Führungsstark in alle Richtungen

Buch Führungsstark in alle Richtungen

360-Grad-Leadership für das mittlere Management

Campus,


Rezension

Inmitten der üblichen Führungslit­er­atur ist dieses Buch ein wahrer Lichtblick: Es ist kompakt, amüsant und einprägsam geschrieben und deckt alle Facetten des „Mit­tleren-Man­age­ments-Führungs-Dilem­mas“ ab. Die Sachken­nt­nis und das Coach­ing-Know-how des Autors sind spürbar. Das Buch macht Schluss mit falschen Vorstel­lun­gen oder Hoffnungen wie: „Meine Chefs wissen schon, was ich täglich leiste“, und es kann so manches unergiebige Seminar ersetzen. Jedem Führungsver­ant­wortlichen wird das Werk das Leben erleichtern – wenn er es sich zu Herzen nimmt. Denn bequem ist es nicht, die zahlreichen Übungen durchzuführen, zu denen der Autor auffordert. BooksInShort empfiehlt das Buch allen Führungskräften der mittleren Man­age­mentebene.

Take-aways

  • Als Manager im mittleren Management befinden Sie sich in einer klassischen „Sand­wich-Po­si­tion“ und müssen vielen Ansprüchen gerecht werden.
  • Umfassend zu führen bedeutet, vier Ebenen im Visier zu haben: sich selbst, Ihre Un­tergebe­nen, Ihre Man­age­men­tkol­le­gen und Ihren Chef.
  • Führungskräfte müssen lernen, zunächst sich selbst pro­fes­sionell zu führen.
  • Integres Verhalten ist das A und O, um als Führungskraft Rückgrat zu beweisen.
  • Beim Führen der Mitarbeiter kommt es auf eine gute Analyse ihrer Stärken an.
  • Stärkenori­en­tierte Führung erzielt die besten Ergebnisse und zufriedene Mitarbeiter.
  • Um Ihre Kollegen auf gleicher Ebene zu führen, sollten Sie auf Kooperation statt auf Konkurrenz setzen.
  • Win-win-Lösungen bringen Sie und Ihre Kollegen weiter und helfen beiden.
  • Po­si­tion­ieren Sie sich als Problemlöser und nicht als Problemträger, um positiv im Gedächtnis zu bleiben.
  • Auch schwierige Chefs lassen sich zähmen – z. B. mit einer sauberen Auftragsklärung und einer guten Entschei­dungs­ma­trix.
 

Zusammenfassung

Führen in alle vier Him­mel­srich­tun­gen

Führungskräfte des mittleren Managements haben es schwer. Sie befinden sich in einer „Sand­wich-Po­si­tion“ zwischen den Ansprüchen der Vorge­set­zten und den Bedürfnissen der Un­tergebe­nen. Dazu kommt ein hohes Ar­beit­spen­sum, Konkur­ren­z­druck aus der eigenen Man­age­mentebene und der Anspruch, eine ausgewogene Balance zwischen Job, Familie und Freizeit hinzubekom­men. Manager, die sich in dieser Situation befinden, müssen „360-Grad-Lead­er­ship“ betreiben, d. h. sie weiten ihre Führungsak­tivitäten auf vier Ebenen aus: auf sich selbst, auf die ihnen un­ter­stell­ten Mitarbeiter, auf die Man­age­men­tkol­le­gen und auf ihren Vorge­set­zten bzw. das Top­man­age­ment.

Sich selbst führen

Für Sie als Führungskraft ist Selb­stre­flex­ion und Arbeit an der eigenen Persönlichkeit ebenso wichtig wie das Führen von Mi­tar­beit­ern. Diese Aspekte sind dabei relevant:

  • Integrität: Mitarbeiter vertrauen nur Führungskräften, die sie als integer einschätzen. Ihre Mitarbeiter erkennen sehr schnell, ob Sie zu dem stehen, was Sie sagen. Ihre Taten werden stärker bewertet als Ihre Worte. Fehlver­hal­ten Ihrerseits erkennen die Mitarbeiter sofort. Ihre Integrität wird vor allem von den Werten und Tugenden bestimmt, die Ihnen wichtig sind. Ihr eigenes Wertesystem zu kennen, wie z. B. Tatkraft, Wahrhaftigkeit und Zuverlässigkeit, ermöglicht es Ihnen, diese Werte auch zu kom­mu­nizieren und danach zu handeln. Das schafft Vertrauen. Um Integrität vorzuleben, sollten Sie gegebene Versprechen unbedingt einhalten, über nicht anwesende Personen nicht schlecht reden, unangenehme Dinge nicht auf Ihre Mitarbeiter abwälzen, sondern selbst erledigen, und Grenzüberschre­itun­gen offen ansprechen.

  • Eigene Stärken: Er­staunlicher­weise kennen die wenigsten Manager ihre wesentlichen Stärken. Als Stärke gilt die Summe aus Talent, Wissen und Können. Erst wenn Sie Ihre Stärken iden­ti­fizieren, können Sie sie sinnvoll einsetzen, bessere Ergebnisse erzielen und Ihre Karriere ankurbeln. Die besten Er­fol­gschan­cen haben Sie, wenn Sie sich ein Unternehmen bzw. eine Position suchen, die genau zu Ihren Stärken passt.

  • Gefühle empfinden: Nur wer Zugang zu seiner Gefühlswelt hat und Emotionen angemessen ausdrücken kann, ist auch in der Lage, sich in die Gefühlswelt anderer hineinzu­ver­set­zen. Gefühle im Business sollten daher keineswegs verpönt sein, vielmehr sind sie ein weiteres Element, um erfolgreich zu führen. Wer die Gefühle seiner Mitarbeiter respektiert, beweist Einfühlungsvermögen und Führungsqualität. Damit sind keineswegs un­kon­trol­lierte Gefühlsausbrüche gemeint, sondern die Wahrnehmung von und Au­seinan­der­set­zung mit den eigenen Emotionen wie Angst, Freude, Ärger und Überraschung.

  • Glaubenssätze: Die meisten Menschen werden von Glaubenssätzen gesteuert, die im Un­ter­be­wusst­sein ihr Denken und Handeln bestimmen und ihren Ursprung oft in der Kindheit haben. Das sind verin­ner­lichte Aussagen wie: „Ich bin nur wert, geliebt zu werden, wenn ich Leistung erbringe.“ Oder: „Ich muss hart zu mir selbst sein.“ An Ihrem Handeln können Sie Ihre dahinter stehenden Glaubenssätze am besten erkennen – und sie notfalls korrigieren. Denn wer z. B. durch „hart zu sich selbst sein“ gesteuert wird, hat die Tendenz, dies auch seinen Mi­tar­beit­ern abzu­ver­lan­gen – was seine Führungskom­pe­tenz nicht gerade fördert.

  • Glück: Als Führungskraft sollten Sie diejenigen Tätigkeiten, Momente und Rituale kennen, die Sie Glück empfinden lassen. Das hat viel mit der Geschwindigkeit zu tun, mit der Sie durch das Leben gehen. Oft ist Entschle­u­ni­gung die erste Maßnahme, um wieder sensibel für Glücksmomente zu werden. Dies ist wichtig, um nicht auszubren­nen und um Zufrieden­heit erlangen und ausstrahlen zu können. Weder eine Gehaltserhöhung noch mehr Ve­r­ant­wor­tung oder eine neue Aufgabe können Ihnen langfristig dieses Gefühl der Zufrieden­heit geben.

Nach unten führen

Diese Ebene ist die zeit­in­ten­sivste und diejenige, die man als Erstes mit Führen in Zusam­men­hang bringt. Sie ist zweifellos vielschichtig, aber zu bewältigen. Darauf kommt es an:

  • Den Überblick bewahren: Ständiges Trou­bleshoot­ing bringt Sie langfristig nicht weiter, so ehrenwert es auch sein mag. Besser für Sie ist es, wenn Sie Ihre Zeit und Aufmerk­samkeit auf diese Punkte richten: Verbessern Sie die eigene Ar­beitsmethodik. Analysieren Sie die Stärken und Schwächen Ihrer Mitarbeiter und überlegen Sie, wo Sie sie am besten einsetzen. Analysieren Sie die Stärken und Schwächen Ihres Bereichs oder Ihrer Abteilung. Wer stärkenori­en­tiert führt und zudem die Arbeitsabläufe verbessert, hat mehr Zeit für das Wesentliche und steigert Leistung und Zufrieden­heit des Teams.

  • Prioritäten mit Pareto: Die wenige freie Zeit, die nicht von Chefs, Mi­tar­beit­ern und Kunden beansprucht wird, müssen Sie sich exzellent einteilen, um effektiv zu sein. Das Pareto-Prinzip (80/20-Prinzip) hilft Ihnen dabei. Es besagt, dass z. B. 20 % aller Kunden ca. 80 % des Umsatzes ausmachen. Das Prinzip lässt sich auch auf viele andere Bereiche anwenden. Analysieren Sie Ihre Ar­beitsweise und Ihre Zahlen daraufhin und investieren Sie konsequent nur in die relevanten 20 %.

  • Motivieren: Am besten motivieren Sie Ihre Mitarbeiter, indem Sie ihnen Vertrauen ent­ge­gen­brin­gen, gut vor­bere­it­ete Gespräche führen und dabei in­ter­essiert zuhören, und indem Sie Ve­r­ant­wor­tung und spannende Aufgaben verteilen. Außerdem gehören Lob und Anerkennung zu den wirksamsten Mo­ti­va­tion­srezepten.

Auf gleicher Ebene führen

Ver­schwen­den Sie nicht Ihre Zeit und Energie, indem Sie gegen Ihre gle­ichgestell­ten Kollegen agieren. Schalten Sie auf Kooperation statt auf Konkurrenz und erreichen Sie die besseren Ergebnisse für sich und das Unternehmen. Das müssen Sie tun:

  • Intelligent kooperieren: Die Grundfrage im Umgang mit Ihren Man­agerkol­le­gen sollte lauten: „Wie können wir erreichen, dass wir beide profitieren?“ Diese Win-win-Ein­stel­lung gilt es zu erlangen. Das bedeutet, dass Sie zwar Ihre Interessen vertreten, aber zugleich Rücksicht auf die Interessen des anderen nehmen. Durch diese grundsätzliche Geis­te­shal­tung lassen sich häufig bessere und neue Lösungen finden. Zum in­tel­li­gen­ten Kooperieren gehört auch, dass Sie lernen, zunächst den anderen zu verstehen, bevor Sie selber verstanden werden können. Zu oft hören wir einfach nicht richtig zu oder stürmen gleich mit der Tür ins Haus.

  • Angriffe parieren: Nicht jeder Kollege ist Ihnen wohl gesinnt; manch einer wird Sie sogar verbal attackieren oder auflaufen lassen. Bei persönlichen Angriffen haben Sie mehrere Möglichkeiten der Reaktion: Sie können den un­sach­lichen und persönlichen Angriff als solchen benennen, damit anderen klar wird, was hier gerade geschieht. Sie können auch einfach, nach einer Kunstpause, mit „Ach, was“ antworten. Das wirkt oft Wunder. Wer hingegen die Grenzen guten Geschmacks überschre­itet, von dem sollten Sie direkt eine Entschuldigung einfordern und das Gespräch ggf. abbrechen.

  • Einfluss ausüben: In jedem Unternehmen bestehen zwei Arten von Netzwerken, ein Be­rater­net­zw­erk und ein Ver­trauen­snet­zw­erk. Ersteres zeichnet sich durch fachliches Know-how aus, Letzteres durch eine persönliche Sympathie- und Ver­trauensverbindung. Zeichnen Sie das für Sie relevante Berater- und Ver­trauen­snet­zw­erk auf, um es gezielt nutzen zu können.

Nach oben Führen

Auch Ihr Vorge­set­zter lässt sich führen – vo­raus­ge­setzt, Sie wissen, wie. Hier einige Ansatzpunkte:

  • Unmögliche Chefs: Wenn Ihr Chef Sie nervt, ist das zwar kein Einzelfall, aber dennoch unangenehm. Unangenehm kann aber auch diese Erkenntnis sein: Derjenige, der das Problem mit dem nervenden Chef hat, sind Sie, nicht er. Sie können ihn nicht ändern, aber Sie können Ihre Einstellung zu Ihrem Chef ändern. Denn Sie sind, ob Sie wollen oder nicht, Teil des Konflikts. Um den Zündstoff aus der Beziehung zu nehmen, können Sie damit beginnen, die Eigen­schaften oder Fähigkeiten Ihres Vorge­set­zten, die Sie wertschätzen, zu notieren, seine guten Seiten also. Überlegen Sie nun, was Sie konkret tun können, um die Ar­beits­beziehung zu verbessern. Wer weiterhin denkt „Mein Chef ist ein inkom­pe­ten­ter Idiot“, wird das Problem nicht lösen können.

  • Sich positiv verankern: Sie denken vielleicht, dass Ihre Vorge­set­zten schon wüssten, welchen Job Sie täglich stemmen. Zahlreiche Beispiele belegen das Gegenteil – wie das des langjährigen Krisen­re­porters, der eines Tages vom Vorge­set­zten gefragt wird, was denn eigentlich seine Aufgabe im Unternehmen sei. Damit Ihnen so etwas nicht passiert, sollten Sie Ihre Leistung und die Ihres Teams immer wieder kom­mu­nizieren. Und zwar el­e­gant-pos­i­tiv, nicht mark­tschreierisch. Denken und ar­gu­men­tieren Sie in der Sprache des Managements. Bei der Vorstellung eines neuen Projekts sollten Sie folgende Fragen beantworten: Was bringt es? Wie schnell geht es? Wie sicher ist es? Vermitteln Sie Ergebnisse oder Einsparun­gen, nicht Kosten oder Aufwand. Erzählen Sie Ihrem Vorge­set­zten von gelösten Problemen. Werfen Sie ihm nicht Probleme vor die Füße und erwarten, dass er sie löst. Wenn Sie im Kollegen- oder Man­age­men­tkreis von beruflichen Dingen erzählen, legen Sie den Fokus auf die Lösung, nicht darauf, wie schwer und eigentlich unmöglich alles sei. Sie inszenieren sich so als Problemlöser und nicht als Problemträger. Vermitteln Sie einen Eindruck der Le­ichtigkeit. Das setzt voraus, dass Sie an Ihrer Einstellung, Ihrem Wissen und Können und Ihrem Zeit­man­age­ment arbeiten. Dann gehen Ihnen die Führungsauf­gaben auch wirklich leichter von der Hand. Menschen, die Le­ichtigkeit und Freude vermitteln, sind sym­pa­this­cher als jene, die immer Mühen und Qualen hervorheben und lamentieren. Und an die Positiven erinnert man sich einfach lieber. So wenig objektiv ist der Mensch nun mal, leider. Nutzen Sie es für sich.

  • Den Chef zähmen: Es ist Ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Sie Ihr Arbeitsziel kennen. Vorgesetzte nennen dies nämlich häufig nicht explizit. Betreiben Sie vor jedem Projekt eine saubere Auftragsklärung, um Überraschun­gen zu vermeiden. Wenn Sie Ex­traauf­gaben mit kurzer Frist erhalten, sollten Sie das Auf­gaben­paket in Ar­beitss­chritte, Einzel­pakete und den benötigten Zeitbedarf zerteilen und dann erneut mit Ihrem Chef verhandeln. Treffen Sie vorher keine übereilten Pauschalzusagen. Wenn Ihr Chef gerne Entschei­dun­gen herauszögert, machen Sie es ihm leichter: Erstellen Sie eine Entschei­dungs­ma­trix, die Eckdaten, Vor- und Nachteile und vor allem Folgen bei Terminüberschre­itung komprimiert auf einem Blatt darstellt. In der Regel erhalten Sie Ihre Entschei­dung dann sehr schnell.
„Integer zu sein bedeutet, dass Sie sagen, wofür Sie stehen, und zu dem stehen, was Sie sagen.“

Bei alldem gilt: Kleine, konstante Schritte führen zum Erfolg. Greifen Sie sich aus den vielen Anregungen nur drei heraus und setzen Sie diese in den nächsten Monaten tatsächlich um.

Über den Autor

Alexander Groth ist als Trainer und Coach auf das Thema „Führung im mittleren Management“ spezial­isiert. Er ist Lehrbeauf­tragter an der Fakultät für BWL der Universität Mannheim.