Code Rouge

Buch Code Rouge

Gesetze des Erfolgs für Events und Live-Marketing

Frankfurter Allgemeine Buch,


Rezension

Kann man Marketing strate­gisch-wis­senschaftlich angehen, oder beruhen er­fol­gre­iche Kampagnen schlicht und einfach auf genialer Intuition? Die zweite Möglichkeit schmeichelt den Werbern, und doch tun sie alles, um nicht als bloße Sprech­blasen-Pro­duzen­ten mit zweifelhaft le­git­imiertem Bauchgefühl betrachtet zu werden. So auch Vok Dams und sein Sohn Colja. In Code Rouge versuchen sie fast verzweifelt, ihr praktisch erworbenes Wissen über Events und Live-Mar­ket­ing wis­senschaftlich abzusichern. Das wirkt bisweilen wichtigtuerisch. Und es ist unnötig: Die durchaus bedeutenden Erken­nt­nisse kämen viel besser rüber, wenn sie weniger akademisch formuliert und mit mehr Beispielen unterfüttert wären. Was die Autoren so vehement fordern – mehr Klarheit, weniger Blabla –, lösen sie leider selbst kaum ein. Immerhin: Vater und Sohn Dams machen glaubhaft, dass emotionale – und nur emotionale – Marke­nauftritte Erfolg haben, dass Events genau dafür prädestiniert sind und dass diese folglich in jeden aus­ge­wo­ge­nen Mar­ket­ing­mix gehören. BooksInShort empfiehlt den roten Leitfaden nicht nur Fachleuten, sondern auch allen Managern, die verstehen wollen, wie Marken funk­tion­ieren – und wie nicht.

Take-aways

  • Live-Mar­ket­ing (auch Er­leb­nis­mar­ket­ing) ist Marketing, bei dem die Konsumenten direkt und persönlich ange­sprochen werden.
  • Wichtige Formen des Live-Mar­ket­ings sind Events wie Messen, Kongresse, Roadshows, Galas, Kick-off-Meet­ings oder Aktionen am Verkauf­spunkt.
  • Die Ratio trifft keine Kaufentschei­dung. Wer Kunden erreichen will, muss sämtliche In­for­ma­tio­nen an Werte und Emotionen koppeln.
  • Live-Mar­ket­ing ist ideal, um Konsumenten emotional anzus­prechen.
  • Live-Mar­ket­ing ist ein wichtiger Baustein jeder guten Marken­strate­gie.
  • Die richtige Ansprache setzt genaue Kenntnisse der Zielgruppe voraus: Wie denkt und fühlt sie, was sind ihre Werte?
  • Ein Event funk­tion­iert auf vier Ebenen: Strategie, Psychologie, Sprache und Konzeption/Kreation.
  • Der „Code rouge“ ist eine Art Geset­zes­samm­lung zu diesen vier Aspekten.
  • Besonders wichtige Gesetze sind: die Codes der Zielgruppe kennen, eine klare Botschaft definieren, einheitlich auftreten, überraschen oder provozieren, alle Sinne ansprechen.
  • Der Code rouge umfasst eine Vielzahl von Modulen. Sie müssen entscheiden, welche für Ihr Live-Mar­ket­ing besonders wichtig sind.
 

Zusammenfassung

Viel Lärm um nichts?

Live-Mar­ket­ing ist Marketing, bei dem die Konsumenten direkt und persönlich ange­sprochen werden. Man nennt es auch Er­leb­nis­mar­ket­ing oder, etwas spez­i­fis­cher, Event-Mar­ket­ing. Gemeint sind Messen, Kongresse, Roadshows, Galas, Kick-off-Meet­ings, Aktionen am Verkauf­spunkt etc. Unsere Zeit schreit nach solchen Ve­r­anstal­tun­gen. Konsumenten suchen heute nicht mehr bloß Qualität, sondern vor allem das Außergewöhnliche, das Besondere, den Kick jenseits des Alltags. Noch nie war die Gier nach Erlebnissen so groß. Unternehmen können dieses Bedürfnis nutzen, um sich positiv ins Gedächtnis der Konsumenten zu brennen, indem sie ihnen den ersehnten Kick geben – oder zumindest mit dabei sind, wenn sie ihn bekommen.

„Die In­sze­nierung von Events war die Antwort der 1980er Jahre auf einen Wertewandel, der die Konsumenten immer freizeit- und er­leb­nisori­en­tierter werden ließ.“

Diese Erkenntnis ist in den meisten Chefetagen angekommen, zumindest grundsätzlich. Wenn es allerdings darum geht, dieses Wissen in der täglichen Arbeit in konkrete Aktionen umzusetzen, dann zögern die meisten. Sie haben Angst, dass sich die Sprüche der Mar­ket­ingleute als leeres Geschwätz entpuppen und letztlich viel Lärm um nichts gemacht werden könnte. Lärm, den man am Ende auch noch teuer bezahlen muss.

„Die Verbraucher werden un­berechen­barer.“

Obwohl solche Schwarz­malereien meist übertrieben sind, ganz un­berechtigt sind die Zweifel nicht. Denn nicht alles, was gut gemeint ist, kommt auch gut an. Bislang setzte jede neue In­sze­nierung auf die Intuition und die Erfahrung der damit beschäftigten Mar­keting­ex­perten – Events als Methode emotionaler Markenführung waren also primär eine Sache des Vertrauens in die Expertise der Macher. „Code rouge“ soll das ändern. Code rouge ist ein System, das Events und Live-Mar­ket­ing methodisch angeht und sie auf eine stabile wis­senschaftliche Grundlage stellt. Es ist die Essenz aus drei Jahrzehnten Erfahrung und Reflexion.

„Das Kerngeschäft des Live-Mar­ket­ings ist das Management von definierten Eindrücken auf wis­senschaftlicher Grundlage. Es geht darum, die Vorstel­lun­gen und Gefühle von Zielgruppen zu bee­in­flussen.“

Und die lautet in Worten ausgedrückt: Marken stehen längst nicht mehr für materielle, sondern für eine emotionale Qualität. In­for­ma­tio­nen verpuffen wirkungslos, wenn sie nicht mit Werten und Gefühlen verknüpft werden. Mit welchen Werten und Emotionen sie aufgeladen werden, ist eine strate­gis­che Entschei­dung der Geschäftsführung. Wie sie aufgeladen werden, ist eine Frage des Marketings.

Erfolg ist planbar

Klar ist mit­tler­weile: Einzelne Events verpuffen. Auch diese Form von Marketing braucht eine Strategie oder zumindest ein abges­timmtes Konzept mit un­ter­schiedlichen, sich ergänzenden Facetten. Und das wiederum muss zum Auftritt des Un­ternehmens passen, sonst leidet die Glaubwürdigkeit.

„Es gibt keine zweite Chance für einen positiven ersten Eindruck.“

Wie planbar – und wieder­hol­bar – ist der Erfolg? Dieser Frage wird im Live-Mar­ket­ing oft ausgewichen. Zu individuell und un­ter­schiedlich scheinen viele Aktionen – von der Pro­duk­t­lancierung über Roadshows bis zum Tag der offenen Tür –, als dass sie ver­gle­ich­bar wären. Eine bequeme Ansicht, aber eine falsche. Nicht nur das eigene Vorgehen ist planbar, auch die Reaktion der Zielgruppe lässt sich, bei richtiger Vor­bere­itung, in gewisser Weise vorhersehen. Weichen die tatsächlichen Reaktionen dennoch von den erwarteten ab, eröffnen sich neue Wege und Chancen. Das heißt u. a.: Auch wis­senschaftlich ver­standenes und umgesetztes Live-Mar­ket­ing muss offen und flexibel bleiben. Das System Code rouge stellt sich dieser Her­aus­forderung. Es ist sozusagen eine Geset­zes­samm­lung des richtigen kom­mu­nika­tiven Verhaltens, die folgende vier Ebenen berücksichtigt:

  • Strategie: Was ist unser Ziel? Welche Taktik verfolgen wir?
  • Psychologie: Was müssen wir tun, um akzeptiert zu werden?
  • Sprache: Wie müssen wir mit der Zielgruppe sprechen?
  • Konzeption/Kreation: Wie stellen wir sicher, dass unsere Maßnahmen zu unserer Marke passen? Dass sie an die Lebenswelt der Zielgruppe anschließen?
„Live-Mar­ket­ing und die direkte Ziel­grup­penansprache öffnen den Weg zum Kunden.“

Diese vier Ebenen lassen sich in einzelne Module unterteilen, welche die Gesetze des Code rouge enthalten und als eine Art Streck­en­buch flexibel miteinander verknüpft werden können. Konkrete Aufgaben lassen sich damit genauer erfassen, Ziele präziser festlegen – und die Ergebnisse werden überprüfbar. Es handelt sich um folgende Module:

„Ohne Vertrauen gibt es keine Kom­mu­nika­tion. Ohne Kom­mu­nika­tion gibt es kein Vertrauen.“

Für den Bereich Strategie:

  • „Spielen um zu gewinnen“: Zielgruppen und ihre Lebenswel­ten müssen genau beobachtet werden, um richtig eingeschätzt werden zu können. Können Sie das besser als die Konkurrenz, verfügen Sie über einen Wet­tbe­werb­svorteil.
  • „Spielerischer Prag­ma­tismus“: Wille allein genügt nicht – manche Wände sind einfach zu dick, um durchzukom­men. Fantasie hilft, um sich auf neuen Wegen dem gewünschten Ergebnis zu nähern.
  • „Unbestech­liche Konzep­tk­larheit“: Je wortreicher sich Konzepte präsentieren, desto weniger durchdacht sind sie. Umgekehrt gilt: Je klarer das Vorhaben konzipiert und struk­turi­ert ist, desto besser sind die Ergebnisse.
  • „Strate­gis­cher Op­por­tunis­mus“: Wenn Menschen sich von Argumenten überzeugen ließen, hätte die Aufklärung endgültig gesiegt. Doch so ist es nicht. Menschen springen nun mal auf bestimmte Dinge an. Mit dem richtigen Köder können Sie dicke Fische an Land ziehen.
  • „Funktionale Kreativität“: Kreativität ist die Gabe, Bekanntes auf eine neuartige Weise miteinander zu verknüpfen. Ohne solche gute Ideen wäre jedes Live-Mar­ket­ing langweilig. Kreativität ist keine Frage der genialen Eingebung, sondern kann durch allgemein bekannte Techniken gefördert und gezielt eingesetzt werden.
„Wir sprechen über Emotionen, die teilweise die tiefsten Schichten unseres Un­ter­be­wusst­seins ansprechen.“

Im weiten Feld der Psychologie:

  • „Ansteck­endes Lächeln“: Lächeln steht für Sympathie, und ohne Sympathie wird Ihre Kom­mu­nika­tion nicht die angestrebten Folgen zeigen. Zugleich sorgt Sympathie dafür, dass Fehler und Mängel nach­sichtiger beurteilt werden.
  • „Gleiche Wellenlänge“: Wis­senschaftlich schwer zu fassen, und doch ebenso geläufig wie selbstverständlich: Entweder es funkt – oder nicht.
  • „Fun­da­men­tales Vertrauen“: Vertrauen entsteht am ehesten aus einer persönlichen Begegnung – und für die sorgt Live-Mar­ket­ing.
  • „Ausstrahlende Faszination“: Es ist schwierig, aber un­verzicht­bar, einen bleibenden Eindruck zu hin­ter­lassen. Überraschen oder provozieren Sie Ihr Publikum, bieten Sie ihm die Möglichkeit, etwas zu entdecken.
  • „Gewinnendes Ent­ge­genkom­men“: Verhalten Sie sich freundlich und zu­vork­om­mend. Dann ist Ihnen positive Resonanz sicher.
„Zu viel Neues bereitet Unlust. Zu viel Altes langweilt.“

Auf der Ebene der Sprache:

  • „Sprich, damit du erkannt wirst“: Tonalität und Stil müssen zur Marke passen.
  • „Höre heraus, was nicht gesagt wird“: Nur wer aktiv zuhört, versteht, was wichtig ist und was nicht.
  • „Verstehe, was gemeint ist“: Zuhörer filtern oft aus, was nicht in ihr Konzept passt. So werden Missverständnisse un­ver­mei­d­bar. Auch in erkennbar anderen Ansichten steckt oft mindestens ein Körnchen Wahrheit.
  • „Sprich zur Sache“: Was gesagt wird, muss Nutzen stiften. Jedes einzelne Blabla-Wort wirkt kon­trapro­duk­tiv.
  • „Äußere, was einen überzeu­gen­den Eindruck macht“: Die Botschaft ist immer nur so überzeugend wie die Person, die sie vertritt. Etwas Selb­st­darstel­lung und Mys­ti­fika­tion kann nicht schaden.
„Live-Mar­ket­ing zielt auf Emo­tion­al­isierung.“

Im Hinblick auf Konzeption und Kreation:

  • „Kreiere klare und eindeutige Botschaften“: Ihre Botschaft muss unmissverständlich sein. Greifen Sie auf Vorwissen zurück und fügen Sie rund 10 % an Neuigkeitswert hinzu.
  • „Sprich Herz und Verstand an“: Lernerfolge sind gekoppelt an die Stärke der damit verbundenen Emotionen. Wer also etwas erreichen will – beispiel­sweise den Verstand –, kann auf Gefühle nicht verzichten. Empathie führt zum Erfolg.
  • „Sprich alle Sinne an“: Mit Bildern wird gern und oft gearbeitet. Klang-, Geruchs- und Taster­leb­nisse kommen hingegen noch zu kurz. Setzen Sie auf „pol­y­sen­suelle Kom­mu­nika­tion“.
  • „Schaue mit dem Verstand“: Ihre Zielgruppe nimmt Botschaften nicht für sich allein wahr, sondern in einem Kontext. Sie sieht Ihre Marke in einem bestimmten Verständnisrahmen. Diesen können Sie gestalten, etwa indem Sie die richtigen Darstel­lungs­for­mate finden.
  • „Sei stimmig nach außen und innen“: Lei­den­schaftliche Marken müssen lei­den­schaftlich vermittelt werden, technische dagegen technisch – und zwar auf allen Kom­mu­nika­tion­skanälen. Diese Konsistenz ist entschei­dend für die Glaubwürdigkeit.
  • „Kenne die Wege (zu) deiner Zielgruppe“: Live-Mar­ket­ing funk­tion­iert nur, wenn die Bedürfnisse, Erwartungen und Vorlieben der Zielgruppen bekannt sind und befriedigt werden. Bewegen Sie sich in der entsprechen­den Szene, um Strömungen zu erkennen und zu nutzen.
  • „Gehe auf die Seite der Zielgruppe“: Versuchen Sie, mit dem Kopf Ihrer Zielgruppe zu denken, deren Sprach-, Symbol- und Gesten-Codes zu verstehen. Erst dann werden Sie akzeptiert.
  • „Gehe in das Gedächtnis der Zielgruppe“: Versuchen Sie, ein ein­heitliches, einprägsames Bild Ihrer Marke zu kreieren.
  • „Nutze die Kraft des Unbewussten“: Jeder Begriff hat mehr oder minder bewusste Kon­no­ta­tio­nen. Doch diese sind keineswegs bei allen Zielgruppen gleich. Denken Sie sich in die Symbolik Ihrer Zielgruppe hinein.
  • „Tue das Richtige zur richtigen Zeit“: In­sze­nierun­gen brauchen eine Dramaturgie. Für den Aufbau der Spannung und deren Auflösung auf dem in­szena­torischen Höhepunkt ist das Timing entschei­dend.

Anleitung zum Sel­ber­denken

Bei jedem Event spielen die angeführten Gesetze eine Rolle, manche eine wichtige, andere eher eine marginale. Es geht nicht darum, alle Module einzusetzen, sondern darum, zu erkennen, welche in Ihrem spez­i­fis­chen Fall relevant sind. Insofern bietet der Code rouge eine Anleitung „how to think“, er hilft Ihnen, Ihre Denkprozesse zu struk­turi­eren und Dinge zu vernetzen, die sonst getrennt betrachtet würden, etwa ver­schiedene Kom­mu­nika­tion­skanäle. Der Code gibt keine Lösungen vor, aber er weist die Richtung, in der kreative, funktionale und effiziente Lösungen zu finden sind. So finden Sie anhand einzelner Sys­tem­bausteine die richtige Strategie.

„Code rouge sichert die Systematik der Ideen­find­ung. Es ist eine neue Art zu denken, um den Erfolg planbar zu machen.“

Egal wie Ihre Mar­ket­ingstrate­gie schließlich aussieht: Live-Mar­ket­ing-El­e­mente, also Events, gehören in jedem Fall dazu. Produkte einfach bekannt zu machen reicht nicht mehr. Marketing muss, um zu überzeugen, vielfältiger ansetzen und dabei doch stimmig bleiben.

Über die Autoren

Der Niederländer Vok Dams prägt seit den 1970er Jahren mit seiner Vok Dams Gruppe die Entwicklung der direkten Ziel­grup­penansprache mit. Sein Sohn Colja M. Dams ist Geschäftsführer der Vok Dams Gruppe.