Den Auslandsmarkt kennenlernen
Firmen, die einen Teil ihrer Geschäftsaktivitäten ins Ausland verlagern wollen, sollten diese Absicht als Bestandteil der Unternehmensstrategie definieren. So schaffen Sie das notwendige Fundament für die folgende Planung und die Vorbereitung Ihrer Geschäfte. Checklisten helfen Ihnen, alle wesentlichen Aufgaben abzuarbeiten und bereits in der Vorbereitung mögliche Fehlerquellen auszuschließen. Sie verschaffen sich damit einen Überblick über mögliche Konsequenzen, die mit der Wahl eines Standorts verbunden sind. Wann immer Sie auf neue Informationen und Erkenntnisse stoßen, lassen Sie sie in ihre Produkt-, Preis und Vertriebspolitik einfließen. Holen Sie Informationen zu Ihrer Zielgruppe, den spezifischen Marktfaktoren und den Vertriebswegen ein. Und befassen Sie sich ausführlich mit Ihrer Konkurrenz auf dem entsprechenden Auslandsmarkt. Die verfügt nämlich in den meisten Fällen über den Vorteil, dass sie den Markt aus langjähriger Erfahrung kennt. Vergleichen Sie Informationen aus verschiedenen Quellen, nur so erhalten Sie ein präzises Bild.
Wohin wollen Sie exportieren? Bei der Länderauswahl lohnt es sich, selektiv zu sein. Versuchen Sie, die Marktpotenziale einzelner Länder genau abzuschätzen, und entscheiden Sie dann auf dieser Basis. Der größte Markt muss nicht immer der lukrativste sein. Haben Sie sich entschieden, kann Ihnen eine Exportförderungsorganisation vielleicht weiterhelfen – oder ein Vertreter einer befreundeten Firma, die bereits im betreffenden Markt tätig ist.
Woran könnten Sie scheitern?
Im Rahmen der Strategieüberprüfung sollten Sie testen, wie Ihre Produkte auf dem fremden Markt angenommen werden, und welche Hindernisse einem gelungenen Markteintritt im Wege stehen könnten. Ein Beispiel: Eine Firma stellt große Karaffen aus Kunststoff her und möchte diese auf dem Heimatmarkt sehr erfolgreichen Produkte in Japan verkaufen. Trotz der Tatsache, dass europäisches Design dort angesagt ist, kommt der Absatz nicht in Schwung. Der Grund: Die japanischen Kühlschränke sind deutlich kleiner als die europäischen; die Karaffen passen dort nicht hinein. Neben solch produktspezifischen Problemen gibt es weitere Hürden für einen erfolgreichen Markteintritt. Diese können im Unternehmen selbst liegen, dessen Know-how für Auslandsgeschäfte noch nicht ausreicht (z. B. Sprachprobleme). Oder es sind lokalspezifische Bestimmungen und Regularien, die Ihnen den Markteintritt erschweren.
Wenn Sie im Ausland neue Geschäftskontakte knüpfen, dann prüfen Sie Ihre potenziellen Partner genau. Es besteht die Gefahr, dass Ihr Know-how abwandert. Wer weiß, wie lange Sie mit dem neuen Partner zusammenarbeiten werden? Es kann deshalb sinnvoll sein, eine Geheimhaltungsvereinbarung unterschreiben zu lassen, und zwar bevor Sie konkret über Ihr Projekt informieren. Außerdem sollten Sie die anvisierten Märkte kontinuierlich beobachten, um auf kurzfristige Veränderungen vorbereitet zu sein und Ihre Maßnahmen entsprechend anpassen zu können.
Genug Zeit einplanen
Zeitpläne, egal wofür, haben vor allem eines gemeinsam: Sie fallen allzu optimistisch aus. Wer ein Exportgeschäft aufbauen möchte, sollte dafür zunächst einmal einen Zeitraum von zweieinhalb bis drei Jahren veranschlagen. Das klingt nach viel, aber es gibt eine Vielzahl von „Störfeuern“, die einen Geschäftsaufbau in die Länge ziehen können, darunter solche, deren zeitlichen Ablauf man selbst gar nicht oder nur phasenweise in der Hand hat. Das Spektrum reicht von lästigen Behördengängen bis hin zur notwendigen Anpassung an Produktstandards, von denen Sie vorher nichts gewusst haben. Je undurchsichtiger der jeweilige Auslandsmarkt, desto schwieriger ist es, seine Meilensteine zum geplanten Zeitpunkt zu erreichen.
Import: Vorsicht vor scheinbar günstigen Preisen
Der Import von neuen Produkten auf den Heimatmarkt kann genauso erfolgversprechend und lukrativ sein wie die Expansion des eigenen Geschäfts ins Ausland. Voraussetzung aber ist auch hier eine gute Vorbereitung. Vorsicht ist bei besonders günstigen Preisen geboten. Importierte Waren scheinen im Vergleich zu den Produkten des heimischen Markts häufig überaus günstig. Fasst man jedoch alle Faktoren zusammen (Transportkosten, Qualitätskontrolle, Reisekosten usw.), schrumpft der Preisvorteil deutlich – oder verkehrt sich sogar in sein Gegenteil. Zudem sind mit einem Import von Waren immer auch bestimmte Risiken wie Know-how-Verlust, Abhängigkeit von Fremdmärkten etc. verbunden. Beschränken Sie sich beim Importieren also auf das wirklich Wesentliche.
Welches Sortiment für welchen Markt?
Ob Import oder Export: Ohne die den Produkten entsprechenden Zolltarifnummern kommt heutzutage niemand mehr aus. Die Zolltarifnummer ist der einzige international gebräuchliche Code, der Ihre Ware eindeutig bestimmt. Sie wird u. a. im Zollverfahren, aber auch zur Beschreibung und für die Außenhandelsstatistik verwendet. Nebst möglichen Einfuhrbeschränkungen gilt es, die besonderen Bestimmungen für die Produkthaftpflicht (wichtig vor allem für den US-Markt) und die stark differierenden Importzölle zu beachten. Innerhalb der EU werden praktisch keine Zölle mehr erhoben. Anders sieht es in einem Land wie Indonesien aus: Hier schwanken die Importzölle für verschiedene Produkte zwischen 0 und 100 % – je nachdem, was genau importiert wird. Wie hoch die Zölle sind, können Sie anhand der genannten Zolltarifnummern eruieren.
Marken und Patente schützen
Der Schutz der eigenen Marke spielt bei der Ankurbelung der Auslandsgeschäfte eine wichtige Rolle. Melden Sie Ihre Marke in der richtigen Schutzklasse und im richtigen Hoheitsgebiet an! Wer sich bei solchen Formalitäten am Anfang Fehler leistet, richtet möglicherweise immense Schäden an – auch wenn die erst später eintreten. Gleiches gilt für die Anmeldung von Patenten. Zwar herrscht vielerorts die Meinung vor, heute werde sowieso alles kopiert. Es gibt aber immer noch eine ganze Reihe brauchbarer Methoden, um Konkurrenten daran zu hindern, die eigenen Produktinnovationen auszuschlachten. Etwa, indem man Importeure oder Anbieter der kopierten Produkte auf die Verletzung des Urheberschutzes hinweist. Das funktioniert meist wunderbar: Keine Handelskette will Produkte anbieten, die Patente verletzen.
Preise und Distributionswege prüfen
Vertriebspartner und Kommunikationsverhalten
Die Kalkulation der Preise im Auslandsgeschäft ist ein komplexer Prozess. Verschiedene Faktoren (Zölle, Gewinnmargen für die Geschäftspartner, Steuern, etc.) müssen in die Berechnung einfließen, und außerdem müssen Sie den Devisenmarkt im Auge behalten. Wenn es um den Vertrieb geht, sollten Sie die Vor- und Nachteile von direkten bzw. indirekten Verkaufswegen abwägen. Um schließlich die richtigen Vertriebskanäle auszuwählen, ist es immer von Vorteil, sich vor Ort ein Bild zu machen. Ähnlich gründlich sollte man bei der Suche nach Vertriebspartnern vorgehen. Wichtig ist, dass das Produktsortiment, welches der mögliche Partner anbietet, gut zum eigenen Produkt passt. Lohnenswert kann der Einsatz eines Handelsvertreters sein – vor allem, wenn die Zahl der Abnehmer klein ist und das Unternehmen selbst mit festen Preisen arbeitet. Ansonsten ist es vorteilhafter, mit Alleinvertriebshändlern (Distributoren) zu arbeiten. Damit geben Sie zwar die Preispolitik ein Stück weit aus der Hand, aber Sie teilen das Risiko mit Ihrem Wiederverkäufer. Interessant kann die Vergabe von Lizenzen sein. Damit können Sie u. U. sogar Konkurrenten an sich binden. Und schließlich sollten Sie sich überlegen, ob Franchising für Sie in Frage kommt. Der Franchisenehmer kann seine kulturellen Erkenntnisse einbringen, und Sie profitieren von einem international homogenen Auftritt. Geben Sie Ihren Vertriebspartnern Leitlinien an die Hand zu, damit diese wissen, was genau sie von Ihnen zu erwarten haben. Ermuntern Sie Ihre Partner ruhig, ihre Wünsche an das Unternehmen, das Sie vertreten, zu formulieren. Was die Bewerbung Ihrer Marke und Ihrer Produkte betrifft, sollten Sie sich vor allem am Machbaren orientieren, nicht an den Aktivitäten der großen Konzerne. In anderen Ländern wird anders kommuniziert; es gilt die richtigen Kanäle und die richtigen Maßnahmen zu bestimmen. Wer beispielsweise in Italien ein Produkt für den Massenmarkt bewerben will, kann auf Fernsehwerbung nicht verzichten. Will eine Firma dagegen hochwertige Unterwäsche nach Malaysia exportieren, sollte sie wissen, dass es verboten ist, Fotos zu veröffentlichen, auf denen ein nackter weiblicher Bauch zu sehen ist. Aus diesen und ähnlichen Gründen ist es häufig ratsam, den Einsatz der Werbemittel und -kanäle seinen Handelspartnern zu überlassen. Besonders wichtig für einen erfolgreichen Auslandsauftritt sind Messeauftritte. Am Anfang jeder Messe sollte ein klar ausformuliertes und detailliertes Konzept stehen.
Logistik
Die Bedeutung der Logistik ist in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. Gleichzeitig sind die Kosten dafür (Energie!) fast schon explodiert. Ein sorgfältiges Logistikkonzept ist deshalb nötiger denn je. Wenn Sie bei hohem Volumen die Kosten gering halten wollen, sollten Sie auf die Nutzung von Land- und Seewegen setzen. Der Vorteil hier ist, dass die Container im Straßen- und Seegütertransport international genormt sind. Dies ermöglicht reibungslosen Transport überall auf dem Globus. Wer dagegen geringe Produktmengen mit hoher Geschwindigkeit transportieren lassen will, wird kaum auf den Luftweg verzichten können. So oder so – eine gute Versicherung für Ihre Waren ist zwingend. Die internationalen Lieferbedingungen – wer trägt welche Risiken – sind in den sogenannten Incoterms (International commercial terms) geregelt. Verweisen Sie in Ihren Verträgen darauf.
Finanzierung und Risiken
Wie viel Geld kann ein Unternehmen in seine Auslandsunternehmungen stecken? Der Kostenumfang hängt immer von den Distributionskanälen ab: Natürlich ist ein direkter Vertrieb zunächst deutlich teurer als ein indirekter. Dafür fallen die Margen bei letzterem niedriger aus. Überhaupt fällt die Umsatzentwicklung auf einem neuen Markt in der Regel niedriger aus als erwartet. Besser also ist es, sich von vornherein darauf einzustellen. Die Anzahl möglicher Risiken bei Auslandsgeschäften ist so hoch, dass sie kaum aufzulisten sind. Sie reichen von mangelhafter Qualitätskontrolle über Lagerungs- und Verpackungsprobleme bis hin zu unvollständig wahrgenommenen Wartungs- und Serviceaufgaben. Ein Teil dieser Risiken lässt sich durch Versicherungen abdecken, andere können Sie durch genaue Prüfung der jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen in Schach halten. Weitere Risiken lauern in der verschiedenartigen Ausgestaltung von Verträgen. Vereinfachung bieten hier die AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen), mit deren Hilfe sich Verträge standardisieren lassen.
„Die ganze Unternehmung muss hinter der Absicht stehen, ausländische Märkte zu bearbeiten. Deshalb soll sie auch explizit in der Unternehmensstrategie formuliert werden.“
Nichts geht über persönliche Kontakte, um im Exportgeschäft voranzukommen. Die gründliche Vorbereitung der Auslandsreisen ist ebenso wichtig wie eine formvollendete, den Traditionen und der Kultur des jeweiligen Landes angepasste Behandlung der Geschäftspartner. Nur wenn Sie sich über kulturelle Unterschiede zwischen dem Heimat- und dem Auslandsmarkt wirklich im Klaren sind, werden Sie bei Ihren Zielgruppen ankommen. Die Episode von WalMart, der in Mexico Eislaufschuhe ins Sortiment nehmen wollte, mag Ihnen als abschreckendes Beispiel dienen.