Die neue Rolle des Controllers

Buch Die neue Rolle des Controllers

Aufgaben, Anforderungen, Best Practices

Schäffer-Poeschel,


Rezension

Controller sind Nervensägen. Sie mischen sich überall ein, wollen ständig In­for­ma­tio­nen und verhindern In­no­va­tio­nen: „Zu teuer“, „nicht strate­giekon­form“, „unrentabel“ – das sind ihre Lieblingsworte. Tatsächlich? Diese Sicht der Dinge ist überholt, meinen die Autoren dieses Buchs. Controller seien zu Unrecht als Erbsenzähler verschrien, vielmehr seien sie heute – zumindest im Idealfall – ein­flussre­iche Berater des Managements, die sich als Steuermänner des Un­ternehmens etabliert hätten. Diesen Wandel im Berufsbild belegt das Buch mit einer Vielzahl wis­senschaftlicher Studien. Die lesen sich er­wartungs­gemäß nicht gerade leicht, und die geschraubt-akademis­che Sprache ist ebenso unnötig wie hinderlich. Wer sich aber nicht zu schade ist, den Faktenberg nach Ver­w­ert­barem zu durchwühlen und auch die härtesten Worthülsen zu knacken, findet durchaus Antworten auf die entschei­dende Frage: Was muss der Controller von morgen können? Eine Reihe von Fall­beispie­len illustriert diese An­forderun­gen und bietet nicht zuletzt In­for­ma­tio­nen zu poten­ziellen Ar­beit­ge­bern. BooksInShort empfiehlt das Buch allen Controllern und allen, die es werden wollen.

Take-aways

  • Die Rolle des Controllers verändert sich: weg vom „Erbsenzähler“, hin zum Man­age­ment­ber­ater.
  • Controller verstehen sich heute als interne Di­en­stleis­ter.
  • Sie stellen In­for­ma­tio­nen bereit, planen, kon­trol­lieren die Zielein­hal­tung und übernehmen ko­or­dinierende Aufgaben.
  • Studien zeigen: In er­fol­gre­ichen Unternehmen sind Controller modernen Zuschnitts häufiger anzutreffen.
  • Der Wandel des Berufsbilds lohnt sich auch für die Firmen.
  • Der Fi­nanzvor­stand kann seine Aufgaben ganz oder teilweise anderen übertragen. Controller können diese Chance nutzen.
  • Bei Unternehmen, die nach IFRS bilanzieren, decken sich die Standards der externen Rech­nungsle­gung möglicher­weise nicht mit jenen des Con­trol­lings.
  • Die meisten Unternehmen legen heute die Bereiche Bi­lanzierung und Controlling sin­nvoller­weise zusammen.
  • Für Controller kann das heißen, auf den Einbezug kalku­la­torischer Kosten zu verzichten und sich IRFS-Wissen anzueignen.
  • Controller sollten sich heute auch überlegen, ihre Di­en­stleis­tun­gen selbstständig anzubieten. Daraus ließe sich ein neues Geschäftsmodell entwickeln.
 

Zusammenfassung

Vom Zahlenknecht zum Kopiloten

Die Zeiten, in denen von „Erbsenzählern“ und „Zahlenknechten“ die Rede war, scheinen vorbei. Die Rolle der Controller hat sich grundlegend verändert. Zwar gehören die Planung und die Auf­bere­itung von Fi­nanz­in­for­ma­tio­nen weiterhin zu den Ker­nauf­gaben der Profession, doch kamen in den vergangenen Jahren einige neue Aufgaben hinzu. Neben dem Basiswissen zur Rech­nungsle­gung und der Bud­geter­stel­lung wird vom Controller heute verlangt, dass er die Absatz- und Beschaf­fungsmärkte seines Un­ternehmens versteht. Sich den Rat von Controllern zu holen, ist für Manager mit­tler­weile selbstverständlich. Manager ve­r­ab­schieden sich vom Bild des Controllers als notwendiges Übel und sehen ihn als Di­en­stleis­ter, der ihnen weiterhilft. Immer öfter wird er bei Veränderung­spro­jek­ten oder bei der Strate­giear­beit eingebunden. So spricht man heute denn auch eher von „Kopiloten“ und „Steuermännern“.

„Die Öffentlichkeit nimmt in wachsendem Maße erstaunt zur Kenntnis, dass Controller längst ihrer Rolle als lästige Kosten­rech­ner und Erbsenzähler entwachsen sind.“

Die Tätigkeiten der Controller reichen von schnöder Buchhaltung bis zu eigentlichen Man­age­men­tauf­gaben. Sie lassen sich in drei große Bereiche gliedern:

  1. Bere­it­stel­lung von In­for­ma­tio­nen,
  2. Planung und Kontrolle der Zielein­hal­tung,
  3. Ko­or­di­na­tion­sauf­gaben.
„Eine Konzen­tra­tion des CFO auf die Führung des Fi­nanzbere­ichs reicht nicht aus.“

Controller entlasten die Manager, sie ergänzen deren Arbeit und greifen bei In­ter­essen­skon­flik­ten ein. Indem sie Be­ratungs­funk­tio­nen einnehmen, werden sie zunehmend ihrer neuen Rolle als Steuermännern des Un­ternehmens gerecht. Nach einer Studie des In­ter­na­tionalen Controller Vereins sehen 62 % der Manager im Controller einen „internen Berater“, 53 % das „ökonomische Gewissen“ des Un­ternehmens. 35 % nehmen ihn aber auch als „Kontrolleur“ und 16 % als „Erbsenzähler“ wahr. Die Controller selbst möchten zukünftig ihre Rolle als interne Berater und Steuermänner gestärkt wissen. Das kommt auch den Unternehmen zugute: In er­fol­gre­ichen Betrieben sind die positiv besetzten Rollen nämlich weitaus häufiger anzutreffen als bei nicht er­fol­gre­ichen – auch das lässt sich belegen.

„Empirisch lässt sich zeigen, dass die Investition in entsprechende Stellen gut angelegt ist: Controller rechnen sich, sie helfen tatsächlich, ihr Unternehmen erfolgreich zu machen.“

Ein ein­heitliches Auf­gabenge­biet für Controller über alle Branchen und Unternehmen hinweg existiert aber nicht. Im Bayer-Konz­ern z. B. wird die Frage nach den Rollen der Controller ganz pragmatisch beantwortet: Ob ein Controller ein mächtiger Berater des Managements oder eher ein Zahlenknecht sei, hänge stark von den persönlichen Fer­tigkeiten des Einzelnen, seinem Fachwissen und seinen sozialen Kompetenzen ab. Auf alle Fälle muss der Controller bei Bayer lernbereit sein und sich den Respekt des Managements durch verlässliche Aussagen verdienen.

En­twick­lungsstufen des Con­trol­lings

Controlling ist im Grunde Teamarbeit zwischen dem Controller, der für trans­par­ente Ergebnisse, Strategien und Prozesse sorgt, und den Managern, die für Entschei­dun­gen und deren Re­al­isierung ve­r­ant­wortlich sind. Doch auch die Controller helfen mit, dass die Strategie effizient umgesetzt wird. Das war nicht immer so: Das moderne Con­trol­lingverständnis entwickelte sich – und entwickelt sich in manchen Unternehmen immer noch – in fünf Stufen:

  1. Gewährleistung einer ein­heitlichen be­trieb­swirtschaftlichen Datenbasis: Der Controller macht die In­for­ma­tio­nen un­ter­schiedlicher Bereiche oder Standorte ver­gle­ich­bar. Einiges an Arbeit kommt auf ihn zu, wenn sein Unternehmen ein anderes kauft. Die In­for­ma­tio­nen müssen konsistent und aussagekräftig sein.
  2. Gestaltung des Planungs- und Analy­sesys­tems: Damit das Management Entschei­dun­gen treffen und planen kann, berechnet der Controller Kennzahlen, erläutert diese und macht es zu seiner Aufgabe, im Unternehmen für Akzeptanz dieser Kennzahlen zu werben. Dabei wird nicht um des Messens willen gemessen, sondern es geht darum, jene Indikatoren zu finden, die maßgeblich sind und das Management bei der Entschei­dungs­find­ung unterstützen.
  3. Kombination von strate­gis­chem und operativem Geschäft: Ohne Strategie ist ein Unternehmen zum Scheitern verurteilt. Controller unterstützen die Strategie, indem sie Analysen zu Zielkunden, Kernkom­pe­ten­zen und zur Mark­t­po­si­tion­ierung erarbeiten. Um die Inputs für seine Berichte zu erhalten, muss der Controller aktiv auf das Management zugehen. Er muss her­aus­finden, welche Maßnahmen umgesetzt werden müssen, um die Ziele zu erreichen. Dann baut er die Ergebnisse in die Planung und in das Budget ein. Schließlich muss der Controller sich­er­stellen, dass jeder im Unternehmen über seine eigenen Ve­r­ant­wortlichkeiten informiert ist.
  4. Steuerung des Un­ternehmens zur Re­al­isierung nach­halti­gen Wirtschaftens: Zu den Aufgaben des Con­trol­lings gehören die Planung sowie die Erstellung der Budgets. Als Basis dafür dienen die strate­gis­chen Ziele des Un­ternehmens. Controller unterstützen die Einhaltung des Budgets, indem sie Kennzahlen bere­it­stellen und den Prozess überwachen. Nach Vorlage der Ergebnisse führt der Controller Soll-Ist-Analy­sen durch und zeigt Verbesserungspoten­ziale auf.
  5. Entwicklung des Con­troller-Ser­vice zum eigenständigen Business: Controller müssen erkennen, dass sich ihre Ex­perten­leis­tun­gen durchaus zu einem eigenen Geschäftsmodell entwickeln lassen. Dafür müssen sie Marktpreise kalkulieren und ein Marketing- und Ver­trieb­skonzept erarbeiten.

Das Verhältnis von CFO und Controller

Egal ob gegenüber dem Kap­i­tal­markt oder der breiteren Öffentlichkeit, der CFO (Chief Financial Officer) muss sich für die Leistung seines Un­ternehmens recht­fer­ti­gen. Er kann sich nicht nur auf den Fi­nanzbere­ich beschränken, sondern muss zusätzlich die Strategie nach fi­nanzwirtschaftlichen Gesicht­spunk­ten analysieren, die Ziel­er­re­ichung überprüfen, sich um das Berichtswe­sen kümmern und die Or­gan­i­sa­tion­sstruk­turen überdenken – all das im Sinne einer ganzheitlichen Un­ternehmenss­teuerung. Diese Aufgaben kann der CFO ganz oder teilweise dem Controlling übertragen. Immer noch nimmt das Berichtswe­sen für die Controller den Großteil ihrer Zeit in Anspruch, doch es spricht vieles dafür, sie auch bei der Un­ternehmenss­teuerung einzusetzen: Sie verfügen über fi­nanzwirtschaftliches Wissen und sind durch die Nähe zum Vorstand über den Stand der Dinge im Unternehmen im Bild. Im Idealfall zeichnen sie sich auch durch soziale Kompetenzen und ein tieferes Verständnis für das Geschäft aus.

Veränderungen des Con­trol­lings unter IFRS

Ein Unternehmen, das aus rechtlichen Gründen gezwungen ist, nach IFRS (In­ter­na­tional Financial Reporting Standards) zu bilanzieren, steht vor einem Dilemma, wenn sich die Standards dieser externen Rech­nungsle­gung nicht mit den De­f­i­n­i­tio­nen des internen Rech­nungswe­sens decken. Die Welt der Accountants – die für die externe Berichter­stat­tung zuständig sind – und jene der Controller laufen Gefahr, au­seinan­derzu­driften. Die Controller müssen deshalb nicht nur auf dem Gebiet der internen Rech­nungsle­gung firm sein, sondern auch Bi­lanzierungswis­sen nach IFRS mitbringen, wenn sie etwa der In­vestor-Re­la­tions-Abteilung bei der Kom­mu­nika­tion mit Investoren helfen wollen. Häufig benötigen auch externe Prüfer Inputs vom Controlling. Bereits ein Sechstel der Arbeitszeit verbringen Controller mit dieser In­for­ma­tions­bere­it­stel­lung. Es macht demnach Sinn, die beiden Abteilungen Controlling und Bi­lanzierung zu integrieren. Laut einer Umfrage unter öster­re­ichis­chen Managern, Controllern und Bi­lanzier­ern ist dies bei 90 % der Unternehmen bereits der Fall, geplant oder in Umsetzung.

„Controller müssen unter IFRS eine zusätzliche Rolle ausfüllen, nämlich als In­for­ma­tions­di­en­stleis­ter und Spar­ringspart­ner auch für Bilanzierer bzw. Accountants.“

Ein Thema bei dem sich die Geister scheiden, ist die Ein­beziehung kalku­la­torischer Kosten, also von Kosten, denen kein Aufwand oder ein Aufwand in anderer Höhe gegenübersteht, wie z. B. Ab­schrei­bun­gen. Während dies im Controlling selbstverständlich ist, ist es nach IFRS nicht möglich. Manche Unternehmen – wie etwa die BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH – gehen bei externem und internem Rech­nungswe­sen getrennte Wege und analysieren dann die ab­we­ichen­den Zahlen mithilfe von Überleitun­gen.

„Zunächst muss sich der Controller intensiv mit der IFRS-Rech­nungsle­gung befassen, damit er bei der Beurteilung von Hand­lungsalter­na­tiven auch die Auswirkun­gen auf die externe Berichter­stat­tung berücksichtigen kann.“

Die Abteilungen der Deutschen Post sind einen Schritt weiter gegangen und haben sich auf einen ein­heitlichen Kontenplan, ein­heitliche Be­w­er­tungsmeth­o­den und ein gemeinsames Kon­so­li­dierungs- und Re­port­ing-Sys­tem geeinigt. Das Controlling verzichtet gänzlich auf die Berechnung kalku­la­torischer Kosten, sodass die Zahlen auch für das externe Reporting verwendbar sind. Als IFRS im Unternehmen eingeführt wurde, konnte das interne Berichtswe­sen nicht sofort umgestellt werden. Die Controller müssen sich mit der IFRS-Rech­nungsle­gung vertraut machen, um eruieren zu können, wie sich ver­schiedene Entschei­dun­gen auf die Bilanzen auswirken.

„Das wer­to­ri­en­tierte Reporting enthält in in­te­gri­erter Form qualitative und quan­ti­ta­tive In­for­ma­tio­nen und ist in sachlicher, zeitlicher und formaler Hinsicht kun­de­nori­en­tiert.“

Auch bei der Deutschen Telekom weiß man von den Vorteilen eines in­te­gri­erten Rech­nungswe­sens. Angenommen, es gibt in einem Unternehmen die „Con­troller-Wahrheit“ und die „Ac­count­ing-Wahrheit“: Sind die Zahlen des Accountings besser als die des Con­trol­lings und werden auf Basis der Con­trol­ling-Zahlen Per­son­al­ab­baumaßnahmen beschlossen, wird dies für Verärgerung in der Öffentlichkeit sorgen. Das spricht für die Integration beider Bereiche. Und dennoch: Auch bei der Deutschen Telekom ist noch keine vollständige Har­mon­isierung der Daten erfolgt. Für Wirtschaftlichkeit­srech­nun­gen werden weiterhin kalku­la­torische Kosten angesetzt.

Die Rolle des Controllers bei BSH Bosch und Siemens

Bei BSH Bosch und Siemens, einem 50:50-Joint-Ven­ture zur Herstellung von Hausgeräten, hat die Rolle des Controllers in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Neben den klassischen Aufgaben wie Gestaltung, Bewertung und Kom­men­tierung der Busi­ness­pla­nung, ist er für die Beurteilung von In­vesti­tion­spro­jek­ten und das Risiko­man­age­ment zuständig und muss bei größeren Projekten eingebunden werden. Die Controller bereiten auch die Auf­sicht­sratssitzun­gen vor und beraten die operativen Einheiten in be­trieb­swirtschaftlichen Fragen. Daher verlangt das Unternehmen von seinen Controllern ein gutes Geschäftsverständnis und Kom­mu­nika­tion­skom­pe­tenz. Or­gan­isatorisch ist der Zen­tral­bere­ich Un­ternehmensen­twick­lung und Controlling mit 70 Mi­tar­beit­ern direkt dem CFO unterstellt. Das Management erhält vom Controlling in regelmäßigen Abständen schriftliche Berichte, die in anschließenden Be­sprechun­gen kommentiert werden. Außerdem organisiert das Controlling einmal monatlich die Sitzungen zwischen der Geschäftsführung und den operativen Einheiten und sorgt dafür, dass die vere­in­barten Maßnahmen auch umgesetzt werden.

Die Aufgaben des Controllers bei ThyssenK­rupp

Im Stahl- und Industriegüterkonzern ThyssenK­rupp soll der Controller dem Vorstand In­for­ma­tio­nen und Analysen liefern, die ihm helfen, Entschei­dun­gen zu treffen. 17 Mitarbeiter ko­or­dinieren die Planung, die sich unterteilt in die Einschätzung des laufenden Geschäftsjahres, die Mit­tel­frist­pla­nung und die strate­gis­che Planung. Im Rahmen der wer­to­ri­en­tierten Berichter­stat­tung erstellt das Controlling monatliche Reports mit qual­i­ta­tiven und quan­ti­ta­tiven In­for­ma­tio­nen einschließlich Ist- und Budgetwerte zu Umsatz und Ergebnis. Natürlich ist der Controller bei ThyssenK­rupp auch in Projekte eingebunden. Zu seinen Aufgaben gehört ferner das In­vesti­tion­scon­trol­ling: Übersteigt der Antrag für eine Sach­in­vesti­tion zehn Millionen Euro, gibt das Controlling eine Stel­lung­nahme ab. Schließlich ist das Controlling für das wer­to­ri­en­tierte Man­age­mentsys­tem mit seinen diversen In­stru­menten zuständig.

Über die Autoren

Prof. Dr. Jürgen Weber leitet das Institut für Management und Controlling an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar. Dr. Hendrik Vater ist CFO Exel Supply Chain bei Deutsche Post World Net. Dr. Walter Schmidt ist Ökonom und Autor mehrerer Bücher zum Thema Balanced Scorecard. Hartmut Reinhard arbeitet als Director Strategy Logistics und Director Global Controlling Logistics für die Deutsche Post. Prof. Dr. Edgar Ernst ist Hon­o­rarpro­fes­sor der Otto Beisheim School of Management. Neben diesen fünf Her­aus­ge­bern und Autoren haben 23 weitere Fachleute an dem Buch mit­geschrieben.