Souverän führen

Buch Souverän führen

14 entscheidende Tipps für die Mitarbeiterführung

Orell Füssli,


Rezension

Führungsbücher gibt es wie Sand am Meer. Sollte man da einer Neuer­schei­n­ung nicht einen etwas weniger lang­weili­gen Titel verpassen? Auch wenn man die einzelnen Kapitelüberschriften in Souverän führen überfliegt, riecht es sehr nach dem gleichen alten Wein, der in immer wieder neue Schläuche gefüllt wird. Die Überraschun­gen kommen erst beim Lesen: Die Autoren Braig und Wille schaffen es tatsächlich, al­t­bekan­nten Problemen in­ter­es­sante, ja bisweilen neue Aspekte abzutrotzen. Was an diesem Buch darüber hinaus gefällt, ist der lockere Stil, mit dem die harten Fragen angegangen werden, sowie die wohldosierte Mischung aus abstrakten Erken­nt­nis­sen und gut ausgewählten Beispielen aus dem Fir­me­nall­tag. BooksInShort empfiehlt das Buch allen, die noch nicht lange Per­son­alver­ant­wor­tung tragen, aber auch altge­di­en­ten Führungskräften, die sich immer noch mit den typischen Führung­sprob­le­men herum­schla­gen.

Take-aways

  • Ihre Mitarbeiter haben in der Regel andere Ziele als Sie.
  • Lernen Sie Ihre Mitarbeiter genau kennen. Nur so können Sie ein maßgeschnei­dertes Mo­ti­va­tion­spaket schnüren.
  • Führen Sie Ihre Mitarbeiter strategisch und nicht operativ, d. h. sagen Sie ihnen, was sie erreichen sollen und nicht wie. So lernen sie, selbstständig zu denken.
  • Übernehmen Sie niemals Aufgaben, die deutlich unterhalb Ihres Stun­den­satzes liegen.
  • Mitarbeiter sollen Stre­it­igkeiten unter sich austragen. Als Schlichter vergeuden Sie nur Ihre Zeit.
  • Trainieren Sie die Stärken Ihrer Leute, statt zu versuchen, Schwächen auszubügeln.
  • Ent­loh­nungssys­teme mit Kennzahlen und Bonustöpfen schaffen Transparenz.
  • Souveräne Entschei­dun­gen fällt man, indem man Erfahrungen berücksichtigt, Fakten sammelt, eine Nacht drüber schläft – und dann aus dem Bauch heraus entscheidet.
  • Die Besten kommen nicht von selbst zu Ihrem Unternehmen, Sie müssen sie holen.
  • Fordern Sie Ar­beit­sproben, bevor Sie jemanden einstellen.
 

Zusammenfassung

Wie motiviere ich Mitarbeiter?

Mitarbeiter lassen sich nicht einfach wie Spielzeug­pup­pen aufziehen. Nur wenn es Ihnen als Führungskraft gelingt, sie in ihrem Berufsleben ebenso zu motivieren, wie sie sich selbst in ihrem Privatleben motivieren können, werden Sie Ihre Mitarbeiter auch längerfristig bei der Stange halten. Zuerst sollten Sie ein simples Rezept aus­pro­bieren, das aus den folgenden Zutaten besteht:

  • Heben Sie jeden Mitarbeiter in den richtigen Sattel. Nur mit der passenden Aufgabe lässt sich ein Mitarbeiter problemlos motivieren.
  • Fordern Sie 120 %, um schließlich 100 % Einsatz zu bekommen.
  • Laden Sie Ihren Mitarbeiter mit Selb­stver­trauen auf: „Sie schaffen das!“
  • Verhandeln Sie über das, was Ihr Mitarbeiter als Unterstützung braucht, um Höchstleis­tung zu erbringen.
  • Machen Sie ihm die positiven und die negativen Kon­se­quen­zen seines Handelns klar.
„Regen Sie sich nicht darüber auf, dass Mitarbeiter eigene Interessen verfolgen. Bringen Sie Un­ternehmensin­ter­essen und Mi­tar­bei­t­er­in­ter­essen zusammen.“

Um aus Ihren Mi­tar­beit­ern ein Höchstmaß an Leistung her­auszuk­itzeln, müssen Sie sie genau kennen. Nur so können Sie ihnen ein Mo­ti­va­tion­spaket schnüren, das individuell auf sie zugeschnit­ten ist.

Mit weniger Leuten mehr schaffen

Wer länger arbeitet, bringt nicht zwingend eine höhere Ar­beit­sleis­tung. Bis zu einem gewissen Grad lässt sich die Arbeitszeit im Unternehmen problemlos ausdehnen. Im Prinzip bestimmt nämlich der Mitarbeiter, wie lange er arbeitet, und nicht sein Chef. Daher muss dieser von Zeit zu Zeit eingreifen. So sollten Sie beispiel­sweise, um prallvolle Überstun­denkon­ten zu vermeiden, die Ar­beit­szeitkon­ten radikal herun­ter­schrauben, wenn die Auf­tragslage schwächer ist. Das sollte aber behutsam passieren, auf keinen Fall so, dass der Mitarbeiter glaubt, er würde fortan nicht mehr gebraucht. Wer nämlich Mitarbeiter, die effizient arbeiten und ehrlich sind, bestraft, mindert den Leis­tungswillen der gesamten Mannschaft. Darüber hinaus geht er an die eigenen Kapazitätsreserven, auf die er dann im Bedarfsfall nicht mehr zurückgreifen kann.

Muss ich denn alles hundert Mal sagen?

Eine der be­liebtesten Klagen in Seminaren für Führungskräfte ist die über Mitarbeiter, „denen man alles hundert Mal sagen muss“. Dieses Problem ist in der Regel hausgemacht. Mitarbeiter, die ständig einen Aufpasser hinter sich stehen haben, hören irgendwann auf, selbstständig zu denken und arbeiten nur noch auf Zuruf. Operative Anweisungen sind daher immer schlechter als strate­gis­che; diese nämlich zwingen die Mitarbeiter zum Mitdenken. Im Übrigen erkennen Untergebene schnell, wenn hinter den „Visionen“, die ihnen die Führungskräfte predigen, keine innere Überzeugung steht. Sind Sie aber wirklich von etwas überzeugt, dann sind Sie in der Regel auch überzeugend. Die „Kon­trol­li­tis“ hingegen, unter der viele Chefs leiden, ist häufig nichts anderes als Angst vor dem eigenen Versagen plus Recht­fer­ti­gung der eigenen beruflichen Existenz.

Kon­trol­lierte Fehlzeiten

Führungskräfte, die nicht mit einer gewissen Zahl von krankheits­be­d­ingten Fehltagen rechnen, sind naiv: Zehn bis zwanzig Fehltage jährlich sind normal, da sollte man sich nichts vormachen. Im Übrigen ist der Bauch eines Managers ein schlechtes Mittel zur Messung von Fehlzeiten, zu stark spielen dort Sympathie bzw. Antipathie mit hinein. Sollte ein Mitarbeiter überdurch­schnit­tlich oft krank sein, gehen Sie analytisch und vorurteils­frei an die Sache heran. Gerade bei Kollegen, die häufig krank sind, ist die Wahrschein­lichkeit hoch, dass die Ursachen der Krankheit im Ar­beit­sum­feld zu finden sind. Echte Blaumacher dagegen sind äußerst selten, denn: Keiner macht wirklich gerne blau.

Streiten statt arbeiten

Laut einer Studie wird über ein Drittel der Zeit am Ar­beit­splatz vergeudet, ein Großteil mit Stre­it­ereien. Was tun? Dazwis­chenge­hen? Schlichten? Auf keinen Fall! Denn: Einmal Schlichter, immer Schlichter. Auf diese Weise kommen Sie kaum noch dazu, Ihre Ker­nauf­gaben zu erledigen. Halten Sie sich besser aus Stre­it­ereien heraus und bringen Sie Ihre Mitarbeiter dazu, Ihre Stre­it­igkeiten selbst zu bereinigen. Die Königsfrage lautet: „Ich habe mir Ihr Problem angehört. Was gedenken Sie jetzt zu tun?“ Spielen Sie auf keinen Fall den Therapeuten. Geben Sie Ihren Un­tergebe­nen stattdessen lieber eine Hausaufgabe, die sie zwingt, sich auf sachliche Weise mit den Stre­it­igkeiten au­seinan­derzuset­zen. Müssen Sie aber eingreifen, sollten Sie einen Streit nicht schlichten, sondern moderieren. Auch das ist eine Methode, sich nicht auf in­haltlicher Ebene an Stre­it­ereien zu beteiligen.

Die Kunst des Delegierens

Geht es um das Delegieren von Aufgaben, lautet eine der zentralen Fragen: Was soll ich denn überhaupt delegieren? Die erste, na­he­liegende Antwort ist: Delegieren Sie all das, was unterhalb Ihres Stun­den­satzes liegt. Also bitte keine selbstständigen Putzarbeiten – damit machen Sie sich höchstens lächerlich. Beim Delegieren sollte in jedem Fall die Mischung stimmen. Achten Sie also darauf, dass Sie nicht nur langweilige Rou­tin­ear­beiten delegieren, sondern dass Sie dem Mitarbeiter auch Aufgaben übertragen, die er tatsächlich übernehmen will.

Besser werden

„Den schwachen Fuß trainiert man nur so weit, dass der Stürmer nicht darüber stolpert“, wusste schon Fußball­trainer-Leg­ende Sepp Herberger. Mit anderen Worten: Trainieren Sie die Stärken Ihrer Mannschaft und der Einzel­spieler, nicht deren Schwächen. Beispiel: Ein Ver­trieb­sin­ge­nieur ist ein begnadeter Verkäufer, aber er liefert sehr schlechte Bedarfserklärungen ab. Anstatt zu versuchen, diese Schwäche auszubügeln, befreien Sie ihn davon, um ihn verstärkt als Verkäufer einsetzen zu können. Fragen Sie doch mal Ihre Leute, wie Sie ihre Stärken stärken können. Sie werden überrascht sein, wie viele gute, produktive Vorschläge Sie auf diese Frage erhalten.

Lohngespräche

Will ein Mitarbeiter mehr Geld, dann ist die richtige Frage nicht: Wie schmettere ich seine Gehaltswünsche ab? Sondern: Wie kommt er überhaupt auf diese Wünsche oder Forderungen? Oftmals vergleichen Mitarbeiter sich mit Kollegen und wollen nicht weniger verdienen als diese. Verständlich. Damit die Vergleiche aber nicht hinken, sollten Sie ein Ent­gelt­grup­pen­sys­tem einführen, in dem sich jeder Mitarbeiter wiederfinden kann. Besser, als Gehaltswünsche nach Gusto oder be­trieblicher Situation zu entscheiden, ist eine Entlohnung, die sich an Kennzahlen orientiert. Greifen Sie ruhig in den Bonustopf, wenn Ihre Angestell­ten außergewöhnliche Leistungen gezeigt haben. Sie werden es Ihnen mit weiteren außergewöhnlichen Leistungen danken.

Der beste Führungsstil

Mitarbeiter lassen sich generell einem 4-Typen-Mod­ell zuordnen.

  1. Der Leistungsträger besticht durch hohe Leistungsfähigkeit und hohen Leis­tungswillen.
  2. Beim Ehrgeizigen überragt der Wille seine Fähigkeit bei Weitem.
  3. Beim Gebremsten ist es genau umgekehrt.
  4. Schlus­slicht ist der Leerläufer, bei ihm stimmen weder Leis­tungswille noch -fähigkeit.
„Unsouveräne Vorgesetzte wollen die Besten. Souveräne Führungskräfte tun auch etwas dafür.“

Für diese vier Typen gilt es in der Mi­tar­beit­erführung einen jeweils un­ter­schiedlichen Stil zu entwickeln. Führen Sie den Leerläufer eng. Er braucht regelmäßige Erfolgsbestätigungen, so steigt die Chance, dass Sie ihn aus seinem Loch holen. Relativ einfach ist die Lösung beim Gebremsten: Finden Sie Mittel, wie Sie die Bremse lösen können, damit er wieder voll einsatzfähig wird. Für den Ehrgeizigen gilt: Fordern Sie ihn weniger, sondern fördern Sie ihn in seinen Fähigkeiten, da sonst sein Ehrgeiz ins Leere läuft. Der Leistungsträger darf weder gegängelt noch autoritär behandelt werden: Er selbst hat Verstand und Ehrgeiz genug, um seine Aufgaben eigen­ver­ant­wortlich zu lösen.

An einem Strang ziehen

Die Mitarbeiter eines Un­ternehmens ziehen in den seltensten Fällen an einem Strang. Und wenn doch, dann oft in ver­schiedene Richtungen. Führungskräfte, die ihnen ihre Ziele einfach vorgeben, kommen daher nicht weit. Er­fol­gre­icher sind Sie, wenn Sie ihren Mi­tar­beit­ern einen Rahmen geben, in welchem sie sich ihre eigenen Ziele setzen können. Je früher sie auf ihre Ziele fokussiert sind, desto ziel­gerichteter und leis­tung­sori­en­tierter werden sie schließlich arbeiten.

Wer motiviert die Manager?

Als Manager haben Sie nicht nur die Aufgabe, sondern auch die Pflicht, sich permanent selbst zu motivieren. Gelingt Ihnen das nicht, dann haben Sie wahrschein­lich den falschen Job. Spüren Sie eindeutige Symptome von Überlastung, dann sollten Sie sich daran machen, Ihren Stall auszumisten. Trennen Sie sich zunächst von Dingen, die in Ihrem Unternehmen kein Mensch braucht – es sind oft mehr, als man denkt. Knicken Sie nicht vor Problemen ein, sondern betrachten Sie sie als Rätsel, die es zu lösen gilt. Ein Rätsel ist eine Aufgabe, die mit Sicherheit eine Lösung bietet, ein Problem erscheint dagegen oft unlösbar.

Die richtige Entschei­dung treffen

Die richtigen Entschei­dun­gen zu treffen, ist die wichtigste Aufgabe eines Managers. Vielfach bewährt hat sich folgendes Vorgehen: Erfahrung und Verstand zu Rate ziehen, Fakten sammeln und re­flek­tieren und eine Nacht darüber schlafen – dann die Entschei­dung aus dem Bauch heraus fällen. Was Entschei­dungsträger sich nicht leisten können, ist die Angst vor Entschei­dun­gen bzw. Fehlentschei­dun­gen. Drückeberger haben noch nie ein Unternehmen vo­r­ange­bracht. Jeder Manager muss im Lauf seiner Karriere mit Fehlentschei­dun­gen fertig werden. Wichtig ist, zu diesen Fehlern zu stehen und aus ihnen zu lernen.

Neues einführen

Nirgendwo wird so häufig schein­heilig da­herg­ere­det wie beim „Change“. Unzählige groß angekündigte Projekte haben sich im Nachhinein als bloßes Geschwätz entpuppt. Echte, dauerhafte Veränderungen gehen aus Change-Pro­jek­ten in den seltensten Fällen hervor. Woran scheitern die meisten geplanten Veränderungen? An der Angst vor Fehlern, besonders dann, wenn man sich auf Neuland wagt. Das aber gehört zur Natur der Sache. Nur wenn Sie sich bei neuen Her­aus­forderun­gen auch den damit verbundenen Gefahren stellen, kann sich das einge­gan­gene Risiko bezahlt machen.

Die richtigen Leute finden

Jeder Per­son­alentschei­der will für sein Unternehmen die besten Leute, die der Markt zu bieten hat. Leider treten die meisten aber immer wieder in dieselben Fallen und bekommen dadurch bestenfalls mittelmäßige Mitarbeiter. So werden beispiel­sweise immer noch nicht im aus­re­ichen­den Maß An­forderung­spro­file angewendet, die die Qualitäten, die der ideale Kandidat aufzuweisen hat, exakt benennen. Auch der Einsatz von Ar­beit­sproben wird immer noch zu wenig gefordert, obwohl man gerade hieran erkennen kann, wie sich der Angestellte in der Praxis bewährt. Ganz wichtig: Wenn Sie die Besten finden wollen, sollten Sie nicht warten, bis sie auf Sie zukommen. Sie müssen sie finden, Sie müssen sich auf sie zu bewegen und sie überzeugen, dass es sich lohnt, in Ihrem Team mitzuar­beiten.

Über die Autoren

Wilfried Braig ist studierter Pädagoge und hat eine Ausbildung als Technischer En­ergieber­ater absolviert. Er hat in ver­schiede­nen Unternehmen als Führungskraft gearbeitet und ist seit 1994 selbstständiger Berater und Trainer. Roland Wille ist Biologe und Physiker. Er arbeitete als Per­son­alen­twick­ler, bevor er sich 1994 als Per­sonal­dien­stleis­ter und Trainer für Führungskräfte selbstständig machte. Braig und Wille sind auch die Autoren des Buches Mi­tar­beit­erge­spräche.