Guerilla Marketing des 21. Jahrhunderts

Buch Guerilla Marketing des 21. Jahrhunderts

Clever werben mit jedem Budget

Campus,


Rezension

Als Jay Conrad Levinson Mitte der 80er Jahre sein Guerilla-Mar­ket­ing-Konzept vorstellte, war das eine Revolution. Mit­tler­weile hat das Konzept einiges von seinem revolutionären Nimbus eingebüsst. Mehr als genug Autoren haben das dankbare Thema aufge­grif­fen, und auch der Erfinder selbst hat heute nichts mehr wirklich Umwerfendes anzufügen. Wer aber einen grund­soli­den, flott geschriebe­nen Überblick zum aktuellen Stand des Marketings sucht, ist mit diesem Buch gut bedient. Zielgruppe sind kleine und mittlere Unternehmen, deren Werbebudget bescheiden bis winzig ist. Aber Budget kann man durch Kreativität ersetzen, sagt Levinson – z. B. indem man den Fernsehsendern die Rest­werbe­minuten abkauft, die keiner haben will. In Zeiten fi­nanzieller Knappheit sind solche Tipps wichtiger denn je. Etwas fragwürdig sind nur manche Methoden im Kapitel „E-Mail-Mar­ket­ing“: Sie werden immer öfter auch in Spam-Mails verwendet – und dürften damit für seriöses Marketing inzwischen unbrauchbar sein. Davon abgesehen, empfiehlt BooksInShort das Buch allen Mar­ket­ingver­ant­wortlichen und Werbern.

Take-aways

  • Guerilla-Mar­ket­ing heißt, auf neue, überraschende Art zu werben und vernachlässigte Nischen zu besetzen.
  • Eine unterschätzte Mar­ket­ing­meth­ode ist das gute alte Anschreiben. Es funk­tion­iert aber nur, wenn Sie die Adressaten sorgfältig recher­chieren.
  • Auch Tele­fon­mar­ket­ing bewährt sich: 51 % der Angerufenen bleiben am Apparat.
  • Viele Werbemittel können Sie zu Hause am eigenen PC produzieren.
  • Stellen Sie Ihre Broschüre oder Ihr Video ins Internet. Sie sparen sich Druck und Versand.
  • TV-Werbung ist abseits der Primetime nicht unbedingt teuer. Nutzen Sie Spartenkanäle.
  • Platzieren Sie Ihren Spot zu günstigen Zeiten, aber präzis; für Tech­nikf­reaks z. B. dann, wenn eine Wieder­hol­ung von Star Trek läuft.
  • Laden Sie Radio- oder Fernsehmod­er­a­toren ein, Ihr Produkt zu testen.
  • Bauen Sie sich für Ihr E-Marketing eine persönliche Adressliste auf. Mit Wet­tbe­wer­ben oder dank Part­nerun­ternehmen gelangen Sie an weitere Adressen.
  • Blogs oder Podcasts können für wenig Geld ein großes Publikum erreichen. Allerdings nur, wenn sie mit Liebe gemacht sind.
 

Zusammenfassung

Guerilleros werben günstiger

Guerilla-Mar­ket­ing bedeutet, mit minimalem Werbebudget große Erfolge zu erzielen. Es geht also nicht um Umsätze, sondern um Profite. Der Mar­ket­ing-Guerillero schert sich nicht darum, ob er nun gerade klassische Werbung, Di­rek­t­mar­ket­ing oder Öffentlichkeit­sar­beit macht. Es kann auch sein, dass er überhaupt kein Geld ausgibt, weil er feststellt, dass er von seinem Heim-PC aus ebenso viel erreichen kann wie mit einer teuren Agentur. Was zählt ist, dass die Kasse klingelt. Dabei setzen Guerilla-Kämpfer durchaus auf altbekannte Werbeformen. Sie handhaben sie aber mitunter anders als im tra­di­tionellen Marketing. Lassen Sie sich z. B. auf Tauschgeschäfte ein und suchen Sie sich die Nischen, die von der reichen Wer­bein­dus­trie unbeachtet bleiben. Guerilleros werben mit sehr eng definierten Zielgruppen, denn die breite Streuung ist nicht ihre Sache. Mo­nolo­gisieren Sie nicht, sondern treten Sie mit Ihren Kunden in einen Dialog. Re­sponse-El­e­mente, Feedback und In­ter­ak­tivität sind Pflicht. Sie benötigen außerdem eine ganze Reihe von Tugenden, vor allem Engagement, Geduld, In­vesti­tions­bere­itschaft. Formulieren Sie ihre Guerilla-Mar­ket­ing-Strate­gie in nur sieben Sätzen und lernen sie auswendig. Diese sieben Sätze sind: Ziel der Mar­ketingidee, Ziel­er­re­ichung (Wet­tbe­werb­svorteil, Pro­duk­t­nutzen), Zielgruppe, Waffen (Mar­ketin­gin­stru­mente), Nische (Po­si­tion­ierung), Un­ternehmen­si­d­en­tität und Mar­ket­ing­bud­get.

Marketing mit in­di­vidu­ellen Medien

In­di­vidu­elle Medien sind das ureigene Revier der Mar­ket­ing-Guerilleros. Wo andere mit Riesenkam­pag­nen protzen, schlängeln sie sich durch die Lücken und betreten Mar­ket­ingp­fade, die längst vergessen schienen. Das Schöne daran: Sie können Ihre Kunden persönlich ansprechen. Die einfachste, günstigste und vielleicht am meisten unterschätzte Mar­ketingidee ist ein persönliches Anschreiben. Das funk­tion­iert natürlich nur, wenn Sie die Liste Ihrer Ansprech­part­ner sauber recher­chiert haben. Dann jedoch können Sie sich und Ihre Produkte effektiv vorstellen. Ein kleiner Gag erhöht die Antwortquote: So legte der freiberu­fliche Werbetexter Levinson seinen Briefen immer eine druck­frische Dollarnote als Hingucker bei, verbunden mit der Aussage „Tausendmal mehr könnten Sie sparen, wenn Sie mich engagieren ...“. Kommt es zum Kun­denbe­such, sollten Sie im Vorfeld möglichst viele In­for­ma­tio­nen über den Kunden sammeln und diese auch bei Ihrer Präsentation nutzen. Übrigens: Hochwertige Vis­itenkarten, gepflegtes Äußeres und ein gewinnendes Lächeln gehören ebenfalls zum Marketing.

„Für Mar­ket­ing-Gueril­las gibt es nur eine Definition von Kreativität: Kreativ ist, was Profite er­wirtschaftet.“

Tele­fon­mar­ket­ing wird zwar von vielen Kunden als lästig empfunden, aber immerhin bleiben 51 % der Angerufenen am Apparat. Tele­fon­mar­ket­ing war in den Achtziger­jahren eine echte Guerilla-Meth­ode, hat sich inzwischen aber auf breiter Front durchge­setzt. Das A und O eines er­fol­gre­ichen Tele­fon­wer­bers sind eine gute Stimme und eine hohe Frus­tra­tionstol­er­anz. Zudem sollten Sie Zeit in die Erstellung eines Skripts investieren: Dann haben Sie auch in brenzligen Situationen den roten Faden in der Hand und lassen sich nicht von Ihren Gesprächspartnern aus dem Konzept bringen. Das Tele­fon­skript sollte klar die Vorteile Ihres Angebots betonen und viele Fragen beinhalten. Fragen? Ja, genau! Nur wenn Sie den Angerufenen interviewen, fühlt er sich nicht zugetextet.

DTP, Plakate, Broschüren und Kleinanzeigen

Flugblätter kosten fast nichts, wenn Sie selbst die Texte schreiben, sich eine originelle Idee ausdenken und das ganze dann zu Hause am PC – Desk­top-Pub­lish­ing sei dank – layouten. Ausdrucken, kopieren, falzen, fertig! Die Zettel können per Post verschickt, von Schülern unter Scheiben­wis­cher geklemmt oder in der Fußgängerzone verteilt werden. Oder Sie drücken sie zufriedenen Kunden in die Hand, mit der Bitte um Weitergabe. Wenn es mehr auf Qualität als auf Quantität ankommt, eignen sich Werbebroschüren. Damit können Sie auch kom­plizierte Produkte erklären. Guerilla-Tipp: Wie wäre es mit einer In­ter­net-Broschüre oder noch besser, einer Videobroschüre im Internet? Sie sparen eine Menge Druckkosten und können dennoch eine ausgefeilte Optik realisieren.

„Ein Anruf ist schneller gemacht als ein Überraschungs­be­such, ist persönlicher als ein Brief, kostet so gut wie nichts und ermöglicht Ihnen, sofort in direkten Kontakt mit dem Gesprächspartner zu treten.“

Günstig und effektiv sind auch Kleinanzeigen, mit denen Sie auf Spezialange­bote, Ihre Homepage oder kostenlose Broschüren hinweisen können, die dann wiederum dafür sorgen, dass Sie neue Kun­denkon­takte erhalten. Auf manchen In­ter­net­por­talen sind Kleinanzeigen sogar kostenlos. Achten Sie nur darauf, dass Ihre Anzeige immer auf den ersten drei Seiten zu finden ist. Dafür müssen Sie sie vermutlich täglich einmal aufgeben. Ins­beson­dere wenn es auf Weihnachten zugeht, können Sie mit Gutscheinen, die Ihre Kunden ihren Bekannten schenken können, gute Erfolge erzielen. Am Point of Sale (POS), also in Ihrem Ladengeschäft, dürfen Plakate und Poster nicht fehlen.

Massen­me­dien-Mar­ket­ing

Drei Wahrheiten treffen auf Marketing in Massen­me­dien zu. Teuer sind nur die Kampagnen, die keine neuen Verkäufe bewirken. Fehler in einer Mar­ket­ingkam­pagne können Sie allerdings auf einen Schlag mehrere Tausend Euro kosten. Und: Werbung in Massen­me­dien ebnet in­di­vidu­ellen Werbeformen den Weg. Wenn Sie eine Anzeige schalten wollen, überlegen Sie sich genau, wer zu Ihrer Zielgruppe gehört und wo Sie Ihre Werbung platzieren. Haben Sie mehrere Kandidaten, wollen sich aber künftig auf einige wenige festlegen, machen Sie den Test der Rücklaufquote: Platzieren Sie eine Anzeige mit einem Re­sponse-El­e­ment, z. B. einem Gutschein, den Ihre Kunden zurücksenden müssen. Hier wird ein Kürzel eingedruckt, welches das Inserat präzis als „Anzeige in der Zeitung XY“ kennze­ich­net. Kommen auffällig viele Coupons mit einem bestimmten Kürzel zurück? Bingo – Sie haben Ihr Hauptwerbe­medium gefunden. Bei Tageszeitun­gen sollten Sie auch genau auf den Tag achten, an dem Ihre Anzeige erscheint. Viele Leser bekommen Sie am Samstag und am Sonntag, weil dann die Stel­lenanzeigen studiert werden und allgemein mehr Zeit für die Lektüre ist. Montags erreichen Sie viele Männer, die die Sportergeb­nisse vom Wochenende nachlesen. Donnerstags erreichen Sie die Gourmets und Nachtschwärmer, weil an dem Tag bereits die Ausgehtipps fürs Wochenende veröffentlicht werden. Noch genauer platzieren Sie Ihre Anzeige in einer Zeitschrift oder gar Fachzeitschrift. Anzeigen aus solchen Kampagnen lassen sich auch vorzüglich in Pro­duk­t­broschüren oder auf Ihrer In­ter­net­seite zweitver­w­erten. Der Hinweis „Bekannt aus dem Time-Mag­a­zine“ macht etwas her.

„Der künstlerische Aspekt des Marketings beschränkt sich nicht allein auf die Gestaltung von Text und Bild, sondern ist auch eine Frage des Timings, der Me­di­en­auswahl und des Anzeigen­for­mats.“

Probieren Sie unbedingt Di­rek­t­mar­ket­ing aus. Egal, ob Sie auf Werbebriefe, E-Mails, Gutscheine, Postkarten, Vertreterbe­suche oder gar Teleshop­ping setzen: Immer kommt es zu einer direkten Eins-zu-Eins-Begeg­nung zwischen Verkäufer und Käufer. Das Produkt steht im Mittelpunkt und wird im Idealfall sofort an Ort und Stelle gekauft. Für Di­rek­t­mail­ings gilt die 60-30-10-Regel: 60 % des Erfolgs hängen von den richtigen Adressen ab, 30 % von der Güte des Produktes und 10 % von der Verpackung.

Die Königs­diszi­plin: Werben im Fernsehen

Das Fernsehen ist der ungeschla­gene Spitzen­re­iter im Werbemarkt der Massen­me­dien. In Amerika läuft der Fernseher im Schnitt acht Stunden am Tag. Bei lokalen Sendern ist es inzwischen auch sehr günstig, einen 30-Sekun­den-Spot auszus­trahlen. Die vielen Spartensender der Kabel- und Satel­litenkanäle versprechen ebenfalls gute Wer­beer­folge. Beim TV ist es besonders wichtig, dass Sie sich genau über Ihre Zielgruppe informieren. Wenn Sie ein geringes Budget haben, kommt die Primetime (zwischen 20 und 23 Uhr) für Sie natürlich nicht in Frage. Aber in der so genannten Fringetime (davor und danach) können Sie dennoch bei Ihrem Publikum punkten. Ins­beson­dere nachts sind die Werbezeiten so billig, dass Sie beherzt zugreifen können.

„Die schlechte Nachricht lautet, dass Sie eines Tages kein Klei­n­un­ternehmer mehr sein werden. Wenn Sie die Prinzipien des Guerilla-Mar­ket­ings erfolgreich in die Praxis umsetzen, werden Sie reich und berühmt und verlieren die schlanke, hungrige Mentalität eines Un­ternehmensgründers.“

Vormittags erreichen Sie viele Hausfrauen, zwischen Talkshows eher Senioren. Die Tech­nikbegeis­terten wiederum schauen sich auch noch die zehnte Wieder­hol­ung von Star Trek an. Probieren Sie die bewährte Guerilla-Tak­tik des Prod­uct-Place­ments in Filmen. Das Ble­ich­mit­tel Clorox kam nicht zufällig im Film Million Dollar Baby zum Einsatz und die kleinen Schokodrops, die E. T. so gerne mochte, hießen nicht zufällig Reese’s Pieces. Erwarten Sie aber von Fernse­hwer­bung keine schnellen Erfolge. Die Werbung muss schon eine ganze Weile laufen, bis sie fruchtet. Oder Sie treten gleich mit Re­sponse-Wer­bung an Ihre Kunden heran. Dafür gibt es z. B. Wer­bev­erkauf­ssender wie QVC. Dort bestellt der Zuschauer direkt telefonisch und Sie erhalten auf diese Weise sofort Feedback, ob und wie gut diese Form der Werbung ankommt. Guerilla-Tipp: Kaufen Sie zum Schleud­er­preis die Restminuten im Wer­be­pro­gramm, die keiner haben will.

Näher dran am Hörer: Ra­dio-Mar­ket­ing

Ra­diower­bung ist vor allem deswegen so erfolgreich, weil Sie mit Ihrer Botschaft den Menschen sehr nahe kommen. Radio hören sie oft vorm Einschlafen, bei langen Autofahrten oder am Frühstückstisch. Es gibt Hin­ter­grund­sender, die überwiegend Musik spielen und, wie der Name schon sagt, im Hintergrund dudeln. Auch die Werbung wird hier vermutlich nicht so aufmerksam aufgenommen wie bei Vorder­grund­sendern, bei denen sich alles explizit um Sport, Politik oder Kultur dreht. Lehnen Sie das Angebot vieler Rund­funksender, Ihren Radiospot direkt im Sender zu produzieren, dankend ab: Hinterher klingt Ihr Spot dann wie ab Stange. Guerilla-Tipp: Laden Sie den Moderator persönlich ein, eines Ihrer Produkte zu testen, z. B. an einer Com­put­er­schu­lung teilzunehmen. Mit etwas Glück wird dann nicht nur Ihr 60-Sekun­den-Spot gesendet, sondern der Moderator wird selbst noch ein wenig über Ihr Produkt plaudern. So schießt Ihre Werbezeit schnell auf drei oder vier Minuten hoch.

Die goldene Zukunft des E-Marketing

Den elek­tro­n­is­chen Medien gehört die Zukunft. Das Internet und alle damit verbundenen Tech­nolo­gien sind wahre Tummelplätze für kreative Guerilleros. Wo stehen Ihnen bessere Möglichkeiten offen, Ihre Kunden schnell und mit wenig Aufwand zu erreichen, als mit den folgenden E-Medien?

  • Blogs sind derzeit hip und heiß. Hier kann jeder seinen Senf zum Tages­geschehen geben oder in Themenblogs über Neuigkeiten in bestimmten Branchen palavern. Guerilla-Kämpfer wissen, dass gut gemachte, mit Liebe getextete und originelle Blogs vorzügliche Mar­ket­ing-Ve­hikel sind.
  • Podcasts sind meist regelmäßige Audio- oder Videobeiträge, die im Internet abonniert werden können. Hier kann sich jeder als Ra­diomod­er­a­tor versuchen und wird damit Erfolg haben, wenn er nicht aggressiv, dafür aber originell und informativ für sich oder seine Produkte wirbt.
  • Nanocasts sind eigentlich auch Podcasts, allerdings geht es hier unverblümt ums Verkaufen. Sie sind für ganz bestimmte Zielgruppen maßgeschnei­dert.
  • E-Mails sind ein gutes Medium, um potenzielle Kunden direkt anzus­prechen. Besonders viel Erfolg haben kurze, knackige Mails mit eindeutiger Be­tr­e­f­fzeile und vielen Hyperlinks. Bauen Sie für Ihr E-Marketing eine persönliche Adressliste auf. Mit Wet­tbe­wer­ben oder dank Part­nerun­ternehmen gelangen Sie an weitere Adressen.
  • Webinare oder Tele­sem­inare sind Schulungen und Trainings, die am PC oder per Kon­feren­zschal­tung am Telefon abgehalten werden. Für Sie als Sem­i­narleiter macht es keinen Unterschied, ob Sie vor zehn oder 110 Teilnehmern sprechen.
  • Af­fil­i­ate-Pro­gramme funk­tion­ieren nach dem Prinzip: „Ich werbe bei deinen Kunden und du bekommst einen Anteil am Gewinn“. Gehen Sie strate­gis­che Allianzen ein.

Über den Autor

Jay Conrad Levinson ist Un­ternehmens­ber­ater, Buchautor und als solcher der „Erfinder“ des Guerilla-Mar­ket­ings. Bevor er sich selbstständig machte, arbeitete Levinson als Kreativdi­rek­tor bei namhaften Wer­beagen­turen.