High Probability Selling – Verkaufen mit hoher Wahrscheinlichkeit

Buch High Probability Selling – Verkaufen mit hoher Wahrscheinlichkeit

So denken und handeln Spitzenverkäufer!

BusinessVillage,


Rezension

Wer einen Stapel Verkauf­s­rat­ge­ber durchblättert, gewinnt rasch den Eindruck, dass sie alle gleich sind: Es geht vor allem um Tricks, wie man dem Kunden etwas verkauft, was er vielleicht gar nicht haben will. Dieses Buch beschreitet einen völlig anderen Weg. Es ist wie ein Drehbuch aufgemacht: Anhand der Gespräche, die der Verkäufer Sal Esman mit seinem neuen Ver­trieb­schef führt, lernt der Leser Schritt für Schritt die Verkauf­stech­niken des High Probability Selling. HPS setzt auf Qualität statt Quantität: Nur die Kunden werden besucht, die schon am Telefon zu erkennen geben, dass sie das Produkt brauchen, es wirklich wollen und es sich leisten können. Das verhindert Frustration auf beiden Seiten. Die einge­bet­tete Story ist her­vor­ra­gend gelungen: Ohne langatmige Belehrungen entwickelt das Buch eine Authentizität und eine Dynamik, die man sonst von Ratgebern kaum kennt. Der Spagat zwischen lockerer Geschichte und Wis­sensver­mit­tlung wirkt nur an wenigen Stellen etwas ungelenk. Fraglich ist allerdings, ob die HPS-Methode wirklich über alle Branchen hinweg gleich gut funk­tion­iert. BooksInShort jedenfalls empfiehlt das Buch allen Verkäufern.

Take-aways

  • Verkäufer haben ein schlechtes Image und fühlen sich oft auch selbst mies: weil sie Kunden zu etwas zwingen sollen, was diese gar nicht wollen.
  • Mit High Probability Selling (HPS) richten Sie sich nur an die Kunden, die Ihr Produkt brauchen, es haben wollen und es auch bezahlen können.
  • Rhetorische Tricks, um den Kunden zum Kauf zu bewegen, bringen nichts.
  • Beim HPS hat der Kunde jederzeit die Möglichkeit, aus dem Gespräch auszusteigen.
  • Die Auswahl poten­zieller Kunden muss sorgfältig erfolgen, da die Gruppe der so genannten High Probability Prospects relativ klein ist.
  • Nutzen Sie die In­ter­viewtech­nik für das Verkauf­s­ge­spräch: Fragen Sie den Kunden detailliert nach seinen Vorstel­lun­gen und Wünschen.
  • Reden Sie wenig. Überlassen Sie das dem Kunden.
  • Zeigen Sie ehrliches Interesse an Ihrem Kunden und bauen Sie eine persönliche Beziehung auf.
  • Notieren Sie sorgfältig Wort für Wort die Bedingungen, die Ihren Kunden zufrieden­stellen.
  • Jede erfüllte Zufrieden­heits­be­din­gung sollte mit einer Ab­nah­mev­erpflich­tung des Kunden gedeckt sein.
 

Zusammenfassung

Verkaufen ist mies

Kennen Sie jemanden, der gern mit Verkäufern spricht? Wenn ja, sind Sie wahrschein­lich der Einzige. Man meidet sie. Wie die Pest. Sie sind arrogant, auf­dringlich und immer auf den Abschluss aus. Verkäufer schleimen sich ein, machen sich scheinbar zum Freund des Kunden, sie heucheln, sie versprechen tollen Service und ständige Er­re­ich­barkeit, sie lügen. Und dabei fühlen sich die meisten von ihnen auch noch hundsmis­er­abel! Die meisten wollen gar nicht so handeln, sie wollen ihre Kunden nicht übers Ohr hauen. Aber die gängigen Verkäufertricks befehlen es ihnen. Kein Wunder, dass sie sich richtig mies fühlen, wenn ein Verkauf in die Hose gegangen ist. Wer monatelang einen Kunden bekniet, mit ihm sogar essen geht und dann doch einen Korb von ihm bekommt, kann sich ja nur schlecht fühlen.

„Aggressive Verkäufer erzeugen defensive Kunden.“

Verkäufer sind die Topkunden für Mo­ti­va­tion­strain­ings. Das ist sonnenklar, weil sie sich ständig selbst in den Hintern treten müssen, um erfolgreich zu sein. Kein Bäcker, Elektriker, Ingenieur oder Arzt besucht jemals ein Mo­ti­va­tion­strain­ing. Warum auch? Die Zwang­haftigkeit der Verkäufer beruht auf der falschen Annahme, alle poten­ziellen Kunden zum Abschluss bringen zu müssen. High Probability Selling (HPS) dagegen macht das nicht, sondern versucht, den Verkauf nur dann vo­ranzutreiben, wenn der Kunde das Produkt wirklich haben will.

Sal Esman wagt den Neuanfang

Sal Esman ist Verkäufer bei einem Ver­pack­ung­sun­ternehmen. Der Job liegt ihm, er ist gesellig und hat ein flottes Mundwerk. Trotzdem sind seine Ergebnisse eher durch­schnit­tlich. Mo­ti­va­tion­ssem­inare und -CDs braucht er inzwischen wie Drogen. Nur derart aufgeputscht kann er überhaupt noch seinen Job erledigen, sonst fühlt er sich leer und ausgebrannt. Es fällt ihm immer schwerer, Kunden in einen Abschluss zu zwingen. Alle Verkauf­stricks kennt er. In Schulungen kommt man ihm mit den gleichen Phrasen: Einwände behandeln, aggressiv zum Abschluss kommen oder sich ein­schleimen. Sal tritt auf der Stelle. Soll er wieder zurück in die Produktion gehen? Aber die Gehälter sind da einfach zu niedrig ... Irgendwann landet Sal bei einem neuen Unternehmen, der Wraparound Packing Company (WPC). Hier wird nach der HPS-Methode verkauft. Sal begleitet den Verkauf­sleiter zu einem Kun­denbe­such, um die neue Methode erstmal in der Praxis kennen zu lernen.

Tra­di­tionelles Verkaufen

Victor Preston, der Verkauf­schef von WPC, erklärt Sal, dass tra­di­tionelle Verkäufer mit zwei Grundregeln im Kopf herumlaufen. Erstens gehen sie davon aus, dass jeder zur Zielgruppe gehört, der das Produkt auch nur einigermaßen gebrauchen könnte. Das macht den Kreis poten­zieller Kunden enorm groß. Die zweite Grundregel ist hauptver­ant­wortlich für die Misere des Verkaufs. Sie besagt, dass Verkaufen die Kunst der Überzeugung ist. Anders ausgedrückt: Der Kunde muss im Verkauf­sprozess so manipuliert werden, dass er am Ende gar nicht anders kann, als zu bestellen. Es gibt sogar obskure Regeln, die z. B. beinhalten, dass der Kunde Ja sagt, wenn er neunmal Nein gesagt hat. Am Anfang des Verkaufens stand bisher die Kundensuche. Je mehr Termine, desto besser, lautete die Devise. Im eigentlichen Gespräch wurde dann nach dem ma­nip­u­la­tiven AIDCA-Prinzip verkauft:

  1. Attention: Die Aufmerk­samkeit des Kunden erregen, mit Showtalent oder Ver­sprechun­gen. Aber: Wer Ungewöhnliches tun muss, um Kunden zu in­ter­essieren, hat meist die falschen Kunden.
  2. Interest: Das Interesse des Kunden wecken, indem eine persönliche und emotionale Beziehung hergestellt wird. Doch das ist Zeitver­schwen­dung: Nicht­in­ter­essierte werden unnötig belästigt, bereits In­ter­essierte gelangweilt.
  3. Desire: Die Begierde des Kunden wecken, indem man ihm die Vorzüge des Produkts in den buntesten Farben ausmalt, gern auch mithilfe einer Präsentation. Besser: Zeigen, wie ein bereits vorhandenes Verlangen befriedigt werden kann.
  4. Conviction: Den Kunden mithilfe von Tes­ti­mo­ni­als Prominenter, Meinungen anderer Käufer, Empfehlun­gen und Testergeb­nis­sen überzeugen. Nur: Hier fühlt sich der Kunde oft unter Druck gesetzt.
  5. Action: Den Kunden zum Abschluss drängen, seine Einwände entkräften und ver­schiedene Verkauf­stech­niken anwenden, um seine Un­ter­schrift zu bekommen. Dumme Be­gleit­er­schei­n­ung: Wer jetzt nicht abschließt, ist frustriert.

High Probability Prospecting

Jede dieser Stufen bringt also ihre Probleme mit sich. Das vielleicht wichtigste Argument gegen das tra­di­tionelle Modell ist, dass der Verkäufer seine Zeit mit Kunden vergeudet, die vielleicht nie ihre Un­ter­schrift unter den Vertrag setzen werden. Beim High Probability Selling hingegen ist im Grunde der gesamte Verkauf­sprozess ein Abschluss. Der Kunde wird nicht dazu genötigt, zu kaufen, vielmehr hat er jederzeit die Gelegenheit, auszusteigen und sich als Kunde zu dis­qual­i­fizieren. Das Verkauf­s­ge­spräch richtet sich nur an Kunden, die brauchen, wollen und bezahlen können, was Sie Ihnen anbieten. Alle Kunden, die Ihr Produkt entweder nicht wollen, es sich nicht leisten können oder auf eine andere Marke eingeschworen sind, fallen im Verkauf­skalkül des HPS von vornherein aus. Entsprechende Sorgfalt müssen Sie auf die Auswahl möglicher Käufer, der so genannten High Probability Prospects, verwenden. Diese Gruppe ist zwar relativ klein, aber Sie müssen viele potenzielle Kunden anrufen, um diese Hand voll passender Kandidaten zu ermitteln.

Kun­den-Dis­qual­i­fizierung

Formulieren Sie Ihr Angebot am Telefon klar und deutlich – es darf nicht mehr als 45 Wörter umfassen, weniger ist besser. Stellen Sie sich vor, sagen Sie, was Sie verkaufen, welche Eigen­schaften das Produkt hat, und formulieren Sie eine Entschei­dungs­frage. Das könnte beispiel­sweise so aussehen: „Guten Tag. Hier spricht Sal Esmann von der Wraparound Packing Company. Wir bieten hochwertige Ver­pack­un­gen für Ihre Produkte an, die flach gepackt werden können. Unsere Ver­pack­un­gen sehen prima aus und bieten eine besondere Polsterung. Haben Sie Interesse an solchen Ver­pack­un­gen?“

„Statt jeden poten­ziellen Kunden zum Abschluss bringen zu wollen, will HPS her­aus­finden, ob es eine beiderseits akzeptable Basis gibt, auf der man mit dem Kunden Geschäfte abschließen kann.“

Diese Vorstellung setzt den Gesprächspartner nicht unter Druck. Sal stellt eine präzise Frage, die mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Lassen Sie sich nie auf ein „vielleicht“ ein, sondern fordern Sie immer ein klares Ja oder Nein. Wenn der Kunde Details Ihres Produkts klären will, nageln Sie ihn erst auf eine grundsätzliche Zusage fest. Details werden dann im Verkauf­s­ge­spräch vor Ort festgelegt. Der Kunde muss sich verpflichten, das Geschäft mit Ihnen zu machen, sonst besuchen Sie ihn gar nicht. Das ist radikal und wird Sie Überwindung kosten, aber es ist nötig, um die High Probability Prospects zu iden­ti­fizieren. Wenn der Kunde nicht bereit ist, eine Verpflich­tung einzugehen, hat er sich dis­qual­i­fiziert. Fallen Sie am Telefon nicht in das alte Verkauf­s­muster zurück: Versuchen Sie nicht, den Kunden zu überreden. Prospect­ing-Tele­fonate dauern maximal vier Minuten. Wenn Sie länger mit dem poten­ziellen Kunden sprechen, sind Sie ins Überreden abgedriftet.

„Wenn du einen Kunden zu einem ‚Ja‘ überredest, obwohl er ‚Nein‘ meint, wird er dir bald absagen.“

Regeln für das Verkauf­s­ge­spräch

  • Führen Sie das Verkauf­s­ge­spräch wie ein Interview. Fragen Sie immer wieder, um her­auszufinden, was der Kunde will. Stellen Sie Fragen wie diese: „Wie viele Ver­pack­un­gen brauchen Sie heute und wie viele in vier Wochen?“, „Möchten Sie auch ein Angebot zu einer anderen Pro­duk­tlinie von uns?“, „Gibt es noch Fragen, die wir in unserem heutigen Gespräch klären sollten?“
  • Machen Sie sich Notizen und schreiben Sie die Schlüsselsätze des Gesprächs mit. Verwenden Sie die Worte des Kunden. Nur so können Sie später beweisen, dass Sie sich an die vom Kunden geäußerten Bedingungen gehalten haben, und sind nicht auf nebulöse Erin­nerun­gen angewiesen.
  • Hören Sie zu und konzen­tri­eren Sie sich auf die Antworten des Kunden. Wenn es Un­klarheiten gibt, fragen Sie erneut nach. Wenn der Kunde bemerkt, dass Sie ihm nicht zuhören, sondern schon an die nächste Frage denken, wird er Sie als Verkäufer ablehnen.
  • Reden Sie wenig und vermeiden Sie alles, was den Kunden unter Druck setzt.
  • Bleiben Sie neutral und lassen Sie sich von der evtl. negativen Stimmung des Kunden nicht dazu verleiten, emotional zu reagieren. Sachliches Sprechen ist das Wichtigste. Hat der Ärger des Kunden mit Ihnen zu tun, lösen Sie erst das Problem, bevor Sie weiter verhandeln. Fragen Sie den Kunden direkt, ob Sie seinen Ärger ausgelöst haben. Wenn er sich beruhigt, ist es gut. Wenn nicht, fragen Sie ihn offen, ob man nicht besser an einem anderen Termin weiterreden sollte. Die meisten Kunden werden sich auf diese Frage hin zusammenreißen oder aber klar machen, dass es keinen weiteren Termin geben wird.
  • Reagieren Sie nicht auf folgenlose Aussagen. Zu diesen zählt die oft gehörte Floskel „Ich bin nicht in­ter­essiert“. Überwinden Sie sich und fragen Sie weiter, so als hätte der andere nichts gesagt, als sei seine Ablehnung nur ein Geräusch oder Räuspern. Etwa so: „Bedeutet das, dass Sie jetzt nicht bereit sind, etwas zu ändern, oder planen Sie auch gar nicht, später etwas zu ändern?“
  • Beenden Sie das Verkauf­s­ge­spräch höflich, wenn sich her­ausstellt, dass der Kunde kein Interesse hat. Versuchen Sie nie einen un­in­ter­essierten Kunden zu bekehren.

Feinschliff für HPS-Verkäufer

Zu den wichtigsten Aufgaben des Verkäufers gehört es, eine ver­trauensvolle Beziehung zu seinem Kunden aufzubauen. Sal Esman staunt nicht schlecht, als er vom Verkauf­sleiter hört, dass die WPC-Verkäufer nur mit denjenigen Kunden Geschäfte machen, denen sie vertrauen. Dazu gehört vor allem, dass die Verkäufer schon beim ersten Kun­denbe­such Fragen stellen, deren Antwort sie wirklich in­ter­essiert, beispiel­sweise zur Architektur des Un­ternehmens, zum Werdegang des Einkäufers oder zu dessen Familie. Das sig­nal­isiert dem Kunden, dass er auch als Person ernst genommen wird. Solche Fragen sind Sal zunächst unangenehm, doch er stellt zu seiner Verblüffung schnell fest, dass die Einkäufer die teilweise persönlichen Fragen sehr umfassend beantworten. Der Übergang vom Beziehungs­ge­spräch zum Verkauf­s­ge­spräch erfolgt mit einer Reihe von Fragen, die dem Verkäufer wichtige An­halt­spunkte zum Geschäftsgebaren des Kunden geben. Zum Beispiel: Warum benötigen Sie dieses Produkt? Was würde passieren, wenn Sie dieses Produkt nicht kaufen würden? Angenommen, Sie möchten das Produkt kaufen, wer müsste dem Kauf außerdem noch zustimmen? Die letzte Frage deckt auf, wer Entschei­dungs­befug­nis im Unternehmen hat. Sie müssen darauf bestehen, dass der Kunde diese Personen hinzuzieht. Lassen Sie sich nicht vertrösten! Lehnt der Kunde es ab, den Entschei­dungs­befugten dazuzuholen, hat er sich dis­qual­i­fiziert.

„Sei gründlich und präzise, wenn du mit dem Kunden die Bedingungen der Zufrieden­heit aushandelst.“

In der Ab­schlussphase des Gesprächs sollten Sie die Bedingungen der Zufrieden­heit des Kunden genau erfragen und sie sich notieren. Die Erfüllung dieser Bedingungen sollte immer mit entsprechen­den Verpflich­tun­gen des Kunden zur Abnahme des Produkts gedeckt werden. Wichtig: Wann immer Sie im Verkauf­s­ge­spräch einen Schritt weitergehen, also z. B. von der allgemeinen Information zur Festlegung der Eigen­schaften des Produkts, fragen Sie den Kunden, ob er das will. Etwa in der Form „Ich würde jetzt gern mit Ihnen die Kriterien festlegen, denen unsere Produkte genügen müssen, damit Sie zufrieden sind. Sollen wir das jetzt machen?“ Hier hat der Kunde wieder eine Wahlmöglichkeit und kann im Verkauf­sprozess auch zurückspringen, falls noch Fragen offen sind.

Über die Autoren

Jacques Werth ist Inhaber der in­ter­na­tionalen Trainings- und Be­ratungs­firma High Probability Inc. und verfügt über 30 Jahre Verkauf­ser­fahrung. Nicholas Ruben hat zusammen mit Jaques Werth das High-Prob­a­bil­ity-Sell­ing-Train­ingskonzept entwickelt. Michael Franz coacht Un­ternehmens­ber­ater, Geschäftsführer und Unternehmer. Als Managing Director baute er 2007 das deutschsprachige Büro von High Probability Inc. in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf.