Media für Manager

Buch Media für Manager

Alles, was Sie über Medien und Media-Agenturen wissen müssen

Gabler,


Rezension

Anne Marx führt den Leser hinter die Kulissen des Me­dia-Mark­tes, stellt Praktiken und Abrech­nungsmod­elle vor und beschreibt Rollen und Aufgaben aller Beteiligten. Dabei kommt durchaus Unrühmliches zum Vorschein. Stichwort Ra­battsys­tem: Manche Me­dia-Agen­turen reichen aus­ge­han­delte Rabatte offenbar nicht an ihre Kunden weiter. Die Branche steckt darum in einer Ver­trauen­skrise. Der Kom­mu­nika­tion­s­markt ist im Umbruch, mit immensen Folgen für alle Wer­be­treiben­den. In diesem Büchlein finden Produkt- und Mar­ket­ingver­ant­wortliche alles Wesentliche, was sie zum Umgang mit Me­dia-Agen­turen wissen müssen: vom Briefing über die Strate­giefind­ung bis hin zur Abrechnung. Auch ver­tragliche Vere­in­barun­gen und Hon­orierungsmod­elle für eine optimale Zusam­me­nar­beit werden vorgestellt. Alles in allem ein kompetenter Ratgeber im Me­dia-All­tag. BooksInShort empfiehlt das Buch allen Mar­ket­ingver­ant­wortlichen, die ihr Gegenüber verstehen und ihre Wer­be­pla­nung optimieren wollen.

Take-aways

  • Unternehmen haben Mar­ket­ingziele, Kreativ-Agen­turen entwerfen Botschaften, Me­dia-Agen­turen planen die Kom­mu­nika­tion in den Medien.
  • Me­dia-Agen­turen stehen im Ruf, mit Me­di­en­an­bi­etern unlautere Geschäfte zu machen und Rabatte nicht an ihre Kunden weit­erzugeben.
  • Würden Wer­be­treibende die Arbeit der Me­dia-Agen­turen angemessen bezahlen, wären diese nicht auf zusätzliche Deals angewiesen.
  • Me­dia-Agen­turen müssen wieder Treuhänder der Kunden werden.
  • Die Hon­orierungsmod­elle für Me­dia-Leis­tun­gen sind im Umbruch. Der Trend geht weg von fixen Prozen­tan­teilen am Werbebudget.
  • Im Agen­turver­trag können Wer­be­treibende ihre Ansprüche auf Rabatte klar regeln.
  • Je präziser Ihr Me­dia-Brief­ing, desto besser wird die Me­dia-Pla­nung ausfallen.
  • Das Fernsehen hat Print als Basismedium verdrängt und frisst den höchsten Anteil am Werbebudget.
  • Man kann zu wenig, aber auch zu viel werben. Lassen Sie einen Kon­tak­tko­r­ri­dor festlegen, der besagt, wie oft die Konsumenten ange­sprochen werden sollen.
  • Das Internet krempelt die Wer­be­branche um. Me­dia-Agen­turen werden künftig neben Massen- auch In­di­vid­u­alkom­mu­nika­tion berücksichtigen müssen.
 

Zusammenfassung

In­ter­essenkon­flikte im Media-Markt

Damit Werbung den Weg in die Medien findet, arbeiten wer­be­treibende Unternehmen meist mit einer Kreativ-Agen­tur, einer Me­dia-Agen­tur und ver­schiede­nen Me­di­en­an­bi­etern zusammen. Während das Unternehmen das Mar­ket­ingziel festlegt, entwickelt die Kreativ-Agen­tur Ideen, um die Botschaft zu trans­portieren. Die Me­dia-Agen­tur plant, welche Medien eine er­fol­gre­iche Kom­mu­nika­tion versprechen, und wickelt die Geschäfte mit Anbietern wie Verlagen und Sendern ab.

„Die Agentur ist kein Me­di­en­han­del­sun­ternehmen, sondern ein Treuhänder des Kunden.“

Seitdem das Pri­vat­fernse­hen Anfang der 90er Jahre auch in deutsche Wohnzimmer eingezogen ist, befindet sich der Media-Markt im Umbruch. Der Fernsehspot hat der Print­anzeige längst den Rang als Basismedium abgelaufen. Innerhalb von Unternehmen, Agenturen und Me­di­en­an­bi­etern gab es Zusam­men­schlüsse, wodurch einige wenige Konzerne immer größere Marktmacht gewannen. Durch mangelnde Transparenz, überzogene Ra­bat­tforderun­gen und Verkauf­spro­vi­sio­nen ist die Me­dia-Branche in Verruf geraten. Skandale um den Großhandel von Me­dia-Leis­tun­gen haben in Deutschland, Frankreich und den USA zu Versuchen geführt, die Branche durch staatliche Geset­zge­bung zur Ordnung zu rufen. Anstatt als Medienhändler zu fungieren, so die Forderung, müssen Me­dia-Agen­turen wieder als neutrale Berater ihrer Kunden auftreten und deren Budget treuhänderisch verwalten.

Wer verdient an Ihrem Budget?

Um die Ver­trauen­skrise zu verstehen, ist ein Blick auf die Hon­orierungsmod­elle von Me­dia-Agen­turen nötig. Die Agen­tur-Auswahl erfolgt meist nach aufwändigen Verkauf­s­ge­sprächen, und nicht selten ist das billigste Angebot kaufentschei­dend. In der Regel erhält die beauftragte Agentur als Vergütung einen prozen­tualen Anteil des ihr an­ver­trauten Wer­be­bud­gets, optional ein leis­tungs­be­zo­genes Zusatzhono­rar. Dieses gängige Hon­orierungsmod­ell stammt aus der Zeit, als Media und Kreation von ein und derselben Agentur erledigt wurden. Es übersieht den un­ter­schiedlichen Aufwand, den ver­schiedene Me­di­en­gat­tun­gen erfordern. Steigender Preis- und Konkur­ren­z­druck verführt viele Agenturen, sich nach Zusatzein­nah­men umzusehen. Um niedrige Honorare zu kom­pen­sieren, lassen sich viele auf Agen­tur-Deals ein, d. h. sie sichern sich aufgrund ihres Auf­tragsvol­u­mens Rabatte bei den Me­di­en­an­bi­etern, geben diese aber nicht an ihre Kunden weiter. Verhindert werden kann das nur durch eine angemessene Bezahlung.

„Me­dia-Trans­parenz bedeutet: Wer­be­treibende, die einen Dritten beauftragen, in ihrem Namen Medien einzukaufen, bezahlen dafür denselben Preis wie die Agenturen.“

Rechtlich sieht die Situation so aus: In den meisten Ländern, so auch in Deutschland, kauft eine Agentur zwar im Namen des Kunden ein. Den Medien gegenüber tritt sie aber als eigenständiger Geschäftspartner auf und übernimmt – anders als z. B. ein Recht­san­walt – die volle Haftung. Ob und in welcher Form der Wer­be­treibende einen Anspruch auf den Rabatt hat, bestimmt allein seine Ver­trags­gestal­tung mit der Agentur.

Neue Hon­orierungsmod­elle

Diskutiert werden neue Hon­orierungsmod­elle, die für mehr Transparenz zwischen allen Beteiligten sorgen sollen:

  • Beim Treuhändermodell handelt die Agentur im Auftrag des Kunden und reicht alle Rabatte an ihn weiter.
  • Beim Bro­ker-Mod­ell kauft die Agentur als Großhändler Me­dia-Leis­tun­gen ein und verkauft sie weiter. Anstatt einer Mittlervergütung erhält die Agentur vom Me­di­en­an­bi­eter ein festes Konditions- und Ra­battsys­tem.
  • Beim Skan­di­navis­chen Modell wird die Agentur anteilig vom Kunden und vom Vermarkter von Sendezeit und Anzeigenflächen bezahlt (1,5–2,5 %).
„Im Agen­turver­trag zwischen Media-Einkäufer und Wer­bungtreiben­den werden die Rah­menbe­din­gun­gen der Zusam­me­nar­beit klar festgelegt.“

Wenn Sie von der Einkauf­s­macht einer Agentur profitieren möchten, müssen Sie einen Vertrag aufsetzen, der auch Ihre Interessen wahrt. Die Zeichen stehen gerade gut, um eigene Vorstel­lun­gen durchzuset­zen. Regeln Sie, ob die Agentur bei den Medien eigenständig oder in Ihrem Namen Aufträge erteilen darf. Zahlung­ster­mine für Werbeschal­tun­gen sollten Sie me­di­en­be­zo­gen festlegen, um von den Skonti zu profitieren. Die Agentur sollte Ihr Geld nicht mehr als fünf Tage vor dem Termin erhalten, an dem sie selbst den jeweiligen Me­di­en­an­bi­eter bezahlen muss.

Briefing und Strategie als Grundlage

Haben Sie die Zusam­me­nar­beit mit einer Me­dia-Agen­tur vertraglich vereinbart, erstellen Sie ein schriftliches Me­dia-Brief­ing. Dieses enthält alle In­for­ma­tio­nen, die bisher zwischen Ihnen, Ihrer Kreativ-Agen­tur und Ihrer Me­dia-Agen­tur besprochen wurden, und dient als Grundlage für die eigentliche Me­dia-Pla­nung. Machen Sie neben Pro­duk­t­in­for­ma­tio­nen und Kom­mu­nika­tion­szie­len de­tail­lierte Angaben zur Me­di­en­auswahl, zum zeitlichen Rahmen, zum Budget und zur Zielgruppe.

„Das Me­dia-Bud­get ist der größte Kosten­fak­tor im Marketing. Ein zu geringes Budget kann ebenso ver­schwen­det sein wie ein zu großes.“

Anhand des Briefings bildet die Me­dia-Agen­tur die von Ihnen definierte Mar­ket­ingziel­gruppe in einer äquivalenten Me­dien­ziel­gruppe ab. Diese Zuordnung kann quantitativ (soziode­mografisch) oder qualitativ (mi­lieube­d­ingt) erfolgen. Im weiteren Verlauf stellt die Me­dia-Agen­tur fest, in welchen am Markt vorhandenen Medien sie die zuvor definierten Kom­mu­nika­tion­sziele am wirtschaftlich­sten erreichen kann. Die Me­di­en­auswahl bestimmt auch die Entschei­dung für oder gegen einen Media-Mix, d. h. die Berück­sich­ti­gung ver­schiedener Medien wie Print, TV, Plakat, Kino usw. Die Analyse Ihres Briefings mündet schließlich in eine Me­dia-Strate­gie, die die Me­dia-Agen­tur Ihnen als dem Auf­tragge­ber präsentiert und übergibt.

„Aufgabe der Me­dia-Agen­tur ist es, die Merkmale der Mar­ket­ing-Ziel­gruppe möglichst genau in eine Me­dia-Ziel­gruppe umzusetzen und zu prüfen, welche Markt-Me­dia-Stu­dien als relevante In­for­ma­tion­squellen herange­zo­gen werden können.“

Aus der Strategie entwickelt die Me­dia-Agen­tur eine de­tail­lierte Me­dia-Pla­nung, mit der auch Sie als Wer­be­treiben­der sich intensiv au­seinan­der­set­zen sollten. Wie oft Sie potenzielle Kunden werblich ansprechen müssen, lässt sich nämlich nicht verbindlich sagen. Es ist letztlich Aufgabe der Me­dia-Agen­tur, die optimale Frequenz anhand von Er­fahrungswerten und Markt-Me­dia-Stu­dien zu ermitteln. Dies sollte in Form eines „Kon­tak­tko­r­ri­dors“ erfolgen, der besagt, dass der Konsument mindestens x-mal, aber möglichst nicht öfter als y-mal ange­sprochen wird.

Die Medien im Überblick

Das Fernsehen ist das meist­genutzte Basismedium und verschlingt oft den größten Anteil am Werbeetat, manchmal über 60 %. Die großen Vorteile von TV-Spots: Sie ermöglichen eine sehr emotionale Ansprache, und Pro­gramm­felder erlauben eine ziel­grup­pen­ge­naue Selektion. Die Dig­i­tal­isierung des Mediums und dessen interaktive Nutzung gehen leider nur schleppend voran und bleiben hinter den Möglichkeiten zurück. Dafür hat die Lockerung des Spon­sor­ing-Geset­zes durch die EU neue Werbeformen eröffnet, von denen auch die öffentlich-rechtlichen TV-Sender profitieren. Üblich sind „Opener“ und „Closer“ vor und nach dem gespon­serten Pro­gram­min­halt. Exklusive Son­der­wer­be­for­men wie „Split-Screen“-Werbung liegen im Trend, die Preise sind allerdings wenig transparent. Neben TV gibt es eine Vielzahl anderer Werbemedien, deren Stellenwert sich in Zukunft weiter ändern wird. Für die im Media-Geschäft Tätigen bedeutet das, künftig sowohl Massen- als auch In­di­vid­u­alkom­mu­nika­tion abzudecken.

„Die Abstände bis zur Entstehung neuer Medien werden immer kürzer, was nicht gle­ichbe­deu­tend damit ist, dass ‚alte‘ Medien sterben.“

Pub­likum­szeitschriften eignen sich gut als Basismedium für erklärungsbedürftige Produkte. Tageszeitun­gen trans­portieren rationale Inhalte am besten, werden aber vom Internet verdrängt. Mit Werbung im Hörfunk und Plakatak­tio­nen können Sie Kampagnen regional unterstützen. Kinowerbung eignet sich besonders zur emotionalen Ansprache junger Zielgruppen, leidet aber unter rückläufigen Be­sucherzahlen. Mit Di­rect-Mail­ing erreichen Sie gezielt einzelne Adressen oder breit gestreut ganze Haushalte, das Spektrum reicht dabei von Postkarten über Proben bis hin zu Katalogen.

„Nicht nur das Me­di­en­nutzungsver­hal­ten und die technische Weit­er­en­twick­lung der Endgeräte unterliegen einem ständigen Wandel, auch die Erlös- und Ver­mark­tungsmod­elle der Me­di­en­an­bi­eter befinden sich im Umbruch.“

Das Medium Internet zeichnet sich durch vielfältige Nutzungs­for­men (z. B. Mailen, Chatten, Surfen) aus und ermöglicht gle­ichzeitig eine „One-to-One-Kom­mu­nika­tion“. Dank ständig steigender Bandbreite und inzwischen reichlich verfügbarer Daten zum Markt und dessen Nutzung hat sich die On­line-Wer­bung neben den klassischen Werbeträgern etabliert. Sie ist besonders geeignet für interaktive Aktionen und zur Im­age­bil­dung; auch Ad­ver­to­ri­als, Werbung mit redak­tionellem Inhalt, sind beliebt. Af­fil­i­ate-Sys­teme wie vitrado.​de oder affili.​net ermöglichen jedem Web­site-Be­treiber, Werbung für ein beliebiges Produkt zu schalten. Der Anbieter erhält vom Wer­be­treiben­den eine verkaufsabhängige Provision. Die weltgrößte Such­mas­chine Google bietet vielfältige Werbeformen an, am bekan­ntesten sind Ad­Words-Anzeigen. Dabei werden bezahlte Schlüsselwörter dank dem ausgeklügelten Google-Al­go­rith­mus direkt neben den Suchergeb­nis­sen angezeigt. On­line-Wer­bung erfordert von den Me­dia-Agen­turen eine ganz andere Planung als klassische Werbeträger, hat aber den Vorteil, dass sie laufend angepasst werden kann.

Sonderfall TV

Die „Big Player“ SevenOne Media und IP Deutschland dominieren die TV-Ver­mark­tung und er­wirtschaften über 80 % aller TV-Wer­bein­vesti­tio­nen. Zur TV-Wer­be­pla­nung werden spezielle Pla­nungswerkzeuge eingesetzt. In diesem au­toma­tisierten, math­e­ma­tis­chen Prozess dienen Daten der GfK (Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Ab­satz­forschung) mit der Ein­schaltquote pro Werbeblock und den Tarifen der Anbieter als Basis. Die Me­dia-Agen­tur schlägt ihrem Kunden zur Wer­be­platzierung mehrere Sender vor. Einzelne Sendungen finden dabei keine Berück­sich­ti­gung, weil die Planung nach Bele­gung­sein­heiten erfolgt. Meist ist das Resultat ein Kompromiss aus 60 % großen Pri­vat­sendern, 30 % kleinen privaten und 10 % öffentlich-rechtlichen.

„Die Her­aus­forderung der Zukunft für die wer­be­treiben­den Unternehmen, die Medien und die Agenturen wird sein, Massen- und In­di­vid­u­alkom­mu­nika­tion unter einen Hut zu bringen.“

Bereits im Juli diskutieren Me­dia-Agen­turen jeweils mit den Me­di­en­an­bi­etern in Kon­di­tion­s­ge­sprächen die Preise für das Folgejahr, wobei die Sender natürlich die Wer­be­trom­mel für ihr geplantes Programm rühren und dieses ziel­grup­pen­ge­nau präsentieren. In den Ver­hand­lun­gen geht es auch um Rabatte. Üblich sind Vol­u­menra­batte, Nat­u­ralra­batte oder Neukun­denra­batte. So genannte Share-Deals sind 2007 in Deutschland ins Visier des Kartel­lamtes geraten und nicht mehr möglich. Mit­tler­pro­vi­sio­nen werden schon seit Jahren an den Kunden weit­ergegeben und sind damit eigentlich überflüssig. Würden alle Me­di­en­an­bi­eter ihre Werbepreise um 15 % senken, könnten diese Provisionen wegfallen. Während sich in den Preislisten der TV-Sender zwar Vol­u­menra­batte auf Kundenbasis finden, sind Agen­turra­batte und Nat­u­ralra­batte – in Form von Freispots – nirgends festlegt. Diese werden von den kaufstarken Agenturen frei verhandelt. Obwohl Sie als Kunde auf diese Agen­turleis­tung eigentlich keinen Anspruch haben, können Sie daraus einen Vorteil ziehen – wenn Sie Freispots von Anfang an in die Planung einbeziehen und so ihr Budget schonen.

Ausblick

Die Geschäftsmodelle der Me­di­en­an­bi­eter sind im Umbruch. Mit neuen Ver­mark­tungsmod­ellen versuchen SevenOne Media und IP Deutschland das vom Kartellamt angestrengte Verfahren zu beenden. Gle­ichzeitig möchten sie die von der Or­gan­i­sa­tion Wer­bungtreibende im Marken­ver­band (OWM) geforderte Transparenz und Neutralität erfüllen.

Über die Autorin

Anne Marx ist seit 2002 selbstständige Me­dia-Be­ra­terin und arbeitete vorher u. a. bei Young & Rubicam, Wilkens Ayer, Donovan Data Systems und GFMO.