Reise um die Welt

Buch Reise um die Welt

London, 1777
Diese Ausgabe: Insel,


Worum es geht

Ein Humanist in der Südsee

Georg Forsters Reise um die Welt entführt den Leser in eine vergangene Epoche. Die Kolo­nial­macht England hatte gerade begonnen, ihre spo­radis­chen Ent­deck­ungs­fahrten mit strategisch geplanten Forschung­sex­pe­di­tio­nen zu ersetzen. Noch gab es weiße Flecken auf der Weltkarte, die mutige Seereisende wie etwa Captain James Cook zu erforschen versuchten. Die kalten Fakten, die in Forsters Werk zu finden sind, lassen sich anderswo sicherlich schneller und einfacher nachlesen. Doch Forster gibt seinem Text eine ganz eigene, äußerst lebendige Note, wie sie kein anderer Reise­bericht bietet. Er erweist sich nicht nur als vielseitig in­ter­essierter und begabter Naturkundler, sondern auch als toleranter und verständnisvoller Humanist und scharf­sin­niger Analyst des men­schlichen Daseins, und er begeistert bis heute mit an­schaulich-po­et­is­chen Naturbeschrei­bun­gen. Forsters lit­er­arische Begabung, seine unbestech­liche Beobach­tungs­gabe und sein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn haben Reise um die Welt zu einem der bekan­ntesten Werke des Genres gemacht.

Take-aways

  • Reise um die Welt ist der Bericht des jungen Georg Forster von seiner Wel­tum­seglung mit Captain James Cook.
  • Inhalt: Forster begleitet seinen natur­forschen­den Vater 1772–1775 bei der zweiten Wel­tum­seglung Captain Cooks. Die Forscher wollen her­aus­finden, ob es einen unbekannten Kontinent in den südlichen Meeren gibt. Ein solches Land wird nicht entdeckt – dafür einige Inseln, deren Flora und Fauna Forster detailliert beschreibt, ebenso wie die Sitten und Gebräuche der Einge­bore­nen.
  • Der Bericht wurde 1777 zunächst auf Englisch und 1778–1780 auf Deutsch veröffentlicht.
  • Forsters besonderes Interesse gilt den Südseevölkern; er kommt zu wichtigen Erken­nt­nis­sen für die Ethnologie.
  • Bei der Abreise war der Autor erst 17, bei der Rückkehr 20 Jahre alt.
  • Forster vertritt in seinem Bericht aufklärerisch-hu­man­is­tis­che Ideen.
  • Er ist überzeugt, dass der Mensch von Natur aus gut ist, aber im so genannten Naturzu­s­tand nicht unbedingt glücklicher.
  • Die Kolonisierung der Welt durch die Europäer beurteilt Forster skeptisch.
  • Alexander von Humboldt sah in Forsters Reise­bericht das Ideal einer Naturbeschrei­bung als Gesamtschau.
  • Zitat: „Es ist würklich im Ernste zu wünschen, daß der Umgang der Europäer mit den Einwohnern der Süd-See-In­seln in Zeiten abgebrochen werden möge, ehe die verderbten Sitten der civil­isierten Völker diese un­schuldigen Leute anstecken können, die hier in ihrer Un­wis­senheit und Einfalt so glücklich leben.“
 

Zusammenfassung

Fahrt zum Kap der Guten Hoffnung

Im Juni 1772 stechen die beiden Schiffe „Adventure“ und „Resolution“ unter dem Kommando von James Cook von Plymouth aus in See, um in den südlichen Meeren nach einem angeblich ex­istieren­den, aber noch un­ent­deck­ten großen Land (Terra australis incognita) zu suchen und den Südpazifik zu kartieren. Auf der Reise sollen zudem, soweit möglich, natur­wis­senschaftliche Un­ter­suchun­gen angestellt werden und man soll her­aus­finden, welche Inseln und Länder die besten Möglichkeiten zur Kolonisierung bieten. Nach Zwis­chen­hal­ten auf Madeira und der Kanarenin­sel San Jago überqueren die Schiffe den Äquator, um Anfang November am Kap der Guten Hoffnung einzutr­e­f­fen.

„Alle Völker der Erde haben gleiche Ansprüche auf meinen guten Willen. So zu denken war ich immer gewohnt. (...) also sind meine Bemerkungen mit beständiger Rücksicht aufs allgemeine Beste gemacht worden, und mein Lob und mein Tadel sind unabhängig von Na­tional-Vorur­theilen, wie sie auch Namen haben mögen.“ (S. 18)

Die holländische Kolonie am Kap hat sich voll und ganz auf die Bedürfnisse der zahlreichen Han­delss­chiffe eingestellt, die auf ver­schiede­nen Routen durch die südlichen Meere ziehen und hier vor Anker gehen. Die „Adventure“ und die „Resolution“ werden im Hafen für die weitere Fahrt vorbereitet, und nach einem kurzen Aufenthalt setzen sie ihren Kurs Richtung Süden fort.

Nach Neuseeland

Die Reise Richtung Südpol erweist sich als gefährliches Unternehmen: Die Schiffe geraten mehrmals in heftige Stürme, die Mannschaft leidet an Skorbut und schließlich verliert die „Resolution“ auch noch vorübergehend die „Adventure“ aus den Augen. Das eigentliche Anliegen der Seefahrer – die Suche nach Land – bleibt ergebnislos. Im März richtet die „Resolution“ ihren Kurs wieder nach Norden, um den Winter im wärmeren Neuseeland zu verbringen.

„Wir fanden bald, (...) daß Herr von Bougainville nicht zu weit gegangen sey, wenn er dies Land als ein Paradies beschrieben.“ (über Tahiti, S. 254)

Während des Aufenthalts in Neuseeland kommt die Mannschaft wieder zu Kräften und nimmt neue Lebens­mit­tel an Bord. In der Dusky Bay wird ein Lager ein­gerichtet, von dem aus in den kommenden Wochen alles Nötige zur In­stand­set­zung des Schiffes und zum Auffüllen der Vorräte besorgt werden soll. Die Hilfe der Einwohner ist unerlässlich: Nach anfänglichem Misstrauen zeigen sich diese schließlich gewillt, Handel zu treiben, wobei die Europäer vor allem Tuch, Eisenwaren und Glasperlen gegen Lebens­mit­tel und Handw­erk­sar­beiten eintauschen. Ver­schiedene Fälle von Pros­ti­tu­tion, Geschlecht­serkrankun­gen und Diebstahl lassen befürchten, dass der Kontakt zu den Europäern für die Einge­bore­nen der besuchten Länder und Inseln nicht förderlich ist. Captain Cook beschließt, die Win­ter­monate zu nutzen, um zu den Gesellschaftsin­seln zu reisen und sich dort mit weiteren Lebens­mit­teln einzudecken.

Tahiti und die Gesellschaftsin­seln

Der Weg in die Südsee nährt bei den Forschern die Zweifel daran, dass es im Süden ein noch un­ent­deck­tes großes Land gibt. Mitte August erreichen die Schiffe die Insel Tahiti. Die Europäer werden von den Einwohnern geradezu überschwänglich empfangen. Die bei­der­seit­ige Neugier ermöglicht den Besuchern, schnell Fortschritte im Erlernen der Lan­desssprache zu machen. Der Handel floriert. Die Forscher nutzen jede Gelegenheit, um die Umgebung zu erkunden und Flora und Fauna der Insel zu untersuchen. Daneben sind es vor allem die eigentümlichen Sitten und Gebräuche der Einwohner, die sie in­ter­essieren: Grabriten, Musik, Kleidung und Schmuck. Wie sich her­ausstellt, kennt die tahi­tian­is­che Gesellschaft Standesun­ter­schiede und eine Oberschicht, die ihr luxuriöses Leben der Arbeit ihrer Un­tergebe­nen verdankt; jedoch wirken sich die Un­ter­schiede nur geringfügig aus.

„Es ist würklich im Ernste zu wünschen, daß der Umgang der Europäer mit den Einwohnern der Süd-See-In­seln in Zeiten abgebrochen werden möge, ehe die verderbten Sitten der civil­isierten Völker diese un­schuldigen Leute anstecken können, die hier in ihrer Un­wis­senheit und Einfalt so glücklich leben.“ (S. 281)

Bei weiteren Aufen­thal­ten auf den Gesellschaftsin­seln Huaheine und Raietea lassen sich die Reisenden von den Zeremonien und Tänzen der Einge­bore­nen begeistern, dann segeln die Schiffe weiter zu den Fre­und­schaftsin­seln.

Die Fre­und­schaftsin­seln

Die im 17. Jahrhundert von dem Seefahrer Abel Tasman entdeckten Inseln Ea-Uwhe und Tonga-Tabu sind die nächsten Reiseziele. Die Einwohner von Ea-Uwhe hatten noch nie Kontakt zu Europäern (Tasman hielt sich nur auf Tonga-Tabu auf) und nehmen die Reisenden herzlich auf. Die Land­wirtschaft ist hier weiter entwickelt als auf den Gesellschaftsin­seln: Die Einge­bore­nen haben ordentliche Pflanzungen angelegt, die durch Zäune voneinander abgegrenzt sind. Zudem stellen sie deutlich mehr handw­erk­liche Produkte her. Dennoch haben beide Völker wohl denselben Ursprung, was sich vor allem anhand der Ähn­lichkeiten in der Sprache und den Sitten belegen lässt; die jeweiligen Un­ter­schiede lassen sich aus der un­ter­schiedlichen Beschaf­fen­heit der Umgebung erklären. Die durchgehend herzliche Gast­fre­und­schaft der Bewohner ist der Grund, warum Cook beschließt, diese Inselgruppe Fre­und­schaftsin­seln zu nennen.

„Der entschei­dend­ste Beweis von der Ver­wandtschaft beyder Völker liegt in der Ähnlichkeit ihrer Sprachen.“ (über die Bewohner der Fre­und­schafts- und Gesellschaftsin­seln, S. 417)

Den Oktober und November verbringen die Reisenden wieder auf Neuseeland. Infolge eines heftigen Sturms wird die „Resolution“ von der „Adventure“ getrennt – die Schiffe sind gezwungen, ihre Reise von nun an allein fortzuset­zen. Während des Aufenthalts in Neuseeland finden sich immer öfter Hinweise auf Kan­ni­bal­is­mus. Die Einge­bore­nen erklären schließlich, sie würden im Krieg ihre Feinde verspeisen. Deshalb ist davon auszugehen, dass sich die Sitte, Men­schen­fleisch zu essen, nicht aus Nahrungs­man­gel ergeben hat, sondern aus Rachegefühlen, die so stark sind, dass man die vollständige Vernichtung des Feindes sich­er­stellen will. Jedes Volk bringt seine eigenen Grausamkeiten hervor, und die Europäer stehen den Neuseeländern in dieser Hinsicht sicher in nichts nach.

„Was ist der Neu-Seeländer, der seinen Feind im Kriege umbringt und frißt, gegen den Europäer, der, zum Zeitvertreib, einer Mutter ihren Säugling, mit kaltem Blut, von der Brust reißen und seinen Hunden vorwerfen kann?“ (S. 448)

Im Dezember bricht die „Resolution“ zu einer zweiten Fahrt Richtung Südpol auf, dieses Mal auf einer neuen Route, um weiter nach dem mutmaßlich un­ent­deck­ten Land zu suchen. Wieder bleibt die Suche ergebnislos, und wieder leiden Mannschaft und Offiziere unter Krankheiten, Kälte und Langeweile. Im März richten sie ihren Kurs Richtung Osterinsel.

Die Osterinsel

Die Osterinsel begrüßt die Reisenden schon von Weitem mit großen steinernen Figuren, die überall am Strand aufgestellt sind. Das Land ist karg und öde, aber die Einwohner zeigen sich den Reisenden gegenüber gast­fre­undlich. Bei den Statuen an der Küste handelt es sich um alte Königsdenkmäler. Die derzeitigen Einwohner verfügen nicht über die nötigen Werkzeuge und Kenntnisse, um solche Kunstwerke zu erschaffen, daher ist zu vermuten, dass sie in ihrer Entwicklung durch eine Naturkatas­tro­phe zurückgeworfen wurden – wahrschein­lich durch einen Vulka­naus­bruch, der die Insel verwüstet hat.

Zweite Reise nach Tahiti

Nach einem Besuch auf den bereits Ende des 16. Jahrhun­derts von den Spaniern entdeckten Marquesas richtet die „Resolution“ ihren Kurs wieder auf Tahiti, die paradiesis­che Insel, in der die Reisenden inzwischen so etwas wie eine zweite Heimat gefunden haben. In Matavai Bay bereitet man gerade einen Kriegszug gegen die Nach­barin­sel Eimeo vor, deren Einwohner sich gegen den König aufgelehnt haben sollen. Im Hafen liegt eine gigantische Kriegs­flotte, die jedoch erst in See stechen soll, wenn die Europäer wieder abgereist sind. Die Krieg­stech­niken und Gebräuche der Tahitianer sind äußerst interessant und zeigen of­fen­sichtliche Parallelen zu den alten Griechen.

„Für uns ists genug, erwiesen zu haben, daß, unter dem gemäßigten Him­melsstrich in der Südsee, kein großes festes Land anzutreffen sey, und wenn dergleichen überhaupt vorhanden seyn solle, daß es ‚innerhalb des antarc­tis­chen Zirkels‘ liegen müsse.“ (S. 465)

Nach der Abreise von Tahiti trifft die „Resolution“ im Mai auf der Gesellschaftsin­sel Raietea ein. Die Mitglieder der Kriegerkaste, die so genannten Errioys, bilden eine inselübergreifende Gruppe; sie besuchen sich häufig gegenseitig und verpflichten sich, kinderlos zu bleiben. Was die Religion betrifft, so glauben die In­sel­be­wohner zwar an einen höchsten, un­sicht­baren Gott, haben daneben jedoch ein kom­pliziertes poly­the­is­tis­ches System entwickelt. Nach dem Besuch mehrerer Fre­und­schaftsin­seln wird wieder Kurs nach Westen genommen.

Die Neuen Hebriden

Die „Resolution“ besucht nun die Insel Mallicolo, die einige Jahre zuvor von Louis-An­toine de Bougainville entdeckt wurde. Die Einwohner sprechen eine den Reisenden bisher unbekannte Sprache und un­ter­schei­den sich auch in Aussehen und Kleidung von den anderen Südseevölkern. Sie überraschen die Besucher mit ihrer raschen Auf­fas­sungs­gabe und ihrer Sprach­be­gabung, die den Kontakt sehr vereinfacht. Der Ursprung dieses Volkes ist in Neuguinea zu vermuten.

„Der ruhige vergnügte Zustand dieser guten Leute, ihre einfache Lebensart, die Schönheit der Landschaft, das vortre­fliche Clima, die Menge gesunder wohlschmeck­ender Früchte – alles war bezaubernd und erfüllte uns mit theil­nehmender Freude.“ (über Tahiti, S. 562)

Die Reise wird fortgesetzt und die Europäer entdecken weitere Teile dieser Inselgruppe. Schließlich machen sie auf der Insel Tanna Halt. Die Einwohner hatten noch nie Kontakt zu Fremden und es zeigt sich, dass sie weder die Sprache der Mallicolos noch jene anderer Südseevölker verstehen. Die vulka­nis­chen Aktivitäten auf der Insel sind faszinierend. Zahlreiche geologische Un­ter­suchun­gen und Experimente werden durchgeführt, doch zu ihrem Bedauern erleben die Forscher keinen Vulka­naus­bruch mit. Da die Reisenden um Cook die Ersten sind, die diese Inselgruppe vollständig entdeckt haben, fühlen sie sich berufen, ihr einen Namen zu geben: Mit Bezug auf die westlichen schot­tis­chen Inseln gibt Captain Cook der Gruppe den Namen Neue Hebriden. Von dort aus segelt die „Resolution“ nach Westen, um ohne Zwis­chen­halt nach Südamerika zu gelangen.

Neukale­donien

Die Reise wird jedoch von einer weiteren Entdeckung un­ter­brochen: Anfang September ist überraschend Land in Sicht. Aufgrund der Ähn­lichkeiten zu Schottland erhält es den Namen Neukale­donien. In Kleidung und Aussehen ähneln die Einwohner denen der Neuen Hebriden, jedoch sprechen sie eine vollkommen andere Sprache. Sie sind freundlich, aufrichtig und neigen im Unterschied zu den anderen Südseevölkern nicht zum Diebstahl, sie sind allerdings auch weitaus träger als diese und machen auf die Reisenden einen trübsinnigen Eindruck.

„Und wie herzlich freute es mich, hier einen abermaligen Beweis von der ursprünglichen Güte des men­schlichen Herzens vor mir zu sehen, das in dem sich selbst überlaßnen Stande der Einfalt, von Ehrgeiz, Wollust und andern Lei­den­schaften noch unverdorben, gewiß nicht böse ist.“ (S. 608)

Nach dem Genuss eines giftigen Fisches erkranken mehrere Reisende schwer, unter ihnen auch Forster. Die Krankheit lässt ihm kaum Gelegenheit zur genaueren Erforschung der Insel. Captain Cook ändert aufgrund der neuen Entdeckung seine Pläne und beschließt, den Winter wieder auf Neuseeland zu verbringen. Auf dem Weg dorthin entdeckt die „Resolution“ die unbewohnte Nor­folk-In­sel, die sich künftigen Seefahrern als Zwis­chen­halt anbieten könnte.

Südgeorgien

Anfang November macht sich die „Resolution“ auf den langen Weg nach Südamerika. In 41 Tagen überquert sie den Ozean und erreicht schließlich Feuerland. Die Einwohner dieser kargen Inselgruppe machen einen völlig teil­nahm­slosen, ärmlichen Eindruck. Jean-Jacques Rousseau, der den Naturzu­s­tand als eine Art Paradies beschrieb, lag of­fen­sichtlich falsch: Das beinahe tierische Dasein der Menschen in Feuerland kann nicht glücklicher sein als das der zivil­isierten Europäer.

„Nicht die Schmerzen, welche wir ausstehen mußten, nicht die Besorgnis, was für Folgen dieses Gift auf unsre Gesundheit haben würde, sondern das that uns vorzüglich wehe, daß wir nun außer Stand waren, dieses neue Land weiter zu untersuchen (...).“ (S. 845)

Auf der Weiterreise trifft die „Resolution“ auf die Insel St. Pierre, die Duclos Guyot im Jahr 1756 gesichtet, aber nicht besucht hat. Cook nennt sie neu Südgeorgien, zu Ehren von König George, der die Ent­deck­ungs­fahrt in Auftrag gegeben hat. Der Kapitän lässt auf der Insel die britische Flagge hissen und nimmt sie im Namen des Königs in Besitz. Die Suche nach Festland im Süden wird fortgesetzt, jedoch weiterhin umsonst. Das Fazit der langen Suche: In den gemäßigten Breiten der südlichen Meere existiert kein un­ent­deck­tes großes Land, auch um den Südpol herum gibt es keine große Landmasse; und die Un­ter­suchung dieser Welt­ge­gen­den hat gezeigt, dass große Eismassen nicht nur an Land entstehen, sondern dass Salzwasser auch auf dem offenen Meer gefrieren und Eisberge bilden kann.

Heimreise nach England

27 Monate nach ihrer Abreise vom Kap der Guten Hoffnung kehren die Reisenden dorthin zurück und treffen zum ersten Mal wieder auf Europäer. In der holländischen Kolonie freuen sie sich über Briefe von ihren Familien und über die Nachricht, dass in ganz Europa zurzeit Frieden herrscht. Es dauert Wochen, bis sie sich von den Strapazen ihrer Reise erholt haben. Ende Mai sticht die „Resolution“ wieder in See und kehrt über St. Helena, Ascension und die Azoreninsel Fayal nach England zurück. Die Reise hat genau drei Jahre und 18 Tage gedauert.

Zum Text

Aufbau und Stil

Georg Forster wollte dem breiten Publikum eine spannende und au­then­tis­che Schilderung seiner Weltreise liefern. So schreibt er in der Vorrede: „(...) man müßte allem Anspruch auf Geschmack und Empfindung entsagen, wenn man nicht eine fließende Erzählung einer lahmen und lang­weili­gen vorziehen wollte.“ Der geschlif­f­ene Bericht ist mal emotional und mal wis­senschaftlich objektiv, mal sachlich und mal lyrisch – er soll alle Sinne und den Intellekt ansprechen. Um ein möglichst umfassendes Bild des Un­ternehmens zu liefern, versucht Forster alle Aspekte der Reise in seinen Bericht mit einzubeziehen. Er ergeht sich nicht in der lang­wieri­gen Aufzählung von Daten und Fakten (wie andere Berichter­stat­ter vor ihm), sondern stellt poetische Naturbeschrei­bun­gen neben an­schauliche Darstel­lun­gen des Lebens poly­ne­sis­cher Völker. Immer wieder hält er inne, um das Gesehene zu analysieren und in philosophis­chen Be­tra­ch­tun­gen zu verarbeiten. So bleibt der Bericht über alle Längen und die rund 1000 Seiten interessant zu lesen und gewährt umfassenden Einblick in eine spannende Epoche.

In­ter­pre­ta­tion­sansätze

  • Forster versucht sich als Uni­ver­sal­gelehrter. Sein wichtigstes Anliegen ist die Beobachtung und Beschrei­bung der besuchten Völker. Er ist fasziniert von den fremden Sitten und Bräuchen, der Kultur und Religion der Südseevölker und betreibt umfassende eth­nol­o­gis­che Studien. Daneben steht aber auch die Entdeckung und Beschrei­bung neuer Pflanzen und Tiere im Brennpunkt seines Interesses.
  • Seine Beobach­tun­gen lässt Forster nicht als einzelne Details stehen; ihn in­ter­essiert immer der größere Zusam­men­hang: Die Wech­sel­wirkun­gen zwischen Menschen, Landschaft, Natur und Kultur regen ihn zu Hypothesen an, die eine Erklärung für das Gesehene und Erlebte bieten.
  • Reise um die Welt kann auch als philosophis­che Feldstudie gelesen werden: Forster geht u. a. der Frage nach, ob der Mensch im Naturzu­s­tand gut oder böse ist. Er will also eine der kontrovers disku­tierten philosophis­chen Fragen seiner Zeit anhand empirischer Belege klären. Forster kommt zum Schluss, dass der Mensch zwar von Natur aus gut ist, im Naturzu­s­tand jedoch nicht glücklicher lebt als im zivil­isierten.
  • Forster vertritt ein hu­man­is­tisch-aufklärerisches Weltbild, bei dem der Mensch und die Möglichkeit, sein Leben zu verbessern, immer im Mittelpunkt der Überlegungen stehen.
  • Dem Koloni­sa­tions­drang der europäischen Staaten steht Forster zwiespältig gegenüber: Er befürchtet, dass der Kontakt zu den Europäern einen schädlichen Einfluss auf die Inselvölker haben könnte.
  • Forster entwirft ein eigenes System politischer En­twick­lungszyklen: An un­ter­schiedlichen En­twick­lungssta­dien der besuchten Völker will er eine gesetzmäßige Dynamik der politischen Ordnung ablesen – von den gänzlich un­zivil­isierten Feuerländern zur idealen Gleichheit der Mar­que­sas-Be­wohner bis hin zur beginnenden Drei-Klassen-Gesellschaft Tahitis. Forster geht davon aus, dass ein bestimmter Grad von Un­gle­ich­heit zwangsweise zum Umsturz führen muss.

His­torischer Hintergrund

Großbritannien im 18. Jahrhundert

Das 18. Jahrhundert gilt in Europa gemeinhin als das Zeitalter der Aufklärung: Neue philosophis­che Ideen, bedeutende wis­senschaftliche Ent­deck­un­gen und politische Umstürze kennze­ich­nen diese Epoche. Zu Beginn des Jahrhun­derts, im Jahr 1707, verbanden sich mit dem Act of Union die Königreiche England und Schottland zum Vereinigten Königreich Großbritannien, zu dem ab 1800 auch Irland gehörte. Außenpolitisch setzte das Empire weiter auf Kolonisierung, obwohl sich in den amerikanis­chen Kolonien Widerstand zu regen begann, der 1776 in die amerikanis­che Unabhängigkeit­serklärung mündete. In Forschung, Wirtschaft und Philosophie nahm Großbritannien eine führende Rolle ein: Die Empiristen John Locke und David Hume bee­in­flussten mit ihren Erken­nt­nis­sen ganz Europa, das Königreich wurde zum Vorreiter der in­dus­triellen Revolution – vor allem mit der Per­fek­tion­ierung (nicht Erfindung, wie oft behauptet wird) der Dampf­mas­chine durch James Watt –, und der Seehandel boomte.

Aufgrund der enormen Bedeutung des Seehandels und angespornt vom Erken­nt­nis­streben der Aufklärung gab die britische Regierung zahlreiche Forschungsreisen rund um den Globus in Auftrag. Zu den berühmtesten Seefahrern und Entdeckern zählt James Cook, der auf seinen drei Südseereisen zwischen 1768 und 1780 zahlreiche Inseln entdeckte, die Meere kar­tografierte und viele bereits bekannte Inseln Polynesiens näher erkundete.

Entstehung

Georg Forsters Vater Johann Reinhold Forster erhielt 1772 von der britischen Admiralität das Angebot, an James Cooks zweiter Reise teilzunehmen, mit dem Auftrag, natur- und lan­deskundliche Forschungen anzustellen, diese zu beschreiben und die Ent­deck­un­gen in Zeichnungen festzuhal­ten. Speziell für Letzteres nahm er seinen 17-jährigen Sohn mit auf die Reise. Nach der Rückkehr wollte Forsters Vater seinen Bericht über die Reise veröffentlichen, doch die strenge Zensur, der sein Werk unterworfen sein sollte, hielt ihn davon ab. Für Georg galt diese Zen­surau­flage nicht, deshalb nutzte er bere­itwillig die Chance, selbst einen Bericht zu veröffentlichen. Er stellte das Buch trotz angeschla­gener Gesundheit binnen acht Monaten fertig – sechs Wochen vor dem offiziellen Bericht von Captain Cook selbst. Das Buch wurde zuerst 1777 auf Englisch, und dann erst, 1778–1780, auf Deutsch veröffentlicht. Forster verfolgte mit seinem Reise­bericht u. a. das Ziel, die Ergebnisse vorherge­hen­der Reise­berichte zu ergänzen bzw. zu korrigieren. Er ve­r­ar­beit­ete zahlreiche zeitgenössische philosophis­che Ideen, etwa von Jean-Jacques Rousseaus und Claude Adrien Helvétius. Den größten Einfluss auf Forsters Werk hatte aber sein Vater, der ihn in den langen Win­ter­monaten mit seinen Ideen vertraut machte und dessen aufklärerische Haltung stark auf den Sohn abfärbte – entschei­dende Impulse für Georg, der nie eine Universität besuchte.

Wirkungs­geschichte

Forsters Reise­bericht fand gleich nach der Veröffentlichung viel Anklang und stieß auf Begeis­terung beim Publikum. Die lebendigen Beschrei­bun­gen von Ländern und Völkern sowie der poetische Stil hoben Reise um die Welt von allen vorherigen Berichten ab und machten die Erlebnisse der Entdecker für eine breite Leserschaft nachvol­lziehbar. Zu Unrecht wurde Forster später der Vorwurf gemacht, eine verklärende, falsche Südseero­man­tik zu forcieren: In Wahrheit zeigt er immer wieder eine durchaus dif­feren­zierte Sicht auf die Lebensverhältnisse auf Tahiti und den anderen besuchten Inseln. Die de­tail­lierten Beschrei­bun­gen von Flora, Fauna, ge­ol­o­gis­chen Gegeben­heiten, Kulturen und Sprachen lieferten wichtige Anregungen für die Wis­senschaft. Ins­beson­dere werden Forsters eth­nol­o­gis­che Beschrei­bun­gen bis heute anerkannt und genutzt. Ihm ist es u. a. zu verdanken, dass der Wis­senschaft de­tail­lierte Berichte über die Südseevölker vor der Kolonisierung zur Verfügung stehen.

Reise um die Welt hinterließ einen tiefen Eindruck bei Forsters Zeitgenossen. Christoph Martin Wieland lobte das Werk überschwänglich und nannte Forster einen „Mann von vorzüglichen Fähigkeiten, aufgeklärtem Geist und Kenntnissen, die ihn in den Stand setzen, besser zu sehen, scharf­sin­niger zu vergleichen, richtiger zu schließen als gemeine Seefahrer“. Alexander von Humboldt sah in Forsters Reisebeschrei­bung das Ideal einer neuen Art der Naturbe­tra­ch­tung ver­wirk­licht, die nicht nur Fakten darstellt, sondern das Beobachtete vollkommen durchdringt, um zu einem tieferen Verständnis der Zusammenhänge zu gelangen. Friedrich Schlegel attestierte Forster eine „universelle Empfänglichkeit“ und zog das Fazit: „So möchte man wünschen, dass junge Wahrheits­fre­unde, statt der Schule, häufiger eine Reise um die Welt wählen könnten.“

Über den Autor

Georg Forster wird am 27. November 1754 in Nassenhuben bei Danzig als Sohn des evan­ge­lis­chen Pastors und Natur­forsch­ers Johann Reinhold Forster und dessen Frau Justina Elisabeth geboren. Bereits im Alter von zehn Jahren wird Georg von seinem Vater mit auf eine Forschungsreise nach Russland genommen. 1766 zieht es den Vater nach England – der aufklärerische Geist erhofft sich dort eine größere Meinungs- und Forschungs­frei­heit. Georg begleitet ihn. Mit 13 Jahren übersetzt er Lomonossows Kurze Russische Geschichte ins Englische und gewinnt die Anerkennung der wis­senschaftlichen Welt. 1772 nimmt Georg im Alter von 17 Jahren zusammen mit seinem Vater an der zweiten Wel­tum­seglung von James Cook teil. Sein nach der Rückkehr verfasster Bericht A Voyage Round the World (Reise um die Welt, 1777) wird von einer breiten Leserschaft begeistert aufgenommen. Mit nur 22 Jahren wird Forster Mitglied der Royal Society in London. 1785 heiratet er die Schrift­stel­lerin Therese Heyne, mit der er später drei Kinder hat. Zwischen 1778 und 1787 lehrt er Naturgeschichte, zunächst in Kassel, dann im litauischen Vilnius. Er pflegt regen Kontakt mit den deutschen Dichtern und Aufklärern Lichtenberg, Lessing, Herder, Wieland und Goethe. 1789 bricht die Französische Revolution aus, die von Forster wie von vielen Aufklärern freudig begrüßt wird. 1790 führt ihn eine weitere Reise von Mainz aus, wo er inzwischen als Ober­bib­lio­thekar arbeitet, in die Niederlande, nach England und Frankreich. 1792 wird Mainz von der französischen Rev­o­lu­tion­sarmee besetzt, und Forster gehört den Jakobinern an, die 1793 die erste bürg­er­lich-demokratis­che Mainzer Republik ausrufen. Als Ab­ge­ord­neter des Rheinisch-Deutschen Na­tion­alkon­vents reist er 1793 nach Paris. Ein Gesetz des Kaisers verbietet allen Deutschen, die mit den französischen Revolutionären zusam­me­nar­beiten, die Rückkehr nach Deutschland, sodass Forster während der Schreck­en­sh­errschaft in Paris bleiben muss, wo er am 11. Januar 1794 allein und verarmt im Alter von nur 39 Jahren an einer Lungenentzündung stirbt.