Gesund dank Vorsorgeuntersuchung
Deutsche Führungskräfte sind in Sachen Gesundheitsprävention nicht gerade beispielhaft: Nur 2 % bemühen sich zu den angeratenen Vorsorgeuntersuchungen. Dabei gibt es heute so viele diagnostische Möglichkeiten – aber vielleicht liegt gerade darin das Problem: für sich selbst zu entscheiden, was Sinn macht und was nicht. Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems stehen aktuell an der Spitze der gesundheitlichen Probleme, gefolgt von Krebs und Schlaganfall. Die Risikofaktoren sind bekannt und lassen sich relativ einfach reduzieren. Es ist heute z. B. kein Problem, Arteriosklerose, die für so manchen Herzinfarkt verantwortlich gemacht wird, frühzeitig zu erkennen. Die Blutdruckdifferenz zwischen Armen und Beinen kann ebenso Aufschluss geben wie eine Ultraschalluntersuchung der Halsarterien und des Herzens oder die Mehrschicht-Computertomografie oder die Magnetresonanztomografie. Wenn Sie auf diese Weise erfahren, ob sich Plaque in den Arterienwänden abgelagert hat oder die Herzkranzgefäße verkalkt sind, können Sie mit einer Therapie Ihren Cholesterinspiegel senken. Das stoppt die Verkalkung nicht nur, Sie können sie sogar rückgängig machen, indem Sie gezielt das „böse“ LDL-Cholesterin bekämpfen.
Die Keine-Diät-Diät
Bei der Gelegenheit können Sie auch gleich den Speckröllchen den Kampf ansagen. Crash-Diäten, egal ob Atkins-, Brot- oder Eier-Diät, funktionieren allerdings nicht; wenn Sie Pech haben, nehmen Sie sogar zu. Besser ist es in jedem Fall, das Unterbewusstsein mit einzubeziehen. Das nämlich versalzt Ihnen die Diät-Suppe, weil es ständig schreit: Nein, schmeckt nicht, du verhungerst, bestell sofort einen Hamburger! Am besten machen Sie die „Keine-Diät-Diät“, die darauf basiert, schlechte Gewohnheiten (Bewegungsmangel, Chips und Zigaretten) gegen gesunde Verhaltensweisen einzutauschen. Lassen Sie z. B. mal den Fernseher aus, räumen Sie den Keller auf oder erlernen Sie eine neue Sportart. Wer immer wieder was Neues wagt, verliert überflüssige Pfunde ganz nebenbei.
Reisekrankheiten
Ganz andere Krankheitsgefahren lauern auf Sie, wenn Sie als Global Player ständig unterwegs sind. So grenzenlos die Freiheit über den Wolken sein mag, nicht jeder fühlt sich in großer Höhe wohl, und auch Topmanager kennen Flugangst, Reisekrankheit und Jetlag. Mit Entspannungstechniken und Medikamenten können Sie hier ganz gut gegensteuern. Für die Reise in exotische Länder gilt: Sonnenschutz und Sonnenbrille einpacken, sich rechtzeitig um notwendige Impfungen kümmern und lieber nichts Rohes essen. Spielen Sie bei Tierbissen oder -stichen nicht den starken Mann, solange Sie nicht genau wissen, dass die Spezies ungiftig ist. Auch wenn Sie erst Wochen nach einer Reise erkranken, sollten Sie Ihren Arzt über den Auslandsaufenthalt informieren.
Süchte
Sucht ist für Manager tabu, sowohl die eigene als auch die von Kollegen und Mitarbeitern. Alkohol und Drogen, Magersucht, Spiel- und Arbeitssucht werden in Führungsetagen fast immer totgeschwiegen. Das ändert nichts an der Tatsache, dass in den westlichen Industrienationen schätzungsweise 80–90 % der Menschen ein Suchtproblem irgendwelcher Art haben. Beispiel Alkohol: In einem Unternehmen mit 1000 Mitarbeitern sind durchschnittlich 30–90 von ihnen stark alkoholgefährdet. Erhöhte Fehlzeiten sind ein Alarmsignal. Führen Sie mit gefährdeten Mitarbeitern zunächst Gespräche und bieten Sie eine alkoholfreie Kantine an. Und wenn Sie selbst betroffen sind: Allein können Sie Suchtverhalten nicht bekämpfen. Sie brauchen Rat und Unterstützung von Experten, z. B. von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen.
Entspannung
Der Arbeitsalltag ist heute für viele sehr anstrengend. Entspannungsmethoden sind folglich nicht nur etwas für tibetische Mönche, auch und gerade Führungskräfte haben Stressreduktion bitter nötig. Wer vorgibt, steigenden Termindruck und Überforderung locker im Griff zu haben, fällt wahrscheinlich als Erster um. Von Allergien über Depressionen, Angst- und Schlafstörungen bis hin zu Herzinfarkt und Schlaganfall reichen die Folgen von unbewältigtem Stress. Nicht von ungefähr werden in Japan auch während wichtiger Konferenzen kurze Nickerchen akzeptiert. Power-Napping – kurze Schlafphasen während des Tages – steigert nachweislich die Leistung. Auch Meditation, Yoga oder Autogenes Training sind hilfreich.
Psychische Störungen
Wenn Sie über längere Zeit nicht einschlafen können, sich völlig ausgelaugt fühlen oder scheinbar unbegründet Schweißausbrüche und Herzrasen bekommen, ist es höchste Zeit für den Gang zum Arzt. Psychische Störungen wie Depression, Burn-out oder Panikattacken schleichen sich langsam in unser Leben, haben aber massive Auswirkungen auf Beruf und Privatleben. Warten Sie nicht zu lange, um professionelle Hilfe aufzusuchen. Das ist übrigens auch bei Sexualstörungen angeraten. Wenn Sex aufgrund von Impotenz nicht mehr funktioniert oder die Lust fehlt, leidet die Partnerschaft, und das wiederum wird sich auf Ihren Gesundheitszustand auswirken.
Herz und Kreislauf
Ein brennender Schmerz hinter dem Brustbein, der in Hals, Schulter, Oberbauch oder Rücken ausstrahlt, ist immer ein Alarmzeichen. Ist es eine Angina Pectoris, fühlen Sie sich nach einigen Minuten Ruhe wieder besser. Ein Herzinfarkt dagegen äußert sich in starken Schmerzen, die nicht weggehen, dazu Schweißausbruch, Angst und Übelkeit. In jedem Fall muss hier umgehend der Notarzt gerufen werden, lieber dreimal zu oft als einmal zu wenig. So plötzlich der Herzinfarkt auftritt, seine Ursachen liegen meist lange zurück. Wenn Sie die Hauptrisikofaktoren Rauchen, Bluthochdruck, erhöhtes LDL-Cholesterin, Diabetes, Übergewicht und Bewegungsmangel über Jahre hinweg auf die leichte Schulter nehmen, wird es kritisch – auch wenn Sie von allen Risikofaktoren nur ein klein wenig mit sich herumschleppen. Die gute Nachricht ist, dass eine gesunde Lebensweise die Gefahr drastisch senken kann. Halten Sie mit ausgewogener Ernährung Ihren Body-Mass-Index auf unter 25, bewegen Sie sich regelmäßig und hören Sie mit dem Rauchen auf. Gegen Bluthochdruck und LDL-Cholesterin helfen Medikamente und gegen Stress eine vernünftige Work-Life-Balance. Sie verhindern damit Ablagerungen an den Gefäßinnenwänden und damit die Arteriosklerose als Auslöser für die koronare Herzkrankheit.
„Der Zusammenhang zwischen geistiger Tätigkeit und körperlichem Wohlbefinden ist weitgehend bekannt, der Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und geistigem Wohlbefinden scheint seit römischer Zeit vergessen.“
Das gilt auch für den Schlaganfall, der auf eine akute Durchblutungsstörung im Gehirn zurückzuführen ist. Bei Symptomen wie plötzlichen Lähmungserscheinungen, Seh- und Sprechstörungen, Verwirrtheit und Bewusstseinsstörungen muss der Patient auf dem schnellsten Weg auf eine Schlaganfallstation. Risikofaktor Nummer eins für einen Schlaganfall ist der Bluthochdruck. Für einen gesunden Blutdruck können Sie selbst viel tun: Ihr Gewicht reduzieren, Ihre Ausdauer trainieren und auf eine Ernährung mit wenig Salz und viel Kalium achten. Zigaretten sind tabu.
Gesunde Ernährung
Regel Nummer eins: Fett sollten Sie einschränken. Wenn Sie nicht täglich einige Kubikmeter Holz hacken, brauchen Sie auch nicht 150 Gramm Fett pro Tag. Genau so viel nimmt aber der deutsche Bundesbürger im Durchschnitt zu sich. Eine Ausnahme gibt es: Wer schon einen Herzinfarkt hatte, sollte fettreichen Fisch auf den Speiseplan setzen. Dessen Omega-3-Fettsäuren senken den Blutdruck und die Neutralfette. Ob sich ballaststoffreiche Nahrung, Obst und Gemüse, die Mittelmeerküche oder ein regelmäßiges Glas Rotwein auf Ihre Gesundheit positiv auswirken, ist wissenschaftlich nicht belegt. Was Griechen und Spaniern offenbar gut tut, bringt einer Studie zufolge Deutschen und Holländern gar nichts. Achten Sie aber auf frische Lebensmittel aus der Region.
Maßvolle Bewegung
Dass rostet, wer rastet, wissen Sie. Vermutlich aber wissen Sie nicht so genau, wie Sie dem Rost entgehen können, wobei in dieser Formulierung schon die Lösung liegt: gehen. Langsam ist besser und weniger ist mehr. Hören Sie auf, sich am Wochenende über eine Halbmarathonstrecke zu quälen, gehen Sie lieber jeden Tag flott spazieren oder trainieren Sie einzelne Muskeln mit isometrischen Übungen (z. B. an der Ampel die Hände zehn Sekunden ans Lenkrad drücken). Oder machen Sie einfache Yogaübungen und achten Sie bewusst auf eine aufrechte Körperhaltung.
Rückenprobleme
Wer die meiste Zeit seines Lebens sitzt, am Schreibtisch, im Auto, im Flugzeug, dem bleiben Rückenprobleme wahrscheinlich nicht erspart. Denn die Rückenmuskeln schwächeln bei dieser Lebensweise und die unteren Bandscheiben werden zu wenig mit Nährstoffen versorgt. Auch psychische Anspannung im privaten Bereich ebenso wie im Job äußert sich oft in Rückenschmerzen. In dem Fall sind Sie beim Psychologen besser aufgehoben als beim Orthopäden. In akuten Situationen helfen Kortison oder Chiropraktik, auf lange Sicht manuelle Therapien, in schweren Fällen auch operative Methoden. Wichtig: Kleben Sie nicht am Bürostuhl, telefonieren Sie im Stehen oder Gehen und lassen Sie sich nicht bedienen, holen Sie den Kaffee selbst.
Sport
Welche Sportart Sie als Ausgleich wählen, bleibt Ihnen überlassen. Hauptsache, Sie lernen unter fachlicher Anleitung und Sie übertreiben es nicht. Sport ist nur dann Mord, wenn Sie die Aufwärmphase überspringen und hinterher mit hochrotem Kopf erschöpft auf der Matte liegen. Sport soll nicht quälen, sondern Freude bereiten. Die subjektive Unterforderung, also wenn Sie nach dem Sport erfrischt und voller Tatendrang sind, ist die richtige Messlatte.
Lungenkrankheiten
Chronische Bronchitis trifft zu 80–90 % die Raucher, Lungenkrebs ist zu 85 % die Folge von Tabakkonsum. Also weg mit den Glimmstängeln und Atemwegsinfekte generell nicht auf die leichte Schulter nehmen. Impfungen sind ein sinnvoller Schutz.
Diabetes
Ein gesunder Lebensstil ist die beste Vorbeugemaßnahme gegen Diabetes. Auch wenn dieser anfangs eher harmlos erscheint, dürfen Sie die Folgeerkrankungen wie Arteriosklerose, Nieren- und Augenprobleme nicht unterschätzen. Im Gegensatz zum Typ-1-Diabetes, der nicht reparabel ist und eine lebenslängliche Insulinzufuhr nötig macht, lässt sich der Typ-2-Diabetes in vielen Fällen allein durch das Erreichen des Normalgewichts und durch mehr Bewegung heilen.
Krebs
Auch wenn die moderne Medizin inzwischen die Hälfte der Krebserkrankungen vollständig heilen kann, hängt der Erfolg doch sehr von den individuellen Umständen ab. Es spielt nicht nur eine Rolle, in welchem Stadium der Krebs entdeckt wird, sondern auch, wo Sie behandelt werden. Große Tumorzentren haben dank besserer Ausstattung und einem interdisziplinären Ärzteteam viel mehr Möglichkeiten. Vorsicht ist in jedem Fall bei „alternativen“ Heilmethoden angeraten, denn bislang kann keine einen bösartigen Tumor bekämpfen. Atemtherapie oder pflanzliche Heilmittel können Ihnen aber in der schwierigen Zeit helfen.
Dr. Cornelius Boersch ist Partner der Mountain Partners Beteiligungsgesellschaft in St. Gallen. Prof. Dr. med. Christian Holubarsch ist ärztlicher Direktor an der Klinik Lazariterhof in Bad Krozingen. Helmut Spikker ist Unternehmer im Bereich Kosmetik und Nahrungsergänzung. Prof. Dr. med. Hans-Reinhard Zerkowski ist Herz-Thorax-Chirurg sowie Ordinarius und Mitglied der Geschäftsleitung des Unispitals Basel.