Geschäftserfolg im Iran

Buch Geschäftserfolg im Iran

Verhandeln, Arbeiten und Führen in der persischen Geschäftskultur

Orell Füssli,


Rezension

Der Iran, das ist weit mehr als Mullahs, Scharia und ver­meintliche Atombomben. Das Land ist für deutsche Unternehmen als In­vesti­tion­s­stan­dort durchaus interessant. Doch wer eine Zusam­me­nar­beit mit iranischen Unternehmen anstrebt, sollte sich zuvor gründlich informieren. Das Buch von Michael Gorges ist dafür der ideale Aus­gangspunkt; der Kenner des Landes bietet eine Fülle von In­for­ma­tio­nen, die jeder präsent haben sollte, der im Iran tätig werden möchte. Was der Autor gänzlich ausklammert, ist die politische Dimension von Geschäften mit dem Iran. Egal, wie man dazu steht: Dem Nutzwert des Buches tut es keinen Abbruch. Gorges beschränkt sich darauf, das Leben im Iran umfassend darzustellen, er erläutert Ver­hal­tensregeln für alle möglichen Situationen, informiert über Geschichte, Kultur und Religion und erklärt, worin sich die persische Kultur und Mentalität von der deutschen un­ter­schei­det. Am Schluss kann der Leser sein neu erworbenes Wissen in einem kleinen Kulturquiz testen. BooksInShort meint: sehr empfehlenswert für alle, die Geschäftskontakte im Iran haben oder planen.

Take-aways

  • Der Iran kann für deutsche Unternehmen ein lohnender In­vesti­tion­s­stan­dort sein.
  • Für Iraner steht nicht der schnelle Geschäftsab­schluss, sondern die persönliche Beziehung im Vordergrund.
  • Stellen Sie sich darauf ein, dass das erste Treffen nur dem Ken­nen­ler­nen dient. Gleich mit Ver­tragsentwürfen aufzuwarten, macht sich schlecht.
  • Im Iran geht man mit der Zeit anders um als in Deutschland: Iraner handeln oft spontan und empfinden Termine nicht unbedingt als verbindlich.
  • Ähnlich wie auf dem Basar wird auch im Geschäftsleben viel und wortreich verhandelt.
  • Die Kom­mu­nika­tion ist sehr indirekt, Ablehnung und Kritik werden nicht offen geäußert.
  • Vermeiden Sie auch Themen wie Islam, Men­schen­rechte, Frauen oder Israel.
  • Iranische Unternehmen sind sehr hi­er­ar­chisch organisiert. Entschei­dun­gen werden vom Firmenchef getroffen und von den Mi­tar­beit­ern kritiklos ausgeführt.
  • Das öffentliche Leben im Iran ist vom Islam geprägt.
  • Iraner sind sehr gast­fre­undlich und laden deshalb auch Geschäftspartner gerne zu sich nach Hause ein. Lehnen Sie auf keinen Fall ab.
 

Zusammenfassung

Wirtschaft und Kultur

Der Iran ist als Han­delspart­ner für deutsche Firmen interessant. Mehr als zwei Drittel der Iraner sind jünger als 25, und gerade diese jungen Menschen orientieren sich zunehmend an der westlichen Kultur und ihren Konsumgütern. Außerdem profitiert der Iran von seiner zentralen ge­ografis­chen Lage und bietet sich als Stützpunkt für den Handel mit anderen Ländern in der Region an. Die kulturellen Un­ter­schiede zwischen Deutschland und dem Iran sind freilich enorm. Bei der Anbahnung von Geschäfts­beziehun­gen ist kulturelle Kompetenz von entschei­den­der Bedeutung, damit Sie nicht unbewusst in Fettnäpfchen treten und dadurch eine er­fol­gver­sprechende Zusam­me­nar­beit ruinieren.

„Jeder Mensch wird in eine spezifische Kultur hineinge­boren und in ihr und durch sie sozial­isiert.“

Jede Kultur ist von bestimmten Ver­hal­tensweisen und Normen geprägt. Der Mensch übernimmt, meist unbewusst, die Werte seiner Kultur und gibt sie weiter. In der Regel erscheinen ihm die Normen seiner eigenen Kultur als richtig und vernünftig, alles Fremde dagegen als merkwürdig, lächerlich oder gar bedrohlich. Bei Geschäft­skon­tak­ten mit fremden Ländern spielen genau diese Faktoren eine wichtige Rolle. Wer mit Menschen aus einer anderen Kultur Geschäfte machen will, muss kulturell kompetent sein, d. h. er muss wissen, dass es kulturelle Un­ter­schiede gibt, und sein Verhalten entsprechend anpassen. Die meisten Geschäfts­beziehun­gen westlicher Unternehmer mit Angehörigen einer fremden Kultur scheitern nicht aus wirtschaftlichen Gründen, sondern daran, dass sie die Beson­der­heiten der fremden Kultur nicht kennen, sich falsch verhalten, als unhöflich wahrgenom­men werden und damit ihre poten­ziellen Partner ver­schrecken.

So gelingt der erste Kontakt

Im Iran spielen Beziehungen eine wichtige Rolle; das gilt auch im Geschäftsleben. Iraner möchten einen poten­ziellen Geschäftspartner erst einmal kennen lernen und Vertrauen zu ihm aufbauen, ehe Busi­ness­the­men überhaupt zur Sprache kommen. Als Deutscher dürfen Sie nicht mit der Tür ins Haus fallen. Stellen Sie sich darauf ein, dass das erste Treffen nur dem gegen­seit­i­gen Ken­nen­ler­nen dient. Erwarten Sie von diesem Gespräch noch keine konkreten Ergebnisse und bringen Sie auf keinen Fall schon Ver­tragsentwürfe mit, das wäre voreilig. Planen Sie viel Zeit ein und nehmen Sie sich für diesen Tag sonst nichts mehr vor. Informieren Sie sich vor dem Treffen ausführlich über das iranische Unternehmen. Lassen Sie sich den Termin telefonisch und schriftlich bestätigen. Ihr iranischer Geschäftspartner wird Ihnen zunächst viele Fragen über Sie und Ihr Unternehmen stellen, das Gleiche sollten auch Sie tun. Wenn das Gespräch jedoch auf heikle Themen kommt, wie die aktuelle politische Lage im Iran, sollten Sie auf jeden Fall ausweichend reagieren und sich nicht auf Diskus­sio­nen einlassen. Vermeiden Sie auch Themen wie Islam, Men­schen­rechte, Frauen oder Israel. Ausführliches und hochw­er­tiges In­for­ma­tion­s­ma­te­r­ial über Ihr Unternehmen, zumindest auf Englisch übersetzt, hinterlässt einen guten Eindruck. Iraner sind tra­di­tions­be­wusst, deshalb sind auch In­for­ma­tio­nen zur Fir­mengeschichte angebracht. Essen, Getränke oder private Einladungen nach Hause sollten Sie immer annehmen.

„Das Fremde, das Unbekannte, wird häufig abgelehnt und gering geschätzt. In der in­terkul­turellen Kom­mu­nika­tion kann das fatale Folgen haben.“

Zur Begrüßung verneigt man sich und legt dabei die linke Hand auf die Brust. Auch die Begrüßung durch Kopfnicken ist üblich, Händeschütteln dagegen weniger, allenfalls unter Männern. Strenggläubige Muslime vermeiden die Berührung mit Nicht­mus­li­men, weil sie dadurch rituell verun­reinigt würden. Kleiden Sie sich in jedem Fall konservativ, auch bei privaten Terminen. Für Männer bedeutet das: dunkler Anzug mit Jackett, darunter ein Hemd mit langen Ärmeln. Das Jackett sollten Sie – unabhängig von der Temperatur – nur dann ablegen, wenn der Gastgeber Sie darum bittet. Frauen müssen sich im Iran an die islamischen Klei­der­vorschriften halten und dürfen sich nur mit Kopftuch und langem Mantel in der Öffentlichkeit zeigen. Beides behält man auch bei Geschäftsterminen an, ebenso bei privaten Besuchen in einem kon­ser­v­a­tiven Umfeld. Nur dezentes Make-up ist erlaubt.

Grundregeln der Kom­mu­nika­tion

Geschäfte werden im Iran heute noch genauso wortreich aus­ge­han­delt wie seit Jahrhun­derten auf dem Basar. Rechnen Sie mit lang­wieri­gen Gesprächen und drängen Sie nicht auf einen schnellen Abschluss. Da im Iran Entschei­dun­gen immer an höchster Stelle gefällt werden, werden Sie es mit Entschei­dungsträgern zu tun haben. Entsprechend hochrangig sollte auch Ihre Delegation besetzt sein. Einen Mitarbeiter ohne Entschei­dungs­befug­nis wird die iranische Seite nicht akzeptieren. Falls mehrere deutsche Teilnehmer anwesend sind, sollte der älteste die Gespräche leiten.

„Perser sind in der Tat aus­ge­sprochen höfliche Menschen. Sie sagen allerdings nie, außer vielleicht im privaten Kreis, was sie wirklich denken.“

Iraner kom­mu­nizieren grundlegend anders als Deutsche, sehr viel indirekter. Das Gesicht zu wahren, ist für einen Iraner enorm wichtig. Also wird er darauf achten, sich nicht angreifbar zu machen, und entsprechend bemüht sein, nichts Falsches zu sagen. Er wird möglichst vage bleiben und keine klaren Aussagen machen. Iraner äußern in der Regel auch kein offenes Nein, sondern stimmen pro forma zu und lassen die Sache dann im Sande verlaufen. Da viele Iraner sehr abergläubisch sind, sprechen sie ungern über die Fortschritte und Erfolge in ihrer Arbeit. Die Sprache der Iraner ist sehr blumig, voller Floskeln, die Lob, Schme­ichelei und Unterwürfigkeit ausdrücken, auch wenn sie in Wirk­lichkeit anders denken. Allgemein ist das Verständnis von Wahrheit im Iran wesentlich weiter gefasst als in Deutschland. Offen seine Meinung zu sagen, gilt als unhöflich. Auch lautes Sprechen ist verpönt.

Führung im Unternehmen

In iranischen Unternehmen geht es autoritär zu, die Hierarchie spielt eine wichtige Rolle. Vor der islamischen Revolution gab es viele Fam­i­lienun­ternehmen, die der Fir­menin­haber ebenso pa­tri­ar­chalisch leitete wie seine eigene Familie. Nach der Revolution wurden viele Unternehmen ver­staatlicht; das Wirtschaft­sleben ist vom Islam bestimmt. Um Karriere zu machen, braucht man Beziehungen und einen religiösen Hintergrund. Auch am Führungsstil hat sich nicht viel geändert: Der Chef gibt die Anweisungen, die Mitarbeiter führen sie aus. Darauf müssen Sie sich einstellen, wenn Sie mit Iranern zusam­me­nar­beiten. Wenn Sie sich in der höheren Position befinden, erwartet man von Ihnen, dass Sie klare Anweisungen geben; Begründungen sind dabei nicht notwendig.

Der Umgang mit der Zeit

Das Konzept der Zeit ist in ver­schiede­nen Kulturen un­ter­schiedlich. Für Nordeuropäer und Nor­damerikaner ist es selbstverständlich, dass man Aufgaben nacheinan­der abarbeitet und Termine einhält. Doch in vielen anderen Ländern ticken die Uhren anders, das gilt auch für den Iran. Iraner sind es gewohnt, viele Dinge gle­ichzeitig zu erledigen. Zeit­man­age­ment spielt hier keine Rolle. Fristen und Termine sind Richtwerte, aber nicht verbindlich. Wer sein Leben nach Terminen ausrichtet und nicht spontan reagieren kann, gilt als unflexibel und deshalb wenig zuverlässig. Zwis­chen­men­schliche Beziehungen sind für Iraner wichtiger als Pünktlichkeit. Geplant wird nicht langfristig, sondern flexibel und spontan. Als Deutscher darf man jedoch daraus nicht folgern, dass man es sich leisten kann, selbst unpünktlich zu sein. Deutsche gelten auch im Iran als sehr zuverlässig und pünktlich, und man erwartet das entsprechende Verhalten von ihnen. Wenn Sie dem nicht entsprechen, hin­ter­lassen Sie einen schlechten Eindruck. Be­sprechun­gen werden im Iran meist spontan und ohne große Tage­sor­d­nung einberufen. Sie dienen dazu, die Entschei­dun­gen des Vorge­set­zten weit­erzugeben; Diskutieren und Kritik sind nicht erwünscht. Iranische Behörden arbeiten eher langsam und umständlich, vor allem bei Ausländern. Durch Bestechung lässt sich manches beschle­u­ni­gen; besser sind aber Geduld und ein Partner vor Ort.

Der Umgang mit Konflikten

Die Maxime des Gesicht­wahrens gilt auch beim Umgang mit Fehlern und Kritik. Fehler werden in der Regel nicht offen einge­s­tanden, sondern mit ungünstigen äußeren Umständen begründet. Kritik sollten Sie sehr vorsichtig und indirekt und nur unter vier Augen vorbringen; offen kritisiert zu werden, womöglich noch vor Dritten, ist für jeden Iraner eine Schande, die nicht nur ihn, sondern seine ganze Familie betrifft. Entsprechend empfindlich wird er darauf reagieren und Ihre Argumente und Begründungen gar nicht mehr wahrnehmen. Achten Sie bei Konflikten immer darauf, dass Ihr iranischer Geschäftspartner sich nicht gedemütigt vorkommt. Machen Sie ihm deutlich, dass Sie daran in­ter­essiert sind, die Zusam­me­nar­beit fortzuset­zen, und ihm ent­ge­genkom­men wollen. Notfalls können Sie auch einen Vermittler hinzuziehen. Ver­hand­lungs­bere­itschaft sollten Sie auch zeigen, wenn es um Verträge geht. Für Iraner ist ein Vertrag nicht statisch, sondern kann je nach den Umständen jederzeit geändert werden. Seien Sie in solchen Fällen flexibel und halten Sie nicht stur am einmal aus­ge­han­del­ten Text fest.

„Das Leugnen von Fehlern, selbst wenn man dabei erwischt wird, ist keine Frage der Moral, es ist auch nicht anrüchig.“

Iraner sind im Allgemeinen sehr stolz auf ihr Land und lassen nichts auf ihre Heimat kommen. Deshalb sollten Sie sich auch hier mit Kritik zurückhalten, selbst wenn Ihre Argumente noch so berechtigt sind. Sie lösen nur fruchtlose Diskus­sio­nen aus, die zu nichts führen und die Beziehungen zu Ihren iranischen Partnern unnötig belasten. Iraner sind mis­strauisch und neigen dazu, überall eine Verschwörung zu wittern. Seien Sie deshalb entsprechend vorsichtig, damit Sie mit Ihrem Verhalten kein Misstrauen erwecken. Ein wichtiges Detail: Militärische Anlagen, Flughäfen und öffentliche Gebäude darf man nicht fo­tografieren. Halten Sie sich unbedingt daran. Wenn Sie Personen ablichten wollen, bitten Sie erst um Erlaubnis.

Das Leben im Islam

Das Leben im Iran ist vom Islam bestimmt. Er ist nicht nur die Religion von 98 % der Bevölkerung, sondern zugleich die Basis des Staatswe­sens. Hohe islamische Geistliche üben Richter­funk­tio­nen aus und fällen ihre Urteile auf der Grundlage des Korans und anderer religiöser Schriften. Der heilige Tag der Muslime ist der Freitag. Er ist arbeitsfrei, schon am Donnerstag wird meist nur bis gegen Mittag gearbeitet. Gebetet wird mehrmals täglich, das ist Pflicht für jeden Moslem. Im Fastenmonat Ramadan dürfen volljährige Muslime von Son­nenauf­gang bis Son­nenun­ter­gang nichts essen oder trinken. Das öffentliche Leben ist in dieser Zeit eingeschränkt. Nehmen Sie Rücksicht darauf und begrenzen Sie in dieser Zeit Ihre geschäftlichen Aktivitäten. Das gilt auch für die Zeit des Nowruz, des persischen Neu­jahrs­festes, Ende März. Schweine­fleisch, Alkohol, Muscheln und einige Fische sind Moslems nicht erlaubt, ebenso wie rohes oder nicht durchge­bratenes Fleisch. Die Daten für die religiösen Feste ändern sich jedes Jahr, da für die islamischen Feiertage im Iran der Mond­kalen­der gilt, der nur 354 Tage hat.

Zu Gast bei Iranern

Gast­fre­und­schaft spielt im Iran eine wichtige Rolle, Iraner sind ihren Gästen gegenüber sehr großzügig. Sie erwarten aber auch, dass diese Gast­fre­und­schaft in ähnlicher Form bei einem Gegenbesuch erwidert wird. Einladungen sollten Sie nicht ausschlagen, das wäre unhöflich. Kommen Sie immer etwas später als vereinbart, bei einer Einladung zum Essen allerdings auch nicht zu spät. Auf jeden Fall sollten Sie ein Gast­geschenk mitbringen. Wenn Sie bei Ihrem Gastgeber etwas bewundern, wird er es Ihnen zum Geschenk anbieten. Halten Sie sich deshalb mit Bewunderung zurück und lenken Sie notfalls rasch vom Thema ab. Gegessen wird nur mit der Gabel, bei Reis­gerichten mit Löffel und Gabel. Fleisch wird mundgerecht serviert, deshalb ist ein Messer nicht notwendig. Obst dagegen isst man ausschließlich mit Messer und Gabel, nicht mit den Fingern. Ihr Gastgeber wird Sie immer wieder nötigen, noch mehr zu nehmen, oder er legt Ihnen immer wieder Essen auf den Teller und gießt ständig Tee nach. Wenn Sie nichts mehr haben möchten, lassen Sie das volle Glas stehen bzw. einen Rest Essen auf dem Teller. Gäste ve­r­ab­schieden sich in der Regel eine bis anderthalb Stunden nach dem Essen. Länger zu bleiben wäre unhöflich, denn der Gastgeber muss schon früh am Morgen für sein erstes Gebet bereit sein.

Über den Autor

Michael Gorges ist Ethnologe und Trainer für in­terkul­turelle Kom­mu­nika­tion. Er hat selbst einige Jahre im Iran gelebt, war dort in einem Unternehmen in leitender Funktion tätig und ist mit einer Iranerin verheiratet. Seine Firma Iran Consulting berät deutsche und iranische Unternehmen in in­terkul­turellen Fragen.