Die Gewinner und Verlierer im globalen Wettbewerb

Buch Die Gewinner und Verlierer im globalen Wettbewerb

Warum Öko-Effizienz die Wettbewerbsfähigkeit stärkt: 44 Nationen im Test

Rüegger Verlag,


Rezension

Die Länder dieser Erde, und damit wir alle, verbrauchen zu viel Natur, um den Wohlstand und den Konsum aufrechtzuer­hal­ten. Wird die Umwelt zukünftig zu einem Kosten­fak­tor, können nur die Staaten erfolgreich sein, denen es gelingt, massvoll mit den Natur­re­ser­ven umzugehen. Diese These von Andreas Sturm, Mathis Wackernagel und Kaspar Müller wird durch ein­drucksvolles Zahlen­ma­te­r­ial verdeut­licht. Die graphischen Gegenüberstel­lun­gen der 44 in dieser Studie un­ter­suchten Länder zeigt, welche Position die einzelnen Nationen mit Blick auf ihre Beanspruchung der Umwelt und ihre Wet­tbe­werbsfähigkeit haben. Aber auch Lösungsansätze für die Durch­set­zung eines besonnenen Umgangs mit der Natur werden präsentiert. BooksInShort.​com empfiehlt diese kurze Studie allen, die Interesse an Themen im Span­nungs­feld zwischen Wirtschaft und Umwelt haben, aber auch Entschei­dungsträgern aus Wirtschaft und Politik, die mit dieser Analyse einen Ansatzpunkt zur Beurteilung der künftigen Stellung ihrer Wirtschaftspart­ner sowie der eigenen Position entwickeln wollen.

Take-aways

  • Nationen müssen beginnen, innerhalb ihrer ökologischen Kapazität zu wirtschaften, um im Wettbewerb bestehen zu können.
  • Vor allem Länder mit hohem Wohl­stand­sniveau beanspruchen durch ihre Kon­sumge­wohn­heiten zu viel Natur.
  • Mittels einer Öko-Ef­fizien­zs­trate­gie kann der Ressourcenver­brauch gesteuert und eingeschränkt werden.
  • Die Welt als Ganzes überschre­itet ihre ökologische Kapazität um 40 % und beeinträchtigt somit die Lebens­be­din­gun­gen künftiger Gen­er­a­tio­nen.
  • Wird Natur zum Kosten­fak­tor, stellt das für die ökologischen Schuldner einen Wet­tbe­werb­snachteil dar.
  • Eine Nation wirtschaftet effizient, wenn sie mit den Natur­re­ser­ven innerhalb ihrer ökologischen Grenzen massvoll "haushaltet".
  • Oft fehlen Ländern die fi­nanziellen Mittel und das Know-how für den moderaten Einsatz natürlicher Ressourcen im Sinne der Öko-Ef­fizien­zs­trate­gie.
  • Die Durch­set­zung globaler Umweltschutz­mass­nah­men verschafft öko-ef­fizien­ten Staaten einen Vorteil.
  • Europa, Japan und Kanada werden Gewinner des zukünftigen Wettbewerbs sein.
  • Die öko-ef­fizien­ten Länder sollten die in­ef­fizien­ten Staaten bei der Durch­set­zung eines steigenden ökologischen Wirkungs­grades unterstützen.
 

Zusammenfassung

Grundlagen der Studie

Da der Umweltaspekt für die Wirtschaft inzwischen zu einem bedeutenden Wet­tbe­werb­s­fak­tor geworden ist, wird dies ebenfalls mehr und mehr für die Konkurrenz zwischen Staaten gelten. Die wirtschaftliche Position eines Landes wird in Zukunft zum grossen Teil auch davon abhängen, inwieweit dessen Wohlstand innerhalb seiner ökologischen Kapazität er­wirtschaftet wird. Dies ist die Grenze, bis zu der wir Ressourcen verbrauchen können, ohne die Re­gen­er­a­tionsfähigkeit der Natur zu beeinträchtigen. Die 44 in dieser Studie analysierten Länder benötigen ca. 40 % mehr natürliche Ressourcen, als sie eigentlich zur Verfügung haben.

Nachhaltige Wet­tbe­werbsfähigkeit

Wenn künftigen Gen­er­a­tio­nen eine weitgehend intakte, natürliche Umwelt hin­ter­lassen werden soll, müssen Ressourcenver­brauch und Umwelt­be­las­tung so begrenzt werden, dass die Natur weiter die Möglichkeit hat, sich zu re­gener­ieren. Wirtschaft muss also auf Nach­haltigkeit angelegt sein. Auch die Konkurrenz zwischen den Staaten wird nachhaltig sein müssen. Bisher wurden Unternehmen vom Staat darin unterstützt, sich frei zu entfalten, um so ihre Wet­tbe­werbsfähigkeit zu erhalten. Der ökologische Aspekt war dabei unerheblich. In­folgedessen wurde die Kapazität der natürlichen Reserven der Erde weit überschrit­ten. Je intensiver sich der uneingeschränkte Verbrauch von Ressourcen aber fortsetzt, desto wichtiger wird der ve­r­ant­wor­tungsvolle Umgang mit der Natur künftig für die Wet­tbe­werbsfähigkeit werden.

„Die ökologischen Grenzen sind heute in vielen Bereichen erreicht, in anderen überschrit­ten.“

Die Öko-Ef­fizien­zs­trate­gie soll dieses Problem lösen. Sie beinhaltet den Erhalt des Wohlstandes mit möglichst geringem Ressourcenver­brauch. Da im 21. Jahrhundert ein weiterer Verbrauch und damit ein Mangel natürlicher Resourcen zu verzeichnen sein wird, wird die Natur selber zu einem Kosten­fak­tor. Staaten, die ihre ökologische Kapazität überschre­iten und zum Erhalt ihres Wohlstandes zu viel "Natur­vorkom­men" verbrauchen, werden im Wettbewerb nur schwer bestehen können. Zur Re­al­isierung von Nach­haltigkeit müssen diese Länder zunächst ihren Bestand an natürlichen Stoffen und deren Inanspruch­nahme und Verbrauch ermitteln. Dazu dienen folgende Instrumente:

Der ökologische Fussabdruck

Durch die Verwendung natürlicher Ressourcen belasten wir unsere Umwelt täglich mehr. Prob­lema­tisch wird dieses jedoch erst, wenn der Verbrauch die Möglichkeiten der Natur zur Selb­sterneuerung übersteigt. Der ökologische Fussabdruck ist die Masseinheit für den Verbrauch an Natur. Er doku­men­tiert, wie viel Natur nötig ist, um den Konsum weiterhin auf dem heutigen Stand zu halten. So brauchen Kanadier 7 Hektar Land, um ihren Konsum aufrechtzuer­hal­ten, Schweizer und Deutsche 5 Hektar. Tatsächlich betrug die ökologische Kapazität der gesamten Erde 1998 aber nur 2,2 Hektar pro Bewohner.

Ökologische Schuldner und ökologische Gläubiger

Stellen Sie ökologische Kapazität und ökologischen Fussabdruck in Relation, so erhalten Sie ökologische Gläubiger - also Nationen mit Ressourcen, die innerhalb ihrer Grenzen wirtschaften - und ökologische Schuldner, die mehr verbrauchen, als sie tatsächlich zur Verfügung haben. Während die ökologische Kapazität eines Landes feststeht, wird der ökologische Fussabdruck von Produktion, Konsum und der Bevölkerungszahl eines Landes beeinflusst. Die Welt als Ganzes verbraucht 40 % mehr Ressourcen, als ihr eigentlich zur Verfügung stehen, ist also ökologisch bereits im Soll. Deutschland, Japan, USA, Indien sowie Russland gehören u. a. zu den Schuldnern. Ihr Wohlstand gründet sich auf den ökologischen Reserven der Gläubigerländer und wird für die zukünftigen Gen­er­a­tio­nen zu einer zunehmenden Belastung werden. Zu den Ländern auf der Gläubigerseite zählen neben vielen anderen Brasilien, Chile, Schweden und Australien.

Breitfüssler, Schmalfüssler und Schw­ergewichte

Mass­ge­blichen Einfluss auf den ökologischen Fussabdruck hat der Verbrauch von Natur in Form von Produkten und Di­en­stleis­tun­gen durch die Bewohner eines Landes. Un­ter­schieden werden Breitfüssler als Nationen mit hohem Pro-Kopf-Ver­brauch, d. h. überdurch­schnit­tlich grossem Fussabdruck, und Schmalfüssler mit geringem Verbrauch. Vor allem Bewohner reicher Nationen haben einen grossen Fussabdruck. So ist der eines US-Amerikan­ers 13-mal grösser als der eines Inders. Die Bevölkerungszahlen zeigen darüber hinaus, welche Staaten die Übernutzung der natürlichen Kapazitäten verursachen: Schw­ergewichte - wie die USA, China, Russland und Indien - ve­r­ant­worten 50 % der weltweiten Fussabdrücke.

Die Nach­haltigkeit des Brut­toin­land­spro­dukts

Ein ökonomischer Aspekt der Nach­haltigkeit ist die BIP-Nach­haltigkeit­squote, die angibt, wie viel Prozent Brut­toin­land­spro­dukt (BIP) noch er­wirtschaftet werden kann, damit ein Land seine natürlichen Grenzen nicht überschre­itet. Die Quote der Schuldnerländer liegt hier bei über 100 %. Steigen die Kosten für den Zugriff auf ökologische Ressourcen, werden diese Staaten wirtschaftlich be­nachteiligt, die Gläubigerländer - mit einer BIP-Nach­haltigkeit­squote unter 100 % - profitieren von dieser Entwicklung. Gerade für Länder mit grossem Fussabdruck, niedriger Einkom­men­squote und geringer Wet­tbe­werbsfähigkeit können die Folgen fatal sein. Hierzu gehören die bevölkerungsstarken Nationen Indien und teilweise auch China.

Nachhaltige Wet­tbe­werbsfähigkeit von Nationen

Nachteile im Wettbewerb werden die ökologischen Schuldner haben sowie jene Länder, die mit den natürlichen Ressourcen unrationell umgehen. Die Nationen lassen sich je nach Wet­tbe­werbsfähigkeit in vier Kategorien ordnen:

  1. Die Grünen Bullen sind wet­tbe­werbsfähige ökologische Gläubiger. Dazu zählen aufgrund ihrer niedrigen Ein­wohn­erzahl Kanada, Australien und Schweden. Auch Indonesien und Malaysia gehören infolge ihres geringen Einkom­men­sniveaus zu dieser Gruppe, laufen jedoch Gefahr, mit steigendem Wohlstand und damit zunehmendem Ressourcenver­brauch zu ökologischen Schuldnern zu werden.
  2. Zu den Grünen Bären zählen Peru, Brasilien, Kolumbien und Argentinien. Sie haben natürliche Ressourcen, sind aber nicht wet­tbe­werbsfähig. Sollten sie jedoch schon heute ihre Ressourcen über die Massen ausbeuten, reduzieren sie ihr zukünftiges Potenzial. Im Wettbewerb werden diese Nationen zukünftig eher zu den Verlierern zählen.
  3. Schwarze Bullen sind Nationen, die über ihre ökologischen Reserven hinaus wirtschaften, dabei aber wet­tbe­werbsfähig sind. Hierzu zählen die westlichen Industrieländer, z. T. die asiatischen Tiger­staaten und China. Solange diese Länder ihre Ressourcen aus Drittländern zu einem Preis beziehen können, der den tatsächlichen Kosten nicht entspricht, ist dies noch un­prob­lema­tisch. Jedoch werden diese Länder in immer stärkere Abhängigkeit von Gläubigerländern geraten.
  4. Am schlecht­esten ist die Situation der Schwarzen Bären. Sie sind nicht wet­tbe­werbsfähig, wirtschaften oberhalb ihrer ökologischen Kapazität und haben ein niedriges Wirtschaft­sniveau. Hierzu zählen u. a. die Staaten des ehemaligen Ostblocks, Indien und Italien. Es ist davon auszugehen, dass diese Länder erhebliche Schwierigkeiten haben werden, die An­forderun­gen der Nach­haltigkeit zu erfüllen. Gerade sie benötigen eine Steigerung der Öko-Ef­fizienz.

Öko-Ef­fizienz-Sprinter und Öko-Ef­fizienz-Schle­icher

Öko-Ef­fizienz zeigt, wie viel Umwelt eine Nation zur Aufrechter­hal­tung ihres Wohlstandes benötigt. Von Bedeutung wird dies, wenn die Beanspruchung von Natur künftig finanzielle Aspekte nach sich ziehen wird. Industrieländer haben eine hohe Öko-Ef­fizienz, sind somit Öko-Ef­fizienz-Sprinter, die wenig Natur zur Herstellung einer BIP-Einheit verbrauchen. Ausnahme ist die USA, die mit den drei anderen Schw­ergewichten sowie den ehemaligen Os­t­block­staaten zur Gruppe der Öko-Ef­fizienz-Schle­icher gehört, die viel Natur für ihr BIP benötigen. Da jedoch auch die Öko-Ef­fizienz-Sprinter ihre Kapazität überschre­iten, wird deutlich, dass kein Land für die Zukunft wirklich gerüstet ist. Im Wettbewerb werden die Sparsamen den Ver­schwen­derischen überlegen sein und, sobald die Natur auch ihren Preis hat, diejenigen mit Ressourcen denen ohne Ressourcen.

„Ziel ist es, den nach­fol­gen­den Gen­er­a­tio­nen einen Naturkap­i­tal­stock zu übergeben, welcher ihre Ent­fal­tungsmöglichkeiten, verglichen mit der vorherigen Generation, nicht einschränkt.“

Grüne Ef­fizienz-Sprinter leben effizient unter ihrer Kapazitätsgrenze. Hierzu zählen die skan­di­navis­chen Länder, Kanada und Frankreich. Sie erfüllen die An­forderun­gen, um im zukünftigen Wettbewerb zu bestehen. Sollte sich der Fussabdruck dieser Länder durch Wirtschafts- oder Bevölkerungswach­s­tum jedoch vergrössern, laufen sie Gefahr, zum ökologischen Schuldner zu werden, wenn sie nicht gle­ichzeitig ihre Öko-Ef­fizienz steigern.

„Für ökologische Schuldner (wie beispiel­sweise die Schweiz) wird die ökologische Schuld zu einer immer grösseren wirtschaftlichen Gefahr.“

Die schwarzen Ef­fizienz-Sprinter leben effizient über ihre Kapazität. Dies sind die Länder der EU, Japan und Singapur. Sie haben gute Chancen im künftigen Wettbewerb, da sie die Basis für eine hohe Öko-Ef­fizienz bereits geschaffen haben.

Die Ländergruppe der grünen Ef­fizienz-Schle­icher lebt ineffizient unter ihrer Kapazität. Für Australien, Neuseeland oder Irland stellt dies zwar kein Problem dar, wohl aber für Länder wie Indonesien, Malaysia oder Peru. Deren Wirtschaftswach­s­tum kann nicht mit höherer Öko-Ef­fizienz erreicht werden, da nicht nur die fi­nanziellen Möglichkeiten und das Know-how fehlen, sondern diese Länder auch gezwungen sind, ihre Ressourcen auszubeuten, um im heutigen Wettbewerb zu bestehen. Die Schwarzen Ef­fizienz-Schle­icher leben dagegen ineffizient oberhalb ihrer natürlichen Reserven. Hierzu zählt auch die USA. Länder wie Ägypten, Ungarn oder Russland werden im zukünftigen Wettbewerb nicht bestehen können.

Öko-Ef­fizienz und Wet­tbe­werbsfähigkeit

Bislang hat es noch keinen Einfluss auf die Wet­tbe­werbsfähigkeit eines Landes, ob es seine ökologische Kapazität überschre­itet, wie gross sein Fussabdruck ist und wie öko-ef­fizient das Land wirtschaftet. In Zukunft wird jedoch eine niedrige Öko-Ef­fizienz negativen Einfluss auf die Wet­tbe­werbsfähigkeit haben. Öko-Ef­fizienz ist steigende Wet­tbe­werbsfähigkeit bei gle­ichzeit­iger Schonung der Umwelt. Sie ist ins­beson­dere in europäischen Ländern, in Japan und Singapur ausgeprägt. Ihnen sollte daran gelegen sein, weltweit kosten­wirk­same Umweltschutz­mass­nah­men durchzuset­zen, da sie dadurch ihre Wet­tbe­werbsfähigkeit ausbauen könnten. Nationen mit hoher Öko-Ef­fizienz sind zumeist schon heute sehr wet­tbe­werbsfähig. Dieser Gruppe stehen die ineffizient wirtschaf­ten­den Staaten gegenüber. Nur Länder mit grossen Natur­re­ser­ven oder hohem Wohlstand können sich aber heute noch diese Ineffizienz leisten. Länder Europas, Japan und Kanada werden hingegen als Gewinner aus der zukünftigen Wet­tbe­werb­sen­twick­lung hervorgehen.

Ausblick: Umwelt­strate­gien an der Wende zum nächsten Jahrtausend

Die Position einer Nation in dieser Studie kann als Basis für eine Neuori­en­tierung dienen. Das Mass ist dabei die verfügbare ökologische Kapazität. So können produktive Flächen vergrössert und deren Zerstörung beendet werden, die Bevölkerungszu­nahme sollte begrenzt, der Konsum reduziert und die ökologische Effizienz gefördert werden. Oft ist hierfür eine globale Kooperation er­forder­lich. Da abzusehen ist, dass ökologische Reserven künftig zum Kosten­fak­tor werden, sollten die öko-ef­fizien­ten Schuldner schon heute den in­ef­fizien­ten Staaten - und nicht nur jenen mit Ressourcen - zu mehr Effizienz verhelfen. Die Einführung von Rechten zur Beanspruchung der Umwelt ist eine Möglichkeit, Ineffizienz und Überschre­itung der Öko-Kapazität zu steuern. Auf diese Weise kann jedes Land so viel Natur beanspruchen, wie es benötigt, muss aber für den Verbrauch, der über seine Rechte hinausgeht, die Gläubigerländer entschädigen.

Über die Autoren

Dr. Andreas Sturm ist seit 1992 Partner der Ellipson AG. Er hatte ver­schiedene Lehrtätigkeiten und Lektorate in der Schweiz und in Thailand inne. Dr. Mathis Wackernagel ist seit 1995 Professor an der Universität Anáhuac de Xalapa in Veracruz. Er ist dort Leiter des Zentrums für Nach­haltigkeitsstu­dien. Kaspar Müller ist seit 1990 Gründungsmit­glied und Partner der Ellipson AG. Mitte der achtziger Jahre begann er mit den ersten umwelt­be­zo­ge­nen Arbeiten.