Zufriedenheit ist schön, Begeisterung ist besser
Zufriedene Kunden zu haben, reicht heute nicht mehr. Das ist lediglich das Minimalziel, denn zufriedene Kunden sind noch lange nicht loyale Dauerkunden. Sie sind einfach nur nicht verärgert. Kundenbegeisterung ist etwas ganz anderes. Mit ihr werden aus Kunden überzeugte Käufer und Fans Ihres Unternehmens. Kundenbegeisterung tritt dann ein, wenn der Kunde unerwartet mehr bekommt, als er erwartet hat. Das Moment der Überraschung ist dabei ganz wichtig. Ein perfektes Beispiel, das seit Jahrzehnten funktioniert, ist das Überraschungs-Ei. Hier sind verschiedene Elemente miteinander verquickt: Genuss, Spielfaktor, Sammlermotivation und eben die Überraschung. Um einen ähnlichen Effekt und andauernde Begeisterung bei Ihren Kunden auszulösen, brauchen Sie eine konsequente Ausrichtung aller Produkte und Dienstleistungen auf die Kundenbedürfnisse. Einige Fakten als Hintergrund:
- Weltweit glauben rund 80 % der Manager, dass fehlende Begeisterung der Grund ist, warum potentielle Kunden nicht kaufen.
- Rund 25 % der durchaus zufriedenen Kunden fühlen sich nicht an das Unternehmen gebunden, bei dem sie gerade gekauft haben.
- 38 % der Kunden brechen ihre Beziehungen zu einem Unternehmen ab, wenn sie sich unfreundlich oder unhöflich behandelt fühlen.
- Für die meisten Produkte und Dienstleistungen besteht heute eine fast hundertprozentige Preistransparenz: Kunden sind bestens über Konkurrenzangebote informiert.
- Im Gegensatz zur Preistransparenz besteht eine Produkteverwirrung: Innerhalb von zehn Jahren haben sich die Varianten bestehender Produkte um bis zu 420 % erhöht. Rund 40 % aller neuen Artikel werden bereits nach einer Saison wieder aus dem Sortiment genommen.
Die deutsche Kundenmisere
Deutsche Kunden haben es nicht leicht, ihnen wird viel abverlangt: lange Wartezeiten an Supermarktkassen, Geduld in Telefonschleifen, desinteressierte Verkäuferinnen mit Standardfragen, unverständliche Gebrauchsanleitungen oder unbeantwortete E-Mails von Großunternehmen. All das müssen kaufwillige Kunden über sich ergehen lassen. Einerseits entwickeln viele Firmen ständig weitere Varianten ihrer Produkte mit immer noch mehr Features, andererseits vernachlässigen sie die Serviceseite, obwohl Kunden daran tatsächlich Bedarf haben. Zahlreiche Unternehmen haben noch nicht einmal ansatzweise erkannt, wie viel Potenzial zur Kundenbegeisterung sie noch nicht erschlossen haben.
Von Japan lernen
Ein Blick nach Japan könnte ihnen die Augen öffnen: Dort ist Dienstleistung wesentlich weiter entwickelt als bei uns und gilt zudem als sehr ehrenwert. In Japan holen Werkstätten die Autos ihrer Kunden selbstverständlich ab und bringen sie nach der Reparatur wieder zurück. Alle Restaurants haben einen Außer-Haus-Service. Arztpraxen und andere Dienstleister haben 24 Stunden geöffnet. Für geringe Entfernungen gibt es besonders gekennzeichnete Kurzstreckentaxis. Ein Blick auf Ihre Branche – in der japanischen Variante – kann Ihnen viele Anregungen für Service-Angebote für Ihr Unternehmen geben.
So begeistern Sie Ihre Kunden – nicht
Wenn Ihr Unternehmen sich auf die Preise oder auf differenziertere Produkte festlegt, um sich vom Wettbewerb zu unterscheiden, ist das der falsche Weg. Alleinstellungsmerkmale sind bei Produkten heute kaum noch erreichbar – im Service hingegen relativ einfach zu bewerkstelligen. Trotz gleicher Dienstleistung oder gleichem Produkt können Sie Punkte sammeln, indem Sie überlegen, welcher Service dem Kunden rund um den Kauf (also: vorher, während und danach) am meisten nützt. Doch Achtung! Sie liegen falsch, wenn Sie glauben, dass Sie gute Ideen von Wettbewerbern einfach kopieren und damit denselben Erfolg haben können. Besser ist es, sich etwas Eigenes auszudenken, das wirklich zu Ihrem Unternehmen passt. Das setzt voraus, dass Sie in Erfahrung bringen, was sich Ihre Kunden wirklich wünschen oder brauchen. Machen Sie auch nicht den Fehler, zu glauben, dass Kundenkarten und Punktesammeln Ihnen treue Kunden bescheren. Richtig ist, dass Kunden den Karten und ihren Programmen treu sind, aber nicht dem Unternehmen.
„Kundenbegeisterung heißt, den Kunden absolut in den Mittelpunkt aller Aktivitäten zu stellen.“
So machen Sie es richtig
- Denken Sie sich Überraschungen aus, die tatsächlich welche sind. Das müssen keine teuren Aktionen, Gutschriften oder Geschenke sein. Was zählt, ist die Geste, z. B. ein kostenloser Kaffee, ein gewaschenes Auto oder ein Willkommensdrink.
- Setzen Sie wieder auf „alte Werte“. Dazu zählen Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit und das Einhalten von Versprechen. Halten Sie versprochene Telefonrückrufe unbedingt ein, geben Sie Fehler zu und vertuschen Sie nichts, und schieben Sie niemals die Schuld auf den Kunden.
- Ohne echte Freundlichkeit gewinnen Sie keinen Blumentopf. Wem es schwer fällt zu lächeln, der ist im Verkauf falsch. Erziehen Sie Ihre Mitarbeiter – und auch sich selbst – zu einem Lächeln, einem freundlichen Eingehen auf Ihre Kunden und echter Servicebereitschaft. Das ist eine Frage der inneren Einstellung. Ihre Kunden dürfen nie das Gefühl bekommen, dass sie stören – wie in der Praxis leider häufig anzutreffen.
- Anders als andere: Überlegen Sie, welchen Service Sie Ihren Kunden anbieten können, den Ihre Wettbewerber nicht haben. Das können je nach Ihrem Geschäft z. B. Einführungskurse ins Fotografieren, Sicherheitstrainings mit Autos oder Fahrrädern, ein Spülservice oder ein spezielles Kinder- oder Seniorenmenü sein. Alles, was Ihren Kunden das Leben leichter macht, ist geeignet.
- Gehen Sie systematisch alle Kundenkontaktpunkte durch und sehen bzw. bewerten Sie sie mit den Augen des Kunden. Damit sind auch scheinbar unwichtige Dinge wie vertrocknete Pflanzen im Eingangsbereich, schwer zugängliche Parkplätze oder eine nur Insidern verständliche Beschilderung gemeint. Ein prämiertes Gartencenter bietet seinen Kunden z. B. der Jahreszeit entsprechend dekorierte Ruheecken, zahlreiche Tipps und Mini-Workshops rund ums Gärtnern, Einladehilfen und Mitarbeiter, die eine solide Schulung in Kommunikation, Kundenkontakt und Gesprächsführung erhalten haben.
- Sagen Sie Ihren Mitarbeitern, was Sie unter einem guten Umgang mit dem Kunden verstehen, und leben Sie es selbst vor. Davon lernen Ihre Mitarbeiter am meisten, und das ganz nebenbei, jeden Tag.
- Investieren Sie in Schulungen, um Ihren Mitarbeitern die Scheu vor schwierigen Kunden oder Situationen zu nehmen. Zeigen Sie ihnen bessere Formulierungen als: „Tut mir leid, da sind Sie falsch hier.“ Die kundenfreundliche Variante lautet: „Besser als ich kann Ihnen Herr X aus der Abteilung Y helfen.“
- Beziehen Sie auch Ihre Auszubildenden frühzeitig in den Kundenkontakt mit ein und fördern Sie sie systematisch.
- Prüfen Sie, ob in Ihrem Unternehmen jeder an der am besten geeigneten Stelle arbeitet, gemäß seinen persönlichen Stärken. Jemand, den der Verkauf eher stresst, können Sie niemals zu einem guten Verkäufer schulen. Vielleicht können Sie sein vorhandenes Verhandlungs- oder Organisationstalent aber an anderer Stelle zum Vorteil aller einsetzen.
Was Kunden wollen
Kunden sind eigentlich gar nicht so schwer zu begeistern. Hier ist eine Liste von Faktoren, die sie glücklich machen und die darum selbstverständlich sein sollten:
- Sinnvolle Öffnungszeiten, die sich am Bedarf des Kunden orientieren.
- Bedienung an den Kassen ohne Wartezeiten.
- Verständlich formulierte Rechnungen.
- Versprochene Telefonrückrufe erfolgen auch.
- Aufträge werden komplett und ohne etwas zu vergessen ausgeführt.
- Der Kunde hat einen konstanten Ansprechpartner.
- Kunden werden von allen Mitarbeitern freundlich angesprochen.
- Kunden werden ernst genommen, wenn sie Fragen oder Reklamationen haben.
- Die Geschäftsräume sind sauber und ordentlich und machen einen ansprechenden Eindruck.
„Wer seinen Kunden hilft, erfolgreicher zu werden, wird auch selbst erfolgreich.“
Kundenbegeisterung im Handwerk
- Die Handwerker tragen Namensschilder und stellen sich beim Kunden mit Namen vor.
- Sie erklären zu Beginn eines Arbeitstages den Arbeitsablauf und das Etappenziel des Tages.
- Die Rechnungen und die übrige Korrespondenz sind verständlich und nicht in Fachchinesisch formuliert.
- Die Handwerker achten auf absolute Sauberkeit und hinterlassen beim Kunden kein schmutziges Chaos, das er selbst aufräumen darf.
„Freundlichkeit ist der allererste Schritt und die Grundvoraussetzung für Kundenbegeisterung.“
Kundenbegeisterung im Einzelhandel
- Verschlanken Sie das Produktsortiment. Wer braucht schon 20 Sorten Mehl? Verwirren Sie Ihre Kunden nicht mehr als nötig. Tante-Emma-Läden und Aldi hatten und haben mit einer konstanten, aber beschränkten Produktauswahl großen Erfolg.
- Bieten Sie kompetente Beratung.
- Bezeichnen und bewerben Sie Ihre Produkte nicht mit „Denglish“ oder Fachbegriffen, sondern so, dass Ihr Kunde es verstehen kann.
- Führen Sie regelmäßig Kundenbefragungen durch, um mehr Informationen darüber zu erhalten, was Ihre Kunden wünschen oder brauchen.
„Wo es so viele unzufriedene Kunden gibt, ist es leicht, mit geringem Aufwand besser als die Konkurrenz zu sein und die Kunden zu begeistern.“
So entwickeln Sie eine eigene Strategie
- Ermitteln Sie Ihre Kernkompetenzen: Was tun Sie besonders gern und gut zugleich? Hieraus ergeben sich die Stärken Ihres Unternehmens. Außerdem erkennen Sie, wo Sie einen Vorsprung zur Konkurrenz ausbauen können.
- Definieren Sie Ihre Zielgruppen: Welche Kundentypen können Sie erkennen? Notieren Sie, was verschiedene Kundentypen, z. B. Profis, Laien, Hobbybastler, bei Ihnen suchen. Prüfen Sie nun, ob die von Ihnen definierten Stärken Ihres Unternehmens auch zu Ihren Zielgruppen passen. Falls nicht, müssen Sie neu justieren.
- Welches Problem Ihrer Kunden können Sie lösen? Notieren Sie alles, was Ihnen dazu einfällt, und differenzieren Sie nach Zielgruppen. Ein Hobbygärtner braucht z. B. andere Informationen und Anregungen als ein Profi. Laien haben einen größeren Beratungsbedarf und nehmen diesen Service gerne an.