Das bunte Ei

Buch Das bunte Ei

Mit Kundenbegeisterung gewinnen

Orell Füssli,


Rezension

Jedes Unternehmen ist in der Lage, seine Kunden zu begeistern, meint Ralf R. Strupat. Wie das geht, beschreibt er überschwänglich bildhaft (oder nervig auf­dringlich, je nach Geschmack) und hat dafür zahlreiche Beispiele von „bunten Eiern“ zusam­mengestellt – Unternehmen, die es geschafft haben, unter ver­gle­ich­baren Firmen her­auszustechen. Schade nur, dass das Buch – die wesentlichen Erken­nt­nisse bezieht der Autor von einer gewissen Tante Emma – nur Haus­man­nskost bietet und in der Masse der Marketingbücher seinerseits nicht gerade als buntes Ei auffällt. Immerhin bietet es ins­beson­dere mittelständischen Firmen im Handwerks-, Di­en­stleis­tungs- und Industriegüterbereich zahlreiche Anregungen für verbesserte Kun­den­beziehun­gen. BooksInShort empfiehlt das Buch Geschäftsführern von KMUs, Mar­ket­ingleit­ern und Beratern, die hier größeren Nach­holbe­darf haben.

Take-aways

  • Unternehmen und Produkte gleichen sich heute vielfach wie ein Ei dem anderen.
  • Kunden in Deutschland müssen noch immer hart im Nehmen sein: Zu häufig ignorieren Unternehmen ihre wahren Wünsche.
  • Um Kunden zu begeistern, müssen Sie Ihr Unternehmen konsequent nach den Bedürfnissen Ihrer Kunden ausrichten.
  • Betrachten Sie Ihr Unternehmen durch die Kun­den­brille und analysieren Sie alle Kun­denkon­tak­t­punkte.
  • Sprechen Sie mit Ihren Kunden, um her­auszufinden, was sie wirklich wünschen oder brauchen – andere Öff­nungszeiten, andere Produkte, mehr Beratung?
  • Der Faktor Überraschung ist entschei­dend. Verblüffen Sie Ihre Kunden mit uner­warteten Gesten wie einem kostenlosen Kaffee oder einem gewaschenen Auto.
  • Schulen Sie Ihre Mitarbeiter, damit sie fit im Umgang mit Kunden sind und Spaß daran entwickeln.
  • Leben Sie Ser­vice­ori­en­tierung und freundliche Kom­mu­nika­tion jeden Tag vor, das ist das beste Mo­ti­va­tion­strain­ing.
  • Handw­erks­be­triebe können punkten, indem sie dem Service mehr Aufmerk­samkeit schenken.
  • Setzen Sie auf scheinbar „alte Werte“: Zuverlässigkeit, Fre­undlichkeit und Aufrichtigkeit sind seltener geworden und entsprechend gefragt.
 

Zusammenfassung

Zufrieden­heit ist schön, Begeis­terung ist besser

Zufriedene Kunden zu haben, reicht heute nicht mehr. Das ist lediglich das Minimalziel, denn zufriedene Kunden sind noch lange nicht loyale Dauerkunden. Sie sind einfach nur nicht verärgert. Kun­den­begeis­terung ist etwas ganz anderes. Mit ihr werden aus Kunden überzeugte Käufer und Fans Ihres Un­ternehmens. Kun­den­begeis­terung tritt dann ein, wenn der Kunde unerwartet mehr bekommt, als er erwartet hat. Das Moment der Überraschung ist dabei ganz wichtig. Ein perfektes Beispiel, das seit Jahrzehnten funk­tion­iert, ist das Überraschungs-Ei. Hier sind ver­schiedene Elemente miteinander verquickt: Genuss, Spielfaktor, Samm­ler­mo­ti­va­tion und eben die Überraschung. Um einen ähnlichen Effekt und andauernde Begeis­terung bei Ihren Kunden auszulösen, brauchen Sie eine konsequente Ausrichtung aller Produkte und Di­en­stleis­tun­gen auf die Kundenbedürfnisse. Einige Fakten als Hintergrund:

  • Weltweit glauben rund 80 % der Manager, dass fehlende Begeis­terung der Grund ist, warum potentielle Kunden nicht kaufen.
  • Rund 25 % der durchaus zufriedenen Kunden fühlen sich nicht an das Unternehmen gebunden, bei dem sie gerade gekauft haben.
  • 38 % der Kunden brechen ihre Beziehungen zu einem Unternehmen ab, wenn sie sich un­fre­undlich oder unhöflich behandelt fühlen.
  • Für die meisten Produkte und Di­en­stleis­tun­gen besteht heute eine fast hun­dert­prozentige Preis­trans­parenz: Kunden sind bestens über Konkur­ren­zange­bote informiert.
  • Im Gegensatz zur Preis­trans­parenz besteht eine Pro­duk­tev­er­wirrung: Innerhalb von zehn Jahren haben sich die Varianten bestehender Produkte um bis zu 420 % erhöht. Rund 40 % aller neuen Artikel werden bereits nach einer Saison wieder aus dem Sortiment genommen.

Die deutsche Kun­den­mis­ere

Deutsche Kunden haben es nicht leicht, ihnen wird viel abverlangt: lange Wartezeiten an Su­per­mark­tkassen, Geduld in Tele­fon­schleifen, desin­ter­essierte Verkäuferinnen mit Stan­dard­fra­gen, unverständliche Ge­brauch­san­leitun­gen oder un­beant­wortete E-Mails von Großunternehmen. All das müssen kaufwillige Kunden über sich ergehen lassen. Einerseits entwickeln viele Firmen ständig weitere Varianten ihrer Produkte mit immer noch mehr Features, an­der­er­seits vernachlässigen sie die Ser­vice­seite, obwohl Kunden daran tatsächlich Bedarf haben. Zahlreiche Unternehmen haben noch nicht einmal ansatzweise erkannt, wie viel Potenzial zur Kun­den­begeis­terung sie noch nicht erschlossen haben.

Von Japan lernen

Ein Blick nach Japan könnte ihnen die Augen öffnen: Dort ist Di­en­stleis­tung wesentlich weiter entwickelt als bei uns und gilt zudem als sehr ehrenwert. In Japan holen Werkstätten die Autos ihrer Kunden selbstverständlich ab und bringen sie nach der Reparatur wieder zurück. Alle Restaurants haben einen Außer-Haus-Ser­vice. Arztpraxen und andere Di­en­stleis­ter haben 24 Stunden geöffnet. Für geringe Ent­fer­nun­gen gibt es besonders gekennze­ich­nete Kurzstreck­en­taxis. Ein Blick auf Ihre Branche – in der japanischen Variante – kann Ihnen viele Anregungen für Ser­vice-Ange­bote für Ihr Unternehmen geben.

So begeistern Sie Ihre Kunden – nicht

Wenn Ihr Unternehmen sich auf die Preise oder auf dif­feren­ziert­ere Produkte festlegt, um sich vom Wettbewerb zu un­ter­schei­den, ist das der falsche Weg. Alle­in­stel­lungsmerk­male sind bei Produkten heute kaum noch erreichbar – im Service hingegen relativ einfach zu be­w­erk­stel­li­gen. Trotz gleicher Di­en­stleis­tung oder gleichem Produkt können Sie Punkte sammeln, indem Sie überlegen, welcher Service dem Kunden rund um den Kauf (also: vorher, während und danach) am meisten nützt. Doch Achtung! Sie liegen falsch, wenn Sie glauben, dass Sie gute Ideen von Wet­tbe­wer­bern einfach kopieren und damit denselben Erfolg haben können. Besser ist es, sich etwas Eigenes auszudenken, das wirklich zu Ihrem Unternehmen passt. Das setzt voraus, dass Sie in Erfahrung bringen, was sich Ihre Kunden wirklich wünschen oder brauchen. Machen Sie auch nicht den Fehler, zu glauben, dass Kun­denkarten und Punk­te­sam­meln Ihnen treue Kunden bescheren. Richtig ist, dass Kunden den Karten und ihren Programmen treu sind, aber nicht dem Unternehmen.

„Kun­den­begeis­terung heißt, den Kunden absolut in den Mittelpunkt aller Aktivitäten zu stellen.“

So machen Sie es richtig

  • Denken Sie sich Überraschun­gen aus, die tatsächlich welche sind. Das müssen keine teuren Aktionen, Gutschriften oder Geschenke sein. Was zählt, ist die Geste, z. B. ein kostenloser Kaffee, ein gewaschenes Auto oder ein Willkom­mens­drink.
  • Setzen Sie wieder auf „alte Werte“. Dazu zählen Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit und das Einhalten von Versprechen. Halten Sie ver­sproch­ene Telefonrückrufe unbedingt ein, geben Sie Fehler zu und vertuschen Sie nichts, und schieben Sie niemals die Schuld auf den Kunden.
  • Ohne echte Fre­undlichkeit gewinnen Sie keinen Blumentopf. Wem es schwer fällt zu lächeln, der ist im Verkauf falsch. Erziehen Sie Ihre Mitarbeiter – und auch sich selbst – zu einem Lächeln, einem fre­undlichen Eingehen auf Ihre Kunden und echter Ser­vice­bere­itschaft. Das ist eine Frage der inneren Einstellung. Ihre Kunden dürfen nie das Gefühl bekommen, dass sie stören – wie in der Praxis leider häufig anzutreffen.
  • Anders als andere: Überlegen Sie, welchen Service Sie Ihren Kunden anbieten können, den Ihre Wet­tbe­wer­ber nicht haben. Das können je nach Ihrem Geschäft z. B. Einführungskurse ins Fo­tografieren, Sicher­heit­strain­ings mit Autos oder Fahrrädern, ein Spülservice oder ein spezielles Kinder- oder Seniorenmenü sein. Alles, was Ihren Kunden das Leben leichter macht, ist geeignet.
  • Gehen Sie sys­tem­a­tisch alle Kun­denkon­tak­t­punkte durch und sehen bzw. bewerten Sie sie mit den Augen des Kunden. Damit sind auch scheinbar unwichtige Dinge wie vertrock­nete Pflanzen im Ein­gangs­bere­ich, schwer zugängliche Parkplätze oder eine nur Insidern verständliche Beschilderung gemeint. Ein prämiertes Gar­ten­cen­ter bietet seinen Kunden z. B. der Jahreszeit entsprechend dekorierte Ruheecken, zahlreiche Tipps und Mini-Work­shops rund ums Gärtnern, Ein­lade­hil­fen und Mitarbeiter, die eine solide Schulung in Kom­mu­nika­tion, Kun­denkon­takt und Gesprächsführung erhalten haben.
  • Sagen Sie Ihren Mi­tar­beit­ern, was Sie unter einem guten Umgang mit dem Kunden verstehen, und leben Sie es selbst vor. Davon lernen Ihre Mitarbeiter am meisten, und das ganz nebenbei, jeden Tag.
  • Investieren Sie in Schulungen, um Ihren Mi­tar­beit­ern die Scheu vor schwierigen Kunden oder Situationen zu nehmen. Zeigen Sie ihnen bessere For­mulierun­gen als: „Tut mir leid, da sind Sie falsch hier.“ Die kun­den­fre­undliche Variante lautet: „Besser als ich kann Ihnen Herr X aus der Abteilung Y helfen.“
  • Beziehen Sie auch Ihre Auszu­bilden­den frühzeitig in den Kun­denkon­takt mit ein und fördern Sie sie sys­tem­a­tisch.
  • Prüfen Sie, ob in Ihrem Unternehmen jeder an der am besten geeigneten Stelle arbeitet, gemäß seinen persönlichen Stärken. Jemand, den der Verkauf eher stresst, können Sie niemals zu einem guten Verkäufer schulen. Vielleicht können Sie sein vorhandenes Ver­hand­lungs- oder Or­gan­i­sa­tion­stal­ent aber an anderer Stelle zum Vorteil aller einsetzen.

Was Kunden wollen

Kunden sind eigentlich gar nicht so schwer zu begeistern. Hier ist eine Liste von Faktoren, die sie glücklich machen und die darum selbstverständlich sein sollten:

  • Sinnvolle Öff­nungszeiten, die sich am Bedarf des Kunden orientieren.
  • Bedienung an den Kassen ohne Wartezeiten.
  • Verständlich formulierte Rechnungen.
  • Ver­sproch­ene Telefonrückrufe erfolgen auch.
  • Aufträge werden komplett und ohne etwas zu vergessen ausgeführt.
  • Der Kunde hat einen konstanten Ansprech­part­ner.
  • Kunden werden von allen Mi­tar­beit­ern freundlich ange­sprochen.
  • Kunden werden ernst genommen, wenn sie Fragen oder Rekla­ma­tio­nen haben.
  • Die Geschäftsräume sind sauber und ordentlich und machen einen ansprechen­den Eindruck.
„Wer seinen Kunden hilft, er­fol­gre­icher zu werden, wird auch selbst erfolgreich.“

Kun­den­begeis­terung im Handwerk

  • Die Handwerker tragen Na­menss­childer und stellen sich beim Kunden mit Namen vor.
  • Sie erklären zu Beginn eines Ar­beit­stages den Ar­beitsablauf und das Etappenziel des Tages.
  • Die Rechnungen und die übrige Ko­r­re­spon­denz sind verständlich und nicht in Fachchi­ne­sisch formuliert.
  • Die Handwerker achten auf absolute Sauberkeit und hin­ter­lassen beim Kunden kein schmutziges Chaos, das er selbst aufräumen darf.
„Fre­undlichkeit ist der allererste Schritt und die Grund­vo­raus­set­zung für Kun­den­begeis­terung.“

Kun­den­begeis­terung im Einzel­han­del

  • Ver­schlanken Sie das Pro­duk­t­sor­ti­ment. Wer braucht schon 20 Sorten Mehl? Verwirren Sie Ihre Kunden nicht mehr als nötig. Tante-Emma-Läden und Aldi hatten und haben mit einer konstanten, aber beschränkten Pro­duk­tauswahl großen Erfolg.
  • Bieten Sie kompetente Beratung.
  • Bezeichnen und bewerben Sie Ihre Produkte nicht mit „Denglish“ oder Fach­be­grif­fen, sondern so, dass Ihr Kunde es verstehen kann.
  • Führen Sie regelmäßig Kun­den­be­fra­gun­gen durch, um mehr In­for­ma­tio­nen darüber zu erhalten, was Ihre Kunden wünschen oder brauchen.
„Wo es so viele un­zufriedene Kunden gibt, ist es leicht, mit geringem Aufwand besser als die Konkurrenz zu sein und die Kunden zu begeistern.“

So entwickeln Sie eine eigene Strategie

  • Ermitteln Sie Ihre Kernkom­pe­ten­zen: Was tun Sie besonders gern und gut zugleich? Hieraus ergeben sich die Stärken Ihres Un­ternehmens. Außerdem erkennen Sie, wo Sie einen Vorsprung zur Konkurrenz ausbauen können.
  • Definieren Sie Ihre Zielgruppen: Welche Kundentypen können Sie erkennen? Notieren Sie, was ver­schiedene Kundentypen, z. B. Profis, Laien, Hob­by­bastler, bei Ihnen suchen. Prüfen Sie nun, ob die von Ihnen definierten Stärken Ihres Un­ternehmens auch zu Ihren Zielgruppen passen. Falls nicht, müssen Sie neu justieren.
  • Welches Problem Ihrer Kunden können Sie lösen? Notieren Sie alles, was Ihnen dazu einfällt, und dif­feren­zieren Sie nach Zielgruppen. Ein Hobbygärtner braucht z. B. andere In­for­ma­tio­nen und Anregungen als ein Profi. Laien haben einen größeren Be­ratungs­be­darf und nehmen diesen Service gerne an.

Über den Autor

Ralf R. Strupat ist Inhaber einer Agentur für Kun­den­begeis­terung und Redner zum Thema Motivation und Mi­tar­beit­erführung. Er hält zahlreiche Vorträge und Seminare in Unternehmen aus Handwerk, Handel, Industrie und Non-Profit-Or­gan­i­sa­tio­nen. Der studierte Pädagoge leitete viele Jahre die Geschäftsbereiche Personal und Vertrieb in einem Unternehmen der Baubranche.