Bin ich eine Klimasau?

Buch Bin ich eine Klimasau?

Klima schützen und damit besser leben

Riemann,


Rezension

Dass wir unser Klima schützen müssen, weil unser Leben und vor allem das Leben künftiger Gen­er­a­tio­nen davon abhängen, ist eine Erkenntnis, die sich mit­tler­weile durchge­setzt hat. Aber was der Einzelne in seinem persönlichen Bereich dazu beitragen kann, ist längst nicht jedem klar. Genau hier setzt das Buch von Klaus Füsser an und wartet mit einer Reihe überraschen­der In­for­ma­tio­nen auf, angefangen damit, dass keineswegs der Flugverkehr, sondern der alltägliche Konsum den Löwenanteil der CO2-Emis­sion verursacht. Übersichtlich struk­turi­ert, bietet das Buch 40 Tipps zum Klimaschutz, unterteilt in Bereiche des täglichen Lebens, von Konsum über Ernährung bis zur In­fra­struk­tur. Die ständigen Hinweise auf die CO2-Emis­sion pro Kopf und Jahr und das Einspar­poten­zial in Prozent können zwar nerven, sie führen aber auch dazu, dass man sich der großen Auswirkung schon kleiner Veränderungen bewusst wird. BooksInShort empfiehlt diesen Ratgeber jedem, der den Klimaschutz nicht nur den Politikern überlassen möchte, sondern sich an die eigene Nase fassen und noch heute damit anfangen will.

Take-aways

  • Konsum, Heizung, Verkehr und Ernährung sind die größten Klimakiller.
  • Wer beim Konsum die Qualität der Quantität vorzieht, kann pro Jahr mehr als eine Tonne CO2 einsparen.
  • Je nach Lebensstil produziert jeder von uns jährlich vier bis 35 Tonnen CO2.
  • An der Spitze des Verbrauchs steht der so genannte Konsumer, das Minimum erreicht der ökologische Trendsetter, und der Pragmatiker liegt irgendwo dazwischen.
  • Konsumieren Sie nicht wahllos, kaufen Sie bewusst Kleidung mit einem Öko-Gütesiegel und Möbel aus ein­heimis­chem Holz.
  • Ideale Wohngebäude sind Pas­siven­ergiehäuser. Alle anderen Häuser müssen regelmäßig saniert werden, um die CO2-Emis­sion zu reduzieren.
  • Machen Sie nicht jedes Jahr eine Fernreise, schwingen Sie sich für kleine Besorgungen aufs Fahrrad und nehmen Sie den Fuß vom Gas, um die Umwelt zu schonen.
  • Finger weg von Fer­tig­pro­duk­ten: Sie verursachen bei unserer Ernährung die höchste CO2-Be­las­tung.
  • Wechseln Sie zum Ökostro­man­bi­eter und drosseln Sie Ihren Stromver­brauch mit en­ergies­paren­den Haushalts­geräten und klimabe­wusstem Verhalten.
  • Wenn Sie bewusst Energie und Rohstoffe einsparen, entschlacken Sie zugleich Ihren Körper und Sie leben gesünder und zufriedener.
 

Zusammenfassung

Zwölf Tipps für Kli­maschutz-Ein­steiger

Entgegen der gängigen Meinung sind nicht der Stromver­brauch oder der Flugverkehr die Faktoren, die den Klimawandel vo­rantreiben, es sind Konsum (24 %), Heizung (19 %) und Ernährung (14 %). Auch das viel geschmähte Auto rangiert mit 13 % erst auf Platz vier; Strom (8 %) und Flugreisen (7 %) machen erstaunlich kleine Anteile der Emis­sion­s­menge aus. Addiert man allerdings Auto-, Flug- und öffentlichen Verkehr, kommen stattliche 2,4 Tonnen pro Einwohner und Jahr heraus, das entspricht 22 % und damit Rang zwei. Wer ernsthaft das Klima schützen will, dem bieten sich die „effektiven Zwölf“: Thesen und Tipps als Basis für das Vorhaben, von der Klimasau zum Klimaengel zu mutieren:

  1. Zur Herstellung von Konsumgütern werden pro Einwohner und Jahr 2,7 Tonnen CO2 in die Atmosphäre gepustet. Wer weniger konsumiert – nach dem Prinzip Qualität vor Quantität –, schont also besonders nachhaltig das Klima und kann bis zu 1,2 Tonnen pro Jahr einsparen.
  2. Veraltete Heiz- und Warmwasser­sys­teme gehören auf den Müll – damit spart man bis zu 1,6 Tonnen CO2.
  3. Vernünftige Raumtem­per­a­turen, richtiges Lüften und keine Warmwasserver­schwen­dung sind weitere Kli­maschutz-Schritte.
  4. Fahren Sie mit dem Fahrrad zum Einkaufen (das hält auch noch fit) oder nutzen Sie öffentliche Verkehrsmit­tel statt den eigenen Pkw.
  5. Verkaufen Sie Ihren Geländewagen und legen Sie sich ein Modell der Kom­pak­tk­lasse zu. Bei 12 000 Kilometern Fahrleis­tung pro Jahr können Sie so 1,7 Tonnen CO2 einsparen.
  6. Fahren Sie generell weniger, bilden Sie Fahrge­mein­schaften und gewöhnen Sie sich eine nieder­tourige, weniger sportliche Fahrweise an.
  7. Vielflieger sollten sich mit der Bahn anfreunden: Der ICE belastet das Klima mit nur 20 % von dem, was ein Flugzeug ausspuckt.
  8. Auch wenn Sie nicht gleich Veganer werden möchten: Die Produktion von Fleisch- und Milch­pro­duk­ten verursacht deutlich mehr CO2 als die pflan­zlicher Lebens­mit­tel. Weniger Fleisch- und Milch­pro­dukte sind also nicht nur für den Menschen, sondern auch für das Klima gesund.
  9. Brauchen Sie wirklich eine Klimaanlage und einen pompösen Plas­ma­bild­schirm? Ein Ventilator und ein kleinerer LCD-Bild­schirm fressen deutlich weniger Strom.
  10. Ve­r­ab­schieden Sie sich von alten Kühlschränken, Glühbirnen und dem Stand-by-Modus, und hängen Sie die Wäsche auf die Leine, statt den Wäschetrock­ner zu benutzen, das spart 0,43 Tonnen CO2.
  11. 0,85 Tonnen CO2 weniger braucht, wer seine Verbindung mit dem Stromgroßanbieter kappt und zum Ökostrom wechselt.
  12. Auch der öffentliche Konsum vergrößert den Treib­haus­ef­fekt. Also gehen Sie im Unternehmen mit gutem Beispiel voran und machen Sie auf Ihrem Wahlzettel dort ein Kreuzchen, wo der Klimaschutz die Politik bestimmt.

Wer ist schuld am Klimawandel?

Manche Skeptiker behaupten, der Klimawandel sei nichts als Panikmache und beruhe keineswegs auf von Menschen verur­sachten Einflüssen. Die Grundlage der Ungläubigen ist die Tatsache, dass es keine hun­dert­prozentig sicheren Prognosen zum Klimawandel gibt. Die meisten Wis­senschaftler und Kli­maforscher sind sich ungeachtet der Zweifler aber einig, dass die Emission von Klimagasen (CO2, Methan, Lachgas) reduziert werden muss. Hauptübeltäter ist das CO2, das 75 % ausmacht. Jeder Einzelne von uns verursacht derzeit durch­schnit­tlich 4,5 Tonnen CO2 jährlich; das Ziel der Wis­senschaftler und mit­tler­weile auch vieler Politiker ist die Reduzierung dieses Wertes auf 2,5 Tonnen pro Kopf und Jahr bis zum Jahr 2050. Länder wie die USA, Kanada und Australien mit 23, 24 und 27 Tonnen je Einwohner und Jahr müssen sich da noch gewaltig anstrengen, wogegen En­twick­lungsländer (z. B. Äthiopien mit 0,1 Tonnen) ihren CO2-Ausstoß noch ein wenig erhöhen dürfen, um den Anschluss an die Weltwirtschaft nicht zu verpassen.

„Vielleicht ist die drohende Kli­makatas­tro­phe ja der Impuls, den wir als Menschheit brauchen, um endlich friedlich und fair zusammen zu leben und zu arbeiten.“

Aber nicht nur global gesehen, auch innerhalb eines Landes erzeugen die Menschen je nach Lebensstil un­ter­schiedlich viel CO2. In Deutschland (mit durch­schnit­tlich elf Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr) reicht das Ver­brauchsspek­trum von 35 Tonnen CO2 bei den Konsumern bis zu vier Tonnen CO2 bei den Trend­set­tern in Sachen Klimaschutz.

Weniger Konsum ist mehr und besser

Konsum macht Spaß, kostet aber nicht nur Geld, sondern auch eine Menge Energie. Der dickste Posten ist die Wohnung oder das Haus, hier verursachen wir am meisten CO2 – können aber auch sehr viel einsparen, wenn wir mit kleinerem Wohnraum zufrieden sind und Holz bzw. nachwach­sende Rohstoffe als Baumaterial verwenden. Holz ist außerdem schöner als Beton. Bei Möbeln machen Tropenhölzer zwar viel her, sie verursachen ökologisch gesehen aber auch enormen Schaden, sollten sie nicht mit dem FSC-Siegel für nachhaltige Produktion aus­ges­tat­tet sein. Solche Gütesiegel gibt es auch für Kleidung, etwa „Naturtextil best“. Für ein Kilogramm Baum­wol­lk­lei­dung werden in ökologischer Pro­duk­tion­sweise nur fünf Kilogramm CO2 freigesetzt; nicht ökologisch produzierte Mode bringt es auf satte 40 Kilogramm CO2 pro Kilogramm Kleidung. Sie müssen nicht den totalen Kon­sumverzicht üben, aber wenn Sie erst denken und dann kaufen, können Sie viel für das Weltklima tun. Luxu­sar­tikel sind Klimasünden und ruinieren nebenbei Ihr Konto. Investieren Sie das Geld besser in en­ergies­parende Haushalts­geräte oder in ökologische Geldanlagen.

Heizung und Warmwasser

Einsparun­gen bei Heizung und Warmwasser schonen nicht nur die natürlichen Ressourcen und Ihren Geldbeutel, sie verringern vor allem die CO2-Emis­sion, die derzeit mit 2,5 Tonnen pro Kopf und Jahr ganz ordentlich zu Buche schlägt. Bauherren und Vermieter können sich um eine bessere Wärmedämmung kümmern und ef­fizien­tere Heizsysteme einbauen. Aufgabe von Bewohnern und Mietern ist es, kleine Undichtigkeiten zu beheben und vor allem ihr Verhalten zu ändern: also nicht die Fenster dauerhaft kippen, die Heizung voll aufdrehen und heiße Bäder nehmen statt zu duschen. Natürlich sollen Sie zu Hause nicht frieren, aber versuchen Sie es doch erst mal mit einem Pullover, bevor Sie am Thermostat drehen. Neue Häuser werden heute, wenn möglich, als Pas­siven­ergiehäuser gebaut, ältere Gebäude muss man etwa alle 25 Jahre grundlegend renovieren. Ein neuer Bren­nwertkessel verbraucht ungefähr 25 % weniger Energie als ein alter, und wenn Sie künftig mit Gas statt mit Öl heizen, bedeutet das 30 % weniger CO2 auf Ihrem Klimakonto. Bei Fernwärme sind es 60 % und bei Holz oder Pellets sogar 80 % weniger gegenüber der Ölheizung. Hängen Sie außerdem Vorhänge auf und schließen Sie nachts die Rollos oder Fensterläden, schrauben Sie einen Perlator zwischen Duschschlauch und Armatur, und drehen Sie beim Zähneputzen den Wasserhahn zu.

Verkehr und Ernährung

Mobilität ist der Traum des modernen Menschen – und der Albtraum der Klimaschützer. Ein typischer Konsumer, der sich pro Jahr zwei Fern- und vier Städtereisen sowie einen Geländewagen gönnt, verursacht jährlich bis zu 25 Tonnen CO2. Okay, auf die Seychellen kommen Sie nicht mit dem Fahrrad, aber viele andere Wege lassen sich mit dem Drahtesel oder auch zu Fuß erledigen; damit tun Sie dann gleich noch etwas für Ihre Gesundheit. Ökologische Trendsetter beteiligen sich darüber hinaus am Carsharing oder bilden Fahrge­mein­schaften. Wer entspannt und nieder­tourig Auto fährt, spart jährlich 0,35 Tonnen CO2 und hat 210 € mehr im Geldbeutel.

„Eine weltweit verträgliche Klima­gase­mis­sion liegt bei etwa zwei Tonnen pro Jahr und Erdenbürger.“

Die kann man dann z. B. im Bioladen ausgeben. Wer ausschließlich dort einkauft, spart rund 20 % an Treib­haus­gasen, weil die Bi­oland­wirtschaft deutlich weniger Energie verbraucht als die herkömmliche. Wahre Umweltengel sind die kon­se­quenten Veganer, aber so ganz ohne Schnitzel und Wurst, das ist nicht jedermanns Sache. Wenn Sie es jedoch zum Vegetarier schaffen, ersparen Sie der Umwelt immerhin 0,4 Tonnen Klimagase pro Jahr – als Veganer, also auch ohne Molk­ereipro­dukte, wären es nochmal 0,8 Tonnen. Auf jeden Fall macht es Sinn, die Tiefkühlkost einzuschränken, die schon bei der Produktion jede Menge Energie verschlingt, und so bis zu drei Tonnen Klimagase zu vermeiden.

Strom­fressern den Hahn zudrehen

Jeder Deutsche verbraucht jährlich im Durch­schnitt 1350 Kilo­wattstun­den Strom. Der Löwenanteil im Haushalt geht zulasten kühlender und gefrieren­der Geräte (33 %), gefolgt vom Bereich Kochen und Backen (15 %). Es lohnt sich, alte Geräte gegen neue, en­ergieef­fiziente A++-Geräte einzu­tauschen. Die Kühl-Gefrier-Kom­bi­na­tion im US-Stil ist zwar total trendig, liegt aber bei 0,32 Tonnen Ver­brauch­se­mis­sion pro Jahr – ein Kühlschrank mit Eisfach der Klasse A++ bringt es auf deutlich schmalere 0,08 Tonnen. Kochen müssen wir natürlich alle, aber wer dabei die Töpfe mit dem passenden Deckel verschließt, den Schnel­lkoch- oder Dampf­gar­topf einsetzt und die passende Platte verwendet, hat schon viel für die Umwelt getan. Das gilt auch für den Einsatz von En­ergies­par­lam­pen überall dort, wo das Licht lange brennt, z. B. in der Küche, am Ess- und Ar­beit­splatz oder im Wohnzimmer. Außerdem sollten Geräte, die Sie nicht brauchen, ganz aus­geschal­tet sein und nicht im Stand-by-Modus nächtelang Strom schlucken. Ziemlich unsinnig sind in unseren Bre­it­en­graden Kli­maan­la­gen, selbst wenn „Klasse A“ oder „Öko-Top“ draufsteht. Wem es wirklich zu heiß wird, der sollte besser Son­nen­schutz­jalousien anbringen oder einen Ventilator aufstellen.

„Viel Geld kann man einsparen, indem man eine Kühl-Gefrier-Kom­bi­na­tion durch einen Kühlschrank mit Tiefkühlfach ersetzt.“

Vielleicht hat Sie das alles nicht so ganz überzeugt, weil Sie mit Ihrem Fünf-Per­so­nen-Haushalt keineswegs auf Dinge wie Wäschetrock­ner oder Gefriertruhe verzichten möchten. Sie können trotzdem zum Kli­ma­trend­set­ter werden, indem Sie zum Ökostro­man­bi­eter wechseln und damit nur noch ein Viertel Ihrer bisherigen CO2-Emis­sion in die Atmosphäre schicken.

Auf jeden Einzelnen kommt es an

Selbst während Sie in der Hängematte aus dem Dritte-Welt-Laden liegen, tragen Sie zum Klimawandel bei, denn rund eine Tonne CO2 jährlich werden jedem von uns für die In­fra­struk­tur angerechnet, die wir nutzen, also für die Klimagase, die der Staat, die Gemeinden und öffentliche In­sti­tu­tio­nen verbrauchen. Damit auch hier im Sinne des Kli­maschutzes gehandelt wird, geben Sie demjenigen Politiker Ihre Stimme, der es mit dem Klimaschutz wirklich ernst meint und sich für die Ver­ringerung der CO2-Emis­sion einsetzt. Es geht um die Zukunft unseres Planeten, da zählt jede Stimme.

„,Besser leben‘ kann heißen, sich nicht länger als Verbraucher oder Konsument zu definieren, sondern zur Avantgarde oder Elite eines modernen und umweltkom­pe­ten­ten Lebensstils zu werden.“

Eigenini­tia­tive ist auch am Ar­beit­splatz gefragt. Gerne vergisst man seine En­ergies­par­vorsätze, wenn Heizung, Strom und Papier nicht aus eigener Tasche bezahlt werden müssen. Arbeiten Sie auch im Büro daran, Treib­haus­gase zu vermeiden. Das bedeutet genau wie zu Hause auch: einen warmen Pullover tragen statt übermäßig heizen, Stoßlüften statt Fenster auf Kippe, Teewasser mit dem Heißwasserkocher statt auf der Platte zubereiten, En­ergies­par­lam­pen einsetzen und Papier sparsam verwenden. Konsum mag ja für viele attraktiv sein, aber ein Zuviel tut keinem gut, weder dem Verbraucher noch der Umwelt. Denn das Zuviel bedeutet Übergewicht, vollgestopfte Kleiderschränke und Reizüberflutung. Ganz ehrlich: Das brauchen Sie alles nicht, oder? Mit weniger leben wir besser, gesünder und billiger, und wahrschein­lich überleben wir auf dieser Erde auch länger. Es zahlt sich also aus, wenn jeder den Klimaschutz zu seinem ganz persönlichen Anliegen macht – und noch heute damit anfängt.

Über den Autor

Klaus Füsser ist studierter Bauin­ge­nieur mit einer Weit­er­bil­dung zum Gestalt­ther­a­peuten. Heute arbeitet er als Journalist mit dem Schw­er­punk­t­thema Klimaschutz.