Service schafft anhaltende Beziehungen
Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ohne großes Werbebudget ist exzellenter Service sehr wichtig. Wer damit glänzen kann, den nehmen die Kunden als Anbieter qualitativ hochwertiger Güter und Dienstleistungen wahr, und das zahlt sich aus. Einer Umfrage zufolge, die im Auftrag der Wirtschaftswoche erstellt wurde, achten immer mehr Verbraucher auf Qualität und springen längst nicht mehr auf jedes Rabattangebot an. Unternehmen, die nach der Devise „Geiz ist geil“ die Kunden anlocken, bringen es vielleicht zu einer kurzen Affäre. Wer dagegen guten Service anbietet, geht mit größerer Wahrscheinlichkeit eine lang anhaltende Beziehung zu einem treuen Kunden ein. Denn während Geiz kurzfristig aufgeilt, ist Service langfristig sexy.
„Die größte Falle, in die viele Unternehmen tappen, ist das Verlangen, mit allen und jedem eine Geschäftsbeziehung aufbauen zu wollen.“
Guter Service zeichnet Ihr Unternehmen aus, egal welcher Branche es angehört. Alles was Ihre Kunden mit Ihrem Unternehmen, Ihren Mitarbeitern und Ihren Produkten und Dienstleistungen erleben, bereichert das Bild Ihres Service: der Kontakt zur Helpline ebenso wie der Besuch in einer Filiale, das Auftreten und die Kleidung der Mitarbeiter ebenso wie der Eindruck der Einrichtung.
Jedes Puzzleteil muss stimmen
Schon mit Kleinigkeiten können Sie einen positiven Eindruck zerstören. Denn das menschliche Gehirn setzt sich sein Gesamtbild aus wenigen kleinen Puzzleteilchen zusammen. Ein einmal gefasstes Vorurteil bleibt relativ stabil. Dieses Zurechtkommen mit wenig Informationen dient evolutionsbiologisch dem Selbsterhalt. Für den Service bedeutet das: Jedes kleine Teilchen muss passen und glänzen. So kann beispielsweise ein Metzger die goldene Wurst und den Hygienepreis gewonnen haben – wenn die Person hinter der Theke schwarze Fingernägel und Flecken auf der Schürze hat, ist das schlechter Service, weil sich der Kunde davon abgestoßen fühlt.
„Formen Sie Ihr Unternehmen so, dass sich Ihr Kunde im Kontakt mit Ihrem Unternehmen stets wohl und gut aufgehoben fühlt.“
Ihre Kunden bewerten Ihren Service vor allem danach, ob er zuverlässig und leistungsfähig ist, ob Ihre Service-Mitarbeiter einfühlsam sind, und ob das äußere Erscheinungsbild und das Umfeld stimmen. Guter Service bewirkt, dass sich der Kunde mit Ihnen und Ihrem Angebot wohlfühlt. Kunden kaufen nicht einfach Produkte, sondern Problemlösungen und gute Gefühle. Evolutionsbiologisch ist das leicht zu erklären: Menschen wollen stets Lust gewinnen und Leid vermeiden. Für Sie und Ihren Service heißt das: Guter Service zieht an, schlechter stößt ab.
Schaffen Sie emotionalen Mehrwert
Guter Service hilft Ihnen, Ihre Kunden an sich zu binden, denn das Bedürfnis nach Zugehörigkeit gehört zu den menschlichen Grundbedürfnissen. Und je mehr die traditionellen Zugehörigkeiten wie Ehe, Familie, langjährige Berufs- oder Vereinsbeziehungen in unserer Gesellschaft verloren gehen, desto größer ist die emotionale Lücke. Das Bedürfnis nach emotionalem Kontakt wächst. Schafft Ihr Unternehmen es, eine emotionale Bindung zu Ihren Kunden aufzubauen, profitiert es davon: Die Verbundenheit der Kunden wächst, sie geben mehr von sich preis, widerstehen Abwerbungsversuchen leichter und empfehlen Ihr Unternehmen weiter. Damit steigen auch die harten Faktoren wie Umsatzwachstum und Rentabilität.
„Aus all Ihren Sinneseindrücken in der Begegnung mit einem Unternehmen entsteht ein inneres Bild von diesem Unternehmen.“
Die Zauberworte heißen: Geben und Nehmen. Sie machen Ihrem Kunden ein qualitativ hochwertiges Angebot, zu dem exzellenter Service gehört, und verschaffen ihm so ein positives emotionales Erlebnis. Dafür ist der Kunde bereit, immer wieder zu kaufen, und das auch zu einem höheren Preis. Aber Vorsicht: Den Kunden dank der guten Beziehung über den Tisch zu ziehen, sollten Sie lieber nicht versuchen. Er würde es Ihnen mit Stornierung, Kaufverweigerung und schlechter Nachrede heimzahlen.
Umgarnen Sie die richtigen Kunden
Service darf sich nicht nur an allgemeinen Grundprinzipien wie etwa Freundlichkeit, Reibungslosigkeit, Zuverlässigkeit oder Emotionalität ausrichten. Er muss zu Ihren Kunden und zu Ihrem Angebot passen. Erst dann kann der Service rundum stimmen. Deswegen müssen Sie zuerst wissen, wen Sie genau ansprechen wollen. Dabei lassen Sie die im Marketing üblichen Unterscheidungskriterien besser außen vor. Schauen Sie lieber auf die Einstellungen Ihrer Zielgruppe zu Grundwerten wie Arbeit, Familie, Geld, Konsum und Mediennutzung, wie sie etwa die Sinus-Milieustudien seit mehr als 25 Jahren erfassen. Diese beeinflussen das Konsumverhalten wesentlich stärker. Verbraucher, die an einem gesunden und nachhaltigen Lebens- und Konsumstil interessiert sind, finden Sie in den so genannten LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability). Bezogen auf ihr Alter und ihr Geschlecht, ist dieses Klientel durchaus heterogen. Für guten Service sind LOHAS eine dankbare Zielgruppe.
Service als Alleinstellungsmerkmal
Analysieren Sie Ihre Kunden. Konzentrieren Sie sich auf diejenigen, mit denen Sie langfristige und für beide Seiten ertragreiche Beziehungen eingehen können. Wenn Sie erstklassigen Service bieten wollen, werden Sie sich beschränken müssen. Denn, wie der ehemalige bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß einmal gesagt haben soll: „Everybody’s darling is everybody’s Depp“. Anders formuliert: Sie können nicht für alle gleich sexy sein.
„Das Service-Bild, das wir abgeben, muss in allen Teilen stimmig sein. Innere Bilder sind nämlich immer Puzzlebilder.“
Wer bei seinem Produkt oder seiner Dienstleistung und beim Preis nicht über ein Alleinstellungsmerkmal verfügt – Installateure, Metzger, Hotels oder auch PC-Notdienste gibt es nun einmal zu viele –, der sollte sein Heil darin suchen, ein Service-Leuchtturm, der alle anderen weit überragt, in der Unternehmenslandschaft zu sein. Ein gutes Beispiel für ein Unternehmen, das mit einem Allerweltsprodukt und einer guten Idee zum Service-Giganten aufstieg, ist die Online-Firma Blacksocks, die Socken im Abonnement anbietet.
Mit profanen Dingen tiefgehende Bedürfnisse befriedigen
Achtung: Nicht nur die Lösung, die Sie anzubieten haben, muss originell sein. Auch das Problem, das Sie mit Ihrem neuen Serviceangebot lösen, muss für den Kunden relevant sein. Bereiche, in denen Kunden nach neuen Service-Ideen lechzen, sind die persönliche Zeit und die Arbeitserleichterung. Einer repräsentativen Umfrage zufolge betrachten die Befragten das Fehlen von materiellen Einschränkungen als größten Luxus. Und schon auf den nächsten Plätzen folgen: Freizeit haben, sich wohlfühlen und etwas erleben.
„Service kann dem Kunden vermitteln, dass seine Person, seine Belange ernst genommen werden, dass man sich um ihn kümmert, dass seine Anliegen im Unternehmen gut aufgehoben sind.“
Die beiden folgenden Beispiele stammen aus dem sonst eher service-skeptischen Handwerk. Ein Gas-Wasser-Installateursbetrieb garantiert seinen Kunden, ihnen innerhalb von drei Tagen ihr Badezimmer zu renovieren. Mit elf Mann rückt der Betrieb an und hinterlässt am Ende kein Stäubchen. Ein Dachdeckerbetrieb hat sich auf Senioren spezialisiert, die dankbar sind, wenn ihr Dach während ihres Urlaubs instand gesetzt wird. Nach der Rückkehr steht zudem ein Blumenstrauß mit Glückwunschkarte zum neuen Dach auf dem Tisch.
„Ein entscheidender Erfolgsfaktor für Service ist immer die Begegnung zwischen Kunden und Mitarbeitern. Deshalb wird in der Literatur der Kontakt des Mitarbeiters mit dem Kunden oft auch als ‚Augenblick der Wahrheit‘ bezeichnet.“
In Sachen Wohlfühlen hier noch zwei Beispiele aus dem Handel. Bei der norwegischen Supermarktkette Coop können Kunden selbst für bereits verspeiste und völlig einwandfreie Ware ihr Geld zurückbekommen, wenn sie damit nicht zufrieden waren. Lands’ End bietet seinen Kunden an, dass sie Kleidungsstücke selbst nach Jahren abgetragen ohne jede Begründung zurücksenden können, und ersetzt sie oder erstattet anstandslos das Geld. Und siehe da, die Kunden missbrauchen diesen Service so selten, dass der Nutzen die Nachteile überwiegt.
Jeder kann Service in Vollendung erbringen
Für wirklich guten Service gibt es ein paar sehr einfache und wirkungsvolle Regeln. Die wichtigste: Zeigen Sie Ihrem Kunden, dass er jederzeit willkommen ist. Dabei zählt nicht, was Sie sagen, sondern wie Sie dabei klingen, blicken, sich bewegen und wie aufmerksam Sie bzw. Ihre Service-Kräfte sind. Darum sollten Sie zuerst für ein gutes Betriebsklima sorgen. Stimmt es dort nicht, strahlt das auf den Service aus.
„Lieber unechte Freundlichkeit als echte Unfreundlichkeit.“
In einer Befragung von Kunden mittelständischer Unternehmen verschiedener Branchen wurde ein Hauptgrund genannt, warum die Kunden zu einem Konkurrenten gewechselt haben: mangelnde Aufmerksamkeit im Service. Das können Sie vermeiden. Eine fremde Autowerkstatt begrüßt den Kunden mit seinem Namen – anders als seine jahrzehntelange Stammwerkstatt: Schon hat er einen guten Grund, zur anderen Werkstatt zu wechseln. Oder: Ein Handwerker überreicht den Bauherren bei jedem Erstbesuch einer Baustelle persönlich eine Brotzeit. So etwas kann jedes Unternehmen! Es muss nur jemand auf die Idee kommen.
Kreative Lösungen für ungewöhnliche Probleme
Brillanter Service zeichnet sich dadurch aus, dass Sie für ungewöhnliche Probleme kreative Lösungen finden. Auch hier wieder ein talentierter Handwerker als Beispiel: Ein Anstreicher sollte die Wände einer Garderobe streichen. Als er die Garderobe abschraubte, stellte er fest, dass einige Abstandhalter beschädigt und nicht mehr lieferbar waren. Der Handwerker schnitt kurzerhand ringförmige Stücke aus einem Gartenschlauch und lackierte sie in der Farbe der Garderobe. Damit war das Problem gelöst – und er wird seither als patenter Mann weiterempfohlen.
„Alle Elemente verbaler und nonverbaler Kommunikation müssen gemeinsam eine Botschaft an den Kunden senden: Herzlich Willkommen!“
Es klingt selbstverständlich: Guter Service ist, wenn Sie Ihre Kunden schnell und reibungslos bedienen. Feilen Sie an Ihren Prozessen. Sind die sinnvoll und effizient genug organisiert, dass alle Mitarbeiter gut informiert sind und schnell auf Kunden reagieren können? Wird die Anfrage eines Kunden rasch an die passende Stelle weitergeleitet? Ein Autohaus mit zwei Servicekräften, die ständig mit Anrufen und Kundenbesuchen überlastet waren, richtete für die Anrufe ein Servicecenter ein. Heute geht so kein Anruf mehr verloren.
Wer reklamiert, will glücklich werden
Widerstehen Sie dem Reflex, bei Reklamationen auf Abwehr zu schalten. Nutzen Sie lieber diese Chance, Ihren Kunden zufriedenzustellen. Zeigen Sie Verständnis und Bedauern und erfüllen Sie seine Anforderungen – die sind meist gar nicht so hoch. Einer Studie zufolge legen Kunden am meisten Wert darauf, einen versprochenen Anruf tatsächlich zu erhalten – je schneller, desto besser. Sie möchten vorher gern wissen, wie lange die Lösungssuche etwa dauern wird, und würden für ein unlösbares Problem gern eine sinnvolle Alternative erhalten. Außerdem möchten sie erfahren, wie es zu dem Problem gekommen ist. 90 % der Befragten gaben an, sie würden nach einer gut gelösten Reklamation wieder beim gleichen Anbieter kaufen.
„Menschen sind unterschiedlich und möchten daher auch unterschiedlich behandelt werden.“
Stellen Sie sich vor, Sie übernehmen im Service-Kontakt je nach Situation verschiedene Rollen. Als Stewardess begrüßen Sie den Kunden mit einem Lächeln. Dann schlüpfen Sie in den imaginären Hausarzt-Kittel, untersuchen das Leiden und suchen nach einer Behandlung. Die verkaufen Sie dem Kunden dann in Ihrer Funktion als Werbeprofi. Als Psychologe hören Sie sich mögliche Einwände an, zeigen Verständnis und argumentieren behutsam. Im richtigen Moment schießen Sie dann als Stürmer das ersehnte Tor, schließen also den Handel ab. Mit Ihrem freundlichsten Stewardess-Lächeln verabschieden Sie Ihren Kunden und bedanken sich bei ihm.