Führen, gestalten, bewegen

Buch Führen, gestalten, bewegen

Werte und Weisheit für eine globalisierte Welt

Campus,
Auch erhältlich auf: Englisch


Rezension

Ein bud­dhis­tis­cher Mönch und ein westlicher Wirtschaft­sex­perte – haben die einander etwas zu sagen? Ja, haben sie, wie dieses Buch beweist. Seit rund 20 Jahren kennen sich der Dalai Lama und der Man­age­ment­ber­ater Laurens van der Muyzenberg. Und genauso lange diskutieren die beiden über die Her­aus­forderun­gen und Probleme der globalen Wirtschaft und darüber, welche Hinweise, Vorschläge und Richtlinien die Weltan­schau­ung des Buddhismus beisteuern kann, um den Schat­ten­seiten der Glob­al­isierung ent­ge­gen­zuwirken und ein ve­r­ant­wortliches Wirtschaften im Dienste aller zu fördern. Aus diesen Debatten ist nun ein gemeinsames Buchprojekt entstanden. Die Kapitel des leicht verständlich geschriebe­nen Werkes bauen sinnvoll aufeinander auf: Zunächst geht es um die Selbstführung, dann um die Un­ternehmensführung und abschließend um sozial ve­r­ant­wortliche Führung in einer glob­al­isierten Welt. An zwei un­ter­schiedlichen Schrif­tarten erkennt der Leser, welcher Textab­schnitt aus welcher Au­toren­feder stammt. Neben ethischen Appellen, Führungskonzepten und Er­fol­gs­beispie­len bietet das Buch auch zwei Übungsteile zur Schärfung des Geistes. BooksInShort meint: Nicht nur Führungskräfte und Un­ternehmens­ber­ater sind eingeladen, sich von diesem Werk inspirieren zu lassen. Denn schließlich muss jeder führen – zumindest sich selbst.

Take-aways

  • Nur wenn Sie sich selbst führen können, können Sie auch andere führen.
  • Die rechte Handlung beruht auf der rechten Anschauung.
  • Handeln Sie immer in ehrenwerter Absicht, also nicht aus Egoismus oder Gewinnstreben, sondern um möglichst vielen Menschen zu dienen.
  • Bewahren Sie einen ruhigen und konzen­tri­erten Geist, gerade auch in schwierigen Situationen.
  • Entwickeln Sie Gleichmut. Hin­ter­fra­gen Sie Lob und Kritik, die man Ihnen ent­ge­gen­bringt, nach der dahinter liegenden Absicht.
  • Konzen­tra­tion und geistige Schulung erhöhen die Qualität Ihrer Entschei­dun­gen.
  • Versetzen Sie sich vor einer Entschei­dung in die Situation aller davon Betroffenen.
  • Vermitteln Sie Leitbilder und Werte, indem Sie sie vorleben.
  • Der globale Kap­i­tal­is­mus hat den Menschen wirtschaftliches Wachstum gebracht, aber auch die Schere zwischen Arm und Reich vergrößert.
  • Arme Menschen in En­twick­lungsländern sind nicht dumm. Sie brauchen Chancen, Unterstützung und Schulung.
 

Zusammenfassung

Buddhismus und Wirtschaft – wie passt das zusammen?

Diese beiden scheinbar recht gegensätzlichen Bereiche haben in Wahrheit einiges gemeinsam:

  • Sowohl das Un­ternehmer­tum als auch der Buddhismus haben ein Interesse an der Gestaltung einer gut funk­tion­ieren­den, ve­r­ant­wor­tungs­be­wussten und menschenwürdigen globalen Wirtschaft.
  • In beiden Bereichen geht es um die Grundlagen, die nötig sind, um richtige Entschei­dun­gen zu treffen.
  • Führungskräfte sollten sich durch jene Eigen­schaften auszeichnen, die auch der Buddhismus befürwortet: Beschei­den­heit, Gelassen­heit, Fre­undlichkeit, Ve­r­ant­wor­tungs­be­wusst­sein und gesundes Selb­stver­trauen.
  • In beiden Bereichen geht es um das Glück oder zumindest die Zufrieden­heit der Menschen. Der Buddhismus lehrt dazu den Weg der Achtsamkeit, Stille und Ve­r­ant­wor­tung. Das Un­ternehmer­tum ist im Idealfall bemüht, die wirtschaftlichen und kulturellen Bedürfnisse seiner Kunden und Mitarbeiter zufrieden zu stellen sowie Produkte herzustellen, die für die All­ge­mein­heit nützlich sind.

Sich selbst führen

Die Vo­raus­set­zung jeglicher Führungstätigkeit besteht in der Fähigkeit, sich selbst zu führen. Dazu müssen Sie Ihren Geist schulen. Erkennen Sie die eigentliche Absicht hinter Ihren Vorhaben: Denken Sie nur an Ihren eigenen Vorteil oder auch an die Zufrieden­heit aller von Ihren Handlungen Betroffenen? Die Erzielung von Gewinn ist nicht verkehrt, doch dürfen Sie dieses Streben nicht zum allein selig machenden Prinzip oder Selbstzweck erklären. Dies wäre genauso töricht, wie wenn Sie das Atmen des Menschen als Absicht seines Lebens betrachten würden. Beides sind die au­toma­tis­chen Be­gleit­er­schei­n­un­gen eines gut funk­tion­ieren­den Organismus. Setzen Sie sich zum Ziel, sich bei Ihren Vorhaben vom Nutzen und Glück für möglichst viele Menschen leiten zu lassen.

Die rechte Anschauung

Bauen Sie Ihr Leben und Ihr Unternehmen auf der rechten Anschauung auf. Diese umfasst folgende Aspekte:

  • Die Absicht hinter einer Entschei­dung sollte gut sein. Sie sollte niemandem schaden und so vielen Menschen wie möglich hilfreich sein.
  • Sie sollten die Herrschaft über Ihr Gemüt besitzen und Ihren Geist fokussieren können, um nicht Opfer subtiler Emotionen oder Aversionen zu werden.
  • Sehen Sie die Dinge so, wie Sie wirklich sind. Auf diese Weise können Sie besser sowohl die vorteil­haften als auch die abträglichen Wirkungen von Entschei­dun­gen und Handlungen auf alle möglichen In­ter­es­sen­grup­pen abschätzen. Wun­schdenken kann Sie blind machen.
  • Seien Sie sich der gegen­seit­i­gen Abhängigkeiten in unserer zunehmend vernetzten Welt bewusst.
  • Schenken Sie den Prozessen der Veränderung und der Vergänglichkeit Ihre Aufmerk­samkeit. Nicht nur Ihre Entschei­dun­gen und Ihr Handeln ziehen Veränderungen nach sich, auch die Bedingungen, unter denen Sie eine Wahl treffen, wandeln sich.

Die rechte Handlung

Die rechte Handlung beruht auf der rechten Anschauung. Gerade von Führungskräften und Vorbildern wird verlangt, dass sie sich selbst nach den von ihnen vorgegebe­nen Prinzipien richten. Üben Sie sich in Beschei­den­heit, Selb­stver­trauen und Respekt vor anderen. Bauen Sie Ihre Handlungen auf den folgenden sechs Tugenden auf:

  1. Großzügigkeit: Sie gleicht Profitgier aus, bezieht sich jedoch nicht nur auf finanzielle An­gele­gen­heiten, sondern beinhaltet auch, Ruhm, Erfolg und Anerkennung mit den Mi­tar­beit­ern zu teilen.
  2. Ethische Disziplin: Verdienen Sie Ihren Leben­sun­ter­halt auf ehrliche Weise und schaden Sie dabei keinem Lebewesen.
  3. Geduld: Sie hilft Ihnen, negative Gefühle zu neu­tral­isieren sowie schwierige Situationen und Enttäuschungen zu meistern. Geduld kann allerdings eine gewisse geistige Schulung erfordern.
  4. Begeis­terung: Wenn Sie an Ihre Ziele glauben und von ihnen begeistert sind, erschließen Sie in sich En­ergier­es­sourcen und stecken auch andere mit Ihrem En­thu­si­as­mus an.
  5. Konzen­tra­tion: Damit bündeln Sie Ihre Kraft auf ein Anliegen, wodurch Sie auch die Qualität Ihrer Entschei­dun­gen erhöhen.
  6. Weisheit: Denken und leben Sie auf rechte Weise und sehen Sie die Dinge immer realistisch.
„Meiner Ansicht nach ist ein Wirtschaftssys­tem ohne moralische Dimension gefährlich. Deshalb möchte ich der freien Mark­twirtschaft die Dimension der Ve­r­ant­wor­tung hinzufügen.“ (Dalai Lama)

Führungskräfte berichten, dass sich ihr Handeln nach bud­dhis­tis­chen Prinzipien in folgenden Bereichen bewährt hat: Sie haben Krisen besser bewältigt, frucht­barere Beziehungen zu Mi­tar­beit­ern aufgebaut, Sitzungen verkürzt, stärkeres Vertrauen in ihre Entschei­dun­gen gewonnen, diese er­fol­gre­icher umgesetzt sowie ihre Kreativität und Ar­beits­begeis­terung erhöht.

Die Schulung des Geistes

Um zum Wohle anderer handeln zu können, hilft es Ihnen, wenn Sie gemäß der bud­dhis­tis­chen Geistess­chu­lung schädliche Ein­stel­lun­gen aufspüren und erkennen und sie gegen kon­struk­tive Geis­te­shal­tun­gen austauschen:

  • Gehen Sie durch Beschei­den­heit falschen Stolz, Eitelkeit und Arroganz an.
  • Wechseln Sie un­zure­ichende Rück­sicht­nahme gegen Rücksicht aus.
  • Ersetzen Sie Gleichgültigkeit, Feind­seligkeit und Übel­lau­nigkeit durch Fre­undlichkeit.
  • Tauschen Sie Trägheit gegen Elan und blinden Glauben gegen Aufgeschlossen­heit aus.
  • Gleichmut, eine wesentliche Geis­te­shal­tung im Buddhismus, die auch innere Ruhe oder emotionale Aus­geglichen­heit genannt wird, neu­tral­isiert die Gier nach Macht, Geld und Ruhm sowie Sorgen und negative Gefühle wie etwa Hass, Ärger, Zorn und Neid.

Anleitung zum Meditieren

Med­i­ta­tio­nen dienen der geistigen Schulung. Sie unterstützen Sie darin, Ihre wilden Gedanken zu bändigen und sich auf eine einzige An­gele­gen­heit zu konzen­tri­eren. Richten Sie dabei Ihre Aufmerk­samkeit wahlweise auf Ihren Atem, auf ein Wort, das Sie in Gedanken wiederholen, auf ein äußeres Objekt wie etwa eine Blume oder Kerze, oder auf ein imag­iniertes Objekt, eine Frage oder eine An­gele­gen­heit. Neben der herkömmlichen Meditation in Sitzhaltung gibt es auch dynamische Med­i­ta­tio­nen. Die Gehmed­i­ta­tion eignet sich aufgrund ihrer Einfachheit besonders gut für Anfänger. Dabei richten Sie Ihre Aufmerk­samkeit nur auf das Gehen, auf nichts anderes. Diese Übung trägt überdies her­vor­ra­gend dazu bei, die dabei gewonnene konzen­tri­erte Aufmerk­samkeit in den Alltag zu integrieren.

Die Ve­r­ant­wor­tung von Führungskräften

Krisen­si­t­u­a­tio­nen können sowohl die Stärken als auch die Schwächen der globalen Wirtschaft ans Licht bringen. Zum einen können durch die vernetzten Strukturen Krisen leichter aufgefangen werden, zum anderen können sie einem Domi­no­ef­fekt gleich verheerende Auswirkun­gen haben. Dies verdeut­licht die enorme Ve­r­ant­wor­tung, die auf jeder Entschei­dung von Führungskräften lastet. Treffen Sie daher Entschei­dun­gen nur dann, wenn Sie emotional aus­geglichen sind. Berücksichtigen Sie dabei die Blickwinkel von allen Betroffenen. Gerade in vernetzten Systemen können Beschlüsse man­nig­faltige und weitre­ichende Wellen schlagen. Fällen Sie Entschei­dun­gen, aus denen so viele Betroffene wie möglich einen Nutzen ziehen. Müssen Sie zwischen zwei Übeln entscheiden, so wählen Sie das geringere und greifen denjenigen unter die Arme, denen Nachteile entstehen. Folgende Aufgaben und Aspekte machen Sie zu einer kon­struk­tiven Führungsper­son:

  • Definition eines Leitbilds: Das Leitbild fördert unter den Mi­tar­beit­ern Moral, Motivation und Iden­ti­fika­tion mit dem Unternehmen. Wichtig: Kom­mu­nizieren Sie das Leitbild nicht nur, sondern leben Sie es auch vor.
  • Vorgabe von Werten: Werte bieten einen Ori­en­tierungsrah­men für Entschei­dun­gen und Handlungen. Sie müssen leicht verständlich und auch für un­ter­schiedliche Kulturen attraktiv sein.
  • Führungspersönlichkeit: Neben technischer und wirtschaftlicher Ver­siertheit sollten Sie Ihren Charakter ver­vol­lkomm­nen.
  • Geistige Festigung: Hin­ter­fra­gen Sie Reaktionen wie Lob oder Kritik, die andere Ihnen ent­ge­gen­brin­gen. Meinen sie es wirklich ernst? Oder wollen sie sich etwa ein­schme­icheln oder wichtig machen? Trainieren Sie Ihre Fähigkeit zur Un­ter­schei­dung und rel­a­tivieren Sie Ihre eigenen Reaktionen, was zu Gleichmut und Gelassen­heit führt. Handeln Sie nicht, weil Sie auf Lob, Anerkennung oder Ruhm aus sind, sondern einzig und allein, um das Richtige zu tun.
  • Führungskon­ti­nuität: Regeln Sie rechtzeitig und kompetent die Nachfolge von Führungskräften, die das Unternehmen verlassen. Meist ist es besser, die Stelle aus dem Unternehmen selbst zu besetzen als extern zu rekrutieren.
„Gewinn ist eine überleben­snotwendige Vo­raus­set­zung, doch der Sinn eines Un­ternehmens besteht darin, zum Wohl der Gesellschaft als Ganzes beizutragen.“ (Dalai Lama)

Fördern Sie die Ar­beit­szufrieden­heit und das Glücksgefühl Ihrer Mitarbeiter. Führen Sie Mi­tar­beit­er­be­fra­gun­gen durch, um aus den Ergebnissen wertvolle Hinweise zur Verbesserung der Ar­beits­be­din­gun­gen zu ziehen. Bieten Sie Weit­er­bil­dung­spro­gramme an, sorgen Sie für eine gerechte Vermögensbildung, lassen Sie Ihre Mitarbeiter wissen, inwieweit sie zum Un­ternehmenser­folg beitragen, und würdigen Sie diese Beteiligung.

Führung in einer glob­al­isierten Welt

Die sozial­is­tis­chen Wirtschaftssys­teme stagnierten lange Zeit, bevor sie endgültig au­seinan­der­brachen. Der Kap­i­tal­is­mus brachte wirtschaftliches Wachstum für die Menschen, aber er besitzt auch Schat­ten­seiten, die es zu bekämpfen gilt. So vergrößert er z. B. die Schere zwischen Arm und Reich. Arme Menschen in En­twick­lungsländern sind nicht dumm, auch sie besitzen Fähigkeiten. Was ihnen aber fehlt, um auf die Beine zu kommen, sind Ar­beitschan­cen, Anleitung, Schulung, Fam­i­lien­pla­nung und Geld. Diesbezügliche Förder­pro­jekte tun not.

„Veränderungen, die früher Jahrzehnte brauchten, benötigen heute weniger als ein Jahr. Umso wichtiger ist es, Veränderung als einen permanenten und un­ver­mei­dlichen Aspekt des Lebens zu begreifen.“ (Dalai Lama)

Einige Initiativen zeigen bereits fruchtbare Wirkungen: So vergeben spezial­isierte Banken und Nichtregierung­sor­gan­i­sa­tio­nen, denen es nicht vorrangig um eigene Gewinne geht, Mikrokred­ite an arme Unternehmer in Dritte-Welt-Ländern. Die Zinsen sind sehr gering gehalten, und es werden auch keine Sicher­heiten verlangt, an ihre Stelle tritt Vertrauen. Unilever ist einer von diversen globalen Herstellern, die mittellosen Menschen in En­twick­lungsländern unter die Arme greifen, um Klei­n­un­ternehmen aufzubauen und so dem Wohlstand nachzuhelfen. Der Konzern schult vor allem Frauen in Verkauf, Buchhaltung und Un­ternehmer­tum, vermittelt ihnen Kleinkred­ite und lässt sie seine Produkte verkaufen.

Über die Autoren

Der Dalai Lama ist das geistige und weltliche Oberhaupt der Tibeter und der populärste Lehrer des Buddhismus. 1989 wurde ihm der Frieden­sno­bel­preis verliehen. Laurens van den Muyzenberg ist ein in­ter­na­tional tätiger Man­age­ment­ber­ater.