Portfolio Selection

Buch Portfolio Selection

Die Grundlagen der optimalen Portfolio-Auswahl

New York, 1959
Diese Ausgabe: FinanzBuch,


Worum es geht

Das Stan­dard­w­erk des Port­fo­lioman­age­ments

Als Harry M. Markowitz sich für sein Dis­ser­ta­tion­s­thema entschied, wusste er noch nicht, dass er auf eine Theorie zusteuerte, die den Grundstein für das moderne Port­fo­lioman­age­ment legen sollte. In dem aus der Dis­ser­ta­tion her­vorge­gan­genen Werk Portfolio Selection beschreibt Markowitz, wie man bei der Port­fo­lio­analyse math­e­ma­tis­che Methoden anwendet. Er beweist, dass mithilfe der Di­ver­si­fika­tion – also der Verteilung des Vermögens auf ver­schiedene Wertpapiere – die Rendite eines Portfolios bei gle­ich­bleiben­dem Risiko erhöht werden kann, und erläutert die Ziele und Techniken der Port­fo­lio­analyse. Obwohl aus einer Dis­ser­ta­tion entstanden, ist das Werk erstaunlich praxisnah, aber zugleich sehr lehrbuchar­tig. Es gilt nach wie vor als Pflichtlektüre für alle Fi­nanz­man­ager. Markowitz verschließt keineswegs die Augen vor den Problemen der praktischen Anwendung seines Konzeptes, er macht den Leser vielmehr darauf aufmerksam und gibt Ratschläge, wie mit manchen realitätsfremden Annahmen umzugehen ist. Fazit: Ein Klassiker der Wirtschaft­slit­er­atur – mit dem Nobelpreis gewürdigt –, dessen Erken­nt­nisse mit­tler­weile fast schon zum All­ge­mein­wis­sen gehören.

Take-aways

  • Mit Portfolio Selection etablierte sich Harry M. Markowitz als Vater des modernen Port­fo­lioman­age­ments.
  • Er war der Erste, der den math­e­ma­tis­chen Er­wartungswert, die Varianz und die Kovarianz zur Berechnung des optimalen Wert­pa­pier­port­fo­lios heranzog.
  • Inhalt: Investoren bevorzugen allgemein hohe Gewinne bei geringem Risiko. Ein effizientes Portfolio ist eines, dessen Rendite nicht gesteigert werden kann, ohne dass sich auch das Risiko erhöht. Da sich die Kurse ver­schiedener Wertpapiere nicht immer in dieselbe Richtung bewegen, kann die Rendite eines Portfolios durch Di­ver­si­fika­tion gesteigert werden.
  • Markowitz sah bereits die Schwierigkeit, dass die Port­fo­lio­analyse durch Mark­tun­vol­lkom­men­heiten wie Transak­tion­skosten und Gewinns­teuern erschwert wird.
  • Das bahn­brechend Neue an der Port­fo­lio­the­o­rie war die Un­ter­suchung der Risikostruk­tur ganzer Portfolios statt einzelner Wertpapiere.
  • Das Fazit für den Anleger: Niemals ein Wertpapier isoliert betrachten, sondern immer im Kontext des gesamten Portfolios.
  • Portfolio Selection wurde 1959 veröffentlicht und beruht auf der Dis­ser­ta­tion des Autors.
  • 1990 erhielt Markowitz den Wirtschaft­sno­bel­preis.
  • Das Buch ist zwar für Nicht­math­e­matiker geschrieben, steckt aber gleichwohl voller Formeln und verlangt vom Leser höchste Konzen­tra­tion.
  • Zitat: „Ein gutes Portfolio ist mehr als eine Ansammlung guter Aktien und Renten­pa­piere. Es ist ein aus­ge­wo­genes Ganzes, das den Investor absichert und Möglichkeiten für alle Eventualitäten bietet.“
 

Zusammenfassung

Die Rückflüsse von Wert­pa­pier­in­vest­ments sind unsicher

Wenn Sie vor der Entschei­dung stehen, Ihr Geld in ein bestimmtes Wertpapier zu investieren, haben Sie ein Problem: Sie wissen nicht, ob es sich lohnen wird, da der Rückfluss aus der Investition unsicher ist. Wird der Wert steigen oder fallen? Handelt es sich beispiel­sweise um die Aktie eines Un­ternehmens, hängt dies von mehr Faktoren ab als lediglich von den Er­fol­gsaus­sichten der Firma. Auch nichtökonomische Einflüsse wie etwa das politische Umfeld, das Wetter oder die Qual­i­fika­tion des Managements werden u. U. Ihre An­lageentschei­dung bee­in­flussen. Es wird Ihnen vermutlich nicht le­icht­fallen, unter unzähligen Wert­pa­pieren dasjenige zu wählen, das zu Ihrem An­lage­hor­i­zont, Ihren persönlichen Umständen und Ihrer Risikonei­gung passt. Um wie viel schwieriger wird es erst, wenn Sie ein ganzes Portfolio an Wert­pa­pieren zusam­men­stellen!

Die Korrelation als Chance

Nicht nur die Un­sicher­heit hin­sichtlich des Geldrückflusses, sondern auch die Korrelation zwischen ver­schiede­nen Wert­pa­pieren müssen Sie beachten. Eine Korrelation von –1 bedeutet, dass sich die Rückflüsse zweier Wertpapiere im Zeitablauf vollständig ent­ge­genge­setzt bewegen. Eine Korrelation von 1 liegt vor, wenn sich Wertpapiere (oder auch Mark­t­sek­toren) in die gleiche Richtung bewegen. Bei einer Korrelation von 0 sind die Rückflüsse unabhängig voneinander. Der so genannte Ko­r­re­la­tion­sko­ef­fizient kann also nur Werte zwischen –1 und 1 annehmen. Die Korrelation der Rückflüsse ist nicht nur ein her­vorstechen­des Merkmal von Wert­pa­pier­in­vest­ments, sie ist eine Chance. Die Tatsache, dass die Rückflüsse nicht zu 100 % korrelieren, liefert den Grund, weshalb Sie das Risiko Ihrer Investition vermindern und gle­ichzeitig den erwarteten Rückfluss stabil halten können.

Die Port­fo­lio­analyse

Etwas vereint alle Investoren: Sie wollen möglichst hohe Gewinne bei möglichst geringem Risiko. Ist die Un­sicher­heit bei Portfolio A geringer und der erwartete Rückfluss zugleich höher als bei Portfolio B, wird ein Investor natürlich das Portfolio A wählen, da das Portfolio B als ineffizient gilt. Im Zuge der Port­fo­lio­analyse werden zuerst alle in­ef­fizien­ten Portfolios aus­geschlossen. Danach werden die Kom­bi­na­tio­nen von wahrschein­lichen Rückflüssen und Risiken der effizienten Portfolios betrachtet. Schließlich wählt der Investor jene Kombination aus, die seinen Er­fordernissen am besten entspricht. Für diese Port­fo­lio­analyse muss der pro­fes­sionelle Anleger mehrere Dinge her­aus­finden: die Stan­dard­ab­we­ichung und den Er­wartungswert der Wertpapiere sowie die Korrelation bzw. die Kovarianz zwischen ihnen. Wo die Wert­pa­pier­analyse aufhört, fängt die Port­fo­lio­analyse erst an!

Die Stan­dard­ab­we­ichung

Wirft man einen Blick auf zwei Aktien A und B, die im Zeitablauf den gleichen Rückfluss aufweisen, wird man u. U. feststellen, dass zwar der Gewinn bezüglich der Kursen­twick­lung let­z­tendlich gleich, die Variabilität bzw. Stabilität der Rückflüsse aber un­ter­schiedlich war. Vielleicht hatte Aktie A zwis­chen­zeitlich einen höheren Verlust als Aktie B und hat diesen wieder wettgemacht? Dieses Maß – „größtmöglicher Verlust“ genannt – soll Sie bei Ihren Überlegungen aber nicht leiten. Ein geeigneteres Maß für das Risiko ist die Stan­dard­ab­we­ichung, die bei ver­schiede­nen Wert­pa­pieren mit denselben geringsten oder höchsten Rückflüssen durchaus un­ter­schiedlich sein kann. Um die Stan­dard­ab­we­ichung zu errechnen, betrachten Sie beispiel­sweise die Rückflüsse eines Wertpapiers über die letzten zehn Jahre. Von jedem Rückfluss ziehen Sie den Durch­schnitt der Rückflüsse ab, quadrieren dann diese zehn Ab­we­ichun­gen vom Durch­schnitt und errechnen wiederum den Durch­schnitt der quadrierten Ab­we­ichun­gen. Das Ergebnis wird Varianz genannt, und die Quadratwurzel der Varianz ist die Stan­dard­ab­we­ichung.

Der Er­wartungswert

Stellen Sie sich ein Glücksrad vor, das die folgenden Werte aufzeigt: 0,05; 0,00; 0,05; –0,05; 0,05; 0,10; 0,00 und –0,10. Der Er­wartungswert ist der gewichtete Durch­schnitt dieser Werte. Geht man davon aus, dass alle Felder die gleiche Wahrschein­lichkeit haben, getroffen zu werden, besteht bei einigen Zahlen eine höhere Wahrschein­lichkeit, bei einer Drehung am Rad zu erscheinen. Der Er­wartungswert beträgt in diesem Fall 0,0125. Diese Zahl wird aber bei keiner Drehung tatsächlich als Wert erscheinen, da sie auf dem Rad gar nicht vorhanden ist.

Die Kovarianz

Die Kovarianz zwischen zwei Wert­pa­pieren A und B ist gleich dem Ko­r­re­la­tion­sko­ef­fizien­ten (einem Wert zwischen –1 und 1) mul­ti­pliziert mit der Stan­dard­ab­we­ichung von A und der Stan­dard­ab­we­ichung von B. Während der Ko­r­re­la­tion­sko­ef­fizient lediglich Werte von –1 bis 1 aufweist, kann die Kovarianz jeden Wert annehmen. Doch auch hier gilt: Bewegen sich zwei Wertpapiere oder Sektoren in die gleiche Richtung, so ist die Kovarianz positiv, bewegen sie sich in ent­ge­genge­set­zte Richtungen, ist sie negativ – und bei unabhängiger Bewegung gleich null. Kovarianzen werden benötigt, um die Varianzen von Portfolios zu errechnen.

Varianzen von Portfolios

Die Stan­dard­ab­we­ichung eines Portfolios wird beeinflusst durch die Stan­dard­ab­we­ichun­gen der einzelnen Wertpapiere, durch die Ko­r­re­la­tio­nen sowie durch die Vermögensanteile, die in die diversen Wertpapiere investiert wurden. Je geringer die Ko­r­re­la­tio­nen sind, desto geringer ist die Stan­dard­ab­we­ichung und damit das Risiko des gesamten Portfolios. Beispiel: Ein Portfolio besteht aus zwei Wert­pa­pieren. Der Anteil (oder das Gewicht) des einen wird mit A, der des anderen mit B bezeichnet. Die Varianz des Portfolios errechnet sich wie folgt:

„Ein gutes Portfolio ist mehr als eine Ansammlung guter Aktien und Renten­pa­piere. Es ist ein aus­ge­wo­genes Ganzes, das den Investor absichert und Möglichkeiten für alle Eventualitäten bietet.“ (S. 2)

A² * Varianz A + B² * Varianz B + 2 * A * B * Kovarianz A,B

Die Formel zur Berechnung der Varianz eines Portfolios, bestehend aus drei Wert­pa­pieren, lautet:

A² * Varianz A + B² * Varianz B + C² * Varianz C + 2 * A * B * Kovarianz A,B + 2 * A * C * Kovarianz A,C + 2 * B * C * Kovarianz B,C

„Un­sicher­heit ist ein her­vorstechen­des Merkmal von Wert­pa­pier­in­vest­ments.“ (S. 3)

Egal aus wie vielen Aktien Ihr Portfolio besteht, Sie müssen immer die einzelnen Varianzen sowie die Kovarianzen zwischen jedem Paar von Aktien berücksichtigen. Zur Berechnung der Varianz eines Portfolios bestehend aus 100 Aktien benötigen Sie also 100 Einzel­var­i­anzen und 4950 Kovarianzen. Com­puterun­terstützt können solche Daten rasch gewonnen werden. Je mehr un­ko­r­re­lierte Wertpapiere ein Portfolio enthält, desto weniger Gewicht liegt auf den einzelnen Varianzen und desto eher bestimmen die Kovarianzen die Veränder­lichkeit des Portfolios. Gle­ichzeitig geht die Varianz des Portfolios – und damit das Risiko – mit der Erhöhung der Anzahl un­ko­r­re­lierter Wertpapiere gegen null. Bedenken Sie jedoch eines: Während die Ergebnisse beim Glücksrad von Zu­fallsvari­ablen mit bekannten Wahrschein­lichkeiten abhängen, ist dies bei den Rückflüssen aus Wert­pa­pieren nicht der Fall. Es liegt ganz einfach keine objektive Wahrschein­lichkeit dafür vor, wie sich eine Aktie und damit ihre Varianz und Kovarianz zu anderen Wert­pa­pieren entwickeln wird.

Die Auswahl effizienter Portfolios

Wenn Sie die Stan­dard­ab­we­ichun­gen und die erwarteten Rückflüsse aus diversen Portfolios ermittelt haben, gehen Sie auf die Suche nach in­ef­fizien­ten Portfolios und eliminieren Sie diese. Gibt es ein Portfolio, das bei gleichem Risiko einen geringeren Rückfluss als ein anderes erwarten lässt? Wenn ja, ist es ineffizient. Wählen Sie aus den übrig bleibenden effizienten Portfolios dasjenige aus, das Ihrer gewünschten Rück­fluss-Risiko-Kom­bi­na­tion am ehesten entspricht. Behalten Sie bei der Auswahl immer das Grund­prinzip im Auge: Die Merkmale einzelner Wertpapiere sprechen niemals für sich. Vielmehr muss ein Wertpapier immer im Kontext des Gesamt­port­fo­lios bewertet werden. Entschei­dend ist, das An­lagekap­i­tal so auf un­ter­schiedliche Wertpapiere zu verteilen, dass im Ergebnis der gewichtete Durch­schnitt der Kovarianzen gering ist. Würde man die effizienten Portfolios in einem Ko­or­di­naten­sys­tem grafisch darstellen, ergäbe sich eine gerade Linie, auf der jeder Punkt ein Portfolio angibt, das bei einem gegebenen erwarteten Ertrag die Varianz minimiert. Dieses „Methode der kritischen Linie“ genannte Vorgehen zur Ermittlung effizienter Portfolios basiert auf der Handhabung von Er­wartungswerten, Varianzen und Kovarianzen und erfolgt meist com­puterun­terstützt.

Rationales Verhalten unter Un­sicher­heit

Ein rationaler Entscheider ist jemand, der seine Entschei­dun­gen bei der Port­fo­lioauswahl vollkommen durchdenkt. Aber selbst wenn ihm kein Fehler unterläuft, kann er all sein Geld verlieren, da er nicht allwissend ist und somit seine Entschei­dun­gen immer unter Un­sicher­heit treffen muss. Bisher wurde davon ausgegangen, dass ein Investor, etwa ein Port­fo­lioman­ager, den erwarteten Gewinn maximieren möchte. Nach einem anderen Konzept kann man nun diesen erwarteten Gewinn durch den erwarteten Nutzen ersetzen – dadurch kommt die Risikobere­itschaft des Anlegers ins Spiel.

„Die Tatsache, dass Wertpapierrückflüsse stark korrelieren, aber eben nicht zu 100 %, hat zur Folge, dass Di­ver­si­fizierung das Risiko zwar nicht eliminieren, aber reduzieren kann.“ (S. 5)

Ein erwarteter Gewinn von 20 % muss demnach nicht unbedingt den doppelten Nutzen haben wie einer von 10 %. Entspricht z. B. einem Gewinn von 10 % ein Nutzen von 1 und einem Verlust von 10 % ein Nutzen von –1,3, und ist die Wahrschein­lichkeit, 10 % zu gewinnen oder zu verlieren, 50 %, dann errechnet sich der erwartete Nutzen U wie folgt: U = 0,5 * 1 + 0,5 * –1,3 = –0,15. Steht ein rationaler Entscheider mit der dargestell­ten Risikobere­itschaft vor der Wahl, entweder nichts zu gewinnen oder mit einer jeweiligen 50%-Chance 10 % zu gewinnen oder zu verlieren, wird er erstere Alternative wählen.

„Die Stan­dard­ab­we­ichung ist die Quadratwurzel des Durch­schnitts der quadrierten Ab­we­ichun­gen.“ (S. 20)

Die Praxis zeigt allerdings, dass die auf Basis dieser Er­wartungsnutzen­the­o­rie abgeleit­eten Entschei­dun­gen nicht immer mit den tatsächlich getroffenen übere­in­stim­men. Ein Beispiel: Eine Testperson darf eine der drei folgenden Al­ter­na­tiven wählen:

  • Alternative A: Die Testperson gewinnt in zwei von 2000 Fällen 1000 $ und in 1998 Fällen nichts.
  • Alternative B: Die Testperson gewinnt in 20 von 2000 Fällen 100 $ und geht in 1980 Fällen leer aus.
  • Alternative C: Die Testperson gewinnt in einem von 2000 Fällen 1000 $, in zehn Fällen 100 $ und in 1989 Fällen nichts.
„Wenn ein Portfolio ineffizient ist, gibt es entweder ein anderes Portfolio mit einem höheren durch­schnit­tlichen Rückfluss und keiner höheren Stan­dard­ab­we­ichung oder ein Portfolio mit einer geringeren Stan­dard­ab­we­ichung und einem durch­schnit­tlichen Rückfl

Viele Test­per­so­nen wählen die Alternative C, obwohl dies der Er­wartungsnutzen­the­o­rie wider­spricht. Rein math­e­ma­tisch kann nämlich der Nutzen der Alternative C nicht gle­ichzeitig größer sein als der Nutzen von A und von B. Menschliche Entschei­dun­gen sind nicht immer fehlerfrei, das „Konzept des rationalen Verhaltens“ ist eben nur ein Konzept. Wenn es sich von der Wirk­lichkeit nicht un­ter­schei­den sollte, müsste es auch Elemente wie „Spaß am Spiel“ oder „Spannung“ mitein­beziehen. Dies hilft bei der optimalen Port­fo­lioauswahl aber nicht weiter, sodass diese Elemente vernachlässigt werden können.

Wenn die Wirk­lichkeit anders aussieht

In den bisherigen Be­tra­ch­tun­gen wurden einige Mark­tun­vol­lkom­men­heiten, die in der Realität vorkommen, nicht berücksichtigt: Transak­tion­skosten, fehlendes Mark­tvol­u­men und Gewinns­teuern. Transak­tion­skosten sind jene Kosten, die anfallen, wenn Wertpapiere gekauft oder verkauft werden. Das Streben nach einem optimalen Portfolio macht es notwendig, dass dieses häufig – manchmal sogar täglich – umgeschichtet wird. Wegen der Transak­tion­skosten sind häufige Um­schich­tun­gen aber wirtschaftlich nicht vertretbar. Fragen Sie sich also vor einer Port­fo­lio­analyse, welchen An­lagezei­tho­r­i­zont Sie haben und wie oft Sie die Analyse sin­nvoller­weise durchführen möchten. Wenn Sie Steuern bei der Port­fo­lio­analyse berücksichtigen wollen, verwenden Sie einfach Nach­s­teuer­erwartungswerte, -varianzen und -ko­var­i­anzen. Potenziell fehler­be­haftet wird die Analyse zur Bestimmung des optimalen Portfolios erst dann, wenn lediglich realisierte Gewinne nach dem Verkauf besteuert werden. Behalten Sie bei der Port­fo­lio­analyse immer diese zwei Dinge im Auge: Die Analyse soll im Hinblick auf die Zeit, die sie beansprucht, und die Kosten, die sie verursacht, einfach sein.

Zum Text

Aufbau und Stil

Von der Tatsache, dass Portfolio Selection auf einer Dis­ser­ta­tion basiert, sollte man sich nicht abschrecken lassen. Markowitz schrieb das Buch nämlich ausdrücklich für Nicht­math­e­matiker. Als Strandlektüre allerdings eignet sich das Werk trotzdem nicht, denn der Autor erspart es auch den Laien nicht, sich um das Verständnis der math­e­ma­tis­chen Beweise seiner Ar­gu­men­ta­tion zu bemühen. Lehrbuchar­tig geht er Schritt für Schritt an den Aufbau und die Herleitung der Formeln heran, die in einigen Kapiteln ganze Seiten füllen. Zur Ve­r­an­schaulichung verwendet Markowitz Tabellen und Grafiken, u. a. mehrere „Glücksräder“, sowie zahlreiche Beispiele aus der Praxis. Den Hart­ge­sot­te­nen steht ein um­fan­gre­icher Anhang mit weiterführenden Berech­nun­gen zur Verfügung. Obwohl es sich um eine Monografie mit ver­schiede­nen The­menkapiteln rund um die Port­fo­lioop­ti­mierung handelt, ist es nicht empfehlenswert, einzelne Kapitel zu überspringen, da eines auf dem anderen aufbaut. Aufmerk­sames Lesen ist also gefordert – dann sind auch Er­fol­gser­leb­nisse nicht aus­geschlossen.

In­ter­pre­ta­tion­sansätze

  • Das Neuartige an Markowitz’ Port­fo­lio­the­o­rie waren die math­e­ma­tisch-sta­tis­tis­chen Verfahren bei der Bestimmung des optimalen Wert­pa­pier­port­fo­lios. Zuvor war es üblich, Wertpapiere qualitativ zu bewerten, erst mit Markowitz etablierte sich auch die quan­ti­ta­tive Analyse und Bewertung ganzer Portfolios.
  • Die Risiko­di­ver­si­fika­tion, d. h. die Streuung des Vermögens auf Anlagen, die möglichst wenig korrelieren, geht maßgeblich auf Markowitz zurück. Eine Aktie mit hohen Er­tragsaus­sichten muss nicht zwangsläufig für jeden Anleger eine gute Investition sein, auch ihr Risiko muss analysiert werden. Um das Risiko zu mindern, soll der Investor optimale Portfolios und nicht optimale einzelne Wertpapiere auswählen.
  • Die Korrelation zwischen Wert­pa­pieren ist von entschei­den­der Bedeutung: Da die Rückflüsse aus Wert­pa­pier­in­vest­ments unsicher sind, reicht es nicht aus, diejenigen Wertpapiere auszuwählen, die die geringste Stan­dard­ab­we­ichung bei gegebenem erwarteten Ertrag aufweisen. Tendieren nämlich alle Wertpapiere in die gleiche Richtung, würde der Anleger im schlimmsten Fall sein ganzes Geld verlieren. Die Konsequenz: Niemals ein Wertpapier für sich allein betrachten, sondern immer im Kontext des gesamten Portfolios.
  • Markowitz’ Modell basiert auf vere­in­fachen­den Annahmen, sodass die Umsetzung in der Praxis Probleme aufwirft. Der Autor geht bei seinen Berech­nun­gen davon aus, dass Transak­tion­skosten und Gewinns­teuern nicht existieren, die Renditen normal verteilt und die zukünftigen Renditen, Risiken und Ko­r­re­la­tio­nen bekannt sind. Er ist sich dieser Probleme allerdings bewusst und versucht teilweise, Lösungen anzubieten.
  • Kritiker der Port­fo­lio­the­o­rie monieren vor allem, dass ihr Erfolg mit der Qualität von Schätzungen steht und fällt – solange es nicht gelingt, Wer­ten­twick­lun­gen wirklich zuverlässig vorherzusagen, lässt sich auch die Theorie nicht zuverlässig auf die Praxis anwenden.

His­torischer Hintergrund

Die 50er Jahre: Aufschwung und Fam­i­lienidyll

Das Umfeld, in dem Harry M. Markowitz seine Dok­torar­beit schrieb, hätte besser nicht sein können: Bildung wurde in den 1950er Jahren hoch geschätzt, und durch die kon­tinuier­liche Verbesserung des wirtschaftlichen Umfelds konnten sich immer mehr junge Menschen ein Studium leisten.

Der Zweite Weltkrieg hatte in Europa zwar zum Niedergang vieler Volk­swirtschaften geführt, was sich auch negativ auf die USA auswirkte. Nicht zuletzt durch den Mar­shallplan der USA, der mehr als zwölf Milliarden Dollar zum Wieder­auf­bau des zerstörten Europas vorsah, erholten sich aber viele Wirtschaft­szweige, sodass ganze Industrien wieder­erstarken konnten. Charak­ter­is­tisch für diese Zeit ist das Bild der idyllischen Vorstadt­fam­i­lie, die sich erstmals ein eigenes Auto und ein Fernsehgerät leisten konnte.

Doch nicht alles war so friedlich: Als Reaktion auf den Kommunismus und den Kalten Krieg etablierte sich eine Strömung, deren Auswirkun­gen als McCarthy-Ära in die Geschichte eingingen: Zwischen 1947 und 1956 wandte die US-Regierung extreme Methoden an, um die Mitglieder der Kom­mu­nis­tis­chen Partei in den USA zu verfolgen. Hinter jeder Tür wurden sowjetische Spione vermutet, die unter allen Umständen aus­geschal­tet gehörten. Die Be­spitzelung Un­schuldiger war allgegenwärtig und die Grundrechte vieler Menschen wurden mit Füßen getreten.

Während der Kampf gegen ver­meintlich radikale Or­gan­i­sa­tio­nen für die Kon­ser­v­a­tiven die Mittel heiligte, wuchs der Unmut in anderen Teilen der Bevölkerung. Eine Stärkung der Men­schen­rechts­be­we­gung, Rebellion als Leben­se­in­stel­lung und schließlich der fulminante Erfolg des Rock ’n’ Roll waren die Folgen.

Entstehung

Während seines Studiums las Harry M. Markowitz John Burr WilliamsTheory of Investment Value, ein Stan­dard­w­erk der Fi­nanzwis­senschaft. Williams schlägt darin vor, den Wert einer Aktie auf Basis der zukünftigen Dividenden zu errechnen. Für Markowitz klang das unvernünftig, zumal Williams vergaß, das Risiko der Geldanlage zu berücksichtigen. Diese konzep­tionelle Lücke wollte Markowitz schließen, die Basis seiner Dis­ser­ta­tion war gelegt. Er begann mit der Arbeit, sein erster Aufsatz zur Theorie der Port­fo­lioal­loka­tion erschien 1952 im Journal of Finance.

Im gleichen Jahr begann Markowitz bei der Denkfabrik RAND Corporation zu arbeiten. Dort erhielt er die Möglichkeit, sein Wissen in einem Bereich zu vertiefen, der seiner Ansicht nach ohnehin ein Mehr an Forschung verdient hätte: com­puterun­terstützte Sim­u­la­tion­s­mod­elle. Bei der RAND Corporation lernte er William F. Sharpe kennen. Mit ihm und Merton Miller sollte sich Markowitz 1990 den Wirtschaft­sno­bel­preis teilen. 1955/56 nahm sich Markowitz ein Jahr Auszeit und verbrachte die Zeit bei der Cowles Foundation an der Yale-Uni­ver­sität, wo er seine Dis­ser­ta­tion fer­tig­stellte und sie in Buchform brachte. Portfolio Selection erschien schließlich 1959.

Wirkungs­geschichte

Markowitz’ Forschung auf dem Gebiet der Port­fo­lioop­ti­mierung legte den Grundstein für das heutige moderne Port­fo­lioman­age­ment. Portfolio Selection wurde zu einem Grund­la­gen­werk, das an Wirtschaft­suni­ver­sitäten und in der Praxis immer noch zur Stan­dard­lektüre gehört.

Allerdings liegen Markowitz’ Theorie – wie so vielen ökonomischen Modellen – Annahmen über die Realität zugrunde, die dieser schlichtweg nicht entsprechen. Daher brauchte es noch Jahrzehnte der Forschung, bis seine Thesen prax­is­tauglich wurden. So entwickelte etwa Markowitz selbst com­put­er­basierte Berech­nungsmeth­o­den, die die Anleger bei der Zusam­men­stel­lung von Portfolios unterstützen sollen. Als in den 1990er Jahren die Rechner immer höhere Leistung erbrachten, erkannte man erst die tatsächliche Menge an Möglichkeiten, die Markowitz’ Port­fo­lio­the­o­rie eröffnete.

Auch seine Kollegen forschten fleißig weiter: James Tobin erhielt den Nobelpreis für Wirtschaftswis­senschaften für seine Port­fo­lio­the­o­rie, die sich auf Markowitz’ Konzepte stützt und bei der er ein risikoloses Wertpapier in die Be­tra­ch­tun­gen mitein­bezieht. Darauf aufbauend entwickelte William F. Sharpe das Capital Asset Pricing Model, ein in der Praxis weit ver­bre­it­etes Kap­i­tal­mark­t­gle­ichgewichtsmod­ell.

Der Grund, warum Port­fo­lio-Man­age­ment heute so aussieht, wie es allerorten betrieben wird, ist in diesen Forschungsar­beiten zu suchen, die jedoch alle auf den Vorarbeiten von Markowitz beruhen.

Über den Autor

Harry M. Markowitz wird am 24. August 1927 in Chicago geboren, seine Eltern besitzen einen kleinen Lebens­mit­tel­laden. Von der Not der Weltwirtschaft­skrise bekommt Harry nichts mit: Er genießt eine wohlbehütete Kindheit, hat immer genug zu essen und ein Dach über dem Kopf, spielt Baseball und Violine, liest Comicbücher und beginnt sich auf der Highschool für Physik, Astronomie und Philosophie zu in­ter­essieren. Nach dem Schu­la­b­schluss absolviert er das Bach­e­lor-Pro­gramm der Universität Chicago. Obwohl Wirtschaftswis­senschaftler nicht gerade der Berufstraum seiner Kindheit ist, bleibt er an der Universität Chicago und schreibt sich für ein entsprechen­des Studium ein. Zu seinen Lehrern gehört u. a. der Wirtschaft­sno­bel­preisträger Milton Friedman. Bereits während seiner Studienzeit wird Markowitz eingeladen, Mitglied der renom­mierten Cowles Commission for Research in Economics zu werden, einer Institution, die bereits einige No­bel­preisträger her­vorge­bracht hat. Markowitz widmet seine Dis­ser­ta­tion dem Thema Port­fo­lio­analyse. Sein Aufsatz Portfolio Selection, der die moderne Port­fo­lio­the­o­rie begründet, erscheint 1952. Im selben Jahr beginnt Markowitz seine Tätigkeit bei der RAND Corporation. 1955 erlangt er die Doktorwürde. Das auf seiner Dis­ser­ta­tion beruhende Buch Portfolio Selection wird 1959 veröffentlicht. Markowitz forscht jahrelang an diversen Aspekten der Port­fo­lio­the­o­rie. Für seine Pi­o­nier­ar­beit wird ihm, mit­tler­weile Professor am Baruch College der City University von New York, 1990 gemeinsam mit Merton Miller und William F. Sharpe der Wirtschaft­sno­bel­preis verliehen.