Kündigungen
Kündigungen gehören in den meisten Unternehmen längst zum Alltagsgeschäft. Die meisten jedoch nehmen diese wichtige Aufgabe nicht ernst genug. Entweder werden die Führungskräfte völlig unvorbereitet auf diese auch für sie schwierige Situation losgelassen oder es werden sogar fremde Berater geschickt, um die Kündigungsgespräche zu führen. Die Kündigung läuft so für keine Seite optimal. Das liegt vor allem daran, dass bei kaum einer anderen Personalangelegenheit so viel gelogen wird wie bei einer Kündigung.
„Grundwerte des Arbeitslebens wie Sicherheit, Beständigkeit, Loyalität wurden radikal demontiert und durch Begriffe wie Flexibilität, lebenslanges Lernen, Arbeitsmarktfähigkeit (Employability) ersetzt.“
In 95 % aller Fälle sind betriebliche Umstrukturierungen der offizielle Kündigungsgrund. Die Führungskräfte, die die Kündigung aussprechen, machen es sich oft zu einfach, wenn sie im Kündigungsgespräch und im Arbeitszeugnis diesen und andere vermeintlich unproblematische Gründe angeben. Gern vorgeschoben wird auch die allgemeine konjunkturelle Lage.
Unnötige Konflikte
Auch wenn Umstrukturierungen beliebte Kündigungsargumente oder -vorwände liefern, so liegen oft andere Ursachen hinter einer Kündigung. Manchmal stimmt schlicht die Chemie zwischen dem Mitarbeiter und seinem Vorgesetzten nicht (mehr) oder sie können sich in wichtigen Fragen nicht einigen.
„Heute heißt die Losung: Sobald ich dich nicht mehr brauche, entlasse ich dich, aber dafür bekommst du eine Beratung und Unterstützung, bis du wieder eine neue Stelle gefunden hast.“
Mit ihrem Mangel an Offenheit handeln sich die Unternehmen unnötige Konflikte ein. Der Mitarbeiter wird spüren, dass etwas nicht stimmt, und sich aus dem Gefühl heraus, ungerecht behandelt worden zu sein, womöglich auch arbeitsrechtlich zur Wehr setzen. Wenn die wahren Kündigungsgründe verborgen bleiben, wird er überdies um wertvolle Entwicklungschancen gebracht – er bekommt keine Gelegenheit, an seinen Schwächen zu arbeiten. Der Prozess seiner beruflichen Neuorientierung wird dadurch behindert. Und natürlich wird auch das Unternehmen in seinen Augen kein gutes Ansehen mehr genießen. Die Außenwirkung schlechter Kündigungen sollten Sie niemals unterschätzen, gerade auch im Hinblick auf den Wettkampf um Talente.
Sachliches und offenes Kündigungsgespräch
Unehrliche Kündigungen schaden also allen Beteiligten: zuallererst natürlich dem Gekündigten, aber auch dem Unternehmen und den verbleibenden Mitarbeitern. Deren Motivation erhält einen Dämpfer: Schlechte Kündigungen führen dazu, dass sie fortan auf dem Sprung sein werden.
„In der Gestaltung einer professionellen und fairen Trennung fehlen in vielen Unternehmen das Know-how und die Erfahrung.“
Eine gute Kündigung wird der gekündigte Mitarbeiter als angemessen und vielleicht im Nachhinein sogar als sinnvoll empfinden. Eine schlechte Kündigung wirkt hingegen wie eine persönliche Kränkung. Eine gute Kündigung ist zunächst einmal ordentlich durchdacht. Dazu gehört, dass die Verantwortlichen den Kündigungsgrund klären, und ob es interne Möglichkeiten für eine Weiterbeschäftigung gibt. Auch alle organisatorischen Fragen sollten geklärt sein, wie die, ob und ab wann der Mitarbeiter freigestellt wird, sowie welche Hilfe das Unternehmen ihm anbieten wird.
„Viele HR-Verantwortliche haben größere Restrukturierungen in ihren Unternehmen als fast ebenso traumatisch empfunden wie die freigestellten Mitarbeiter.“
Eine gute Kündigung steht und fällt mit einem sachlich und offen geführten Kündigungsgespräch. Darin sollten Sie als Vorgesetzter auf gar keinen Fall lange um den heißen Brei herumreden, sondern gleich in den ersten fünf Minuten auf das Thema Kündigung zu sprechen kommen. Plaudereien, um die Stimmung aufzulockern, sind hier fehl am Platz. Auch den (wahren!) Grund für die Kündigung sollte der Kündigende klar und unmissverständlich formulieren.
„Auch in Umstrukturierungen werden gewisse Mitarbeiter entlassen, andere nicht. ,Aufgrund von Umstrukturierungen‘ ist also sehr oft ein Vorwand, sich von einem Mitarbeiter zu trennen, der aus anderen Gründen nicht mehr beschäftigt werden soll.“
Ins Kündigungsgespräch gehört außerdem die Klärung der Frage, wer – Unternehmen oder Mitarbeiter – formal die Kündigung ausspricht; es spielt für den Mitarbeiter oft aus versicherungsrechtlichen oder emotionalen Gründen eine wichtige Rolle, welche Seite kündigt bzw. ob es eine einvernehmliche Austrittserklärung geben wird. Wenn ein Outplacement angeboten wird, ist im Idealfall auch der Outplacement-Berater gleich nach dem Kündigungsgespräch anwesend und bietet dem Mitarbeiter ein Erstgespräch an.
Keine falschen Hoffnungen wecken
Als Kündigender sollten Sie unbedingt peinlich genau darauf achten, beim Gekündigten keine unberechtigten Hoffnungen auf eine Weiterbeschäftigung an anderer Stelle zu wecken. Gerade in Konzernen liegt die Hoffnung, doch noch wechseln zu können, nahe und wird durch manch unbedachte Äußerung weiter genährt. Eine solche trügerische Hoffnung bindet die Energien des Gekündigten, die besser beim Prozess der beruflichen Neuorientierung aufgehoben wären.
„Das Verschweigen des eigentlichen Kündigungsgrundes hat außerdem oft einen Widerspruch zwischen Arbeitszeugnis und Referenz zur Folge.“
Daten und Fakten wie Austrittstermin, Abfindung oder die Teilnahme an einem Outplacement-Programm sollte die Führungskraft, die die Kündigung ausspricht, parat haben und deutlich ansprechen. Dass der Gekündigte während der Kündigungsfrist möglichst konstruktiv begleitet wird, zeichnet eine gute Kündigung ebenfalls aus.
Kündigungskultur
In vielen Unternehmen herrscht der Irrglaube, die Führungskräfte und die Personalverantwortlichen bräuchten keine konkrete Vorbereitung auf Kündigungen. Das ist falsch. Sie sollten vielmehr auf angemessene Kündigungen und die daraus folgenden Reaktionen trainiert werden. Die Gekündigten reagieren oft mit Wut, Schock, Scham oder Verdrängung. Doch auch die Kündigenden sind vor Gefühlen wie Angst, Betroffenheit oder der Wut darüber, quasi als Vollstrecker zu fungieren, nicht gefeit.
Vorteile des Outplacement für alle Beteiligten
Outplacement ist eine Kombination aus Coaching und Beratung für den Gekündigten zur beruflichen Orientierung. Unternehmen können es den von ihnen gekündigten Mitarbeitern als Unterstützung anbieten. Als Dienstleistung kam das Outplacement – oder auch beschönigend Newplacement, Bestplacement oder Transition genannt – in den 1960er Jahren in den USA auf und in Deutschland erstmals Mitte der 1980er.
„Eine gute Kündigung respektiert die Würde der Betroffenen, kann daher vom Gegenüber akzeptiert werden, verhindert Rechtsfälle und beschleunigt die Neuorientierung.“
Ein Outplacement kann zeitlich befristet oder unbefristet Einzelpersonen und Gruppen angeboten werden, letzteres inklusive Einzelberatung. Gekündigten Mitarbeitern Outplacement anzubieten, hat Vorteile für die Unternehmen und für die Betroffenen. Aus Unternehmenssicht übt die Unterstützung positive Strahlkraft auf die anderen Mitarbeiter aus. Die Kunden und die Öffentlichkeit nehmen die Firma als attraktiven Arbeitgeber wahr. Das Betriebsklima gewinnt, wenn das Unternehmen sich nicht einfach seiner Gekündigten entledigt. Und nicht zuletzt sinkt das Risiko einer Kündigungsschutzklage.
„Hier geht es einerseits um Trauerarbeit, andererseits um eine schlüssige Sprachregelung, die zwingend formuliert sein muss.“
Die Betroffenen profitieren vom Know-how und der praktischen Unterstützung bei der Ausarbeitung der persönlichen Strategie und bekommen wertvolles Feedback. Durch die emotionale Unterstützung, die Outplacement-Berater ihren Klienten bieten, werden nicht zuletzt die Familien und der Freundeskreis entlastet.
Drei Phasen des Outplacement
Der Outplacement-Prozess verläuft in drei Phasen, die sich überschneiden und teils parallel ablaufen können. Die drei Phasen lauten:
- Standortbestimmung und Zielsetzung,
- Entwicklung einer individuellen Marketingstrategie und
- konkrete Umsetzung auf dem Arbeitsmarkt.
„Je branchenübergreifender die Firma Outplacement anbietet, desto interdisziplinärer und heterogener sollten auch die Berater sein, um sicherzustellen, dass jedem Klienten eine echte und breite Auswahl Berater vorgestellt werden kann.“
Zunächst wird der Berater mit dem Entlassenen eine Standortbestimmung durchführen und neue berufliche Ziele festlegen. In der ersten Phase werden die Gründe für die Kündigung analysiert und es wird Bilanz gezogen hinsichtlich bisheriger Leistungen und Erfolge. Außerdem nimmt der Jobsuchende mögliche künftige Einsatzbereiche und Unternehmen ins Visier.
„Der Verlauf dieser Gespräche ist nicht berechenbar, und sie stellen hohe Anforderungen an die Flexibilität und das Einfühlungsvermögen des Beraters.“
Daran anknüpfend wird im zweiten Schritt eine passende individuelle Marketingstrategie entwickelt. Potenziell geeignete Jobs werden gesucht in Stellenausschreibungen, über Initiativbewerbungen und Kontakte. Der Entlassene profitiert dabei vom Netzwerk der Berater und lernt während des Outplacement-Prozesses, sein eigenes Netzwerk aus Bekannten, Verwandten, ehemaligen Kollegen und Vorgesetzten, Sportkameraden oder sonstigen Kontakten zu nutzen. Auch am Auftritt auf dem Arbeitsmarkt wird in dieser Phase gearbeitet – an den Unterlagen ebenso wie an Kommunikation und Verhalten.
„Durch eine Verlagerung der Stellensuche von zu Hause in die Outplacement-Firma wird das private Umfeld von der Thematik entlastet.“
In der dritten Phase begleitet, unterstützt und berät der Outplacement-Spezialist den Klienten auf dem Arbeitsmarkt bei der Umsetzung der individuell entwickelten Strategie. Die Nachbearbeitung der Werbekampagne in eigener Sache begleitet der Outplacement-Berater ebenfalls: Der Neuarbeitnehmer informiert abschließend Unternehmen und Arbeitsagentur und bedankt sich bei den Kontaktpartnern aus dem Netzwerk. Unbefristete Outplacement-Angebote, die meist Führungskräften angeboten werden, coachen den Klienten während der Probezeit im neuen Unternehmen weiter. Immerhin gut jedes dritte Outplacement-Programm in Deutschland wird ohne Befristung eingekauft.
Den richtigen Anbieter finden
Wie Sie sehen, ist Outplacement eine komplexe und höchst anspruchsvolle Dienstleistung, bei der es sehr darauf ankommt, den richtigen Anbieter auszusuchen. Einzelpersonen können dieses umfassende Angebot nicht seriös anbieten. Auch Headhunter oder normale Personalberatungsgesellschaften sowie Coachs oder Therapeuten sollten Sie nicht mit dem Outplacement beauftragen. Den rund 40 Millionen Euro schweren Outplacement-Markt teilten sich laut BDU derzeit deutschlandweit rund 25 spezialisierte Beratungsunternehmen.
Als Personalverantwortlicher sollten Sie es vorziehen, selbst die Dienstleistung für Ihren Noch-Mitarbeiter einzukaufen. Dieser wäre – zumal als Laie und in seiner Lebenslage – damit überfordert, den passenden Anbieter auszusuchen. Bei zeitlich befristeten Outplacements können Sie üblicherweise drei, sechs, neun oder zwölf Monate buchen. Gegenüber unbefristeten Maßnahmen hat ein befristetes Outplacement-Programm mit Upgrade-Möglichkeit den Vorteil, dass der Stellensuchende seine Zeit effektiver nutzt.
Berater sollten nicht zu sehr auf Teilprozesse spezialisiert sein
Das richtige Unternehmen zu finden, ist bei dem übersichtlichen Markt relativ einfach. In jedem Fall sollte Outplacement das Hauptgeschäft des Dienstleisters sein. Dieser sollte mit einer für alle Berater konsistenten und erprobten Methode an das Outplacement herangehen, die sich nach Möglichkeit auch nicht zu sehr auf einen Bereich des Outplacements wie etwa nur Bewerbungstraining oder nur psychologische Unterstützung beschränkt.
Erkundigen Sie sich, ob die Berater jeweils in alle Teilschritte des Outplacements involviert sind. Das ist sinnvoller als eine Spezialisierung auf einzelne Teilprozesse, weil der Beratende so die Branchen und die Unternehmen seines Spezialgebiets besser kennt und aus einem frischeren Wissen heraus schöpfen kann. Beziehen Sie die Infrastruktur in Ihre Überlegungen ein. Der Entlassene sollte nach Möglichkeit einen gut ausgestatteten Arbeitsplatz mit allen nötigen Informationen vorfinden – idealerweise entsprechend seiner alten Position.
Dr. Toni Nadig ist Psychologe. Er war u. a. als Personalleiter einer großen schweizerischen Versicherung tätig und gründete eine auf Outplacement spezialisierte Beratungsgesellschaft. Die Philosophin Brigitte Reemts Flum ist mittlerweile Partnerin bei der Dr. Nadig Consulting AG. Zuvor hatte sie mehrere Führungspositionen in der Versicherungsbranche inne und war Senior-Beraterin in der Outplacement-Beratung eines großen amerikanischen Unternehmens.