Kursbuch Strategieentwicklung

Buch Kursbuch Strategieentwicklung

Analyse – Planung – Umsetzung

Redline,


Rezension

Walter Simons Kursbuch Strate­gieen­twick­lung versorgt den Leser mit Basiswissen, das offenbar gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen oft fehlt. In jedem Abschnitt ist der Unternehmer selbst gefragt und wird zum Nachdenken angehalten, um am Ende seine eigene Strategie entwickeln zu können. Und: Dank dem flüssigen und un­ter­halt­samen Schreibstil macht die Beschäftigung mit dem doch eher trockenen Stoff richtig Spaß. Etwas mehr Prax­is­beispiele wären allerdings schön. Mitunter klebt der Autor recht stark an der universitären Forschung und lässt den mitten im Un­ternehmensleben stehenden Leser in einer Fülle wis­senschaftlicher Erken­nt­nisse etwas ratlos stehen. BooksInShort empfiehlt das Buch Studenten der Ökonomie, aber auch Geschäftsführern und Strate­gieen­twick­lern in Unternehmen.

Take-aways

  • Ohne Strategie verläuft die tägliche Arbeit in einem Unternehmen rich­tungs­los.
  • Den Rahmen für die Strategie bildet die Un­ternehmen­spoli­tik.
  • Das Geschäft ist nicht nur das, was ein Unternehmen gerade macht, sondern auch das, was außerdem noch möglich wäre.
  • Die Vision als Bestandteil der Strategie ist ein entferntes, aber er­re­ich­bares Ziel.
  • Kernkom­pe­ten­zen liegen da, wo die Stärken gegenüber dem Wettbewerb größer sind als die Schwächen.
  • Gegen die er­fol­gs­be­d­ingte Schwerfälligkeit sollten Sie angehen, indem Sie rechtzeitig neue En­twick­lun­gen anstoßen.
  • Flexibler als eine bloße strate­gis­che Planung (Motto: Verbesserung der Mark­t­po­si­tion) ist eine strate­gis­che Architektur, welche die Schaffung neuer Wet­tbe­werbsräume erlaubt.
  • Früher gab es einen Anbieter-, heute jedoch einen Käufermarkt: Der Kunde bestimmt, wo es langgeht.
  • Schwören Sie die einzelnen Funk­tions­bere­iche Ihres Un­ternehmens auf die übergreifende Strategie ein.
  • In der Lenkungs­gruppe, die die Strategie umsetzt, sollten sie Visionäre, Innovatoren, Macher und Kon­trolleure je nach Art der Strategie gewichten.
 

Zusammenfassung

Was ist eine Strategie?

Strategien sind nur für große Unternehmen relevant, denken manche Geschäftsführer kleiner und mittelständischer Unternehmen. Der Begriff „Strategie“ klingt pompös und abstrakt, als hätte er nichts mit dem Tagesgeschäft zu tun. Das Gegenteil ist der Fall. Ohne Strategie verläuft die tägliche Arbeit rich­tungs­los. Die Strategie ist ein Aktionsplan, der sich mit den En­twick­lun­gen eines Un­ternehmens sowie dessen Umfeld befasst und vorgibt, wie menschliche und finanzielle Ressourcen eingesetzt werden müssen, um langfristig die gewünschten Leistungen zu erreichen. Anders als die Taktik ist die Strategie langfristig angelegt, orientiert sich an großen Zielen und zeichnet sich durch eine umfassende Sichtweise aus.

„Während die operative Planung von weitgehend gegebenen Realitäten auszugehen hat, beeinflusst die strate­gis­che Planung die Realität bzw. schafft diese gar erst.“

Die Vorteile einer Strategie liegen darin, dass sie zum überlegten Handeln zwingt, die Gefahr von Überraschun­gen mindert, Konsequenz schafft, Energie verleiht sowie Entschei­dun­gen und Handlungen lenkt. Nur mit einer Strategie vor Augen können alle Mitarbeiter an einem Strang ziehen, um ein Ziel zu erreichen. Eine Strategie beantwortet Fragen wie:

  • Wer sind wir – und wer wollen wir sein?
  • Wo stehen wir – und wo wollen wir hin?
  • Welche Ressourcen sind dafür nötig – und wie wollen wir sie beschaffen?
„Die Un­ternehmen­spoli­tik beschäftigt sich mit relativ abstrakten Grund­satzentschei­dun­gen; sie ist insofern die Grundlage für die Strategie.“

Häufig wird die strate­gis­che Planung mit der Un­ternehmen­spoli­tik verwechselt. Diese ist aber die Grundlage der Strategie. In ihr wird festgelegt, in welchen Bereichen das Unternehmen arbeitet, welche überge­ord­neten Ziele es verfolgt und wie es sich in grundsätzlichen wirtschaft­spoli­tis­chen oder gesellschaftlichen Fragen verhält. Die Un­ternehmen­spoli­tik schafft also einen Rahmen, innerhalb dessen sich die Strategie konkretisieren kann.

„Der Unterschied zwischen den Grundwerten, dem Leitbild, der Vision und dem Ziel liegt in der Konkretheit der jeweiligen Absicht.“

Für die Strate­giebil­dung existieren zwei Ansätze: der mark­to­ri­en­tierte und der kom­pe­ten­zori­en­tierte. Beim ersten Ansatz wird zuerst der Markt betrachtet, danach bestimmt man Produkte und Preise, mit denen das Unternehmen Gewinne erzielen kann. Wer dagegen seine Kernkom­pe­ten­zen in den Mittelpunkt stellt, produziert das, was er am besten kann, und sucht sich danach seinen Markt. Häufig trifft man auch Mischformen beider Konzepte an.

Wo stehen Sie heute?

Für die Strate­giefor­mulierung müssen Sie sich drei Fragen stellen:

  • Wo stehen wir heute?
  • Was ist unser Ziel?
  • Wie gelangen wir ans Ziel?
„In allen strate­gi­ethe­o­retis­chen Modellen wird die Konzen­tra­tion der Kräfte auf das empfohlen, was ein Unternehmen am besten kann, womit es seinen Kunden den größten Nutzen bietet.“

Definieren Sie zunächst Ihr Geschäft. Dabei geht es nicht nur darum, was Sie können und machen, sondern auch darum, was außerdem noch möglich wäre. Gehen Sie bei der Beant­wor­tung dieser Frage von drei Blick­winkeln aus: Ihrem Pro­duk­tange­bot, dem zu be­friedi­gen­den Kundenbedürfnis und Ihren besonderen Kompetenzen. Im nächsten Schritt legen Sie fest, wofür Sie stehen. Dabei geht es um Ihre Grun­dan­nah­men zum Geschäft, Ihre Werte und Ihre Vision. Grun­dan­nah­men sind Ein­stel­lun­gen und Weltbilder. Grundwerte sind das, was Ihnen heilig ist. Formuliert werden sie in der Mission und im Leitbild. Hier zeigt sich, wie Sie mit Mi­tar­beit­ern, Kunden, Lieferanten, Wet­tbe­wer­bern und der Öffentlichkeit umgehen. Schließlich noch die Vision: Anders als bei den Grundwerten, die so etwas wie die Seele des Un­ternehmens sind, handelt es sich bei der Vision um imaginäre Zukun­fts­bilder. Eine Vision ist ein entferntes, aber er­re­ich­bares Ziel und gibt allen Mi­tar­beit­ern die Richtung vor.

„Man kann auch sagen, dass die Kernkom­pe­tenz die Quelle und Notwendigkeit für die Kun­den­zufrieden­heit ist. Jedoch muss Ihr Kunde die Kernkom­pe­tenz dabei nicht zwingend erkennen.“

Erfolgreich ist ein Unternehmen dann, wenn es sich auf seine Stärken konzen­tri­ert. Führen Sie darum eine Stärken-Schwächen-Analyse durch. Wo liegen Ihre strate­gis­chen Er­fol­gspoten­ziale? Für eine starke Wet­tbe­werb­spo­si­tion sollten Ihre Stärken verglichen mit der Konkurrenz größer sein als Ihre Schwächen. Und: Die Chancen Ihres Geschäftsfelds müssen die Risiken überwiegen. Auf diese Weise finden Sie Ihre Kernkom­pe­ten­zen. Damit Sie auf einem Markt wirklich eine Rolle spielen und nicht nur Teilnehmer sind, müssen Ihre Kernkom­pe­ten­zen für einen wahrnehm­baren Kun­den­nutzen sorgen, Ihr Unternehmen muss sich aus der Masse der Mitbewerber herausheben und für viele Produkte nutzbar sein.

„Natürlich ist Wachstum das Ziel der meisten Unternehmen, bedenken sollten Sie aber, dass es mehrere Wach­s­tum­sp­fade gibt.“

Lassen Sie in die Strate­giefor­mulierung das Umfeld des Un­ternehmens mit einfließen. Dazu gehört das innere Umfeld mit den Mi­tar­beit­ern, den Prozessen und der Un­ternehmen­skul­tur, das Sie bee­in­flussen können. Das nähere Umfeld mit den Mit­be­wer­bern, der Branche und dem Markt lässt sich schon schwerer verändern. Lediglich Zuschauer sind Sie auf dem äußeren Umfeld mit Technik, Politik, Geset­zge­bung, allgemeiner Wirtschaft­sen­twick­lung und soziokul­turellen Faktoren.

Strate­gis­che Planung oder Architektur?

So banal es klingt: Das Ziel jedes Un­ternehmens besteht grob gesagt darin, erfolgreich zu sein. Dabei durchläuft es – genau wie seine Produkte – eine Entwicklung, die sich mit der sogenannten Sig­moid­kurve, auch Schwa­nen­hal­skurve genannt, sehr gut darstellen lässt. Das Unternehmen fängt klein an, kommt dann in Schwung und wächst. Mit dem Erfolg stellt sich aber schnell auch eine gewisse Schwerfälligkeit ein, was zu einem Absinken der Kurve führt. Um dies zu verhindern, sollten Sie rechtzeitig eine neue En­twick­lungskurve starten, und zwar bevor die erste ausläuft. Der beste Zeitpunkt dafür liegt noch in der Aufwärtsbewegung der ersten Kurve. Das wirtschaftliche Umfeld ist heute alles andere als stabil. Branchen­struk­turen verändern sich in großen Schritten. Wer da mithalten will, muss nicht nur seine bestehenden Wet­tbe­wer­ber im Blick behalten, sondern auch die Unternehmen, die plötzlich in den eigenen Markt einbrechen. Tra­di­tionelle Strate­giemod­elle, bei denen ein Unternehmen immer in seinem anges­tammten Umfeld bleibt, eignen sich heute kaum noch.

„Eine Strategie der Kostenführerschaft ist dann erfolgreich, wenn der Preis das entschei­dende Kaufmotiv ist.“

Sie brauchen darum keine Strategie, mit der Sie Ihre Entwicklung vo­raus­pla­nen können, sondern eine, die Sie in die richtige Richtung führt. Anders gesagt: Die Strategie muss so formuliert sein, dass sie ständig an sich verändernde Rah­menbe­din­gun­gen angepasst werden kann. Sie müssen eine strate­gis­che Architektur schaffen, innerhalb derer Sie Gele­gen­heiten dann ergreifen können, wenn sie sich bieten, und nicht, wenn der Plan es vorsieht. Betrachten Sie das Ganze wie einen Rohbau, dessen Innenräume immer wieder neu gestaltet werden können. Diese strate­gis­che Architektur lebt von Mei­n­ungsvielfalt und Kom­mu­nika­tion. Fördern Sie Kreativität und Ex­per­i­men­tier­freude. Halten Sie Ihr Unternehmen flexibel, um schnell auf Veränderungen reagieren zu können. Während das Ziel der strate­gis­chen Planung in der Regel „Verbesserung der Mark­t­po­si­tion“ heißt, ist es bei der strate­gis­chen Architektur die „Schaffung neuer Wet­tbe­werbsräume“.

Wie gelangen Sie ans Ziel?

Zum großen Ziel namens Erfolg können Sie auf ganz ver­schiede­nen Wegen kommen. Erfolg wird in der Regel mit Wachstum gle­ichge­setzt. Ein möglicher strate­gis­cher Weg dorthin besteht in der Kombination der Faktoren Produkt und Markt. Sie vergrößern Ihren Marktanteil (Mark­t­durch­dringung), ersetzen neue Produkte durch alte (Pro­duk­ten­twick­lung), erschließen neue Märkte mit bestehenden Produkten (Mark­ten­twick­lung) oder streben Di­ver­si­fika­tion an: mit neuen Produkten, neuen Zielgruppen oder der Be­friedi­gung neuer Bedürfnisse.

„Sie können nicht 20 % mehr Wachstum bekommen, wenn Sie nicht n % Marketing und Per­son­alen­twick­lung betreiben.“

Weitere Wege führen über die Kostenführerschaft, die Dif­feren­zierung oder die Nis­chen­strate­gie. Bei der Kostenführerschaft geht es darum, die eigenen Stückkosten unter das Niveau der Konkurrenz zu senken. Damit können Sie in einen Preiswet­tbe­werb treten, wie beispiel­sweise der Discounter Aldi, der durch globalen Einkauf, spartanisch ein­gerichtete Filialen, kostengünstige Transporte usw. Kostenführer in seinem Segment ist. Mit der Dif­feren­zierung verändern Sie Ihr Produkt oder Ihre Leistung so, dass ein einzi­gar­tiger Kun­den­nutzen entsteht, mit dem Sie sich von Ihren Wet­tbe­wer­bern abheben können. Gerade kleine Unternehmen können dem Preiskampf heutzutage kaum standhalten und weichen darum auf Nischenmärkte aus. Sie zielen z. B. auf eine spezielle Ab­nehmer­gruppe oder bedienen einen geografisch begrenzten Markt.

„Ir­gend­je­mand muss die Fäden in die Hand nehmen, muss Entschei­dun­gen treffen und den Ar­beits­fortschritt kon­trol­lieren. Diese Einrichtung nennt man üblicher­weise Lenkungs­gruppe.“

Ein weiterer Weg führt über das Produkt-/Geschäfts­feld­port­fo­lio. Dabei streben Sie danach, Ihre Mittel und Ressourcen optimal auf ver­schiedene Produkte zu verteilen. Typisch für diesen Weg ist die Vier-Felder-Ma­trix der Boston Consulting Group, in der Produkte je nach ihren Chancen und ihrem relativen Marktanteil in eines von vier Feldern eingetragen werden: Stars (Starpro­dukte), Question Marks (Nach­wuch­spro­dukte), Cash Cows (Milchkühe) und Poor Dogs (Aus­lauf­pro­dukte). Bei den Question Marks sollten Sie genau schauen, welche Projekte wirklich er­fol­gver­sprechend sind. Alles andere geben Sie besser auf. Cash Cows bringen Geld und kosten wenig. Darum: Abschöpfen und die Mittel in Nach­fol­ge­pro­dukte investieren. Stars befinden sich noch in der Wach­s­tum­sphase, haben aber eine große Zukunft. Investieren Sie in sie. Poor Dogs sind durch einen schwachen Marktanteil und ebensolches Wachstum gekennze­ich­net. Desin­vestieren, lautet hier die Parole.

„Sie brauchen den Visionär, um Ideen zu generieren; der Kontrolleur rechnet und prüft diese auf Machbarkeit; der Innovator gibt dem daraus ent­stande­nen Produkt den nötigen Schwung; der Macher bringt es auf volle Touren.“

Die wichtigste Rolle in Ihrer Strategie sollten die Kunden spielen. Um deren Bedürfnisse kreist heute alles. Gab es früher einen An­bi­eter­markt, haben wir es heute mit einem Käufermarkt zu tun. Um ein aktives Kun­den­man­age­ment kommen Sie nicht herum.

Funk­tions­bere­ichsstrate­gien entwickeln

Um die große überge­ord­nete Un­ternehmensstrate­gie zu realisieren, müssen die einzelnen Funk­tions­bere­iche des Un­ternehmens ebenfalls darauf eingeschworen werden. Egal in welcher Branche Ihr Unternehmen arbeitet, die Bereiche Personal, Beschaffung und Finanzen gibt es überall. Beim Personal achten Sie darauf, dass Sie die richtigen Leute für Ihre Strategie haben und finden. Bei der Dif­feren­zierungsstrate­gie beispiel­sweise profitieren Sie von Mi­tar­beit­ern mit einem hohen Qualitätsanspruch und Ser­vice­bere­itschaft. Personal und Wertesystem des Un­ternehmens müssen harmonieren. Bei der Beschaffung sieht es genauso aus: Jede Strategie verlangt nach anderen Methoden. Als Kostenführer beispiel­sweise sind Ihnen Preis und Konditionen wichtiger als die Qualität; bei der Dif­feren­zierung ist das Gegenteil der Fall. Im Fi­nanzbere­ich geht es darum, die Elemente Sicherheit/Risiko, Rentabilität und Liquidität dauerhaft im Gle­ichgewicht zu halten. Ein wichtiger Punkt ist hier seit 2007 Basel II. Dahinter verbergen sich die Eigenkap­i­talvorschriften des Basler Ausschusses für Banke­nauf­sicht, wonach Banken u. a. je nach Bonität einen anderen Zinssatz verlangen müssen. Wer also in dieser Hinsicht schlechter bewertet wird, muss mit höheren Kred­itkosten rechnen.

Die Strategie umsetzen

Eine Strategie nützt nichts, wenn ihr keine Taten folgen. Was Sie brauchen, ist eine geeignete Or­gan­i­sa­tion und die richtigen Mitarbeiter. Für Entschei­dung, Realisation und Kontrolle bilden Sie eine Lenkungs­gruppe, bestehend aus Mitgliedern der Un­ternehmensführung und der zweiten Man­age­mentebene. Achten Sie darauf, dass Sie hier die richtigen Qual­i­fika­tio­nen und Charaktere mischen. Gäbe es beispiel­sweise nur Machertypen, würde der Aktionismus dominieren, neue Ideen aber zu kurz kommen. Wollen Sie beispiel­sweise eine Cash-Cow-Strate­gie durchsetzen, sollte der Anteil eines kosten­be­wussten Managertyps überwiegen. Bei einer Pi­o­nier­strate­gie, mit der Sie sich auf neues Terrain wagen, sind dagegen Innovatoren gefragt.

Über den Autor

Prof. Dr. Walter Simon zählt zu den bekan­ntesten Strate­giecoachs und Wirtschafts­ber­atern in Deutschland. Zu seinen Kunden zählen Mittel- und Großunternehmen, Ministerien, Verbände, Stadtver­wal­tun­gen, Forschung­sein­rich­tun­gen sowie Politiker aus dem In- und Ausland.