Die Bedeutung der Zahlen
Es ist nicht einfach, die mitunter sehr komplexen Strukturen der heutigen Arbeitswelt zu erfassen. In Zeiten ausgefeilter Arbeitsteilung, immer schneller werdender Produktion und sinkender Halbwertszeit des Wissens versprechen Zahlen eine gewisse Orientierung. Außerdem wird die Zeit für Gespräche und ausführliche Kommunikation unter Kollegen knapper. Auch hier sorgt ein gut aufbereitetes Zahlenwerk für die nötige Verdichtung von Informationen. Zahlen befriedigen unser Bedürfnis nach objektiven Maßstäben. Ob es um die Arbeitslosenrate geht oder um die Inflation, um die Steigerung des Bruttosozialprodukts oder um die Prozentpunkte der Rentenversicherung – diese staatlich erhobenen und daher offiziellen Kennziffern werden wie Dogmen in die Öffentlichkeit getragen.
„Es darf uns nicht nur um die Zahl als solche gehen. Vielmehr müssen wir uns mit ihrer Bedeutung beschäftigen und mit dem Ziel, das mithilfe der Zahlen erreicht werden soll.“
Schwieriger wird es allerdings in der betrieblichen Praxis. In jedem Unternehmen werden zwar viele Zahlen und Kennziffern erhoben, aber welche sind entscheidend? Mit der modernen Datenverarbeitung ist die Transparenz nicht unbedingt gestiegen, denn die Informationsflut kann einen auch erschlagen. Und: Mit Daten allein ist es nicht getan. Sie müssen sinnvoll ausgesucht und geordnet werden, wenn sie aussagekräftig sein sollen. Denn bei aller Zahlengläubigkeit herrscht eben auch Skepsis. Gerade Führungskräfte wollen sich nicht in unnötigen Details verlieren und verlangen klare und verlässliche Aussagen. Umgekehrt fühlen sich viele Mitarbeiter von der Zahlenschusterei mancher Controller bevormundet und kontrolliert.
Die Kunst der Darstellung
Die Zahlenwelt schwankt zwischen dieser Skepsis und dem Urvertrauen in bezifferbare Größen. Jeder, der sich in dieser Welt bewegt, muss beide Haltungen verstehen und beachten. Denn eine Zahl steht nicht für sich allein, sondern wird vom Zuhörer, Leser oder Adressaten interpretiert. Wie sie aufgenommen wird, hängt von der Präsentation ab. Je besser eine Statistik aufbereitet wird, desto geringer ist die Gefahr von Missverständnissen. Einfache Prinzipien erleichtern die Darstellung. Halten Sie sich in Ihrer Präsentation an die „vier Verständlichmacher“. Achten Sie auf:
- Gliederung und Ordnung,
- einfache Sprache und einfache Darstellung,
- Kürze und Prägnanz sowie
- Stimulanzen, d. h. passende Zitate, Diagramme, farbliche Gestaltungselemente, kurz: alles, was den Vortrag sinnlich anregend macht.
„Gesucht sind einfache, allgemeine und international einheitlich gültige Aussagen: also Zahlen!“
Auf die grafische Darstellung der Zahlen kommt es besonders an. Sie wissen um die Wirkung von Farben. „Rote Zahlen“ sind für jeden Manager ein Schock; Man sollte diese Farbe nur verwenden, wenn sie auch so gemeint ist. Grün steht dagegen für positive Ergebnisse, paradoxerweise eben für „schwarze Zahlen“. Auch andere Farben besitzen eine Signalwirkung. Grelle Farben können Aussagen verstärken, während schwache Farben unliebsame Ergebnisse in den Hintergrund schieben. Das Spiel mit den Farben, auch in Kurven- oder Tortendiagrammen, kann also bewusst eingesetzt werden, um die Botschaft der Zahlen zu manipulieren.
Das Drehbuch der Präsentation
Eine wirksame Präsentation muss von langer Hand vorbereitet werden. Ein detailliert ausgearbeiteter Ablaufplan, das Drehbuch, hilft, den Auftritt zu einer sicheren Angelegenheit werden zu lassen. Eine erfolgreiche Präsentation lässt sich in vier Phasen aufteilen:
- Die Planung beginnt bereits lange vor dem Präsentationstermin. Hier gilt es, viel Zahlenmaterial zu sammeln und es möglichst genau auf die Zielgruppe hin aufzuarbeiten, sowie zusätzliche Materialien und Unterlagen zu besorgen.
- Mit der Vorbereitung beginnt die detaillierte Ausarbeitung des Drehbuches. Womit fange ich an? Wie visualisiere ich meine Aussagen? Wie formuliere und wann treffe ich meine Kernaussage? Wie setze ich die Pausen? Aber auch: Was ziehe ich an? Bei all diesen Fragestellungen sollten Sie niemals Ihre Zielgruppe aus den Augen verlieren. Je besser die Vorbereitung, desto einfacher wird die dritte und entscheidende Phase – die Durchführung.
- Die Durchführung ist sicherlich der schwierigste Part. Aber es hilft nichts – da müssen Sie durch. Einige Regeln sind hilfreich: Suchen Sie den Blickkontakt zum Publikum, drehen Sie ihm möglichst nicht den Rücken zu. Wenn Sie sich umdrehen müssen, um etwas auf einem Flipchart zu skizzieren, schweigen Sie währenddessen. Reden Sie erst weiter, wenn Sie sich dem Publikum wieder zuwenden. Laufen Sie nicht wie wild umher. Wenn Sie den Standort wechseln müssen, machen Sie das in einer Redepause. Lampenfieber ist völlig normal. Am besten machen Sie sich nichts draus. Das Publikum merkt meistens nicht, wie aufgeregt der Redner wirklich ist.
- Für die Nachbereitung ist es vorteilhaft, wenn eine Person Ihres Vertrauens die Präsentation mitverfolgt hat. Sie kann mit offener Kritik wertvolle Hinweise geben. Jeder Vortrag ist nur die Generalprobe für den nächsten.
Die Zahlen im Unternehmensprozess
Kennzahlen gehören zu einem effizienten Management. Sie sind für die Darstellung nach außen – etwa für Banken, Aktionäre oder die Presse – wichtig und können gezielt als Marketinginstrument eingesetzt werden. Solche Kennzahlen sind zum Beispiel der Umsatz, die Rendite, der Marktanteil, das Wachstum oder die Wertsteigerung des Unternehmens. Die Aussagekraft dieser Planzahlen steigt, wenn sie mit anderen Zahlen verglichen werden. Dafür gibt es drei Möglichkeiten:
- Sie vergleichen nach Perioden oder stellen Zeitreihenvergleiche an. Etwa: Jahresumsatz im Vergleich zum Vorjahr, Monatsumsätze etc.
- Sie stellen Vergleiche mit anderen Marktteilnehmern her, z. B. Wachstum im Vergleich zum Konkurrenten, Forschungsetat im Verhältnis zum Branchendurchschnitt etc.
- Sie stellen einen internen Soll-Ist-Vergleich z. B. im Vertrieb oder im Einkauf an.
„Wenn Sie mit Zahlen überzeugen und begeistern wollen, müssen Sie sich gut auf den jeweiligen Personenkreis einstellen.“
Um die Information zu steigern und die Vergleichbarkeit zu gewährleisten, werden aus den vorhandenen Daten besondere Kennzahlen errechnet, z. B. die Eigenkapitalrentabilität (Jahresüberschuss geteilt durch Eigenkapital mal 100), ein Wert, mit dem sich ein kleines Unternehmen mit einem großen vergleichen kann. Ein ähnlicher Wert ist der Return on Investment (ROI), mit dem sich die Rentabilität des eingesetzten Kapitals darstellen lässt. Dieser wird folgendermaßen berechnet: (Gewinn mal Umsatz geteilt durch Umsatz mal Gesamtkapital) mal 100.
Von der Zahl zur Aktion
Allein mit der vergleichsweise einfachen Erhebung solcher Daten ist es nicht getan. Zur Kunst des Managements gehört es, sich durch die Beobachtung und die Interpretation der Zahlen ein Bild vom Geschehen im Unternehmen zu machen und lenkend einzugreifen. Aus den Erhebungen der Vergangenheit soll ein Plan für die Zukunft werden. Bei der Aufstellung und der künftigen Kontrolle dieses Plans spielen Zahlen wieder eine herausragende Rolle. Es entsteht ein unternehmerischer Regelkreis, der in etwa so abläuft:
- Einrichtung von Kontrollmaßstäben
- Erhebung der Ist-Daten
- Feststellung der Abweichungen
- Abweichungsanalyse
- Schlussfolgerung: Korrektur der Abweichungsursachen oder Maßnahmen zur Plananpassung
„Gehen Sie in der Planungspraxis davon aus, dass Abweichungen nicht die Ausnahme, sondern die Regel sind.“
In der Praxis ist das Einrichten eines solchen Regelkreises zur strategischen Planung eine Herkulesaufgabe. Diktieren Sie einen solchen Prozess von oben herab, ist der Widerstand der Basis und entsprechend schlechte Motivation bei der Umsetzung garantiert. Soll ein solcher Prozess hingegen von unter her wachsen, dann wird der Plan vermutlich realitätsnäher, ob er aber die Zielvorgaben erreicht, ist fraglich. Eine Mischform ist deshalb sinnvoll.
Das Zielkreuz
Nach welcher Systematik eine Präsentation eingeleitet und durchgeführt werden kann, zeigt folgendes Beispiel: Eine Zahnradfabrik verzeichnet über die Jahre ein Umsatzwachstum von rund 15 %. Der Gewinn ist in dieser Zeit allerdings nur um 8 % gestiegen. Der Controller bekommt nun den Auftrag, herauszufinden, wie es zu dieser Abweichung kommt, und Vorschläge zur Besserung auszuarbeiten. Anhand der Bilanz findet er schnell heraus, dass die Abweichung im Materialaufwand begründet sein muss, denn hier sind die Kosten überplanmäßig gestiegen. Nun entwickelt er eine Strategie, um das Problem zu lösen.
- Hauptziel identifizieren und definieren: Gründe für Preis- und Mengenabweichung erfahren.
- Zielgruppe und Adressaten bestimmen: In diesem Fall ist es der Einkaufsleiter, von dem er erfahren muss, wie sich die Preise entwickelt haben, und ob man nicht günstiger einkaufen könnte. Zugleich muss er mit dem Fertigungsleiter reden, denn in dessen Abteilung ist mehr Material verwendet worden als geplant. Und außerdem darf er den Geschäftsführer nicht vergessen, denn in dessen Auftrag ist er unterwegs.
- Inhalte festlegen: Es geht nur um Preisabweichung im Einkauf und Mengenabweichung in der Herstellung.
- Techniken und Methoden des Vorgehens festlegen: Einzelgespräche mit den betroffenen Abteilungsleitern, Tabellen und Diagramme des Vorgangs erstellen, Präsentation der Ergebnisse beim Geschäftsführer.
- Hindernisse und Fallen bedenken und vorwegnehmen: Sowohl der Einkaufsleiter als auch der Fertigungsleiter sind dem Controller hierarchisch mindestens gleichgestellt. Es steht zu befürchten, dass sie die Zusammenarbeit verweigern, weil sie sich gegängelt und kontrolliert fühlen. Damit käme der Controller nicht zu den erforderlichen Daten und Hintergründen. Dem gilt es durch geschicktes Auftreten und kluge Gesprächsführung entgegenzutreten.
„Eine ganzheitliche und vollständige Sicht auf die Kosten ist erforderlich, um eine präzise Aussage machen zu können.“
In dienem Beispiel gelingt es dem Controller, die beiden Abteilungsleiter für sich zu gewinnen. Die Probleme werden erkannt, mit der Geschäftsführung diskutiert und gelöst. Im Prinzip lassen sich alle Controlling-Probleme mit diesem Raster bearbeiten. Ob Kreditverhandlung mit einer Bank, Aufbereitung einer Investitionsentscheidung, strategische Umsatzplanung oder Konzeption eines Benchmarkings (Vergleich von Kennzahlen mit anderen Unternehmen) – mit Hilfe dieses Zielkreuzes lassen sich die Aufgaben systematisch angehen. Die fünf Kriterien bleiben dieselben, nur die jeweiligen Umstände müssen neu zugeordnet werden. Grafisch lässt sich dieses Schema als ein Kreuz darstellen, in dessen Mitte immer das Hauptziel steht. Der Vorteil dieser Darstellungsweise: Das Handlungskonzept passt auf eine Seite und lässt sich so – quasi als Westentaschenstrategie – mit sich herum tragen.