Die fünf Methoden beispielhafter Führung
Was erwarten Mitarbeiter von einer Führungskraft? Im Rahmen einer internationalen Studie mit 75 000 Teilnehmern nannten die Befragten am häufigsten die Begriffe: Ehrenhaftigkeit, Zukunftsorientierung, Inspiration und Kompetenz. Wollen Sie eine gute Führungskraft sein, sollten Sie sich am Ergebnis dieser Umfrage orientieren. Die fünf Methoden beispielhafter Führung bauen auf diesen Grundlagen auf.
„Führen kann überall und jederzeit gefordert sein – ob im öffentlichen, privaten oder sozialen Bereich.“
1. Leben Sie Ihre Werte Auf die Frage, welche historische Führungspersönlichkeit sie am meisten bewundern, wurden in den USA besonders oft die Namen von Martin Luther King und Abraham Lincoln genannt. Beide sind dafür bekannt, dass sie ihren eigenen Werten immer treu geblieben sind und ihre Ziele mit großem Engagement verfolgt haben. Wer andere führen will, muss starke Prinzipien haben. Er muss sich mit seiner gesamten Kraft für diese Grundsätze einsetzen. Mitarbeiter erwarten heute, dass sie über die Werte der Führungspersonen informiert werden. Um aber Ihre Prinzipien zu kommunizieren, müssen Sie sie zunächst einmal selbst genau kennen. Nur dann wirken Sie auf andere glaubwürdig. Um Werte wirklich zu leben, ist es wichtig, die eigene Stimme zu finden. Mitarbeiter werden einer Botschaft nur dann Glauben schenken, wenn sie auch an den Boten glauben.
„Führungspersönlichkeiten sind Träumer. Führungspersönlichkeiten sind Idealisten. Führungspersönlichkeiten sind Möglichkeitsdenker.“
Machen Sie es wie Lillas Brown Hatala. Sie hatte als Führungskraft in einem Groß- und Einzelhandelsunternehmen gearbeitet, bevor sie Direktorin an einer akademischen Einrichtung wurde. Die Menschen dort betrachteten die Quereinsteigerin mit Argwohn. Ihre Aufgabe war es, die wissenschaftlichen Führungskräfte zu unterstützen. Doch wie sollte jemand, der den akademischen Bereich gar nicht kannte, dies bewerkstelligen? Lillas investierte viel Zeit, um den Kollegen ihre Glaubwürdigkeit und ihre Kompetenz unter Beweis zu stellen. Sie führte ein Tagebuch und trug jeden Abend gewissenhaft ein, was sie unternommen hatte, um zu zeigen, dass ihr dieser oder jener Wert sehr wichtig war. Diese Aufzeichnungen halfen ihr dabei, ihre eigene Stimme zu finden und so auch die Skeptiker von ihrem Können zu überzeugen.
„Am Anfang jedes Unternehmens und jeder sozialen Bewegung steht ein Traum.“
Als Führungskraft müssen Sie stets mit gutem Beispiel vorangehen. Wenn Sie etwas versprechen, müssen Sie das Versprechen einhalten, um glaubwürdig zu sein. Beherzigen Sie klare Führungsprinzipien und Werte. Natürlich sind nicht ausschließlich Ihre eigenen Werte wichtig, denn als Führungskraft sprechen Sie für das ganze Unternehmen. Zeigen Sie trotzdem jeden Tag, dass Sie sich an Ihre eigenen Überzeugungen gebunden fühlen. Mitarbeiter folgen Ihnen als Person, nicht irgendwelchen Vorgaben und Plänen.
2. Entwickeln Sie eine Vision
Träume und Visionen sind die Schmiermittel, die ein Unternehmen am Laufen halten. Ohne eine Vision wurde noch nie ein erfolgreiches Unternehmen gegründet. Zuerst entsteht in Ihrem Kopf ein Bild von einer positiven Zukunft. Dazu müssen Sie sich mit Ihrem inneren Selbst befassen und überlegen, welche Wünsche, Hoffnungen und Ziele Sie für die Zukunft haben. Nur dann ist es überhaupt möglich, andere zur Mitarbeit zu motivieren. Erinnern Sie sich an die Vergangenheit und setzen Sie sich mit der Gegenwart auseinander. Was genau möchten Sie verbessern, und was soll zukünftig anders laufen?
„Führen ist ein Dialog und kein Monolog.“
Lassen Sie Ihre Mitarbeiter an all den vielversprechenden Möglichkeiten, die Sie sehen und die das Unternehmen und damit jeden Einzelnen voranbringen, teilhaben. Fragen Sie andere und finden Sie gemeinsame Zielvorstellungen. Nur wenn die Menschen sich ernst genommen fühlen und daran glauben, dass Sie ihre Bedürfnisse kennen und ihre Interessen vertreten, kann eine gemeinsame Vision entstehen. Und erst wenn Träume und Visionen von vielen geteilt werden, ist es einfach, sie gegen Kritiker durchzusetzen.
3. Suchen Sie Herausforderungen
Führung hat immer mit Herausforderungen zu tun. Dabei kann es sich um eine gewagte Werbekampagne, um ein innovatives Produkt oder um eine Dienstleistung handeln, mit der Sie eine Marktnische für sich erschließen. Herausforderungen bedeuten Aufbruch. Ohne Aufbruch kein Wachstum, keine Verbesserungen, keine Innovationen. Eine Führungskraft, die blind für Innovationen ist, kann niemals ihre persönliche Bestleistung erreichen. Denn gerade in schwierigen Zeiten von Umbrüchen oder Übergängen müssen Menschen über ihre bisherigen Grenzen hinausgehen und mehr leisten als zuvor. Beständigkeit kann zu Trägheit führen. Stellen Sie darum immer das Erreichte in Frage und zeigen Sie Initiative, wenn es um Veränderungen geht.
„Das Leben ist das Versuchslabor von Führungspersönlichkeiten, und beispielhafte Führungskräfte nutzen es, um möglichst viele Experimente durchzuführen.“
Stephen Ravizza, Ingenieur bei Straec Technologies, tat dies, indem er den Begriff „Erfolg“ für sich neu definierte. Wenn er fünf Vorschläge einreichte, von denen vier abgelehnt wurden, wertete er den einen angenommenen als Erfolg. Früher hätte er die Quote 1:4 als totalen Misserfolg betrachtet. Wurden umgekehrt Produktvorschläge aus dem Management von den Ingenieuren als unrealisierbar abgelehnt, sorgte Stephen dafür, dass die Idee dennoch nicht sofort begraben wurde. Stattdessen sollte geklärt werden, ob sich etwas anderes realisieren ließe, das der ursprünglichen Idee sehr nahe kam. Dieser Ansatz lenkte die Diskussion in eine positive Richtung. In den Teamgesprächen ging es fortan nicht mehr um Probleme und Fehler, sondern um Machbarkeit und Lösungen. Statt sofort aufzugeben, suchten die Teams nach Auswegen und setzten Kreativität frei.
„Es gibt keine Ausrede. Führung geht jeden an.“
Einer weltweiten Umfrage unter CEOs zufolge kommen zwei Drittel aller Anregungen von außerhalb des Unternehmens – als Wünsche von Kunden, Lieferanten und Geschäftspartnern. Entwickeln Sie eine Antenne für solche Innovationsimpulse. Schaffen Sie ein Lernklima, in dem sich Ihre Mitarbeiter auch mal an Experimente wagen. Erlauben Sie Fehler, denn gerade daraus können Sie und Ihre Mitarbeiter lernen. Wenn jeder Angst vor Strafe hat, werden Ideen im Keim erstickt.
4. Geben Sie Handlungsspielraum
Große Ideen werden nicht von einer einzigen Person realisiert. Man benötigt dazu ein ganzes Team. Menschen vollbringen nur dann persönliche Bestleistungen, wenn sie das Gefühl haben, gemeinsam etwas zu bewirken und die Verantwortung dafür zu tragen. Schaffen Sie ein Klima des Vertrauens und unterstützen Sie die Beziehungen Ihrer Mitarbeiter untereinander. Gerade in unserer wettbewerbsintensiven Zeit bedarf es einer guten Führung, um gegensätzliche Interessen so zu kanalisieren, dass Teamarbeit möglich ist. Vertrauen ist die Basis für alle sozialen Handlungen. Vertrauen Sie Ihren Mitarbeitern genauso, wie Sie dies von ihnen erwarten. Eine Studie über Innovationen in Unternehmen hat gezeigt, dass Vertrauen das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen den besten und den schlechtesten der Top-100-Unternehmen ist. Wenn Sie an jeder Ecke Konkurrenz oder Verrat wittern, sinkt die Arbeitsleistung. Also: Vertrauen Sie. Geben Sie Ihren Mitarbeitern Informationen, dann werden sie es genauso machen.
„Die Entwicklung von Führungsfähigkeit ist Selbstentwicklung.“
Strukturieren Sie Projekte so, dass jeder Mitarbeiter sieht, welchen Stellenwert sein persönlicher Beitrag für den Erfolg hat. Gleichzeitig sollten Sie den Mitarbeitern auch die Möglichkeit zur Beteiligung an anderen Aufgaben geben. Lassen Sie bei jedem Meeting jemand anderen die Leitung übernehmen. Stellen Sie sicher, dass sich der Kaffeeautomat an einem zentralen Ort befindet, an dem sich die Mitarbeiter informell austauschen können. Geben Sie Macht und Kompetenzen ab. Lassen Sie Mitarbeiter selbstständig Entscheidungen treffen. Erweitern Sie Zuständigkeiten und Ermessensspielräume. Wenn Sie einem Teammitglied eine Präsentation übertragen, bieten Sie ihm ein Coaching an. Schlagen Sie Ihren Leuten vor, sich an Projektgruppen und Komitees zu beteiligen. Beziehen Sie auch Zulieferer und Klienten mit ein. Machen Sie Ihre Mitarbeiter selbst zu Führungskräften.
5. Würdigen und motivieren Sie
Im Arbeitsalltag herrscht nicht jeden Tag eine freudige Aufbruchstimmung. Ernüchterung, ja sogar Erschöpfung und Frustration sind häufig Begleiter auf dem Weg zum Ziel. Steuern Sie gegen, indem Sie Ihre Mitarbeiter zu neuen Taten ermutigen. Erwarten Sie von jedem die beste Leistung und betonen Sie die Erfolge des Einzelnen. Dadurch fühlen sich die Mitarbeiter ernstgenommen und motiviert. Befragungen zeigen, dass Arbeitnehmer gerade diejenigen als gute Führungspersönlichkeiten beurteilen, die ihnen etwas abverlangen. Wenn Mitarbeiter das Gefühl haben, der Chef traut ihnen viel zu, tun sie alles, um das in sie gesetzte Vertrauen nicht zu enttäuschen.
„Führungspersönlichkeiten ohne Integrität spielen Komödie.“
Definieren Sie Ziele und geben Sie Feedback. Oft ist einem Mitarbeiter ein schlichtes „Danke“ mehr wert als eine Urkunde. Wenn er weiß, dass seine Leistung gewürdigt wird, stärkt das seine Motivation und sein Zugehörigkeitsgefühl. Sie können einem Mitarbeiter Ihre Anerkennung im Einzelgespräch ausdrücken oder seine Leistung als beispielgebend vor der Gruppe herausstellen. Stärken Sie den Gemeinsinn durch regelmäßige Feiern. Institutionalisieren Sie solche Feste. Sie können z. B. zyklische Feiern veranstalten, die jede Saison wiederkehren: Abschiedsfeiern für Pensionäre und Willkommensfeiern für neue Mitarbeiter oder auch Spiele und Sportveranstaltungen. Feiern Sie selbst auf jeden Fall mit, sonst wirkt die Party aufgesetzt, und Sie erscheinen unglaubwürdig.
Jeder kann führen
Versuchen Sie immer, die beste Führungskraft zu sein, die es gibt. Seien Sie bereit, andauernd weiter zu lernen. Nicht nur Ihre Mitarbeiter, auch Sie selbst müssen sich entwickeln. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass Sie 1000 Tricks und Methoden der Mitarbeiterführung lernen müssen. Die Fähigkeit, führen zu können, muss vielmehr von innen heraus kommen. Überlegen Sie, was Ihnen wichtig ist und welche Werte Sie vertreten. Fragen Sie sich, wie überzeugt Sie von Ihren Visionen tatsächlich sind. Was passiert, wenn es Rückschläge oder Enttäuschungen gibt? Sie als Manager sind ein Pionier, der das Unternehmen in die Zukunft führen soll. Darauf müssen Sie sich vorbereiten, und dazu ist es unerlässlich, dass Sie so viel wie möglich über die politischen, ökonomischen und sozialen Kräfte wissen, die auf das Unternehmen einwirken. Sozialkompetenz ist einer der Schlüssel zu erfolgreicher Führung. Verschaffen Sie sich das nötige Vertrauen und den Respekt, um Ihre Mitarbeiter zu Höchstleistungen anzuspornen. Nur wenn Sie klare Prinzipien haben, verfügen Sie über einen festen Bezugspunkt, der Sie bei allen Entscheidungen leitet. Sie sind dann in jedem Bereich und zu jedem Zeitpunkt Sie selbst. Nur durch diese Art von Integrität wirken Sie für Ihre Mitarbeiter glaubwürdig.
„Führung bedeutet nicht Herausforderung um der Herausforderung willen.“
Auch wenn Sie alle hier vorgestellten Grundsätze beispielhafter Führung beherzigen, kann etwas schiefgehen, denn Ihre Umgebung lässt sich nicht komplett steuern. Wenden Sie die fünf Methoden zu überspitzt an, kann sich Gutes leicht ins Gegenteil verkehren. Eine schlechte Führungskraft sind Sie dann, wenn Sie die Bodenhaftung verlieren und Ihnen Macht und Ruhm zu Kopf steigen. Beugen Sie der Gefahr der Anmaßung vor, indem Sie sich immer wieder sagen, dass auch Sie nur ein Mensch sind, der auf seine Mitarbeiter angewiesen ist. Keine Führungskraft ist perfekt. Denken Sie immer daran und bewahren Sie sich ein offenes Ohr für andere. Wenn Sie es schaffen, sich jeden Tag aufs Neue für Ihre Arbeit, für die Menschen und für Ihre Ziele zu begeistern, ist dies ein wichtiger Schritt, um eine beispielhafte Führungskraft zu werden. Das ist die „Leadership Challenge“. Nehmen Sie die Herausforderung an?