Quintessenz des strategischen Managements

Buch Quintessenz des strategischen Managements

Was Sie wirklich wissen müssen, um im Wettbewerb zu überleben

Springer,


Rezension

Wer damit rechnet, am Ende dieses Buches den einen, richtigen Weg für das strate­gis­che Management zu kennen, wird enttäuscht sein. Denn diesen einen Weg gibt es nicht. Allerdings kennt der Leser nach der Lektüre viele Möglichkeiten, um den für ihn optimalen Weg zu finden. Der Autor hat das aktuelle Wissen über strate­gis­ches Management gesammelt und in viele kleine Häppchen gepackt, die einzeln konsumiert werden können. Jedes Kapitel ist mit nachvol­lziehbaren Beispielen gewürzt, sodass die graue Theorie auf die tägliche Wirtschaft­spraxis herun­terge­brochen wird. Zudem ist der Stoff mit vielen gut gemeinten Abbildungen an­gere­ichert, die aber häufig etwas klein geraten sind. BooksInShort empfiehlt das Buch in erster Linie angehenden Führungskräften, die sich in kurzer Zeit einen Überblick über das Themenfeld Un­ternehmensstrate­gie verschaffen wollen.

Take-aways

  • Strate­gis­ches Management stammt aus dem militärischen Bereich und war schon den alten Römern und ihren Gegnern bekannt.
  • Einige Man­age­mentstrate­gien gelten seit der New Economy als überholt.
  • Eine gute Strategie kann erst entworfen werden, nachdem der Ist-Zustand – am besten mittels SWOT-Analyse – fest­gestellt wurde.
  • Analysieren Sie nicht nur das Unternehmen, sondern auch die Geschäftsfelder en détail.
  • Teilen Sie die Geschäftsfelder in Melkkühe, Sterne, Frageze­ichen und arme Hunde ein – das zeigt schnell, wo Hand­lungs­be­darf besteht.
  • Eine Strategie ist nie ein abgeschlossener Prozess; sie entwickelt sich vielmehr im Zusam­men­spiel mit den Märkten.
  • Wachstum ist grundlegend für jedes Unternehmen, das langfristig am Markt agieren will.
  • Prozes­sop­ti­mierung kann ein Unternehmen nach vorne bringen und ist darum Teil des strate­gis­chen Managements.
  • Auch Marken­man­age­ment ist fürs Unternehmen wichtig, denn dadurch werden Kunden gebunden.
  • Es kann u. U. sinnvoll sein, nicht mehr nach den Regeln des Marktes zu spielen, sondern diese zu brechen.
 

Zusammenfassung

Wie im Krieg

Strategie, das bedeutet im militärischen Zusam­men­hang im Grunde nichts anderes als Führung. Und was schon seit Urzeiten im Krieg angewendet wird, das hat auch heute noch Gültigkeit – und zwar in den Unternehmen. Ein Manager muss sich genauso auf seine Ressourcen konzen­tri­eren wie einst General von Clausewitz. Cäsar, Sun Tzu oder Machiavelli setzten auf Überraschun­gen, In­no­va­tio­nen und Kom­mu­nika­tion – auch in der heutigen Un­ternehmensführung wichtige Instrumente. Die eigenen Kräfte, die Or­gan­i­sa­tion und die Abstimmung von Zielen spielen in der Strategie eine wesentliche Rolle. Anders gesagt: Die Vorge­hensweisen, um am Markt und im Wettbewerb zu überleben, haben sich nicht geändert.

Am Anfang steht die Analyse

Bleiben wir noch einen Moment bei den Kriegsh­er­ren: Bevor Hannibal mit Elefanten über die Alpen zog, um gegen Rom zu marschieren, machte er eine Be­stand­s­analyse: Was hat Karthago, was Rom nicht hat? Wo ist Karthago Rom überlegen? Rom hatte mehr Soldaten und mehr Schiffe – eine Seeschlacht wäre für Karthago also sicherlich der falsche Weg gewesen. Karthago setzte darum auf das, was Rom weder hatte noch kannte: Elefanten. Das war ein Überraschungsmo­ment. Und so sah es zu Beginn gut für Karthago aus. Warum Hannibal den Krieg nach 17 Jahren doch verlor, das ist eine andere Geschichte. Die An­fangsstrate­gie war die richtige.

„Der Begriff ‚Strategie‘ entspringt dem griechis­chen Wort ‚strategos‘, das ‚Führung‘ im militärischen Sinne bedeutet: Es geht hierbei um die Planung des Gebrauchs von Ressourcen, um bestimmte Ziele zu erreichen.“

Auf die Neuzeit übertragen heißt das: Eine Strategie muss ganzheitlich durchdacht und langfristig angelegt sein. Sie ist nicht zufällig, sondern bewusst und gewollt; Dritte können die Strategie nachvol­lziehen, und sie ist hand­lung­sori­en­tiert. Eine gute Strategie will die Existenz eines Un­ternehmens langfristig sichern und betrachtet darum die relevanten Märkte sowie die Chancen und Risiken, die sich dort ergeben.

Ein fließender Prozess

Doch eine einmal festgelegte Strategie ist kein abgeschlossenes Projekt. Vielmehr ist strate­gis­ches Management ein fließender Prozess. Er besteht aus ver­schiede­nen Phasen: Zunächst wird die Zielplanung generell angegangen. Dann gibt es sowohl eine strate­gis­che als auch eine operative Maßnah­men­pla­nung. In der strate­gis­chen Maßnah­men­pla­nung geht es um eine grobe Vorschau, wie die vorgegebe­nen Ziele erreicht werden können. Die operative Maßnah­men­pla­nung geht dagegen bereits ins Detail: Durch Steuerung und Kontrolle werden dauernd die Ist- mit den Soll-Werten verglichen. Weicht das Resultat von der Planung ab, müssen Sie nachbessern. Für die generelle Zielplanung ist es wichtig, dass das Unternehmen jederzeit kurzfristig liquide ist. Langfristig muss sich das Unternehmen rechnen, also rentabel sein. Und schließlich sollte es mindestens durch­schnit­tlich wachsen, und zwar im Vergleich zu den relevanten Märkten.

„Oberziel jeder Strategie ist die langfristige Ex­is­ten­zsicherung, und der Fokus liegt auf den relevanten Märkten und deren Chancen und Risiken.“

Das Problem dieses Ansatzes: Unter dem Ver­wal­tungsaufwand leiden oft Kreativität und Flexibilität. Darum ist es wichtig, dass Sie in Ihrem Unternehmen Wert auf Diskus­sio­nen legen und den Austausch unter allen Beteiligten fördern. Dazu gehört auch, dass Aufgaben verteilt werden. Kein Manager ist allwissend. Und kein Mensch kann planen und or­gan­isieren, ko­or­dinieren und kon­trol­lieren auf einmal. Dazu hat der Tag einfach zu wenige Stunden.

Kernaufgabe: Wachstum

Um langfristig existieren zu können, sollte ein Unternehmen wachsen. Ein Unternehmen wächst organisch, also von innen heraus, indem es den Markt besser durchdringt. Oder es wächst unorganisch, indem es zukauft. Mergers und Ac­qui­si­tions (M & A) sind sicherlich der schnellere, aber auch der teurere Weg des Wachstums. Einige Beispiele für wachsende Unternehmen:

  • Intel treibt die Entwicklung von Mikro­prozes­soren ständig voran. Das ist Wachstum durch Innovation und Branding.
  • Ryanair hat die Regeln des Marktes gebrochen – und ist damit zur er­fol­gre­ichen Konkurrenz der großen Flu­gan­bi­eter geworden.
  • Vodafone ist durch Zusam­men­schlüsse und Part­ner­schaften zu einem globalen Mo­bil­funkan­bi­eter geworden. Die Strategie heißt Glob­al­isierung.
  • E.​ON setzt auf sein Kerngeschäft und hat Un­ternehmens­bere­iche verkauft.
  • Porsche konzen­tri­ert sich nur noch auf wenige The­men­felder wie Entwicklung, Innovation und Marketing. Die vertikale Integration wird durch Outsourcing reduziert.
  • Total Fina wurde durch Zukäufe die Nummer vier unter den Ölfirmen. Die Strategie: Marktpräsenz und Kon­so­li­dierung durch M & A.
  • Puma hat drei Standorte mit einer virtuellen Zentrale. Es gibt keine eigene Produktion mehr. Das ist eine Strategie, die auf Netzwerke, Part­ner­schaften und Vir­tu­al­isierung setzt.

Auf der Suche nach der passenden Strategie

Wach­s­tumsstrate­gien gibt es also zuhauf. Doch die Frage ist: Welche Strategie passt zu meinem Unternehmen? Um hier den richtigen Weg zu gehen, müssen Sie, bevor Sie eine Strategie entwickeln, den Ist-Zustand feststellen. Dazu bietet sich die SWOT-Analyse an. Die Abkürzung steht für Strenghts (Stärken), Weaknesses (Schwächen), Op­por­tu­ni­ties (Chancen) und Threats (Risiken). Der Grundgedanke ist, dass ein Unternehmen je nach seinen Stärken und Schwächen auf die Chancen und Risiken des Marktes reagieren kann. Die SWOT-Analyse ist die Grundlage für alle weiteren Maßnahmen zur Entwicklung einer Un­ternehmensstrate­gie.

„Steuerung und Kontrolle der operativen Planung schließen den Ansatz der strate­gis­chen Planung und damit auch das or­gan­isierte Verständnis von Strategie ab.“

Ist das Ergebnis der SWOT-Analyse z. B., dass es auf neuen Märkten kaum Chancen für das alte Produkt gibt, und ist außerdem das Unternehmen saisonalen Schwankun­gen ausgesetzt, dann könnte Wachstum auf hor­i­zon­taler Ebene die richtige Strategie sein. Manager greifen hierbei auf die Produkt/Markt-Ma­trix von Ansoff zurück, bei der gegenwärtige und neue Produkte in Beziehung gesetzt werden zu gegenwärtigen und neuen Märkten. Ein wichtiges Stichwort lautet Di­ver­si­fika­tion. Dadurch erreicht man nicht nur Wachstum, sondern auch Risikostreu­ung.

„Im Allgemeinen ist die Marke für die Konsumenten eine verdichtete Information, die ihm bei der Ori­en­tierung in der Vielfalt der Angebote hilft.“

Diese Matrix lässt sich gut kombinieren mit der Port­fo­lio-Analyse. So lassen sich alle Geschäftsfelder und Tochterge­sellschaften eines Konzerns bewerten. Anhand dieser Ergebnisse kann dann die un­ternehmensweite Strategie erstellt werden. Die bekannteste Port­fo­lio-Ma­trix wird nach der Boston Consulting Group, die sie entwickelt hat, BCG-Matrix genannt. Dabei werden die Geschäftsfelder aufgeteilt in Melkkühe, Sterne, Frageze­ichen und arme Hunde. Mit dem Geld, das durch die Melkkühe hereinkommt, werden Sterne und Frageze­ichen aufgebaut. Frageze­ichen können so eines Tages zu Sternen werden, und Sterne sollten sich zu Melkkühen entwickeln. Arme Hunde sollten aus dem Portfolio eliminiert werden, weil sie nur Man­age­mentzeit kosten und im schlimmsten Fall nicht einmal Geld einbringen.

Geschäftsfelder unter der Lupe

Eine schlüssige Un­ternehmensstrate­gie bedeutet auch, dass Sie Ihre Geschäftsfelder ganz genau betrachten müssen: Wo liegen Ihre Wet­tbe­werb­svorteile? Wo gibt es Defizite? Welche Märkte passen zum Produkt? Um diese Fragen zu beantworten, gibt es zwei Ansätze:

  1. Mar­ket-Based View: Hierbei geht es um die Frage: Was muss ich anbieten, um am Markt erfolgreich zu sein? Bei der MBV spielt es eine Rolle, wie der Wettbewerb in der Branche ist, welche Ver­hand­lungsstärke Lieferanten und Abnehmer haben und ob sich durch andere Anbieter eine Gefahr für das eigene Unternehmen abzeichnet.
  2. Re­source-Based View: Hier ist die primäre Frage, was das Unternehmen kann, und die sekundäre, wo die Märkte dafür sind. Es zählt nur, was als Kernkom­pe­tenz iden­ti­fiziert wird. Aufgrund dieser Erkenntnis wählen Sie die passenden Märkte aus.
„Starke Marken können zu Trägheit führen, indem die Ve­r­ant­wortlichen sich auf den Erfolgen ausruhen und dann die Kontrolle über die Marke verlieren.“

Das Problem: Die Märkte haben sich geändert. Sie sind dynamischer und vernetzter geworden – und dadurch haben sowohl MBV als auch RBV an Bedeutung verloren. Ende der 90er Jahre hat sich gezeigt, dass schnelle Märkte einfache Regeln brauchen. Denn zu jener Zeit boomte die Tech­nol­o­gisierung durch das Internet. Das wiederum führte zu einer Glob­al­isierung von Prozessen und schließlich auch von Unternehmen. Dadurch entstand der so genannte Geschäftsmodel­lansatz, der von einem Wandel von alten zu neuen Geschäftsmodellen ausgeht. Unternehmen aus ver­schiede­nen Branchen fanden sich für eine begrenzte Zeit zusammen und boten eine Wertschöpfungskette anstelle einzelner Produkte an. Diese Firmenform wird gern als virtuelles Unternehmen bezeichnet.

Business Process Reengi­neer­ing

Business Process Reen­geni­neer­ing (BPR) gehört eigentlich in den Bereich des operativen Managements. Aber es geht dabei um die Kern­prozesse eines Un­ternehmens, und die sind eng mit der Strategie verbunden. BPR kann Abläufe beschle­u­ni­gen, Kosten senken und das Qualitätsstreben fördern. Auch darum ist diese „Wunderwaffe“ Teil des strate­gis­chen Managements. Ein Trans­for­ma­tion­spro­jekt bedarf zu Beginn natürlich auch einer Be­stand­sauf­nahme, dann wird das eigentliche Redesign oder Reengi­neer­ing gemacht und schließlich das Ganze in die Abläufe des Un­ternehmens im­ple­men­tiert. So ein Prozess dauert mindestens ein Jahr, er kann sich aber auch leicht über mehrere Jahre ziehen.

Strate­gis­ches Marken­man­age­ment

Mark­to­ri­en­tierte Un­ternehmensführung gibt es hauptsächlich bei den großen Konzernen, die Konsumgüter produzieren. Besonders starke Markenkerne sind beispiel­sweise Coca-Cola oder Nivea. Der Kern der Marke wird im Regelfall nicht verändert, denn er bindet die Kunden, und das oft über viele Jahre. Allerdings kann beispiel­sweise die Verpackung einer Marke vorsichtig verändert werden, oder Sie können ihre Eigen­schaften verbessern. Das Ziel ist, dass der Kunde dem Produkt eine Qualität zuschreibt, die sich auf seine Markentreue auswirkt.

„Wenn das Produkt zu einer Marke geworden ist, dann verfügt es im Innersten über einen Markenkern, da sind die schwer verrückbaren relevanten Werte und Gedächt­nis­struk­turen.“

Eine Marke ist also wichtig für ein Unternehmen, denn dadurch kann es sich von der Konkurrenz abheben. Allerdings muss sich das Management darüber Gedanken machen, wie breit oder tief eine Marke sein soll: General Electric beispiel­sweise ist eine Dachmarke, während Volkswagen mit seinem Golf, Lupo oder Phaeton die Mehrmarken­strate­gie fährt. Auch die Hierarchie der Marken spielt eine Rolle: Warum ist z. B. der Phaeton eine Untermarke von Volkswagen und nicht wie Audi oder Bentley eine Hauptmarke? Schließlich ist auch die Frage zu berücksichtigen, wie das Gesamt­marken­port­fo­lio aussehen soll.

Regeln sind zum Brechen da

Manager müssen wissen, wie ihr Markt tickt. Und oft ist es richtig und wichtig, sich an die Regeln des Marktes zu halten. Es gibt aber auch Situationen, in denen es notwendig ist, sie zu brechen, um als Unternehmer weit­erzukom­men. Denken Sie an die Bil­ligflugge­sellschaft Ryanair, die mit einem gezielten Regelbruch Erfolg hatte. Wer darüber nachdenkt, Regeln zu brechen, muss zunächst den Ist-Zustand der Branche, der Nation oder einzelner Wertschöpfungsab­schnitte analysieren: Welche Regeln und welche Al­ter­na­tiven gibt es? Warum sind die al­ter­na­tiven Regeln die besseren? Was ermöglichen sie? Welche treibenden Faktoren stecken dahinter? Wie könnte man sie ins eigene Unternehmen übertragen? Im nächsten Schritt vergleichen und kombinieren Sie die Ergebnisse. So ergeben sich kreative neue Gedanken. Im dritten Schritt übertragen Sie sie auf das eigene Unternehmen – das ist die größte Her­aus­forderung.

Über den Autor

Nils Bickhoff ist Dipl.-Kaufmann und begann 1995 seine Tätigkeit als Un­ternehmens­ber­ater bei Roland Berger Strategy Consultants. 2005 gründete er das Be­ratung­sun­ternehmen Nissen Bickhoff Carstensen. Er ist außerdem Lehrbeauf­tragter für Strate­gis­ches Management an der Universität Hamburg sowie Koautor des Buches Zukünftige Geschäftmodelle.