Führen wie der Alte Fritz

Buch Führen wie der Alte Fritz

Der Anti-Machiavelli für Manager

Econ,


Rezension

Friedrich der Große als Vorbild für heutige Führungskräfte? Ein ab­so­lutis­tis­cher Herrscher, der sein Land durch Kriege vergrößerte, als Man­age­ment-Ikone? Da sind wohl einige Zweifel angebracht. An­der­er­seits: Manche Charakterzüge und Er­run­gen­schaften des Preußenkönigs sind in der Tat bis heute be­wun­dern­swert – warum also nicht dem Buch von Peter Fidrich eine Chance geben? Fidrich holt denn auch z. T. unbekannte und überraschende Seiten des volksnahen Königs ans Tageslicht. Das Buch ist flüssig und spannend geschrieben, schlägt regelmäßig Brücken zu heutigen Er­fordernissen im Un­ternehmens­bere­ich sowie zu wis­senschaftlichen Erken­nt­nis­sen der Menschenführung und ist mit zahlreichen Anekdoten aus Friedrichs Leben gewürzt. BooksInShort empfiehlt das Werk Managern, Un­ternehmern und Beratern, die sich von Friedrichs Erfolgen inspirieren lassen wollen. Sie müssen ja nicht gleich ihren Konkur­renten den Krieg erklären.

Take-aways

  • Von Friedrich dem Großen können heutige Führungskräfte einiges lernen.
  • Friedrich verwandelte das kleine, zer­split­terte Preußen in eine anerkannte Großmacht.
  • Friedrich war ein umfassend gebildeter und diszi­plin­ierter Querdenker.
  • Mit viel Raffinesse stieß er zahlreiche In­no­va­tio­nen an.
  • Friedrich stand glaubhaft für seine Ideen ein.
  • Er war ein König zum Anfassen. Im Krieg kämpfte er an vorderster Front.
  • Er war bescheiden und sah sich als Diener des Staates.
  • Wegen seiner religiösen Toleranz lockte er viele Arbeitskräfte ins Land.
  • Er verlangte konzen­tri­ertes und ziel­gerichtetes Arbeiten. Alles Unnütze lehnte er ab.
  • Friedrich forderte eine klare und knappe Kom­mu­nika­tion.
 

Zusammenfassung

Friedrich und der Wettbewerb

Noch zu Friedrichs Jugendzeit Anfang des 18. Jahrhun­derts war es um Preußens Chance, von einer „Spielkarte“ zu einem mächtigen „Spieler“ im europäischen Machtspiel aufzusteigen, schlecht bestellt. Im Vergleich zu den damaligen „Global Players“ Österreich, Frankreich und England war Preußen klein und zer­split­tert. Zwischen den einzelnen Regionen klafften Lücken, die von anderen Staaten ausgefüllt wurden. Bereits als 19-Jähriger fasste Friedrich den Entschluss, die verteilten preußischen Länder so bald wie möglich zusammenzuführen und die fehlenden Regionen zu erobern. Friedrich bereitete sich ehrgeizig und gewis­senhaft auf seine Regierungszeit vor. Er befasste sich mit Geschichte und Kriegskunst und beobachtete die anderen europäischen Machthaber genau. Als Herrscher suchte er die wirtschaftlichen Stärken Preußens zu festigen. Um das Geld im eigenen Land zu behalten, gründete er lieber Fabriken, als die benötigten Güter zu importieren. Und um effiziente Abläufe und eine hohe Qualität zu gewährleisten, ließ er Fabriken und Waren durch Inspektoren überprüfen.

„Dieser Friedrich war ein Topmanager, der sein Land Preußen zum Erfolg führte und es von einem Staat unter vielen in eine europäische Großmacht verwandelte.“

Aufgrund seiner religiösen Toleranz, des attraktiven preußischen Bil­dungswe­sens und durch un­mit­tel­bare Anwerbung lockte er ausländische Fachkräfte nach Preußen, allen voran Hugenotten aus Frankreich und öster­re­ichis­che Protes­tanten. Friedrichs Kriegspoli­tik war letzten Endes erfolgreich, weil er sie zur Chefsache erklärte, die Heere selbst befehligte und rasch auf Veränderungen reagierte. Auf diese Weise eroberte er das für Preußen ideal gelegene Schlesien, wodurch er einen enormen Zuwachs an Bevölkerung, fruchtbarem Boden und Han­delsstruk­turen gewann.

Friedrich als Querdenker

In Zeiten des Umbruchs sind Kreativität und Innovation entschei­dende Wet­tbe­werb­svorteile. Als Kronprinz musste Friedrich mit seinen Ideen oft zurückstecken, denn die strenge Erziehung seines Vaters schränkte ihn ein. Später durchbrach er die von seinem Vater auferlegten Grenzen, hin­ter­fragte bestehende Ordnungen nach Sinn und Nutzen für die Gemein­schaft und war stets für Überraschun­gen gut. Sogar auf dem Schlacht­feld fällte er spontane Entschei­dun­gen, womit er seine Gegner aus dem Konzept brachte. Diese kreativen Einfälle verdankte er seiner uni­versellen Bildung und seiner Offenheit. Durch das Studium der Geschichte konnte er einige Konzepte der Kriegskunst auf seine Feldzüge übertragen, beispiel­sweise die so genannte „schiefe Schlach­tord­nung“, mit der er seine Gegner täuschte und irritierte.

„Grundlage von Friedrichs Erfolg waren sein hoher persönlicher Einsatz, schnelle Entschei­dun­gen und Führungsqualitäten.“

Friedrich dachte pragmatisch und betrachtete Regeln und Gesetze als Diener des Menschen. Wenn sie dieses Kriterium nicht erfüllten, setzte er sich über sie hinweg oder änderte sie ab. Es war ihm wichtig, dass seine Entschei­dun­gen für die Menschen verständlich und nachvol­lziehbar waren. Aufgrund seiner weit­ge­hen­den Toleranz wanderten viele Flüchtlinge nach Preußen ein, die durch ihre wirtschaftlichen und kulturellen Anstöße das Land bere­icherten. Auf ju­ris­tis­chem Gebiet führte Friedrich ver­schiedene Neuerungen ein. Er ließ die Folter nur noch bei Mehrfachmördern zu, später verbot er sie ganz. Auch die Todesstrafe schaffte er für viele Vergehen ab. Für mutmaßliche Täter, für die die Beweislage nicht ausreichte, führte Friedrich stark abgemilderte Strafen ein. Der König umgab sich gern mit in­spiri­eren­den Menschen, die ebenso wie er selbst über den Tellerrand hin­auszuschauen vermochten. Dazu ve­r­anstal­tete er Tafelrunden und Soireen und holte den berühmten Philosophen Voltaire als Kammerherrn nach Potsdam. Zudem beschäftigte er so genannte Vorleser, die ihn mit In­for­ma­tio­nen, Un­ter­hal­tung und Ratschlägen versorgten.

Friedrich als Innovator

Friedrich stieß in vielen Bereichen In­no­va­tio­nen an und ging dabei mitunter sehr raffiniert vor: Um z. B. den wider­willi­gen Bauern den Kartof­fe­lan­bau schmackhaft zu machen, tarnte er die Anlage der ersten Kartof­felfelder als Geheim­pro­jekt. Er ließ die Knollen von Soldaten pflanzen und bewachen. Doch weil diese Finte nicht die erhoffte Neugierde der Bauern entfachte, schob er den bekannten Kartof­fel­be­fehl hinterher, um den Anbau der damals noch ungewohnten Nutzpflanze vo­ranzutreiben.

„Kaum lag sein Vater unter der Erde, nahm Friedrich mehrere Reformen in Angriff, allen voran die des preußischen Heeres.“

Friedrich war ein starker Förderer von Bildung und Wis­senschaft. Er schrieb z. B. öffentliche Preisauf­gaben aus, um schwierige wis­senschaftliche Probleme zu lösen. Er gründete Akademien, um junge Adlige umfassend zu schulen. Der Unterricht beinhaltete so un­ter­schiedliche Fächer wie Geschichte, Geometrie, Philosophie, Rhetorik – aber auch Reiten und Tanzen. Die jeweils zwölf besten Absolventen eines Jahrgangs bildete Friedrich persönlich zu Gen­er­al­stab­sof­fizieren aus. Er verlangte ebenfalls eine gute Ausbildung für die Schullehrer.

„Friedrich sah sich immer als ,ersten Diener des Staates‘.“

Auch die staatliche Verwaltung gestaltete Friedrich neu. Er teilte die Zentralbehörde, das Gen­eraldirek­to­rium, in ver­schiedene Ressorts, die er jeweils hi­er­ar­chisch gliederte − ein System, das den Weg zum heutigen Beamtentum ebnete. Im Rechtswesen forderte er eine fundierte Ju­ris­te­naus­bil­dung, klare Gesetze und die Vermeidung von In­ter­essen­skon­flik­ten, indem er Juristen die gle­ichzeit­ige Tätigkeit als Verteidiger und Ankläger untersagte. Nicht zuletzt gründete Friedrich die staatliche Giro- und Lehnbank, die später in Preußische Bank und noch später in Reichsbank umbenannt wurde. Außerdem errichtete er ein Übersee­han­del­sun­ternehmen als Ak­tienge­sellschaft, wovon er knapp 90 % der Aktien hielt.

Friedrich und der Wandel

Trotz seiner In­no­va­tions­freude setzte sich Friedrich der Große nur für vernünftige Veränderungen – „nach Maß und Sinn“ − ein, denn seiner Ansicht nach benötigten Neuerungen ausreichend Zeit, um Wurzeln zu schlagen. Zu viele und zu schnelle Veränderungen hielt er für abträglich, da sie Widerstand, Chaos und Verwirrung nach sich zögen. Um solchen Gefahren ent­ge­gen­zuwirken und eine gewisse Kontinuität aufrechtzuer­hal­ten, hinterließ Friedrich – wie zuvor schon sein Vater – ein politisches Testament für seinen Nachfolger, das die Richtlinien für die Abwicklung der Staatsgeschäfte beinhaltete. Bereits zu Friedrichs Zeiten propagierte der Ober­berghaupt­mann Hans Carl von Carlowitz die nachhaltige Nutzung der Wälder: Es sollten nur so viele Bäume abgeholzt werden, wie neue nachwuchsen. Dieses Ansinnen sowie den Erhalt von Natur- und Kulturschätzen unterstütze Friedrich auch dadurch, dass er sich bemühte, bereits erfolgte Schäden wieder auszu­gle­ichen.

Friedrichs Leitbilder

Um Leitbilder zu entwickeln, benötigen Führungskräfte Visionen − und die hatte Friedrich: Er be­ab­sichtigte, das zer­split­terte Preußen in einen ein­heitlichen und vorbildlich funk­tion­ieren­den Staat zu verwandeln. Ferner war ihm daran gelegen, dass sich die Bevölkerung wohl fühlte und jeder Bürger möglichst gerecht behandelt wurde. Daraus formulierte Friedrich zwei Leitbilder: den Erhalt und die Vergrößerung Preußens sowie das Streben nach den sprichwörtlichen preußischen Tugenden wie Aufrichtigkeit, Beschei­den­heit, Fleiß, Gerechtigkeitssinn, tolerante Gottes­furcht, Pflicht­be­wusst­sein, Pünktlichkeit, Treue und Zuverlässigkeit. Friedrich verkörperte seine Leitbilder in geradezu idealer Weise, wodurch sie Bestand hatten.

Friedrichs Volksnähe

Friedrich war eine Führungspersönlichkeit zum Anfassen. Er verschanzte sich nicht und verlor nicht den Kontakt zu den einfachen Leuten. Auf seinen zahlreichen In­spek­tion­sreisen hatte er ein offenes Ohr für die Sorgen und Wünsche der Bevölkerung. Es war ihm stets bewusst, dass er dem Staat und den Menschen dienen und ihre Bedürfnisse befriedigen musste. Die Motivation der Truppen stellte er dadurch sicher, dass er im Krieg selbst an vorderster Front mitkämpfte.

„Friedrich wollte stets über alles informiert sein. Allerdings wollte er keine Romane zu lesen bekommen.“

Friedrich stellte sich auch äußerlich kaum über andere Menschen. Er war stets in seiner abgewetzten Militäruniform unterwegs, gestaltete seine Pri­vatz­im­mer schlicht, vermied die Errichtung von Pracht­bauten und scheute sogar teure Reparaturen. In seiner Beschei­den­heit betonte er, ein König sei auch nur ein durch Zufall er­st­ge­borener Mensch. Gemäß einer Anekdote traf Friedrich in Berlin auf eine Ansammlung von Menschen. Sie scharten sich um eine Karikatur, die sich über den Geiz des Preußenkönigs lustig machte. Als er hinzutrat, schlug er den Leuten vor, das Bild niedriger zu hängen, damit sie sich nicht die Hälse verrenken müssten.

Friedrich als Stim­mungs­macher

Friedrich bemühte sich stets um ein positives „Be­trieb­sklima“. Schon als Kronprinz machte er die Erfahrung, wie sehr selbst kleine Gesten und Aufmerk­samkeiten die Stimmung heben und Dankbarkeit erzeugen können. Als er ein Regiment übernahm und seine Soldaten neu uniformiert wurden, hielt er einen Umtrunk am Lagerfeuer für angemessen. Unter großem Jubel animierte er die Soldaten, ihre alten Uniformen ins Feuer zu werfen. Er besaß das Talent, seine Leute aufzu­muntern, zu ermutigen und die positiven Seiten von Situationen her­vorzuheben. Ein Beispiel: Kurz nachdem Friedrichs Truppen in ein Dorf ein­marschiert waren, stürzte die Kirchen­glocke zu Boden, was die Soldaten als un­heil­volles Omen be­tra­chteten. Friedrich deutete das Ereignis kurzerhand um − und in­ter­pretierte den Fall der Glocke als deutliches Sinnbild für den Fall des Feindes.

Friedrichs Per­son­alpoli­tik

Um leistungsfähiges Personal für Armee, Land­wirtschaft und Handwerk zu rekrutieren, ließ Friedrich sich einiges einfallen. Er warb Soldaten feindlicher Armeen an und bot ihnen einen höheren Lebens­stan­dard und bessere Ernährung als im übrigen Europa. Arbeitskräfte lockte er ins Land, indem er viele neue Man­u­fak­turen gründete. Diese neuen Arbeiter sollten natürlich auch genug Lebensraum haben, deshalb ließ er Sumpfre­gio­nen entwässern und urbar machen, um dort zahlreiche Dörfer und Siedlungen errichten zu können.

„Friedrich war vor allem Klarheit ein Anliegen − auch und gerade im Justizwesen.“

Friedrich schätzte ziel­gerichtetes und sinnvolles Arbeiten und verlangte dies auch von seinen Un­tergebe­nen. Er duldete keine Ablenkungen und unnützen Tätigkeiten. Daher waren ihm Wankelmut, Halb­herzigkeiten und zu viel Bürokratie zuwider. Ihm war bewusst, dass der Vorgesetzte seinen Führungsstil dem Charakter der Gruppe oder des Volkes anpassen musste. Eine rebellische oder zu Intrigen neigende Gruppe benötigte seiner Meinung nach eine andere Führung als eine fried­fer­tige. Er bemühte sich, jeden nach seinen Talenten und Fähigkeiten einzusetzen und keinen zu über- oder zu un­ter­fordern. Einige Male pro Jahr traf Friedrich mit seinen Offizieren zu einer Art „Feed­back­ge­spräch“ zusammen.

Friedrichs Führungs- und Kom­mu­nika­tion­sstil

Eine Schwäche hatte Friedrich: Er konnte nicht delegieren, er wollte alle An­gele­gen­heiten selbst in die Hand nehmen oder zumindest kon­trol­lieren. Der positive Aspekt dabei war: Dank seines exzellenten Gedächtnisses war er über alles aus erster Hand informiert. Auch mit seinem autoritären Führungsstil würde er heute in Schwierigkeiten geraten. Aber er stachelte seine Generäle und Un­tergebe­nen zu her­aus­ra­gen­den Leistungen an, indem er ihnen vertraute und die kon­struk­tive Umsetzung seiner Ziele erwartete. Befördert wurde nur derjenige, der etwas leistete. Friedrich forderte von seinen Gesprächspartnern Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit. Er bevorzugte einen knappen und deutlichen Kom­mu­nika­tion­sstil. Wenn es um In­for­ma­tio­nen ging, wollte er keine Romane lesen. Er verlangte auch klare und verständliche Geset­zes­texte, die nicht verdreht werden konnten. Einmal schob er ein Todesurteil, das er un­terze­ich­nen sollte, auf, weil er das Ju­ris­ten-Latein nicht verstand.

Über den Autor

Peter Fidrich ist pro­movierter Ingenieur. Er arbeitete im Top­man­age­ment von IBM, Nixdorf und Siemens. Heute berät er Unternehmen wie BASF oder Deutsche Telekom.