Morgen komm ich später rein

Buch Morgen komm ich später rein

Für mehr Freiheit in der Festanstellung

Epubli,


Rezension

Der Journalist Markus Albers bricht eine Lanze für alle Ar­beit­nehmer, die lieber von zu Hause oder unterwegs aus arbeiten möchten, statt tagein, tagaus auf dem gleichen Bürostuhl zu hocken. Man merkt, dass das mobile Arbeiten dem Autor eine Herzen­san­gele­gen­heit ist. Ausführlich und engagiert schildert er seine eigenen Erfahrungen. Zudem hat er intensiv recher­chiert und lässt zahlreiche Unternehmer und Freiangestellte zu Wort kommen, die die Ar­beitsweise des neuen Jahrtausends bereits prak­tizieren. Auch begleitende wis­senschaftliche Studien, soweit vorhanden, lässt Albers nicht aus. Er kommt zu dem Fazit: Die Vorteile für alle Beteiligten überwiegen eindeutig eventuelle anfängliche Schwierigkeiten. Daher empfiehlt BooksInShort dieses lebendig und anschaulich geschriebene Buch Ar­beit­nehmern und Ar­beit­ge­bern, Per­sonal­man­agern und Beratern, die zu neuen Ufern aufbrechen wollen.

Take-aways

  • Die tra­di­tionelle Ar­beitsweise aus der Zeit der In­dus­triege­sellschaft ist überholt.
  • Die besten Ideen kommen einem in der Regel nicht am Ar­beit­splatz.
  • Kreativität erfordert Freiheit und Selb­st­bes­tim­mung.
  • Für die kommende Ar­beit­nehmer­gen­er­a­tion ist Vernetzung selbstverständlich.
  • Ein komplettes Büro passt heute in einen kleinen USB-Stick – bei minimalen Kosten.
  • Zufriedene Mitarbeiter erbringen bessere Leistungen.
  • Durch mobile Angestellte sparen Unternehmen an Räum­lichkeiten und In­fra­struk­tur.
  • Denken Sie nicht mehr zeit-, sondern ergeb­nisori­en­tiert.
  • Zerlegen Sie Ihre Ziele zur besseren Messbarkeit in Unterziele.
  • Schlagen Sie Ihrem Chef die Einführung des flexiblen Ar­beit­skonzepts auf Probe vor.
 

Zusammenfassung

Die Ar­beit­skul­tur verändert sich

Die tra­di­tionellen Büroar­beit­szeiten, die noch aus der Zeit der In­dus­triege­sellschaft stammen, sind mit­tler­weile überholt. Dennoch halten viele Firmen unbeirrt an ihnen fest. Dabei ist es überhaupt nicht notwendig, dass sich alle Mitarbeiter zu festen Zeiten an ihrem Ar­beit­splatz befinden. Wer sagt, dass man nur von seinem Büro aus arbeiten kann? Haben Sie nicht auch schon erlebt, dass Sie Ihre besten Ideen gerade nicht am Schreibtisch, sondern beim Spazieren, Aufräumen, Kochen, Baden oder sogar kurz nach dem Aufstehen haben? Das lässt sich ganz einfach erklären: In diesen Situationen sind Sie entspannt und stehen nicht unter dem Druck, zu einem Einfall gelangen zu müssen. Dennoch gehen Sie jeden Morgen ins Büro, obwohl es Ihnen aus mehreren Gründen schwerfällt, dort konzen­tri­ert zu arbeiten:

  1. Sie werden zu leicht abgelenkt.
  2. Sie leiden unter der Monotonie Ihrer Arbeit.
  3. Sie befürchten bei ab­we­ichen­dem Verhalten Druck von Ihren Vorge­set­zten.
  4. Sie haben zu wenig Möglichkeiten, Ihre Tätigkeit zu steuern.
  5. Sie müssen sich Ar­beit­srhyth­men unterwerfen, die nicht Ihren eigenen Rhythmen entsprechen.
„Wir arbeiten – mitten in der Wis­sens­ge­sellschaft – mit Strukturen, Abläufen und Vorurteilen aus der Zeit der In­dus­triege­sellschaft.“

Schlaf­forscher teilen die Menschen in A- und B-Typen ein: Frühaufsteher und Mor­gen­muf­fel. Gerade Kop­far­beiter arbeiten dann effizienter, wenn sie sich nicht nach der Stechuhr richten müssen, sondern jene Zeiten nutzen können, in denen sie er­fahrungs­gemäß am pro­duk­tivsten und kreativsten sind. Die freie Zeit­ein­teilung ermöglicht es überdies, gerade dann zu arbeiten, wenn Arbeit vorhanden ist. Fes­tangestellte leiden nämlich nicht nur unter dem Burn-out-, sondern auch unter dem Bore-out-Syn­drom, der Langeweile. Manchmal ist zu viel und manchmal zu wenig Arbeit da.

Das Wohlfühlbüro

Viele Unternehmen von heute bieten ihren Mi­tar­beit­ern eine Reihe von Extras zur Zerstreuung und Entspannung an, um Frustration und Übe­rar­beitung ent­ge­gen­zuwirken. So gibt es z. B. morgens frisch gepressten Orangensaft, in der Teeküche steht ein Kickertisch, und auf Wunsch kommt ein Masseur ins Büro – selbstverständlich alles auf Fir­menkosten. Die durchaus gut gemeinten Mo­ti­va­tion­smaßnahmen des Chefs können zur Folge haben, dass die Angestell­ten das Büro überhaupt nicht mehr verlassen. Die angenehme Atmosphäre eines solchen Wohlfühlbüros bietet eine Art Er­satz-Zuhause, aber die wirkliche Freizeit kommt dadurch zu kurz. Und das kann auch nicht die Lösung sein.

Gesellschaftliche Trends

Heute werden Gewinne hauptsächlich durch innovative Ideen eingefahren. Der Anteil der kreativen Berufe beträgt, zählt man die technischen Berufe dazu, in den In­dus­trien­atio­nen über 40 %. Für den kreativen Prozess, der am Ende ide­al­er­weise etwas Neues her­vor­bringt, sind Phasen der Recherche und der sozialen Kom­mu­nika­tion genauso wichtig wie Zeiten der Ruhe, der Kon­tem­pla­tion und des Rückzugs. Letzteres ist im hektischen Büroalltag meist nur schwer möglich.

„Die Pro­gram­mier­sklaven der Start-up-Un­ternehmen mussten 14-Stun­den-Schichten knüppeln und mit dem Schlafsack unter dem Schreibtisch schlafen, bevor ihr Unternehmen erst an die Börse und dann pleiteging.“

Mütter und Väter wünschen sich häufiger flexiblere Ar­beit­szeiten und Homeworking, damit sie Arbeit und Familie unter einen Hut bringen können. In der Tat: Für frei angestellte Eltern fällt das lästige tägliche Pendeln zum Ar­beit­splatz weg, durch die selbst eingeteilte Arbeitszeit kann eine bessere Kinder­be­treu­ung gewährleistet werden, und nicht zuletzt steht so mehr Zeit zur Verfügung, um Kontakte zu Freunden und Familie zu pflegen. Leider hat dieses Bild mit der Realität meist sehr wenig zu tun.

„Nahezu alle Jobs, bei denen der Ar­beit­nehmer täglich vorm Computer sitzt, sind heute räumlich und zeitlich zu flex­i­bil­isieren.“

Die Ju­gendlichen von heute sind nicht mit Schreib­mas­chine oder Wählscheiben­tele­fon, sondern mit Computer, Internet und Handy aufgewach­sen. Vernetzung ist für sie selbstverständlich. Für diese Generation wird eine starke berufliche Mobilität ein wichtiger Aspekt bei der Berufswahl sein. Ein Acht­stun­den­tag am Schreibtisch wird für sie nicht sehr verlockend klingen. Sie mit Belohnungen zu ködern, damit sie sich in das tra­di­tionelle Arbeitsbild einfügen, wäre sicher weniger erfolgreich, als umgekehrt das Ar­beit­sum­feld ihrem Lebensstil und ihren Bedürfnissen anzupassen. In Zukunft wird man immer weniger zur Arbeit gehen – stattdessen wird die Arbeit zu einem kommen.

Der Siegeszug der Technik

Die Technik bietet seit einigen Jahren schnelle und kabellose In­ter­netverbindun­gen, ein flächen­deck­endes Mo­bil­funknetz, in­ter­net­basierte Software, leis­tungsstarke Endgeräte, Spe­icher­platz und In­ter­net­tele­fonie – und das alles zu er­schwinglichen Preisen. Heute schon können Sie Ihr ganzes digitales Büro samt Programmen und Datenbanken auf einem kleinen USB-Stick mit sich herumtragen und auf jedem x-be­liebi­gen Computer abrufen. Zudem haben Sie die Möglichkeit, via Internet und Fern­s­teuerung auf externe Computer zuzugreifen. Über On­line-Textver­ar­beitun­gen können mehrere Nutzer an einem Projekt arbeiten. Dienste wie YouSendIt erlauben durch bequemes Hoch- und Herun­ter­laden die Weitergabe oder den Austausch von Dateien, die für E-Mail-Anhänge zu groß sind. Die Software für Video- und Tele­fonkon­feren­zen ist den Kinder­schuhen entwachsen. Die neueste Handy­gen­er­a­tion übernimmt zusehends die Leistungen des un­han­dlicheren und schwereren Laptops.

„Die Zufrieden­heit der flexiblen und mobilen Ar­beit­nehmer liegt deutlich über jener von monoton ins Büro gezwungenen.“

Informieren Sie sich über den neuesten technischen Stand und eignen Sie sich technische Kenntnisse an. Denn wenn Sie z. B. am Flughafen in Heathrow sitzen, kann Ihnen bei IT-Prob­le­men die Un­ternehmen­szen­trale nicht so einfach einen Experten vor­beis­chicken. Investieren Sie aber nur in diejenigen Geräte, die Sie tatsächlich benötigen und die auf Ihre Bedürfnisse zugeschnit­ten sind. Es ist auch möglich, dass Ihnen die Firma Ihren Home­com­puter oder Laptop einrichtet und mögliche Schwierigkeiten über Fernzugriff behebt.

Bedenken gegen das mobile Arbeiten

Die Hauptsorge der Chefs ist, dass die Mitarbeiter zu wenig arbeiten, wenn Kontrolle, Druck und äußere Motivation wegfallen. Doch bei hoch motivierten und engagierten Freiangestell­ten kann es sogar umgekehrt sein: Sie neigen dazu, eher zu viel als zu wenig zu arbeiten. Lassen Sie den Mythos des Im­mer-er­re­ich­bar-sein-Müssens hinter sich, um sich die ebenso nötigen Phasen der Entspannung zu gönnen. Überhaupt ist es die Aufgabe und Her­aus­forderung der Freiangestell­ten, ihre Arbeitsabläufe eigen­ver­ant­wortlich zu struk­turi­eren. Faulenzer können sich in herkömmlichen Büros hinter geschäftigen Mienen und Flach­bild­schir­men leichter tarnen als bei freier Zeit­ein­teilung außerhalb des Büros. Denn zu Hause beein­drucken die bloße Anwesenheit und das Vortäuschen von Di­en­st­be­flis­senheit niemanden, hier geht es um tatsächliche und überprüfbare Leistungen und Ergebnisse. Ein Risiko des ergeb­nisori­en­tierten Arbeitens könnten die zu hohen Erwartungen der Chefs sein, sodass die Freiangestell­ten nur mit schlechtem Gewissen Feierabend machen. Einige tar­ifver­tragliche und ar­beit­srechtliche Regelungen beziehen sich überdies auf die herkömmliche Arbeitszeit und den „arbeitsstätten­richtlin­ien­gerechten Ar­beit­splatz“ und sind daher nicht immer hilfreich für die Einführung des mobilen und flexiblen Ar­beitsmod­ells.

„Unternehmen müssen ihren Mi­tar­beit­ern Freiheit, Selb­stver­ant­wor­tung, Mobilität und Kontrolle über ihre Zeit einräumen, sonst werden sie im in­ter­na­tionalen Wettbewerb nicht mithalten.“

Das mobile Arbeiten birgt natürlich auch Nachteile aufseiten der Freiangestell­ten: schlechteres Image, weniger Auf­stiegschan­cen und Vere­in­samung. Diesbezüglich gilt es in der Un­ternehmen­skul­tur umzudenken. Das US-Vorzeige­un­ternehmen hin­sichtlich mobiler Arbeit, Best Buy, bietet seinen Freiangestell­ten un­verbindlich zahlreiche Freizeitak­tivitäten an. Diese gemeinsamen Aktivitäten schweißen oft mehr zusammen als der Büroalltag.

Nutzen Sie die Vorteile des mobilen Arbeitens

Wenn sich die Mitarbeiter ihre Zeit freier einteilen und selb­st­bes­timmter arbeiten können, sind sie zufriedener, aus­geglich­ener, gesünder und glücklicher. Dieser Effekt kommt einer indirekten Gehaltserhöhung gleich. Die Vorteile für die Freiangestell­ten ziehen auch Vorteile für die Unternehmen nach sich: Die Mitarbeiter werden mit ihrer Arbeit schneller fertig, aber nicht, weil sie in der Firma schludern würden, sondern weil sie zu Hause effizienter, produktiver und konzen­tri­erter arbeiten können. Die Fehlzeiten und die Fluktuation der Mitarbeiter nehmen ab. Ihr Unternehmen wird attraktiv für hoch qual­i­fizierte Ar­beit­nehmer, und Sie erlangen ein zukunftsfähiges Image. Zudem sparen Sie Räum­lichkeiten und In­fra­struk­tur ein. Bei der British Telecom z. B. nutzen 6000 von rund 100 000 Mi­tar­beit­ern die Möglichkeit der Telearbeit, und die Hälfte aller Angestell­ten kann ihren Schreibtisch und die Nieder­las­sung nach dem Desk­shar­ing-Prinzip frei wählen. Durch diese Maßnahmen hat das Unternehmen bei gestiegener Produktivität die Im­mo­bilienkosten um 50 % gesenkt und 230 Millionen Pfund eingespart. Global operierende Unternehmen ziehen aus dem Umstand Nutzen, dass die Freiangestell­ten zu den un­ter­schiedlich­sten Zeiten arbeiten. Dezen­tral­isiertes Arbeiten legt ein Unternehmen im Fall von Ter­ro­ran­schlägen oder anderen Katas­tro­phen nicht so leicht lahm. Darüber hinaus entlastet die Heimarbeit den täglichen Berufsverkehr. Wenn Sie nicht mit dem Auto zur Arbeit fahren, wirkt sich das sowohl auf Ihren Geldbeutel als auch auf die Umwelt positiv aus.

Orientieren Sie sich an den Ergebnissen

Nicht immer lässt sich die Erfüllung von Aufgaben so leicht messen wie beim Außen­di­en­st­mi­tar­beiter anhand seiner Abschlüsse oder beim Pro­gram­mierer anhand neu en­twick­el­ter Codes. Bei der ergeb­nisori­en­tierten Ar­beitsweise bestimmen Arbeitgeber und Ar­beit­nehmer gemeinsam präzise Ziele in qual­i­ta­tiver und quan­ti­ta­tiver Hinsicht. Je nach Einzelfall können diese auf Teilziele oder sogar auf kleinste Ar­beitss­chritte herun­terge­brochen werden. In gewissen Zeitabständen treffen sich die Beteiligten zu Feed­back­ge­sprächen. Dort können auch eventuelle Weit­er­bil­dungsmaßnahmen und ggf. die Einleitung von Korrekturen besprochen werden. Chefs sollten allerdings aufpassen, dass sie nicht in alte Ver­hal­tens­muster zurückfallen und zu viel kon­trol­lieren wollen. Stattdessen sollten sie ihren Mi­tar­beit­ern vertrauen, denn das Wie der Zielerfüllung ist deren Aufgabe. Am Ende eines Projekts oder eines Jahres werden die Ergebnisse sowohl vom Mitarbeiter als auch vom Vorge­set­zten anhand von fest­gelegten Kriterien bewertet.

Wie sag ich’s meinem Chef?

Machen Sie sich für Ihre Vorstellung eines mobilen Arbeitens stark. Bringen Sie Ihr Vorhaben gegenüber Ihrem Chef zur Sprache. Bereiten Sie sich gut auf das Gespräch vor. Stellen Sie sich schon vorher mental auf Ihr neues Ar­beit­skonzept ein, d. h. denken Sie nicht mehr zeit-, sondern ergeb­nisori­en­tiert. Erläutern Sie Ihrem Chef die Vorteile des mobilen Arbeitens. Sollte er skeptisch sein, schlagen Sie ihm vor, das neue Konzept – z. B. drei Tage in der Firma zu arbeiten und zwei von zu Hause aus – auf Probe durchzuführen. Klar ist: Je qual­i­fizierter und un­ent­behrlicher für Ihre Firma Sie sind, desto bessere Karten haben Sie. Ebenso sollte Ihnen bewusst sein: Kommt der Chef Ihrem Anliegen entgegen, sollten Sie ihm auch er­stk­las­sige Ergebnisse liefern. Dann können Sie darüber nachdenken, die Anzahl der un­ternehmen­sex­ter­nen Tage zu erhöhen. Manche wünschen sich ein permanentes Ar­beit­sleben jenseits der Un­ternehmensräume. Ein solches Ziel müssen Sie allerdings kritisch hin­ter­fra­gen. Ein Minimum an Kontakt zum Unternehmen, zum Chef und zu den Kollegen ist durchaus sinnvoll. Geht in Ihrer Firma überhaupt nichts in Richtung mobiles Arbeiten, so sollten Sie den äußersten Schritt in Erwägung ziehen: Kündigung und Neubeginn bei einer für dieses Ar­beitssys­tem aufgeschlosse­nen Firma.

Über den Autor

Markus Albers lebt als Autor, Berater und Unternehmer in Berlin. Er ist Mitgründer und Geschäftsführender Gesellschafter von Rethink sowie Mitgründer von Neuwork. Seine Arbeiten wurden unter anderem in Brand eins, Die Zeit, Spiegel, Stern und Welt am Sonntag veröffentlicht.