolge begraben.
  • Drehen Sie im Kopf Filme über Ihre Ziele und die Vorge­hensweisen. Dann kann aus dieser Fiktion Realität werden.
  • Kom­mu­nizieren Sie cheftype­n­gerecht: Der Kreative versteht wilde Träume, der Pragmatiker harte Zahlen.
  • Wenn nichts mehr hilft: Provozieren Sie, dass ihm die Worte fehlen.
 

Zusammenfassung

Ein Chef nach Maß

Ärgern Sie sich oft über Ihren Chef? Dann gehören Sie zur überwältigenden Mehrheit der Berufstätigen. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder Sie resignieren oder Sie schaffen sich den Idealchef selbst. In der Regel wünschen Mitarbeiter, dass dieser ihnen drei Dinge vermittelt:

  1. Sicherheit: Das Gefühl, sich immer auf ihn verlassen und ihn beim Wort nehmen zu können.
  2. Einzi­gar­tigkeit: Persönliche Anerkennung und echtes Interesse für die geleistete Arbeit.
  3. Freiraum: Die Möglichkeit, den Weg zum klar definierten Ziel selbst zu finden.
„Jeder hat den Vorge­set­zten, den er verdient? Nein. Jeder hat den Vorge­set­zten, den er sich erzieht.“

Die PUSTE-Strate­gie hilft Ihnen bei der Erziehung Ihres Chefs. Die Abkürzung steht für Problem, Ursache, Smarte Ziele, Talente/Techniken und Ergeb­nis­sicherung. Iden­ti­fizieren Sie zunächst das Problem mit Ihrem Chef. Notieren Sie, unter welchen Bedingungen es gewöhnlich auftritt. Wie reagieren Sie, was fühlen Sie und welche Faktoren verstärken oder vermindern das Problem? Anschließend geht es an die Ur­sachen­analyse. Sind möglicher­weise die Umstände, z. B. ein störungsanfälliges IT-System, am Verhalten Ihres Chefs schuld? Dann müssen die Umstände und nicht Ihr Vorge­set­zter sich ändern. Vielleicht überbewerten Sie seine Fehler auch und nehmen seine Vorzüge gar nicht mehr wahr. Wie alle Menschen haben Vorgesetzte ebenfalls Probleme mit ihrem Selbstbild und versuchen, ihre Un­sicher­heit durch exzessive Selb­st­darstel­lung, scheinbare Gefühlskälte oder auch übertriebene Selb­st­losigkeit zu kom­pen­sieren.

Kom­mu­nika­tion­stech­niken

Smarte Ziele müssen sinnlich erfahrbar, messbar, gegen­warts­be­zo­gen, realistisch und positiv formuliert sein. Stellen Sie sich genau vor, welche Art von Chef Sie sich wünschen. Experimente zu mentalem Training haben gezeigt, dass wir etwas viel leichter erreichen, wenn wir es zuvor in unserem Kopf durchge­spielt haben. Nur wenn Sie die Dringlichkeit eines Ziels buchstäblich am eigenen Körper spüren, nehmen Sie es auch in Angriff. Ein weiterer Trick, Angst und Trägheit zu überwinden, ist das Mittel der paradoxen Intention: Wetten Sie z. B. mit Kollegen, dass das klärende Gespräch mit dem Chef erfolglos verlaufen wird. Wenn Sie die Wette verlieren, haben Sie Ihr Ziel erreicht!

„So wie Sie nicht nicht kom­mu­nizieren können, können Sie auch nicht nicht bee­in­flussen.“

Die wichtigste Technik ist ein selb­st­be­wusster, part­ner­schaftlicher Kom­mu­nika­tion­sstil. Nur so können Sie die unan­genehmen Chef­s­trate­gien parieren. Formulieren Sie Ich-Botschaften, in denen Sie schildern, wie Sie sich aufgrund der Situation fühlen. Vermeiden Sie Ab­so­lut­be­griffe wie „alle“, „ständig“ oder „völlig“ und berufen Sie sich niemals auf Kronzeugen, nach dem Motto „Die ganze Abteilung stört sich daran.“ Jeder Mensch fühlt sich durch so etwas in die Enge getrieben. Sprechen Sie sich so schnell wie möglich aus. Wenn Sie sich über ein Monate zurückliegendes Ereignis beschweren, wird Ihr Chef zu Recht fragen, warum Sie es nicht früher zur Sprache gebracht haben. Sagen Sie so exakt wie möglich, was Sie wollen. Die meisten Vorge­set­zten sind dankbar über konkretes Feedback. Besonders macht­be­wussten Chefs präsentieren Sie Ihren Wunsch als Frage: „Glauben Sie, dass Sie mir die Aufgaben in Zukunft de­tail­lierter erklären könnten?“ Beginnen Sie mit einem positiven Türöffner. Sagen Sie Ihrem Chef zunächst, was Ihnen an seinem Führungsstil gefällt. Tragen Sie dann Ihre Wahrnehmungen und Wünsche vor. Am Ende stellen Sie die positiven Ergebnisse einer möglichen Verhaltensänderung in Aussicht.

Kritik auswerten

Was aber tun, wenn Sie sich mit un­gerecht­fer­tigter Kritik kon­fron­tiert sehen? Aussitzen und ignorieren? Wohl kaum. Ein allzu dickes Fell kann im Extremfall zu Ihrer Entlassung führen. Eine Alternative bietet die Mon­i­tortech­nik: Stellen Sie sich eine unangenehme Situation mit Ihrem Chef vor und projizieren Sie diese auf einen Handmonitor. Schälen Sie zunächst den Faktenkern heraus, der sich unter den Belei­di­gun­gen verbirgt, und fragen Sie nach, wenn Sie die Vorwürfe nicht verstehen. Dann betrachten Sie den Film von innen und außen, vergleichen also Ihre Sichtweise mit der seinen. Am Ende heben Sie die Un­ter­schiede und die Gemein­samkeiten der beiden Sichtweisen hervor und schlagen mögliche Kon­se­quen­zen vor. Wichtig ist, Ihre Vorschläge so konkret wie möglich zu halten. Statt „Ich wünsche mir ein genaueres Auf­gaben­brief­ing“ sagen Sie lieber: „Könnten wir uns für jede neue Auf­gaben­stel­lung zehn Minuten Zeit zur Besprechung nehmen?“ Wenn Ihr Chef etwas von Ihnen verlangt, haken Sie so lange nach, bis eine glasklare Anforderung vor Ihnen liegt. Was genau bedeutet z. B. „flexibler reagieren“ oder „struk­turi­erter arbeiten“? Solange Sie das nicht wissen, können Sie nur wenig an Ihrem Verhalten ändern.

Die Macht des Glaubens

Was wir glauben, tritt auch ein. Die er­staunliche Wirksamkeit von Placebo-Medika­menten ist dafür ein Beweis unter vielen. Glaubenssätze sind darum nicht per se schlecht, sie bieten Sicherheit und Ori­en­tierung im Leben. Um ihre Wirkung zu verstehen und sie ggf. austricksen zu können, müssen Sie sie sich aber bewusst machen. Die meisten Glaubenssätze bauen auf einer ein- oder mehrmaligen Erfahrung auf. Manchmal ist auch nur eine diffuse Angst die Ursache. Wenn es Sie etwa vor öffentlichem Reden graut, gehen Sie allen sich bietenden Gele­gen­heiten aus dem Weg. Sind Sie dann doch einmal gezwungen, eine Rede zu halten, verhagelt Ihnen die Nervosität den Erfolg, und Sie fühlen sich in Ihrer angeblichen Unfähigkeit bestätigt. Umgekehrt schaffen Sie durch den Glauben an den Erfolg eine Prophezeiung, die sich selbst erfüllt. Der Glaubenssatz „Ich kann gut mit Leuten umgehen“ ist ein Beispiel hierfür.

„Nicht nur Wissen, auch Verhalten lässt sich quasi ,auswendig‘ lernen und auf Knopfdruck abrufen.“

Glaubenssätze, die positiven wie die negativen, sind unzulässige Ve­r­all­ge­meinerun­gen. Unsere selektive Wahrnehmung blendet Gegen­beispiele aus. Die Lösung ist deshalb einfach: Schreiben Sie Ihre Glaubenssätze über Ihren Chef auf und suchen Sie dann gezielt nach Beispielen, die diesen wider­sprechen. Anschließend verankern Sie die Gegen­beispiele durch As­sozi­a­tio­nen tief in Ihrem Bewusstsein. Was haben Sie in den Situationen gefühlt, in denen das Verhalten Ihres Chefs sich von Ihren Glaubenssätzen über ihn unterschied? Notieren Sie Ihre Gefühle stich­wor­tar­tig auf einem anderen Blatt. Am Ende vergleichen Sie beide Au­flis­tun­gen miteinander. Glückwunsch! Sie haben Ihre Glaubenssätze geknackt.

Den Topf mit Selb­stver­trauen füllen

Menschen mit einem gesunden Selb­stver­trauen haben die besseren Chefs. Bei Schwierigkeiten suchen sie aktiv nach Lösungen, anstatt zu jammern und in Selb­st­mitleid zu versinken. Wer Selb­stzweifel ausstrahlt, fügt sich in die Opferrolle und provoziert seinen Chef praktisch zum Drauf­schla­gen. Natürlich leiden auch Vorgesetzte unter mangelndem Selb­stver­trauen. Sie glauben dann, sich permanent beweisen zu müssen, oder sie halten sich aus allem raus oder machen sich künstlich klein. Egal ob Sie selbst oder Ihr Vorge­set­zter sich nichts zutrauen, der einfachste Weg zu einem besseren Verhältnis besteht darin, Ihr Selbstgefühl zu stärken. Sie können es mit einem Topf vergleichen: Fühlen Sie sich gut, ist er randvoll. Je schlechter es Ihnen geht, desto leerer wird er. In den ersten sechs Leben­s­jahren eines Menschen ergibt sich aus dem Auf und Ab im Topf das Grund­ver­trauen. Es entscheidet wesentlich darüber, wie sehr der Inhalt Ihres Topfs vom Verhalten anderer abhängt. Aber auch im Erwach­se­nenal­ter können Sie Ihr Selb­stver­trauen nachhaltig stärken:

  • Entspannen Sie sich und denken Sie über Er­fol­gsmo­mente in Ihrer beruflichen Laufbahn nach. Notieren Sie Ihre Er­fol­gsstory, erleben Sie die Augenblicke innerlich noch einmal und lassen Sie eine Art Siegesfilm vor Ihrem inneren Auge ablaufen. Wann immer der Topf sich zu leeren droht, machen Sie sich Ihre Triumphe wieder bewusst.
  • Schmerzhafte Misserfolge sollten Sie begraben. Fühlen Sie die unangenehme Situation noch einmal nach. Stehen Sie dann auf und schütteln Ihre Glieder. Spielen Sie den Moment in Gedanken wieder durch und schreiben die Geschichte diesmal um. Die Methode wirkt genauso wie das Placebo in der Medizin.
  • Trainieren Sie Ihre Körperhaltung. Wenn Sie buchstäblich aufrecht mit beiden Beinen auf dem Boden stehen, können Sie am ehesten über sich hin­auswach­sen.
  • Tun Sie etwas für sich selbst. Investieren Sie in körperliche und geistige Fitness, umgeben Sie sich mit Menschen, die gut für Sie sind, und hören Sie vor allem auf Ihre eigenen Bedürfnisse.
  • Verankern Sie das positive Selb­st­wert­gefühl, indem Sie es an einen Begriff, eine Hand­be­we­gung o. Ä. koppeln. Sobald sich der Topf zu leeren droht, rufen Sie das Signal ab und schöpfen aus dem durch die Übungen aufgebauten Vorrat.
  • Stellen Sie sich eine zukünftige Situation mit Ihrem Chef vor. Beobachten Sie. Steigen Sie dann selbst in Ihren inneren Film ein und geben sich Regiean­weisun­gen. Spielen Sie sich Ihr Werk in Gedanken mehrmals vor, bis hin zum Happy End.

Eine Strategie für jeden Problemchef

Kennen Sie den Happy Hektiker? Diese Art von Chef überhäuft Sie mit mehr Ideen, Projekten und Aufgaben, als Sie verarbeiten können. Ein smartes Ziel könnte nun so aussehen, dass Sie ihn bei der nächsten Flut um eine Rangliste bitten: Welche Aufgabe hat Priorität? Der Con­trol­letti-Chef wiederum kann nur schwer delegieren und bringt Sie durch permanentes Nachprüfen zur Weißglut. Machen Sie mit ihm einen Zeitplan ab: Beim nächsten Mal soll er sich zu Beginn, zur Halbzeit und bei Fer­tig­stel­lung des Projekts informieren. Er braucht nur das Gefühl, nicht die Kontrolle zu verlieren. Der unmögliche Chef schließlich verlangt von Ihnen, was schlicht nicht zu schaffen ist. Ein Nein lässt er nicht gelten. Präsentieren Sie ihm ruhig und sachlich, welche Teilziele Sie mit dem vorhandenen Budget und in der gegebenen Zeit erreichen können.

„Nichts macht so erfolgreich wie Erfolg. Kleine Erfolge ermöglichen größere Erfolge und größere Erfolge ermutigen zu noch größeren Erfolgen.“

Grundsätzlich müssen Sie sich der Denk- und Sprechweise Ihres Gegenübers anpassen. Einen hy­per­kreativen Chef können Sie nicht mit Realitätssinn überzeugen. Langweilen Sie ihn nicht mit Details, sondern nehmen Sie ihm diese ab! Einem Pragmatiker hingegen müssen Sie Tatsachen liefern. Von einem Logiker dürfen Sie keine offene Anerkennung, dafür aber ein ausgeprägtes Gefühl für Gerechtigkeit erwarten. Gefühlsbetonte Chefs lassen sich am ehesten von emotionalen Argumenten überzeugen. Kurz: Führen Sie Vorgesetzte ihrem Typ entsprechend. Das ist meist schon die halbe Miete. Wenn gar nichts hilft, gibt es noch die provokative Therapie. Sobald der unmögliche Chef Sie wieder einmal aufs Tiefste beleidigt hat, geben Sie ihm eiskalt Recht und behaupten z. B.: „Stimmt, ich möchte die Firma in den Bankrott treiben.“ Die Methode, auf eine irrige Überzeugung au­gen­zwinkernd noch eins draufzuset­zen, kann helfen, das Gespräch auf eine sachliche Ebene zurückzuführen. Doch Vorsicht: Diese Taktik will geübt sein. Probieren Sie sie erst in harmlosen Situationen aus, bevor Sie sie bei Ihrem Chef anwenden.

Versuch und Irrtum

Wir sind beim letzten Punkt der PUSTE-Strategie, der Er­fol­gskon­trolle. Stellen Sie sich drei Fragen: Was hat funk­tion­iert? Was nicht? Was kann ich besser machen? Viele Menschen vergessen diesen letzten Schritt und versäumen so, aus ihren Fehlern und Erfolgen zu lernen. Beobachten Sie bei jedem Austausch mit Ihrem Chef dessen Reaktion. Analysieren Sie sein Verhalten und verbessern Sie beim nächsten Versuch Ihre Taktik. In der Wis­senschaft und der Kinder­erziehung wird das Ver­such-und-Ir­rtum-Ver­fahren seit jeher erfolgreich praktiziert. Warum sollte es nicht auch mit Ihrem Chef funk­tion­ieren?

Über die Autorin

Gabriele Stöger ist Diplom­sozi­olo­gin, Man­age­ment­trainerin und -beraterin. Ihre Coach­ing-Schw­er­punkte liegen in der Entwicklung von Teams und Führungskräften sowie im Kon­flik­t­man­age­ment.