Iwein

Buch Iwein

unbekannter Ort, um 1200
Diese Ausgabe: Manesse,


Worum es geht

Der Ritter mit dem Löwen

Ein Ritter hat es schwer. Egal, wie er es macht, es ist verkehrt. Der mit­te­lal­ter­liche Dichter Hartmann von Aue brachte die möglichen Ver­fehlun­gen eines ehrbaren Ritters aufs Tapet. Zunächst läuft bei Iwein alles glatt: Mit Tapferkeit und Gefechtsglück erringt er ein ganzes Königreich samt Frau und Hofstaat. Doch dann treibt ihn die Lust an Spiel, Sport und Kampf wieder hinaus in die Welt. Er nimmt Urlaub von Weib und Königreich und lässt die ihm gesetzte Frist zur Rückkehr arglos ver­stre­ichen. Doch der Frauen­di­enst fordert ebenso sein Recht wie der Waffenruhm: Iwein verliert alles und muss zahlreiche Abenteuer überstehen, bis er Frau und Ehre zurückgewonnen hat. Iwein ist gewissermaßen das Gegenstück zu Hartmanns Erec, wo es genau andersherum lief: Der Titelheld vernachlässigte darin seine ritterliche Kampfkunst zugunsten der holden Minne. Die rechte Lebensweise liegt irgendwo dazwischen. Hartmann greift für die Läuterungs­fahrt des edlen Recken tief in die Trickkiste der mit­te­lal­ter­lichen Fab­u­lierkunst: Bösartige Raubritter, ver­schla­gene Grafen, mehrere Riesen, ein aus­gewach­sener Drache und ein Löwe, der Iweins bester Freund wird, sorgen für kurzweilige Un­ter­hal­tung. Heute ebenso wie vor 900 Jahren.

Take-aways

  • Hartmann von Aues Iwein gehört zu den bekan­ntesten und am besten überliefer­ten Ar­tus­ro­ma­nen in deutscher Sprache.
  • Inhalt: Auf einer Aben­teuer­fahrt besiegt der Ritter Iwein einen feindlichen Burgherrn und heiratet dessen Frau Laudine. Kurz danach lässt er sie allein, um weitere Abenteuer zu suchen. Er bricht das Laudine gegebene Versprechen, nach einem Jahr wieder zurück zu sein. So verliert er Frau und Königreich. Er muss kühne Abenteuer bestehen und Frauen in Not helfen, um seinen Fehler wiedergutzu­machen.
  • Iwein ist eine Übertragung des französischen Epos Yvain ou Le Chevalier au lion von Chrétien de Troyes ins Mit­tel­hochdeutsche.
  • Der Stoff entspringt dem Sagenkreis um den legendären bri­tan­nis­chen König Artus und die Ritter seiner Tafelrunde.
  • Iwein spielt in einer ide­al­isierten und märchenhaften Welt, die mit der Wirk­lichkeit des Mit­te­lal­ters nur wenig zu tun hat.
  • Die schwierige Balance zwischen den rit­ter­lichen Grundwerten Minne (Frauen­di­enst) und Ehre macht die Kern­prob­lematik des Werks aus.
  • Iwein ist inhaltlich gesehen das Gegenstück zu Hartmanns Epos Erec.
  • Für ein Werk aus dieser Zeit ist Iwein gut überliefert: Insgesamt 16 Hand­schriften und 17 Fragmente, entstanden zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert, sind erhalten.
  • Über das Leben Hartmanns weiß man kaum etwas.
  • Zitat: „Wer seinen Sinn auf das wahre Gute richtet, der erfährt Glück und Ehre.“
 

Zusammenfassung

Iweins Entschluss

König Artus gibt auf seiner Burg ein prächtiges Pfingstfest. Niemals zuvor haben so viele Ritter zusam­menge­fun­den und so viele schöne Frauen den Hof erfreut. Zu fort­geschrit­tener Stunde, als die Feier­lichkeiten sich dem Ende zuneigen, berichtet der tapfere Kalogrenant den wenigen verbliebe­nen Rittern von seinen Sorgen. Er erzählt, wie er zehn Jahre zuvor auszog, um Abenteuer zu erleben. Ein Waldmensch wies ihm den Weg zu einem geheimnisvollen Brunnen, der als gefährlich galt. Kaum war Kalogrenant dort eingetrof­fen und hatte Wasser geschöpft, wurde die Umgebung von einem in­fer­nalis­chen Sturm heimgesucht. Das Unwetter ließ nach, als ein fremder Ritter auftauchte und ihn zum Duell aufforderte. Obwohl sein Gegner größer und stärker war, nahm Kalogrenant die Her­aus­forderung an. Zu seiner Schande unterlag er jedoch: Er wurde aus dem Sattel geschleud­ert und seines Pferdes beraubt. Darauf entledigte er sich seiner schweren Rüstung und trat zu Fuß den schmachvollen Rückweg an. Hier endet seine Geschichte. Ritter Iwein, der der Schilderung seines Vetters Kalogrenant aufmerksam folgte, erklärt, das Rätsel des Brunnens lösen zu wollen. Als auch König Artus, der sich Kalo­grenants Erlebnis später schildern lässt, ankündigt, bald mit seinem Gefolge von Rittern zu dem Brunnen zu reiten, sieht Iwein sich um ein Abenteuer im Alleingang gebracht. Er nimmt sich vor, heimlich schon vorher zum Brunnen zu reiten.

Das Brun­nen­aben­teuer

Iwein folgt Kalo­grenants Wegbeschrei­bung und trifft am Brunnen ein. Auch er löst das Unwetter aus und trifft, als es abklingt, auf den fremden Ritter. Allerdings ist Iwein im Duell überlegen, woraufhin der Fremde in seine nahe gelegene Burg flieht. Iwein stellt ihm nach. Der fremde Ritter erliegt in den eigenen Mauern seinen Ver­let­zun­gen – und Iwein ist plötzlich ohne Pferd in der Burg gefangen. Ein Burgfräulein namens Lunete erscheint. Die Dame möchte Iwein helfen, da sie Zeugin seines ehrenhaften Sieges war. Sie überreicht ihm heimlich einen Ring, der seinen Träger unsichtbar macht. So entgeht Iwein den nach Vergeltung dürstenden Burg­be­wohn­ern. Er will gerade den Rückzug antreten, als er Laudine, die trauernde Witwe seines Gegners, bemerkt. Iwein ist sogleich von ihrer Anmut gefangen. Ihretwegen entscheidet er sich, die Burg nicht zu verlassen. Aus Vorsicht trägt er aber weiterhin den Ring.

Der neue Beschützer des Brunnens

Erneut ist das Burgfräulein Lunete zur Stelle und bietet Iwein ihre Hilfe an. Sie besucht ihre trauernde Herrin und macht ihr die aktuelle Lage bewusst. Jetzt, wo der Burgherr tot sei, beschütze niemand mehr den Brunnen und den Hof. Es gehe die Kunde, dass König Artus und seine Ritter auf dem Weg zur Burg seien; jemand müsse den Ort verteidigen. Denn ihr Land sei verloren, wenn der Brunnen von jemand anderem in Besitz genommen werde. Die Jungfrau versteht es geschickt, ihre Herrin über Iweins Anwesenheit zu informieren und seine Ehre, seine Fähigkeiten und seinen Ruhm zu preisen. Als Iwein daraufhin von der Burgherrin Laudine empfangen wird, wirft er sich ihr zu Füßen und bittet um Vergebung für den Tod ihres Mannes. Als Iwein bereit ist, sich ihr voll und ganz auszuliefern, lässt die Königin nicht nur Gnade walten, sondern entwickelt auch erste Zuneigung. Sie überwindet ihre persönlichen Vorbehalte in Anbetracht ihrer Ve­r­ant­wor­tung als Herrscherin eines schutzlosen Landes und nimmt Iwein sogleich zum Ehemann.

„Wer seinen Sinn auf das wahre Gute richtet, der erfährt Glück und Ehre.“ (S. 7)

Als neuer König muss Iwein sich sogleich dem von den Ar­tus­rit­tern am Brunnen ausgelösten Duell stellen. Das tut er ohne zu zögern; unter seiner Rüstung bleibt er unerkannt. Der von Artus ausgewählte Ritter unterliegt dem Beschützer des Brunnens. Zwar verletzt Iwein ihn nicht, er macht sich aber lustig über ihn und kränkt ihn damit in seinem Stolz. Schließlich gibt sich Iwein zu erkennen, und die Freude unter den Rittern ist groß. Als König Artus an Laudines Hof eintrifft, ist sie überwältigt von der Ehre des Besuchs und vom Ruhm, den Iwein am heimatlichen Hof genießt. Man feiert ein großes Fest. Iwein hat Laudines Herz endgültig gewonnen und alle sind glücklich.

Die ver­strich­ene Frist

Ritter Gawein, Iweins treuster und bester Freund, überredet ihn dazu, für eine gewisse Zeit an König Artus’ Hof zurückzukehren, um weitere mannhafte Abenteuer und Turniere zu bestehen. Laudine gibt ihr Einverständnis, gewährt ihm jedoch nur ein Jahr für die Turnier­fahrt. Sollte er später zurückkehren, würde er ihre Gunst verlieren. Iwein und seine Kameraden eilen von einem er­fol­gre­ichen Turnier zum nächsten und so vergisst der Ritter schließlich die vereinbarte Jahresfrist. Gerade als ihm seine Nachlässigkeit bewusst wird, taucht das Burgfräulein Lunete auf. Sie bezichtigt Iwein des Verrats sowie der Untreue gegenüber ihrer Herrin und seinem Land und fordert den Ehering zurück. Schlagartig erkennt Iwein, wie viel er le­ichtsin­nig aufs Spiel gesetzt und verloren hat. Er ist voller Schmerz und Scham, verliert den Verstand und rennt nackt in den Wald, wo er eine lange Zeit wie ein wildes Tier im Verborgenen lebt.

Die Begegnung mit dem Löwen

An König Artus’ Hof gilt Iwein als verschollen. Eines Tages wird er jedoch von der Gräfin von Narison, die sich in Begleitung zweier Jungfrauen auf der Durchreise befindet, schlafend auf dem Waldboden entdeckt. Die drei Frauen erkennen den ruhmreichen Ritter trotz seines erbärmlichen Zustands. Mithilfe einer Wundersalbe der Zauberin Feimorgan heilen sie Iwein von seiner Trübsal und den schlimmsten körperlichen Übeln. Die Gräfin behält ihr Wissen um Iwein für sich, denn ihre gute Tat ist nicht selbstlos: Sie erhofft sich von dem Ritter Beistand im Kampf gegen die Heeresmacht des Grafen Aliers, der ihr Land bedroht. Tatsächlich kommt Iwein ihrer Bitte nach und schlägt die Gegner mit Mut und Geschick in die Flucht. Nach getaner Arbeit verlässt er jedoch die Gräfin, die vergeblich auf seine Zuneigung hofft.

„Wenn die Katze viel frisst, so erhebt sich ihr Mütchen. Herr Iwein, so ergeht es Euch.“ (ein Ritter, S. 57)

Als Iwein Zeuge eines Duells zwischen einem Feuer speienden Drachen und einem Löwen wird, steht der Ritter der edlen Großkatze bei und erschlägt den Lindwurm. Aus Dankbarkeit wird das Tier zum treuen Begleiter und Kampfgefährten Iweins. Gemeinsam erleben sie viele weitere Abenteuer. Iwein gibt sich dabei nicht zu erkennen, weshalb er zum legendären „Ritter mit dem Löwen“ wird. Mit­tler­weile kämpft er weniger aus Aben­teuer­lust – dafür ist seine Trauer um die verlorene Liebe noch zu groß –, sondern vielmehr, um ehrenwerten Männern und Frauen beizustehen, die sich in höchster Not und Verzwei­flung an ihn wenden.

Wiedersehen mit Lunete

Als sein Weg ihn zufällig wieder zum Brunnen führt, befällt Iwein sogleich großer Kummer, weil der Ort ihn an Laudine erinnert. Schwermütig sinkt er vom Pferd und verletzt sich dabei verse­hentlich mit dem Schwert. Der Löwe glaubt seinen Freund bereits tot und will sich vor Kummer ebenfalls in das Schwert stürzen, Iwein kann ihn aber davon abhalten. Am Boden zerstört beklagt der Ritter sein Dasein. Da vernimmt er plötzlich eine Frauen­stimme. Es ist Lunete, die in einer nahe liegenden Kapelle gefangen gehalten wird. Die Jungfrau erzählt dem Ritter, wie es dazu kam: Sie ist an ihrem Hof in Ungnade gefallen, denn der dortige Truchsess (ein Hofbeamter) macht sie für das Unglück der Königin ve­r­ant­wortlich: Schließlich sei sie es gewesen, die einst den Ritter Iwein am Hof vorgestellt habe. Lunete droht sogar der Scheit­er­haufen, sollte es ihr nicht gelingen, einen Kämpfer zu finden, der ihre Ehre im Duell gegen den Truchsess und seine zwei Brüder verteidigt. Iwein bietet ihr seine Hilfe an. Er beschließt, am nächsten Mittag den Kampf für sie auszutragen. Für die Nacht will er eine Unterkunft finden, in der er sich auf das Duell vorbereiten kann.

Der Kampf gegen den Riesen

Wie erhofft, findet Iwein in der Nähe eine Burg. Die Bewohner sind gast­fre­undlich, wirken aber sehr bedrückt. Der Ritter fordert den Burgherrn auf, ihm vom Grund seiner Sorge zu erzählen. Darauf berichtet der unglückliche Mann vom schreck­lichen Riesen Harpin, der von ihm verlangt, ihm seine jüngste Tochter zu überlassen. Weil der Burgherr sich bislang geweigert hat, hat der Riese bereits zwei seiner sechs Söhne getötet, die übrigen vier Söhne hält er als Geiseln. Harpin hat gedroht, diese ebenfalls zu töten, sollte ihm am kommenden Morgen die Jungfrau nicht übergeben werden. So viel Leid kann Iwein nicht tatenlos zuschauen. Er bietet dem Burgherrn seine Hilfe an, obwohl ihn dies in Zeitnot bringt. Schließlich hat er Lunete für den gleichen Tag seine Unterstützung zugesagt. Doch das Glück ist auf seiner Seite: Mithilfe seines Löwen überwältigt er den Riesen Harpin und befreit die Brüder. Von deren Schwester erfährt Iwein, dass sie Verwandte des Ritters Gawein sind. Dieser ist zurzeit in Artus’ Diensten unterwegs.

Lunetes Ehre wird wieder­hergestellt

Glücklich, mit der Bezwingung des Riesen auch seinem Freund gedient zu haben, gelingt es Iwein, gerade noch rechtzeitig dem Burgfräulein Lunete beizustehen. Vor den Augen der Königin und mit der Unterstützung des Löwen streckt der Ritter den Truchsess und dessen Brüder im Kampf nieder. Lunete ist gerettet und ihr Ruf wieder­hergestellt. Obwohl Iwein seiner Frau Laudine so nahe ist wie schon lange nicht mehr, gibt er sich ihr nicht zu erkennen und verlässt die Burg. Auf der Suche nach neuen Her­aus­forderun­gen erreicht er einen finsteren Marktort, überragt von einer Burg. Die Bürger sind sehr un­fre­undlich. Iwein erfährt jedoch, dass das unhöfliche Verhalten ihn schützen soll: Es soll ihn dazu bringen, den Ort wieder zu verlassen. Denn wenn er in die Burg gehen würde, so heißt es, drohe ihm der Tod. Iwein bringt in Erfahrung, dass dort zwei Riesen an die 300 Jungfrauen gefangen halten und diese für sich schuften lassen. Viele tapfere Männer wollten sie schon befreien, doch keiner kam mit dem Leben davon. Iwein jedoch gelingt es mithilfe seines Löwen, die Riesen zu besiegen und die Mädchen aus der grausamen Knechtschaft zu befreien.

Der Kampf mit Gawein

Zwei Grafentöchter, die sich in einem erbitterten Erbstreit befinden, wollen ihren Zwist in einem Duell austragen, bei dem zwei Ritter für sie antreten sollen. Während sich die bösartige ältere Schwester die Gunst des Ritters Gawein sichert, entspricht Iwein dem Gesuch der jüngeren, die in der Erbfrage übervorteilt wurde. Beide Ritter wissen nicht um die Identität des jeweils anderen. König Artus und sein Gefolge wollen als Zuschauer teilnehmen.

„Wirklich, Gott hat seine Kunst und seine Macht, seinen Fleiß und seine Meis­ter­schaft auf dieses preisenswerte Wesen verwendet: Es ist ein Engel und keine Frau.“ (über Laudine, S. 113)

Der Kampf zwischen Gawein, der wie Iwein unerkannt bleiben will, und dem Ritter mit dem Löwen entwickelt sich zum großen Spektakel. Die Männer schlagen und stechen über so viele Stunden aufeinander ein, dass sich der Kampf bis zum Abend hinzieht und über Nacht un­ter­brochen werden muss. Nachdem sich die behelmten Kämpfer in der Ruhepause ihres gegen­seit­i­gen Respekts versichert haben, geben sie sich einander zu erkennen. Die Wieder­se­hens­freude könnte nicht größer sein. Artus und sein Gefolge fordern daraufhin die Einstellung des Kampfes, doch die ältere Schwester will nicht einlenken und besteht darauf, dass das Duell am nächsten Morgen fortgesetzt wird. Schließlich erklärt die jüngere Schwester, sie wolle lieber auf ihren Erbteil verzichten, als zu riskieren, dass so tapfere und ehrenwerte Männer zu Schaden kämen. Der weise Artus entlockt der gierigen Schwester mit einem Trick ein Schuldeingeständnis, sodass letztlich beide ihren gerechten Anteil bekommen.

Happy End am Brunnen

Aller Freude am Hof von König Artus zum Trotz ist Iwein immer noch betrübt darüber, seine Frau Laudine verloren zu haben. Er kehrt zum Brunnen zurück, dorthin, wo alles begann. Sein Erscheinen löst wiederum das Unwetter aus. An Laudines Hof weiß man deshalb, dass ein Ein­drin­gling in der Nähe ist, doch gibt es dort keinen fähigen und tapferen Mann, der die Her­aus­forderung am Brunnen annehmen und das Reich verteidigen könnte. Lunete verspricht ihrer Herrin, den Ritter mit dem Löwen zu suchen, um ihn um Hilfe zu bitten – allerdings nur, wenn die Königin bereit ist, als Gegen­leis­tung dem unglücklichen Mann dabei hilft, sein verlorenes Liebesglück wiederzufinden. Laudine willigt arglos ein. Zu ihrer Überraschung findet Lunete Iwein bereits am Brunnen. Sie kehren gemeinsam zur Burg zurück. Als sich der Ritter gegenüber der Königin als Iwein zu erkennen gibt, muss sich Laudine an ihr Versprechen halten. Sie und Iwein versöhnen sich und als König und Königin bekunden sie sich erneut ihre Liebe.

Zum Text

Aufbau und Stil

Der Aufbau des Iwein folgt dem Dop­pel­wegschema, einem dram­tur­gis­chen Kniff, der sich auch in Hartmanns erstem Artusroman Erec findet: Der Held durchläuft zwei Zyklen. Zunächst kommt er relativ leicht zu Ruhm und Ehre – und zu einer schönen Frau. Doch da er die Ve­r­ant­wor­tung, die seine neue Stellung mit sich bringt, nicht wahrnimmt, verliert er seine Position wieder. Nachdem er – als Wilder und Liebeswahnsin­niger – tief gesunken ist und damit einen sym­bol­is­chen Tod erleidet, sucht er im Anschluss an seine Heilung und die symbolische Aufer­ste­hung nach Möglichkeiten, für seine Verfehlung Buße zu tun. An dieser Stelle wird das Bestreben, zu Ehre zu gelangen und geliebt zu werden, ein zweites Mal aufge­grif­fen. Iwein stellt sich mehreren Abenteuern, bis er seine vormalige Stellung wieder­erlangt hat – diesmal wohl auf Dauer. Der mit­tel­hochdeutsche Urtext ist in Reim­paar­versen verfasst. Da das Werk für den mündlichen Vortrag geschrieben wurde, folgt es einerseits einem eingängigen Rhythmus, an­der­er­seits kommt es immer wieder zu direkten Zwiegesprächen mit dem Leser bzw. dem Hörer, die belehrend und bisweilen komisch sind. Berühmt wurde die Selb­st­darstel­lung Hartmanns als „gelehrter Ritter“, mit der er sich gleich zu Beginn des Versromans bei seinem Publikum empfiehlt.

In­ter­pre­ta­tion­sansätze

  • Iwein ist das Gegenstück zu Erec, dem Helden aus Hartmanns erstem Artusroman. Am Punkt seines höchsten Ruhms wird Iwein von seinem Freund Gawein daran erinnert, wie es Erec erging, der sich „verliget“ hatte. Diese vornehme mit­tel­hochdeutsche For­mulierung bezeichnet Erecs Vorliebe fürs ausführliche Liebesspiel mit seiner Frau, über das er die regelmäßige ritterliche Bewährung vollkommen vergisst. Bei Iwein ist es umgekehrt: Er zieht ins Abenteuer, von Turnier zu Turnier, und „verreitet“ sich, indem er Frau und Hof vernachlässigt. Ähnlich wie Erec muss Iwein für die Vernachlässigung der Pflicht büßen und sich auf eine Reise der Läuterung begeben. Fazit: Der wahre Ritter findet ein Gle­ichgewicht zwischen Waffenruhm und Frauen­di­enst.
  • Kritische Töne lassen sich erkennen, als der Ritter Kalogrenant einem Wald­men­schen den Sinn des Rittertums erklärt: einen anderen Ritter suchen, um mit ihm zu kämpfen und durch den Sieg Ehre zu erlangen. Dieser fast mechanische Vorgang, der nicht an eine Hil­feleis­tung oder andere edle Motive gekoppelt ist, kann in seiner Absurdität als Kritik am Rittertum gedeutet werden – was in der Forschung allerdings umstritten ist.
  • Iweins Abenteuer spielen in einer ide­al­isierten höfischen Gesellschaft, deren Leitstern der tugendhafte König Artus ist. Gleich zu Beginn rühmt Hartmann ihn als Vorbild. Die Darstellung entspricht jedoch nicht den realen Verhältnissen im Mittelalter, sondern bezieht viel Märchenhaftes mit ein.
  • Ein häufiges Motiv der Artusepik ist der Kampf zwischen Freunden, wie er zwischen Iwein und Gawein stattfindet. Typisch ist dabei, dass sich die beiden nicht erkennen. Der Kampf gegen den Freund wird oft als innerer Kampf gegen sich selbst in­ter­pretiert, während man die Wieder­erken­nung als Selb­stfind­ung deutet. Wolfram von Eschenbach führt dieses Motiv in seinem Parzival noch weiter, indem er Brüder gegeneinan­der antreten lässt.

His­torischer Hintergrund

Ritter im Hochmit­te­lal­ter

Die mit­tel­hochdeutsche Klassik, die Epoche, in der die be­deu­tend­sten Werke des Mit­te­lal­ters entstanden, wird auf die Zeit zwischen 1050 und 1250 datiert. Im deutschsprachi­gen Raum war die Gesellschaft wie überall in Europa als feudales System organisiert: Ein König oder Kaiser vergab dem rang­niederen Adel Ländereien als Lehen. Der Vasall schuldete seinem Herrn dafür Abgaben, vor allem aber Waf­fen­di­en­ste. Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation herrschte zu Hartmanns Zeit das Geschlecht der Staufer, das ständig damit beschäftigt war, seine Herrschaft gegen die Ansprüche ri­val­isieren­der Fürsten zu sichern. Von 1155 bis 1190 war Friedrich I. Barbarossa Kaiser des Reichs. Sechsmal zog er gegen ital­ienis­che Staaten in den Krieg, um wider­spen­stige Regionen und Städte wieder unter seine Herrschaft zu bringen.

Das Christentum war eindeutige Leitre­li­gion. Um­strit­tener war der jeweilige Ein­fluss­bere­ich kirchlicher und weltlicher Würdenträger. Päpste und Könige sprachen einander wiederholt die Legitimität ab. Dennoch fanden sich beide Seiten mehrfach zu Kreuzzügen zusammen, um das Heilige Land den „Ungläubigen“ zu entreißen bzw. um die christlichen Eroberungen im Nahen Osten zu verteidigen. Durch die Kreuz- und andere Feldzüge gewannen die Ritter an Bedeutung. Der Standesdünkel der adligen Ritter förderte jene Ide­al­isierung des Rit­ter­bildes, das die höfische Epik entwarf. Demnach waren sie nicht einfach berittene Krieger, sondern auch ethisch und religiös untadelige Charaktere. Die Rit­ter­lichkeit wurde zur Formel für einen Wertekanon, der zugleich dabei half, die Höher­rangigkeit des Adels dauerhaft zu le­git­imieren.

Entstehung

Iwein ist keine originäre Erfindung Hartmanns. Es handelt sich um eine Adaption des französischen Versromans Yvain ou Le Chevalier au lion von Chrétien de Troyes. Der altfranzösische Dichter lieferte auch die Vorlagen für Hartmanns Erec und später Wolfram von Eschenbachs Parzival. Anders als beim frei übertragenen Erec hielt sich Hartmann beim Iwein präzise an die französische Vorlage. Erklärungen der höfischen Sitten und Gebräuche, um die Hartmann seinen Erec ergänzt hatte, ließ er beim Iwein vollständig weg: Offenbar verließ er sich darauf, dass seinem Publikum dergleichen bekannt war. Der Stoff des Epos entstammt dem Sagenkreis um den legendären bri­tan­nis­chen König Artus und seine Tafelrunde. Über die genauen Entste­hungs­be­din­gun­gen des Iwein streiten sich die Gelehrten bis heute. Es ist nicht bekannt, wer Auf­tragge­ber oder Mäzen des Werks war. Mutmaßungen zufolge starb der ursprüngliche Mäzen vor der Fer­tig­stel­lung und Hartmann vollendete es später im Auftrag eines anderen Auf­tragge­bers. Die Entste­hungszeit fällt zwischen 1180 und 1205. Aufgrund der direkten Verweise auf den Erec muss Iwein nach Fer­tig­stel­lung des ersteren entstanden sein. Eine Passage im fünften Buch von Wolframs Parzival legt den Schluss nahe, dass Wolfram Iwein zu diesem Zeitpunkt kannte – sodass der Versroman spätestens 1205 vorgelegen haben muss.

Wirkungs­geschichte

Im Gegensatz zum Erec existieren vom Iwein sehr viele Überliefer­un­gen: Insgesamt 16 Hand­schriften und 17 Fragmente aus dem 13. bis 16. Jahrhundert sind erhalten. Diese für mit­te­lal­ter­liche Texte sehr hohe Anzahl lässt auf eine ungeheure Popularität des Stoffes schließen. Überliefert sind zwei Versionen: Die so genannte A-Fassung ist gegen Ende weniger ausführlich als die B-Fassung. Die Mediävisten sind sich nicht einig, ob beide Versionen vom Autor ve­r­ant­wortet wurden oder ob die zweite nachträglich von anderen Autoren oder Skriptorien inhaltlich an­gere­ichert wurde. Auch das Ambraser Heldenbuch, eine sehr ergiebige Textsamm­lung aus dem 12. und 13. Jahrhundert, enthält eine Fassung des Iwein.

In­ter­es­san­ter­weise enthält keine der Schriften Il­lus­tra­tio­nen des Epos. Dafür diente die Erzählung um den Löwenritter immer wieder als Inspiration für Wandgemälde. Zu den bekan­ntesten gehören die Malereien auf Schloss Rodenegg bei Brixen in Südtirol, die erst in den 1970er Jahren entdeckt wurden und um 1220 entstanden sind. Weitere Abbildungen finden sich im Hessenhof in Schmal­ka­lden (Thüringen) und auf der Burg Runkelstein bei Bozen (Südtirol). Darstel­lun­gen von Iwein, Laudine und Lunete finden sich außerdem auf dem so genannten Mal­ter­ertep­pich des ehemaligen Klosters St. Katharina Adelhausen (Freiburg im Breisgau).

Auch die lit­er­arische Wirkung des Versromans war groß: Hartmanns Zeitgenossen Wolfram von Eschenbach und Gottfried von Straßburg verwiesen in ihren Werken wie selbstverständlich auf den Löwenritter. In dem um 1300 ent­stande­nen anonymen Text Der Bussard wird das Motiv des Liebeswahns, wie ihn Iwein erlebt, aufge­grif­fen. Um 1480 erzählte Ulrich Füetrer im Buch der Abenteuer das Epos in einer Kurzversion nach. Ende des 18. Jahrhun­derts wurden, nach einer langen Rezep­tion­spause, neue Adaptionen des Epos veröffentlicht. Eine Oper von August Klughardt aus dem Jahr 1879 blieb erfolglos.

Über den Autor

Die genauen Lebensdaten Hartmanns von Aue sind nicht überliefert. Auch über seine Lebensumstände ist kaum etwas bekannt. Ebenso wenig lassen sich seine Werke präzise datieren. Immerhin gilt als sicher, dass Hartmanns literarisch aktive Zeit etwa in die Jahre zwischen 1180 und 1210 fällt. Wahrschein­lich stammt er aus der Nähe von Freiburg im Breisgau, jedenfalls aus dem Gebiet des alten Herzogtums Schwaben. Über seinen Stand und seine Bildung äußert sich Hartmann u. a. im Prolog seiner Verserzählung Der arme Heinrich. Dort nennt er sich einerseits einen „gelehrten Ritter“, rechnet sich an­der­er­seits aber dem unfreien Stand der Min­is­te­ri­alen zu, einer sozialen Schicht am unteren Ende der Feu­dal­hier­ar­chie, deren Mitglieder für einen Dienstherrn ver­schieden­ste Aufgaben in der Verwaltung wahrnehmen konnten. Eine Ausbildung zum Gelehrten konnten Menschen seines Standes am ehesten in einer Domschule erhalten. Seine Werke lassen auf Grund­ken­nt­nisse in Philosophie, Theologie und Rhetorik schließen. Die Selb­st­darstel­lung als Ritter bezieht sich wohl weniger auf den eigenen Stand als vielmehr auf eine Geis­te­shal­tung, die an das Idealbild der höfischen Gesellschaft anknüpft. Hartmann kannte sich gut mit rit­ter­lichen Kampftech­niken aus. Seine Teilnahme an einem Kreuzzug gilt allerdings als umstritten. Als Hartmanns erstes lit­er­arisches Werk wird das Klagebüchlein angesehen, ein al­le­gorisches Zwiegespräch in Versen über die Minne. Nach dem Artusroman Erec (um 1180) sowie den höfischen Legenden Gregorius und Der arme Heinrich, die auf die Motive göttlicher Gnade und persönlicher Schuld Bezug nehmen, verfasste Hartmann Iwein (um 1200), ein weiteres Epos aus dem Artusumfeld.