Herausforderung Wissensmanagement
Wissen ist Ihre Ressource der Zukunft. Die einzige Ressource, die sich bei Nutzung vermehrt. Wissensmanagement ist die Herausforderung der Zukunft. Das zeigen die Markterfolge wissensintensiver Unternehmen wie SAP, Netscape oder Microsoft. Moderne Kommunikationstechnologie schafft die Informationsgesellschaft und die Wissenswirtschaft.
„Die zunehmende Komplexität der Wissensumwelt wird von vielen Unternehmen als Bedrohung wahrgenommen. Dynamische Entwicklungen im Wissensbereich können jedoch auf vielfältige Art und Weise neue Wettbewerbschancen eröffnen.“
Wissen heute ist gekennzeichnet durch explosionsartiges Wachstum und Globalisierung sowie durch Fragmentierung und Spezialisierung. Alle Managementprozesse werden wissensintensiver. Auf die Dynamisierung der Wissensumwelt und wissensintensive Produkte und Prozesse müssen auch Sie mit Analyse, Bilanzierung und Management von Wissen reagieren.
Zentrale Begriffe
Die zentralen Begriffe des Wissensmanagements sind Daten, Information und Wissen. Daten werden mittels Interpretation zu Informationen. Vernetzte Informationen werden als Wissen definiert. Individuelles Wissen gewinnt das Individuum aus den vernetzten Informationen mittels seiner Kenntnisse und Fähigkeiten. So hinterlassen Schlüsselmitarbeiter bei ihrem Weggang schwer zu füllende Lücken. Deshalb muss ein Unternehmen ständig daran arbeiten, das Wissen seiner Mitarbeiter personenunabhängig zu speichern.
„Der intelligente Umgang mit den eigenen Wissensbeständen wird für immer mehr Unternehmen zur zentralen Herausforderung in einem zunehmend wissensintensiven Wettbewerbsumfeld.“
Kollektives Wissen - und das ist mehr als die Summe individuellen Wissens - ist langfristig gesehen besonders wichtig. Es macht Ihre Aktivitäten effizienter, hält Ihre organisationalen Fähigkeiten in Bewegung und richtet sie auf die Anforderungen des Wettbewerbs aus. Ihren kollektiven Wissensvorsprung kann die Konkurrenz schwer analysieren und kaum aufholen. Mit seinem Können, aus Daten Informationen und aus diesen Wissen zu generieren, ist der Einzelne Träger organisationalen Wissens, das sich aus individuellem und kollektivem Wissen zusammensetzt.
Kernprozesse des Wissensmanagements
Manager brauchen Methoden, um organisationales Wissen zu lenken und in seiner Entwicklung zu beeinflussen. Action-Research führt Sie zu Ihrem Wissensmanagement-Konzept. Action-Research übersetzt Unternehmensprobleme in Wissensprobleme, ist flexibel und konkret und bietet ein handlungsorientiertes Analyseraster mit Erfolgscontrolling und Anschlussmöglichkeiten an bestehende Systeme. Die Action-Research-Bausteine sind wissensbezogen und folgen allein wissensinterner Logik.
Definition von Wissenszielen
Strategische, normative und operative Zielebenen bestimmen die Entwicklung eines Unternehmens. In all diesen Bereichen wird die Wissenskomponente noch zu wenig berücksichtigt. Konkrete, kontrollierbare Wissensziele machen Wissensmanagement für Unternehmen effizient. Normative Wissensziele machen Politik und Kultur eines Unternehmens aus. Auf der strategischen Ebene sichern Wissensziele die Weiterentwicklung von Kompetenzen, die in den Geschäftsbereichen in Produkte umgesetzt werden. Operative Wissensziele betreffen organisatorische Prozesse und das Leistungs- und Kooperationsverhalten der Mitarbeiter. Die Wissensziele sollen bestehende Planungsaktivitäten (z. B. Umsatzwachstum, Marktanteile) sinnvoll ergänzen.
„Grundlegende Voraussetzung für ein an Wissenszielen orientiertes Management ist die Grundeinstellung, dass Wissen eine zentrale Grösse für den Unternehmenserfolg darstellt.“
Wissensmanagement braucht eine Unternehmenskultur, die Offenheit und Vertrauen gross schreibt sowie Ideen den Vorrang vor Status und Macht gibt. Wichtig ist ein hohes Mass an Dialogwillen nach innen und aussen. Auf dieser Basis muss das Management normative Wissensziele überzeugend kommunizieren. Es müssen Denkfreiräume geschaffen, Kommunikation gefördert und Innovationen belohnt werden.
„Wir dürfen das Wissen in unserem Unternehmen nicht einfach sich selbst überlassen, sondern müssen es gezielt beeinflussen. Managern geht es nicht um die zweckfreie Produktion von Erkenntnissen, sondern vielmehr um die zielorientierte Nutzung und Entwicklung von Wissen und Fähigkeiten, welche für den Organisationszweck als notwendig angesehen werden. Wissen ist also nicht Erkenntnis, sondern muss seinen Nutzen in der praktischen Anwendung erweisen.“
Die Analyse des Wissensportfolios bietet eine strategische Möglichkeit, neue unternehmerische Betätigungsfelder zu erschliessen und Kernkompetenzen zu entwickeln. Damit wird der künftige Wissensbedarf und der Umgang mit dem bisherigen Wissensportfolio definiert. Strategische Ziele lassen sich nur umsetzen, wenn sie konkret gemacht, d. h. auf der operativen Ebene implementiert werden. Die Arbeit mit operativen Wissenszielen ermöglicht Steuerung und Kontrolle des Wissensmanagements in Form operativer Projekte und Prozesse. Zuerst müssen den strategischen Wissenszielen relevante Zielgruppen und Zeitbezüge zugewiesen werden. Dann müssen sie mit den schon vorhandenen Zielsetzungen abgestimmt und auf einzelne Abteilungen, Arbeitsgruppen oder Individuen verteilt werden. Während operative Ziele v. a. eine Motivationsfunktion haben, haben normative und operative Ziele eine Entscheidungs- und Koordinationsfunktion.
Identifikation von Wissen
Auf Basis innerbetrieblicher Transparenz - wer macht was? wer kann was? - definiert ein Status-Bericht Wissenslücken und Wissensziele des Unternehmens. Moderne Kommunikationstechnik und ein offener Kommunikationsstil helfen dabei und führen zu internen und externen Wissensquellen, die systematisch befragt werden müssen. Wissenstransparenz beginnt beim Individuum und kann in Wissensprofilen erfasst und in Expertenverzeichnissen gesammelt werden. Daraus ergibt sich eine Wissenstopographie des Unternehmens. Kosten und Datenschutz ziehen die Grenzen der Wissenstransparenz. Kollektives Wissen lässt sich nicht so leicht wie individuelles Wissen erfassen. Kompetenzkarten dokumentieren Unternehmensprozesse. Projekterfahrungen werden in Projektdatenbanken festgehalten und verwaltet. Informelle Netzwerkstrukturen, die durch Mitarbeiterbefragungen erfasst werden, zeigen Beratungs-, Vertrauens- und Kommunikationsnetze der Mitarbeiter, die mitentscheidend für die Kompetenz und Leistungsfähigkeit eines Unternehmens sind.
Wissenserwerb
Die Arbeitsteilung ist das A und O beim Wissenserwerb. Wissensmärkte sind wenig transparent, und es gibt keine Standardrezepte für ihre Nutzung. Grundsätzlich ist zu klären, ob der Wissenserwerb in die Zukunft oder auf den unmittelbaren Nutzen gerichtet ist.
„Nicht jeder muss alles wissen. Daher ist das Ziel effektiver Wissens(ver)teilung auch keineswegs die ziellose Verbreitung jeglicher Wissensbestände an alle Mitarbeiter.“
Wissen lässt sich personenungebunden erwerben, z. B. durch den Kauf von Büchern, Software oder durch Franchiseverträge. Daneben gibt es personengebundenen Wissenserwerb: Kooperationen mit externen Experten können firmenextern und -intern neue Wissensquellen erschliessen. Kooperationen reichen von der Akquisition innovativer Kleinfirmen über strategische Allianzen bis zu Knowledge-Links. Erschliessen Sie die Stakeholder des Unternehmens als Wissensquelle: Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter, Medien, Meinungsbildner und allgemeine Öffentlichkeit. Hierzu sind Pilotprojekte und Marktforschung wichtige Instrumente. Professionelle Hilfe bekommen Sie ausserdem bei Wissensbrokern etc. Sehr hilfreich sind Expertennetzwerke oder Online-Dienste, die das Informationsangebot des Internets öffnen. Intern ist die Erstellung eines Intranets nützlich.
Entwicklung von Wissen
Eine Alternative zum Erwerb von Wissen ist die interne Entwicklung von Wissen. Ökonomische oder strategische Gründe können für die Entwicklung von neuen Fähigkeiten, neuen Produkten, besseren Ideen und Prozessen sprechen. Diese Aufgabe erfüllt die Forschungs- und Entwicklungsabteilung eines Unternehmens. Auch hier bieten sich Kooperationen an. Daneben entsteht neues Wissen in allen Abteilungen eines Unternehmens: Produkt-, Prozess- und Sozialinnovationen. Eine direkte Beeinflussung ist in diesen Fällen schwierig; es empfiehlt sich jedoch, einen positiven Background für die Wissensentwicklung zu schaffen: z. B. Freiräume, „sabbaticals“, Kreativzonen und Fehlertoleranz.
„Letztendlich müssen alle Bausteine des Wissensmanagements auf die effiziente Nutzung individuellen und organisationalen Wissens im Sinne der Zielsetzungen des Unternehmens ausgerichtet sein.“
Wissen lässt sich individuell und kollektiv entwickeln. Individuelles Wissen entsteht durch Kreativität und die individuelle Problemlösungskapazität. Kreativität wird gefördert durch kleine Unternehmenseinheiten, unternehmensweite Mobilität, Zielvorgaben mit langfristigen Zeithorizonten und eine faire Streitkultur. Kommunikation, Interaktion, Transparenz und Integration sind Basis der kollektiven Wissensentwicklung.
Verteilung von Wissen
Anhand der Leitfrage „Wer sollte was in welchem Umfang wissen oder können und wie kann ich die Prozesse der Wissens(ver)teilung erleichtern?“ muss die Wissensverteilung organisatorisch geregelt werden. Wir lernen nicht nur aus Erfolgen (best practices), sondern auch aus Fehlern. Die Ergebnisse des Lernens müssen qualitativ und quantitativ für die richtigen Mitarbeiter fruchtbar gemacht werden. Wissen kann in Schulungen, Audits, internem Benchmarking oder einem Wissensnetzwerk multipliziert werden und erstreckt sich v. a. auf Sozialisation und Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter. Netzwerke entwickeln sich mit Lernarenen, Intranet, Wissensinseln, Job-Rotation oder Einsätzen in speziellen Teams. Machen Sie vorhandenes oder erworbenes Wissen durch nutzungsorientierte Aufbereitung fruchtbar. Wissensnutzung ist die Implementierung des Wissensmanagement-Prozesses zu konkreten Ergebnissen. Schaffen Sie Kontexte, in denen Wissen tatsächlich genutzt wird, und bauen Sie Nutzungsbarrieren ab. Die Kriterien „easy-to-use“, „just-in-time“ und „ready-to-connect“ müssen ineinander greifen. Wissensentwicklung im Handlungskontext bieten „action learning“ und „on-the-job-training“. Die Nutzungsorientierung hat in allen Bereichen des Wissensmanagements höchste Priorität.
Bewahrung von Wissen
Das organisatorische Gedächtnis ist der Wissensspeicher organisationalen Wissens. Vor dem Speichern steht die Auswahl des Materials nach der Frage seines Nutzens für die Zukunft. Fixieren Sie Leitideen in Form von Führungsgrundsätzen, Leitbildern, Unternehmensgeschichten oder Symbolen. Wissen kann individuell, kollektiv oder elektronisch gespeichert werden.
„Wissensbewertung ist eine essentielle Voraussetzung zur Einschätzung der Effizienz von Wissensmanagement. Sie gibt Auskunft darüber, ob Wissensziele angemessen formuliert und Wissensmanagement-Massnahmen erfolgreich durchgeführt werden.“
Nutzen Sie ausgeschiedene Top-Mitarbeiter als externe Berater und Mentoren oder gewinnen Sie deren Wissen durch strukturierte Austrittsgespräche. Kollektive Schulungen und kollektive Begriffsbildung fördern das kollektive Gedächtnis. Erinnerungsprozesse können auch arbeitsteilig organisiert werden. Digitalen Speichermedien gehört die Zukunft. Elektronische Dokumente müssen strukturiert abgelegt und mit sinnvollen Verknüpfungen versehen werden. Ebenso wichtig ist ihre ständige Pflege.
Bewertung von Wissen
Wissen ist keine objektiv messbare Grösse. Seine Bewertung erfolgt indirekt über Wissensindikatoren in zwei Phasen: Sichtung der Veränderungen der organisationalen Wissensbasis, ihre Interpretation und Messung an Ihren normativen, strategischen und operativen Zielen. Ein erprobtes Modell ist die „balanced scorecard“, von Kaplan/Norton 1992/93 entwickelt, die die Tätigkeiten des Unternehmens in ihren Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen darstellt. Ein Alternativmodell ordnet organisationale Kompetenzen in ein Evolutionsmodell des Wissens ein. Dies erfolgt durch Mitarbeiterbeobachtung/-befragung, Überprüfung des Kompetenzportfolios und strategisches Benchmarking sowie Projektcontrolling.
Verankerung des Wissensmanagements
Finden Sie den richtigen Einstieg ins Wissensmanagement. Selbst- und kritische Fremdeinschätzung ergeben auf verschiedenen Unternehmensebenen Wissensprofile. Aus diesen Profilen gewinnen Sie Massnahmenpläne zur Verbesserung der einzelnen Prozesse. Ausserdem schaffen Sie Sensibilität für Vorzüge und Nachteile der eigenen Unternehmenskultur. Eine Wissensbank sollte für alle kompetenten Mitarbeiter leicht bedienbar und zugänglich sein. Die Steuerung des Wissensmanagements durch eine zentrale Stelle ist sinnvoll.
Prof. Dr. Gilbert Probst, Dr. Steffen Raub und Dr. Kai Romhardt arbeiten seit fast vier Jahren an der Universität Genf an der Modellierung organisationaler Lernprozesse sowie dem Themenbereich „Wissensmanagement“. 1995 gründeten sie das praxisnahe Schweizer Forum für Organisationales Lernen und Wissensmanagement.