Chancen im verdeckten Stellenmarkt
Sie können die Zeitung und die Jobbörsen noch so gewissenhaft durchforsten, es werden Ihnen jede Menge Stellenangebote entgehen. Als Fachkraft z. B. bekommen Sie im offenen Stellenmarkt lediglich 50 % der freien Positionen zu Gesicht. Das untere und mittlere Management findet auf diesem Weg nur 30–40 % der offenen Stellen und das Topmanagement überhaupt keine. Ein Grund dafür ist, dass gerade die Top-Positionen oft über das Beziehungsnetzwerk des Chefs besetzt werden.
„Sie lassen sich jeden zweiten hochinteressanten Job entgehen, wenn Sie Ihr Heil allein in der klassischen Bewerbung suchen.“
Um an diese Positionen zu kommen, müssen Sie den verdeckten Stellenmarkt bearbeiten, genau wie Headhunter das unter dem Label „Executive Search“ tun. Für Ihre eigenen Bemühungen empfiehlt sich die daran angelehnte Strategie „JobSearch“. Das hat wenig mit Tricks zu tun, sondern vielmehr mit harter Arbeit, mit Fleiß und auch mit Geduld. Es wird Ihnen damit zwar nicht automatisch der gesamte Stellenmarkt zu Füßen liegen, aber Sie werden zum Bewerbungsprofi und haben damit in jedem Fall bessere Karten. Wer für seine eigene Stellensuche wie ein professioneller Headhunter vorgehen möchte, muss das systematische Suchen und Finden lernen. Dazu gehört als Erstes ein spezifiziertes Profil. Was genau haben Sie zu bieten?
Anbieten statt bewerben
Gibt der Stellenmarkt nichts her, müssen Sie selbst die Initiative ergreifen. Das ist nicht neu, Initiativbewerbungen haben schon vielen zu einem neuen Job verholfen. Der markante Unterschied bei JobSearch: Im Gegensatz zu einer Eigeninitiative, wo Sie sich um eine Arbeit bewerben, bieten Sie als JobSearcher Ihre Leistung an. So einfach ist es allerdings nicht, vom Bewerber zum Anbieter zu werden. Es steht ein neuer strategischer Ansatz dahinter, der erst mal verinnerlicht werden muss.
„Bei der Initiativbewerbung ist Ihre Botschaft so ähnlich wie bei der klassischen Bewerbung und hört sich ungefähr so an: ‚Ich finde deinen Laden toll und habe diese und jene Fähigkeiten, bitte überprüfe, ob du in deinem Laden an irgendeiner Stelle Verwendungsmöglichkeiten dafür findest.’“
Ein weiterer Unterschied zur Initiativbewerbung ist, dass der JobSearcher seine eigene Zielsetzung kennt und sein Fähnchen nicht nach den Unternehmenszielen ausrichtet. Nur wenn Sie sich eine persönliche Strategie zulegen und nicht einer Firmenstrategie nachlaufen, können Sie damit Ihre Karriere ankurbeln. Sie brauchen eine Ich-Strategie: „Ich biete meine Arbeitsleistung zu meinen Bedingungen an.“ Das ist oft nicht einfach, wir sind es zu sehr gewohnt, auf die Anforderungen des Arbeitgebers zu reagieren, also nach der Du-Strategie zu verfahren: „Ich erfülle das, was du von mir erwartest“. Natürlich funktioniert auch das – aber einen Traumjob bekommen Sie damit sicher nicht. Schon gar nicht im verdeckten Stellenmarkt.
Motive und Affinitäten
Wie entwickelt man nun eine Ich-Strategie? Sie können versuchen, von Ihren Talenten auszugehen oder im Gegenteil von Ihren Schwächen. Aber manche Ihrer Talente haben Sie vielleicht noch gar nicht als solche erkannt, und was beispielsweise im Kundenkontakt als Schwäche angesehen wird (etwa penible Kleinigkeit), ist für einen Buchhalter eine wichtige Stärke. Auch ein Anforderungsprofil, wie es Headhunter erstellen – bestehend aus zu besetzender Position, Aufgaben und Anforderungen, finanziellen Ansprüchen –, bringt Sie nicht wirklich weiter.
„Bei JobSearch lautet die Botschaft: ‚Ich möchte und kann dies und jenes für dich tun; wenn du Bedarf für diese Art von Leistung hast, lass es mich bitte wissen, damit wir Auftragsverhandlungen führen können.‘“
Für Ihre Ich-Strategie brauchen Sie einen anderen Ansatz. Beginnen könnten Sie etwa mit dem Test „Strengthfinder“, den das US-Marktforschungsinstitut Gallup entwickelt hat. Wer sich auf die 34 Schlüsselfaktoren – von „analytisch“ über „Ideensammler“, „Tatkraft“ und „Verbundenheit“ bis zu „Zukunftsorientierung“ – hin untersucht hat, weiß immerhin, wo grundsätzlich seine Stärken liegen. Den Erfolg haben Sie damit aber noch nicht auf sicher, denn auch wenn Sie z. B. musikalisch sind, ist das keine Garantie für einen Welterfolg als Tenor. Der Talentierteste ist nicht zwingend derjenige, der es im entsprechenden Beruf am weitesten bringt.
Tun Sie, was Sie am liebsten tun
Wonach Sie vor allem suchen müssen, sind Ihre Motive. Mit dem so genannten Reiss-Profil, einem vom amerikanischen Verhaltenspsychologen Steven Reiss entwickelten Test, erfahren Sie, was Sie antreibt und welche Wertestruktur dahinter steckt. Mit diesem Wissen können Sie eine Ich-Strategie aufbauen, die Ihnen sowohl im offenen als auch im verdeckten Stellenmarkt weiterhilft: Sobald Sie wissen, was Sie tun möchten, klappern Sie den Arbeitsmarkt nach der Position ab, die Ihnen genau das ermöglicht. Bis jetzt haben Sie vermutlich den Job gesucht, den Sie am besten können; künftig machen Sie, was Sie am liebsten tun.
„JobSearch geht an das Thema Arbeit und Arbeitsleistung heran wie ein Selbstständiger, der seine Dienstleistungen anbietet.“
Aber auch wenn Sie Ihren Traumjob sehr präzise bezeichnen können: Genau so wird er Ihnen im verdeckten Stellenmarkt sicher nicht serviert. Sie müssen sich schon die Mühe machen, Ihre Affinitäten herauszufinden, dann gelingt es leichter, die Unternehmen aufzudecken, in denen am ehesten ein Job nach Ihren Wünschen existiert. Listen Sie einmal Ihre Lieblingsbranchen auf. Vielleicht entdecken sie z. B. eine Affinität zu Naturprodukten wie Papier oder Farben – und schon lassen sich die Firmen eingrenzen, die Sie in die engere Wahl ziehen.
Mit Hoppenstedt auf Firmensuche
Wer viel Zeit hat, kann seinen Internet-Anschluss zum Glühen bringen, um die passenden Firmen zu finden. Die bessere Methode – wenn auch kostenpflichtig und auf Deutschland beschränkt – ist es, das Hoppenstedt-Firmenverzeichnis zu Rate zu ziehen, als CD, Handbuch oder Online-Datenbank. Geben Sie dort Ihre Affinitäten ein, spuckt der Hoppenstedt über seinen Branchenschlüssel diejenigen Firmen aus, die für Sie relevant sind. Die Trefferliste wird recht lang sein, also grenzen Sie weiter ein. Die Kriterien dafür legen Sie ganz nach eigenem Ermessen fest, beispielsweise weil Sie in jedem Fall in Bayern bleiben möchten oder weil Sie ein bestimmtes Produktspektrum bevorzugen.
„Die Entwicklung einer persönlichen Strategie ist die erste und wichtigste Bedingung für den JobSearch-Prozess.“
Die Qual der Wahl bleibt Ihnen. Allerdings haben Sie ja mittlerweile eine Ich-Strategie entwickelt. Diese grundsätzlichen Überlegungen helfen Ihnen jetzt, den Kreis der Lieblings-Unternehmen weiter einzuengen. So wissen Sie z. B., dass Ihre Firma 100 bis 250 Mitarbeiter haben sollte, weil Sie da am ehesten als alleiniger Geschäftsführer das Sagen haben. Oder Sie erkennen aus den im Vollprofil einer Firma genannten Produkten die Struktur der Absatzwege und aus den Ressorts die Organisationsstruktur. Wo diese Kriterien zu Ihrer Ich-Struktur passen, sollten Sie anklopfen.
„Als Faustformel gilt, dass die sogenannte ‚Longlist‘, also das, was der Hoppenstedt-Ergebnisliste entspricht, den zwei- bis dreifachen Umfang der endgültigen Zielfirmenliste haben sollte, weil mindestens die Hälfte der Zielfirmen beim ‚Handverlesen‘ auf der Strecke bleibt.“
Manchmal wird Ihnen auch der Hoppenstedt nicht nützen, denn er basiert auf der Wirtschaftszweigklassifizierung der Europäischen Union, der sog. NACE. Mit diesem Branchencode werden Sie beispielsweise die Markenartikelbranche nicht knacken können, denn darunter fallen Nahrungs- und Genussmittel, aber auch Reinigungsmittel und Textilien. Der NACE-Schlüssel hilft Ihnen nur, wenn Sie sich auf ein Material einigen können, wie etwa Produktgruppen aus dem Nahrungsmittelbereich. Sie möchten aber nun mal die Markenartikelbranche? Geht auch, dann recherchieren Sie unter www.auma.de die passenden Messen und vertiefen sich in die Ausstellerlisten. Fündig werden Sie ebenfalls bei Verbänden, bzw. in deren Mitgliederverzeichnissen.
Headhunter, Karriereberater und Networking
Es gibt Personen, die Sie bei der Suche nach dem Traum-Job unterstützen können. Sollte ein Headhunter im richtigen Moment bei Ihnen klingeln, ist das natürlich ein Glücksfall. Dem können Sie aber nachhelfen, indem Sie selbst eine Headhunter-Company anrufen. Sagen Sie kurz, wer Sie sind und was Sie suchen, dann werden Sie meist sehr schnell erfahren, ob es sich lohnt, Ihre Unterlagen zuzusenden. Streuen Sie Ihr Dossier keinesfalls gleichzeitig an alle Headhunter-Gesellschaften, die Sie im Branchenbuch finden. Headhunter möchten exklusiv tätig werden und einen aussichtsreichen Kandidaten nicht an die Konkurrenz verlieren.
„Es ist gut möglich, dass sich so mancher Headhunter für Sie interessieren würde, wenn er nur wüsste, wie er Sie in Ihrem ‚Riesenladen‘ finden kann. Es ist also nicht die schlechteste Idee, ihm dabei zu helfen.“
Ist Ihnen gekündigt worden? Dann bietet Ihnen Ihr Arbeitgeber ja vielleicht ein Outplacement an. Wahrscheinlich werden Sie es ablehnen. Verständlich, denn auf jenen Personaler, der Ihnen das Kündigungsschreiben auf den Schreibtisch gelegt hat, sind Sie wohl nicht so gut zu sprechen. Allerdings kann der Karriereberater hilfreich sein, wenn Sie bereits auf einer Kiste voll Bewerbungen sitzen, ohne dass ein Arbeitgeber an Ihnen Interesse gezeigt hätte. Dann machen Sie möglicherweise etwas falsch. Je offener Sie mit dem Karriereberater darüber sprechen, umso besser weiß er, wo er ansetzen muss.
„Geht es Ihnen darum, im verdeckten Stellenmarkt voranzukommen, brauchen Sie vermutlich jemanden, der Ihnen strategisch und researchmäßig unter die Arme greift.“
Natürlich können Sie für Ihre Stellensuche auch all die guten Kontakte in Ihrem Netzwerk nutzen. Ob das etwas bringt, sei dahingestellt, aber wenn Sie es versuchen, dann erklären Sie Ihren Job und das, wonach Sie suchen, so exakt wie möglich und so, dass es jeder versteht. Machen Sie auf sich aufmerksam, wo Sie können, aber verlieren Sie sich nicht monatelang im Networking. Publizieren Sie Ihre Daten in virtuellen Netzwerken. Und vergessen Sie nicht, ab und zu Ihren Namen zu googeln. Einträge, die Ihnen nicht passen, lassen Sie löschen: Schauen Sie im Impressum nach den Verantwortlichen und melden Sie sich dort mit Ihrem Anliegen.
JobSearcher punkten mit dem Anschreiben
Die meisten Anschreiben werden gar nicht gelesen – das gilt für die Du-Strategie, wenn Sie sich also auf eine ausgeschriebene Stelle bewerben. Anders beim JobSearch. Da schwappt Ihr Anschreiben nicht mit der ganzen Bewerbungsflut auf den Schreibtisch, hier muss der Adressat erst mal lesen, was Sie denn überhaupt von ihm wollen. Auf einer Seite haben Sie jetzt Gelegenheit, genau das kundzutun, also vermasseln Sie es nicht durch Anmaßungen („Ich bin sicher, alle Voraussetzungen zu erfüllen“), Floskeln („Win-win-Situation“), Denglisch („Hands-on-Mentalität“) oder großspurige Selbstbeurteilungen („Ich bin teamfähig, kommunikativ und auch sonst ganz toll“). Konzentrieren Sie sich auf Kernaussagen: Wer bin ich, was will ich, was suche ich. Verkneifen Sie es sich, den alten Job und den bisherigen Arbeitgeber madig zu machen, das zeugt nicht von Stil.
„Dieses ‚Win-Win‘ ist gleich doppelt peinlich. Spricht man es englisch aus, dann klingt das immer noch wie Babysprache, aber man sieht dabei auch noch so aus, als wollte man jemanden küssen.“
Fehlt noch der Lebenslauf. Freelancer können mit dem Begleitbrief auch einen Flyer verschicken. Stellen Sie darin Ihre beruflich-fachliche Entwicklung heraus, z. B. Ihre Auslandserfahrung. Wenn Sie zu einem Punkt besonders aussagekräftige Informationen haben, verwenden Sie ein Extrablatt. Auf diese Weise können Sie Akzente setzen und etwa auf Ihre besonderen IT-Kenntnisse verweisen, ohne den Lebenslauf zu überladen. Damit dieser wirklich gelesen wird, muss auch die äußere Form stimmen, er soll klar und seriös wirken. Mischen Sie nicht alle Schriften, die Ihr Computer hergibt, empfehlenswert ist die Garamond in normal, fett und evtl. kursiv. Mehr brauchen Sie nicht.
„Was der Empfänger will, können Sie nicht wissen – er weiß es nämlich selbst nicht, jedenfalls nicht, bevor er mit dem Lesen begonnen hat.“
Verbiegen Sie sich nicht nach ausgefeilten Formulierungen, ein Lebenslauf ist kein Roman. Aber strukturiert sollte er sein. Die einzelnen Stationen Ihrer Karriere bilden das Grundgerüst, dazu gehört jeweils eine Aufgabenbeschreibung im Telegrammstil. Der Leser hat so die Möglichkeit, das für ihn Relevante auf einen Blick herauszupicken – damit hinterlassen Sie den bestmöglichen Eindruck bei Ihrem potenziellen neuen Arbeitgeber.