New Economy
Lange Zeit galt die Börse als Zentrum des menschenverachtenden Kapitalismus. Eine längst überholte Einschätzung. Denn immer mehr Menschen entdecken die Vitalität des Aktienmarkts. Beispiel Deutschland: Inzwischen sind 13 % der ehemals anlagescheuen Bürger der Bundesrepublik Aktienbesitzer. Der Handel mit Wertpapieren generiert darüber hinaus Geschäfte, die ohne die Einlage von Fremdkapital gar nicht erst möglich geworden wären. Zeitgemässe Volkswirtschaften könnten ohne Börsen überhaupt nicht überleben. Die zunehmende Bedeutung der internationalen Börsen hat sogar das Antlitz der Weltwirtschaft verändert. Kapitalströme überwinden einst unpassierbare Grenzen. Rund um den Globus entwickelt sich ein marktwirtschaftliches Gesamtsystem, dessen wachsende Dynamik noch viele Chancen bereithält. Nicht umsonst spricht man weltweit immer öfter von der so genannten New Economy. Selten waren die Bedingungen für Unternehmensgründungen so günstig wie heute.
Warum überhaupt ein neues Unternehmen gründen?
Sobald es um Kreativität und Originalität geht, vergessen viele Menschen häufig alle Regeln - was durchaus in Ordnung ist. Die Entwicklung eigener Potenziale benötigt jedoch entsprechenden Freiraum. Den finden Individualisten meist in einem selbst geschaffenen Umfeld, beispielsweise im eigenen Unternehmen. Neue Unternehmen basieren häufig auf einer Geschäftsidee, die das bereits vorhandene Angebot in irgendeiner Form ergänzt. Insbesondere die prosperierende High-Tech-Welt erlaubt Innovationen auf allerhöchstem Niveau. Nicht selten treten neue Unternehmen jedoch auch in direkte Konkurrenz zu etablierten Anbietern desselben Segments. Ein Gewinn für jeden Verbraucher.
„Hilf dir selbst, so hilft dir Gott!“
Die Gründung eines Unternehmens spiegelt also ganz natürliche Interessen wider. Doch neben den rein finanziellen Aspekten bieten eigene Unternehmen die mitunter einzige Gelegenheit, aussergewöhnliche Fähigkeiten auszubauen und diese für das persönliche Fortkommen zu nutzen. Nirgendwo ist das Leben intensiver als in der Welt der Kämpfer, der Innovatoren, der Sieger und Verlierer.
Zu Wachstum verpflichtet
Man muss nicht unbedingt Bill Gates heissen, um rasantes Wachstum zu generieren. Innovationen im High-Tech-Bereich haben auch im kleinen Massstab das Zeug zum echten Erfolg. Unzählige Firmen im Hard- und Softwarebereich haben dies hierzulande in den letzten Jahren bewiesen. Man denke an jene Unternehmen, deren Produkte sich über die Grenzen der Republik hinaus durchsetzen konnten. Sie alle verbindet die Tatsache, dass bereits in der Gründungsphase an eine mögliche Internationalisierung der Geschäftsaktivitäten gedacht wurde. Galt es doch, Kontakte zu knüpfen, um Businessinfos und wirksame Werbekampagnen folgen zu lassen. So war der Sprung ins Ausland nach erfolgreicher Produkteinführung auf dem deutschen Markt meist gut vorbereitet. Einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg haben in diesem Zusammenhang die Geld gebenden Banken geleistet, denen es seit jeher gut gefallen hat, wenn Konzepte zur Unternehmensgründung auf eine optionale Internationalisierung ausgelegt waren.
„Trotz aller kalten Technik, das Spannendste an High Tech sind die Menschen. Oder besser gesagt, die Eigenschaften, welche die High-Tech-Welt in Menschen hervorbringt.“
Bleibt darauf hinzuweisen, dass die Freimütigkeit der Kreditgeber in den letzten Jahren bis an die Grenzen ausgereizt wurde, manchmal sogar darüber hinaus. Von Goldgräberstimmung wird deshalb nur noch selten gesprochen. Doch Vorsicht vor falschen Schlüssen! Denn die Globalisierung steckt noch immer in den Kinderschuhen. Unternehmensgründer sollten sich also weder vom Tief vorübergehend unterbewerteter Märkte noch vom Geschwätz anderer Leute abschrecken lassen. Unternehmerische Mobilität ist und bleibt eine lebensnotwendige Tugend. Und noch etwas: Die Welt wird immer anspruchsvoller. Zwei Drittel aller Menschen leben in Wirtschaftszonen, die - wenn überhaupt - gerade mal am Anfang eines gigantischen Aufbruchs in die Moderne stehen. Vom Ende des Wachstums kann also keine Rede sein. Ausserdem werden innovative Angebote in der Fremde oft besser angenommen als im lieb gewordenen Umfeld. Der Spruch "Bleibe im Lande und nähre dich redlich" hat definitiv ausgedient.
Charisma des Unternehmers
Der Volksmund sagt: "Geld und Erfolg machen sexy." Nun, darüber lässt sich streiten. Fest steht jedoch, dass der Erfolg eines Unternehmens nicht unwesentlich von der Art der Führung abhängt. Ein Unternehmensgründer sollte daher um eine ebenso glaubwürdige wie selbstbewusste Ausstrahlung bemüht sein. Zugegeben, das fällt nicht jedem leicht, ist aber durchaus erlernbar. Insbesondere grossen Unternehmen wird nachgesagt, sie seien bürokratisch und wenig effizient, weil sich Angestellte und Vorstände vielfach hinter ihren Pöstchen versteckten. Vermisst werden Einsatzbereitschaft und Entscheidungskraft. Wahr ist: Das Fehlen mächtiger Galionsfiguren entfacht vielfach Konflikte um Zuständigkeit und Einfluss. Charismatische Typen wie Ron Sommer und Jürgen Schrempp haben unterdessen öffentlich bewiesen, dass engagierte Führungspersönlichkeiten sogar die ganz grossen Konzerne wieder auf Kurs bringen können.
Krisen sind immer auch Chancen
Die Geschäftsidee scheint zu stimmen, der Umsatzmotor dreht auf vollen Touren, dem Unternehmen geht es gut. Aber was passiert, wenn das Schiff ins Wanken gerät? So, wie ein guter Kapitän erst bei rauer See zu wahrer Bestform aufläuft, sollte auch ein Unternehmer immer das Steuer in der Hand behalten und Ruhe bewahren. Probleme gehören zum Alltag der Selbstständigkeit. Schliesslich ist es die Aufgabe von Führungskräften, kritischen Situationen gegenüberzutreten, um sie zu lösen. Es sollte klar sein, dass die Probleme eines Unternehmens immer eine Ursache haben. Diese gilt es zunächst einmal zu lokalisieren. Ohne Diagnose keine wirksame Behandlung.
„Organisieren heisst immer strukturieren, und strukturieren heisst Komplexität reduzieren.“
Womit der positive Aspekt einer Krise auch schon erkannt wäre. Krisen weisen nämlich auf Fehler hin, die - sofern sie nicht bereits zum totalen Absturz eines Unternehmens geführt haben - ausgemerzt werden müssen. Und ob man es glauben mag oder nicht: jede Krise ist lösbar. Es kommt nur auf das richtige Management an. Ist eine Krise erst mal bewältigt, geht das Unternehmen umso stärker daraus hervor. Jede Krise hat zudem zur Folge, dass überholte Denkweisen und Verhaltensmuster in Frage gestellt werden. Ohne Zerwürfnis keine Fortentwicklung, ohne Asche kein Phönix. Nur keine Angst. Tödlich wäre für ein Unternehmen nur, wenn die Verantwortlichen die meist früh erkennbaren Symptome einer nahenden Krise ignorieren würden. Auf diese Weise würden sie drohenden Katastrophen Tür und Tor öffnen. In diesem Fall hätten selbst die tollsten Produkte und Dienstleistungen keine Chance mehr auf ihren berechtigten Markterfolg. Im Zweifelsfall gilt also: Auf ins Gefecht.
Die Psyche des Unternehmers
Selbsthilfe ist die beste Hilfe. Um den ständigen Anforderungen des Unternehmeralltags gewachsen zu sein, ist es absolut notwendig, sich immer wieder selbst aufzubauen. Emotionale Unterstützung durch eine Familie oder durch nahe stehende Personen ist dabei sehr hilfreich. Diskussionen um geschäftliche Abläufe sollten in diesem Umfeld jedoch weitgehend vermieden werden. Freunde, Partner und Verwandte sind keine Mitarbeiter, sie ergänzen vielmehr die privaten Facetten der Unternehmerpersönlichkeit.
„Globalisierung ist im High-Tech-Markt kein Widerspruch, sondern harte Realität. Nur solche Unternehmen überleben, die diesen Schritt schaffen. Ansonsten kann man mit einer innovativen Idee lediglich lokale Anfangserfolge erreichen.“
Eine starke Psyche setzt physisches Wohlbefinden voraus. Dieses lässt sich beispielsweise durch angemessenes körperliches Training erzeugen. Wer keinen Sport mag, sollte es mal mit einem ausgedehnten Spaziergang an frischer Luft versuchen. Bewegung löst Spannungen und weckt den Geist. Ein trainierter Körper hat aber noch weitere Vorteile: Er unterstützt die positive Wirkung einer Person. Während schlaffe Haltung von der Umgebung kaum wahrgenommen wird, besitzt der aufrechte Gang eine geradezu magische Leuchtkraft. Erhobenen Hauptes lässt es sich in jeder Situation glaubwürdig argumentieren. Es ist halt wie im Tierreich: Attraktivität beeindruckt. Wichtig ist auch, seine eigenen Stärken zu kennen. Wer sich seiner Fähigkeiten bewusst ist, behält eher die Kontrolle über sein Tun. In diesem Zusammenhang helfen ablenkende Tätigkeiten, um die eigenen Qualitäten so oft es geht wahrzunehmen. Hobbys sollten daher ebenso gepflegt werden wie soziale Kontakte. Hin und wieder kann aber auch schon ein gutes Buch wahre Wunder bewirken.
Thema "Business-Angels"
Jungen Unternehmen fehlt es allzu oft an Erfahrung. Besonders in Krisenzeiten wird dies deutlich. Manchmal fällt es Start-ups allerdings auch schwer, in angemessener Weise auf unerwartet heftiges Wachstum zu reagieren. Die Geschicke einer Firma hängen also nicht unbedingt am Geld, sondern auch an der Qualität des Managements. Aus diesem Grunde bieten immer mehr Consultingfirmen ihre Dienste an. Gerade in Sachen High Tech können die Branchen-Experten vorhergegangener Generationen den Neulingen mit wertvollen Tipps aushelfen. Doch aufgepasst: Es gibt viele schwarze Schafe. Es sollten nur solche Consultingfirmen um Rat gebeten werden, die ihr Engagement durch eigenes Risiko dokumentieren, z. B. indem sie den Erwerb von Anteilen als Bestandteil der Honorar-Vereinbarung akzeptieren.
Human Resources
Eine gute Mannschaft ist fast ein Garantieversprechen. Deshalb darf gesagt werden, dass die Wahl zukünftiger Mitarbeiter zu den sensibelsten Angelegenheiten zählt, nicht nur bei einer Unternehmensgründung, sondern während der gesamten Lebensdauer eines Unternehmens. Neben der Persönlichkeit von potenziellen Mitarbeitern zählt hier auf jeden Fall deren Qualifikation. Dabei spielen der Abschluss und die entsprechenden Noten eine entscheidende Rolle. Wichtig ist jedoch auch, auf welcher Hochschule das Wissen vermittelt wurde. Auslandsaufenthalte, Praktika und eventuelle Arbeitserfahrungen von Absolventen sollten in jedem Fall berücksichtigt werden.
„Als Gründer eines Start-up-Unternehmens sofort den Zwang zur Internationalisierung zu sehen ist nicht einfach. Man ist schliesslich mit der Entwicklung der ersten Produktversion ausreichend beschäftigt. Bei fortgeschrittener Unternehmensentwicklung macht sich diese enge Sicht sträflich bemerkbar.“
Klar, dass eine handlungsfähige Belegschaft auch erfahrene Mitarbeiter braucht. Deshalb sollte nicht an falscher Stelle gespart werden. Praktiker, die ihre Hörner bereits abgestossen haben, sind das Rückgrat einer funktionierenden Mannschaft. Eine bedarfsgerechte Schulung dieser Profis darf jedoch auch nie vernachlässigt werden, da sich die Standards der High-Tech-Welt häufig und schnell verändern.
Kundenorientierung
Ohne zufriedene Kunden kein Unternehmenserfolg! Eine einfache Weisheit, die im High-Tech-Zeitalter allerdings eine völlig neue Bedeutung gewonnen hat. Denn in Sachen Hard-, Software- und Netzwerkentwicklung geht es schon lange nicht mehr darum, jeden vordergründigen Kundenwunsch so präzise wie möglich umzusetzen. Vielmehr ist der moderne Unternehmer eine Art "Missionar", der seine Kunden von der Qualität der angebotenen Gesamtkonzepte überzeugen muss. Schliesslich verkauft man komplexe, innovative Leistungen, auf die ein Kunde geradezu angewiesen ist. Voraussetzung für eine entsprechende Argumentation sind natürlich gute und verlässliche Produkte. Aber ohne die wäre eine Unternehmensgründung ja ohnehin überflüssig ...
Prof. Dr. Dr. h. c. August-Wilhelm Scheer ist erfolgreicher Unternehmensgründer und anerkannter Wirtschaftswissenschaftler. Im Auftrag des saarländischen Ministeriums für Innovation, Technologie und Forschung ist er als offizieller Berater tätig. In Sachen Wirtschaftsinformatik konsultieren ihn zudem diverse internationale Institutionen. Darüber hinaus gibt Prof. Scheer mehrere Fachzeitschriften und Buchreihen heraus. Einige seiner Veröffentlichungen wurden zur Standardliteratur für Wirtschaftswissenschaftler und Betriebswirte in aller Welt.