Warren Buffett

Buch Warren Buffett

Das Leben ist wie ein Schneeball

FinanzBuch,
Auch erhältlich auf: Englisch


Rezension

Wer ist Warren Buffett? Der reichste Mann der Welt, klar. Aber wie wurde er so reich? Wer waren die Menschen in seiner Nähe? War er beliebt bei seinen Klassenkam­er­aden? Solche Fragen beantwortet Alice Schroeder in ihrer rund 1300 Seiten dicken Lebens­geschichte des mil­liar­den­schw­eren Investors. Wer das hundertste Buch über Buffetts An­lages­trate­gien erwartet, wird enttäuscht sein. Hier geht es tatsächlich zuallererst um den Menschen Buffett. Schroeder ist ein großer Wurf gelungen: Sie hat die ultimative Biografie über das „Orakel von Omaha“ geschrieben und jongliert souverän mit Details über den geschäftsmäßigen und den privaten Warren Buffett. „Wenn Sie mehrere Versionen einer Episode hören, nehmen Sie immer die weniger schme­ichel­hafte Version“, hatte Buffett seine Biografin angewiesen. Allzu oft musste sie sich diesen Hinweis of­fen­sichtlich nicht zu Herzen nehmen. Ihr Porträt ist sympathisch, de­tail­ver­liebt, ausufernd, dabei aber an keiner Stelle langweilig. Eine der besten Busi­ness­bi­ografien seit Langem, meint BooksInShort.

Take-aways

  • Warren Buffett verdiente sein erstes Geld mit dem Verkauf von Kaugummipäckchen.
  • Schon mit zehn Jahren träumte er davon, Millionär zu werden.
  • In seiner Jugend entwickelte er seine Tugenden: Sparsamkeit, ein intuitiver Umgang mit Zahlen und Wahrschein­lichkeiten und ein Sinn für den Zinseszins- oder Schnee­ball­ef­fekt.
  • Bei Benjamin Graham erlernte er die Methoden der Fun­da­men­ta­l­analyse und per­fek­tion­ierte damit sein In­vest­men­tkonzept.
  • Buffetts Methode: Un­ter­be­w­ertete Unternehmen finden und deren Anteile kaufen, sie zu voller Blüte bringen und dann die Anteile teuer verkaufen.
  • Buffetts erstes In­vest­men­tun­ternehmen fuhr Renditen von durch­schnit­tlich 30 % ein.
  • 1969 wandelte er das marode Tex­tilun­ternehmen Berkshire Hathaway in die Holding seiner In­vest­ment­ge­sellschaften um.
  • Die goldene Regel Buffetts lautet: „Investiere niemals in Unternehmen, deren Geschäft du nicht verstehst!“
  • Im Sommer 2006 verkündete Buffett, dass er den Großteil seines Vermögens an wohltätige Or­gan­i­sa­tio­nen spenden würde.
  • Im Jahr 2008 führte er die Liste der reichsten Männer der Welt an.
 

Zusammenfassung

Die Speku­la­tions­blase

Die Reporter sind wie immer zur Stelle, als Warren Buffett im Juli 1999 seinen privaten Gulf­stream-IV-Jet verlässt. Er besucht eine Konferenz in Sun Valley, die sich mit den Geschäfts- und In­vesti­tionsmöglichkeiten des Internets beschäftigt. Die Presseleute mögen Buffett. Er wirkt einfach, solide, normal. Er ist immer freundlich, höflich und schenkt ihnen das Lächeln eines Großvaters. Dabei ist dieser Mann eine In­vest­mentle­gende, bekannt als das „Orakel von Omaha“, und einer der reichsten Männer der Welt. Er besitzt fünf Häuser, Anteile an einer ganzen Flotte von Privatjets und hat es sogar irgendwie geschafft, zwei Frauen parallel zu haben.

„Über die ersten Buffetts in den USA weiß man nicht viel mehr, als dass sie Farmer waren.“

Auf dem Kongress in Sun Valley spielt Buffett das Menetekel an der Wand: Er warnt die hochkarätigen Investoren und Mul­ti­mil­lionäre davor, den Aktienboom der vergangenen Jahre in die Zukunft fortzuschreiben. Man spottet über ihn, weil er von In­ter­ne­tun­ternehmen die Finger lässt, obwohl die ganze Welt heiß darauf ist. Doch Buffett soll recht behalten: Für ihn ist das Platzen der Speku­la­tions­blase schon früh greifbar. Dafür hat er seine „innere Anzeigetafel“, wie er es nennt.

Kinderjahre eines Spekulanten

Auch wenn seine Vorfahren in den USA vermutlich einfache Farmer waren, wurde Warren Buffett die Lei­den­schaft für Geldgeschäfte bereits in die Wiege gelegt. Sein Vater Howard Buffett war Aktienhändler bei der Union State Bank in Omaha, Nebraska. 1927 stieg er in das Geschäft mit Wert­pa­pieren ein, und zwar zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Der Schwarze Donnerstag, der 24. Oktober 1929, vernichtete an einem Tag satte 14 Milliarden Dollar. Howard wusste nicht, wie er seine Familie, darunter den am 30. August 1930 geborenen Warren, ernähren sollte.

„Warren war bereits als Kind vorsichtig.“

In seiner Verzwei­flung gründete er selbst eine In­vest­ment­firma – und hatte damit Erfolg. Während überall das Vertrauen in Banken und Wertpapiere schwand, gelang es Howard Buffett, die Gelder von Freunden und Bekannten in sichere Investments zu stecken. Der Gründungsmythos und die Fam­i­lien­le­gende der Buffetts waren geboren.

„Die ersten paar Cents, die Warren Buffett je verdiente, kamen aus dem Verkauf von Kaugummipäckchen.“

Der kleine Warren ist ein in­tro­vertiertes Kind, das sich stundenlang mit einer Zahnbürste beschäftigen kann. Als er laufen lernt, ist er sehr vorsichtig, und diese Um­sichtigkeit behält er auch in seiner Jugend bei. Er hat eine Schwäche für Zahlen und Wahrschein­lichkeiten. Zum Beispiel stoppt er die Zeit, die eine Murmel braucht, um in den Ausfluss der gefüllten Badewanne zu rollen. In der Kirche berechnet er aus den Geburts- und Sterbedaten der Kirchen­musiker im Gesangbuch, ob sie länger als der Durch­schnitt der Bevölkerung gelebt haben. Die Schule ist für Warren zunächst eine willkommene Abwechslung, später langweilt sie ihn. Sportlichen Wettkämpfen weicht er aus. Obwohl er immer darum bemüht ist, von allen gemocht zu werden, scheint der kleine Warren oft ein einsames, verlorenes Kind zu sein.

Das erste Mal an der Börse

Warren entwickelt eine Sam­mellei­den­schaft für Briefmarken und Flaschen­ver­schlüsse. Am liebsten jedoch sammelt er Geld. Damit fängt er im Alter von sechs Jahren an. Er kauft im Laden seines Großvaters Kaugummipäckchen und verkauft sie mit Gewinn in der Nach­barschaft. Im Sommer besorgt er sich Pakete mit Cola und verkauft die Einzelflaschen an den Türen der Nachbarn oder am Strand, wenn er mit seinen Eltern zum Lake Okabiji nach Iowa fährt. Sechs Flaschen werfen fünf Cents Gewinn ab. Als Teenager zieht er sogar ein Geschäft mit Flip­per­auto­maten auf, die er gebraucht kauft und in den Friseur­sa­lons der Stadt aufstellt.

„Warren dachte immer und überall an Zahlen, sogar in der Kirche.“

Als Warren zehn Jahre alt ist, nimmt ihn sein Vater mit an die Ostküste. In New York will Warren unbedingt die Börse besuchen. Zuvor lernt er den In­vest­ment­banker Sidney Weinberg von Goldman Sachs kennen. Dieser weckt im kleinen Mann die Lust auf Ak­tien­speku­la­tio­nen. Für Warren Buffett sind dies ein­schnei­dende Erlebnisse: Die Börse, so meint er, muss wahre Ströme von Geld über diejenigen ausschütten, die wissen, wie das Spiel funk­tion­iert. Er will einer davon werden.

Eine Welt voller Schnee

Mit 35 die erste Million: Diesen Vorsatz fasst Warren Buffett im Alter von zehn Jahren, ermuntert durch ein Buch, das 1000 Möglichkeiten verspricht, 1000 $ zu verdienen. Es macht ihn vor allem auf den Zins­eszin­sef­fekt aufmerksam: Mit 1000 $, die eine Rendite von 10 % bringen, könnte man in fünf Jahren 1600, in zehn Jahren knapp 2600 und in 25 Jahren mehr als 10 800 $ verdienen. Warren sieht vor seinem geistigen Auge Geld auftauchen, das sich wie ein Schneeball vermehrt, der einen Hang hi­n­un­ter­rollt. Die Welt ist voller Schnee. Und sein Schneeball würde der größte werden!

„Als er bei seinem Freund Stu Erickson auf der Veranda saß, verkündete Warren, er werde mit 35 Jahren Millionär sein.“

1947 schließt Warren die Highschool ab. Unter seinem Ab­schlussfoto steht „zukünftiger Aktienhändler“. Seine Eltern reservieren für ihn eine Stu­den­ten­bude an der Wharton Business School, wo er seinem Zim­mer­nach­barn mit seiner un­be­holfe­nen Schlampigkeit auf den Wecker geht.

Im Anschluss an seine Zeit an der Wharton School geht Buffett an die Columbia Universität in New York. Hier macht er 1951 seinen Abschluss. Danach kehrt er nach Nebraska zurück, um in der Firma seines Vaters zu arbeiten. In Omaha erprobt er seine – dem Er­fol­gstrainer Dale Carnegie abgeschauten – Fähigkeiten der Kom­mu­nika­tion, indem er einen Abendkurs an der Universität von Omaha anbietet. Das Thema: Profitables Investieren.

„Mit Mädchen hatte Warren immer große Probleme gehabt.“

Buffett will nicht nur Investor, sondern auch Lehrer sein, wie sein großes Vorbild Benjamin Graham, bei dem er an der Universität Vorlesungen gehört hat. Privat ändert sich viel für den schüchternen jungen Mann: 1952 heiratet er seine große Liebe Susan Thompson. Mit ihr hat er in kurzer Folge drei Kinder.

Das Buf­fett-Im­perium

Im August 1954 wird für Warren ein Traum wahr: Er übersiedelt mit seiner kleinen Familie nach New York und nimmt bei seinem ehemaligen Lehrer Graham einen Job als Analyst an. Innerhalb der folgenden Monate steigt Warren zu einem poten­ziellen Partner von Graham und dessen Kompagnon Jerry Newman auf.

„Dale Carnegie hatte gesagt, man müsse den Menschen einen guten Ruf geben, dem sie dann gerecht werden könnten, und Buffett hatte aus diesem Ratschlag seine Lehren gezogen. Er war ein Meister des Carnegisierens.“

Mit Hingabe hängt er sich in schwierige Ar­bi­trage-Geschäfte und kaum jemand kann sich mit seinem Instinkt und seinem Zahlenverständnis messen. Kein Wunder, dass Graham dem 26-Jährigen einen Einstieg ins Unternehmen anbietet. Allerdings will der Firmengründer selbst aussteigen, den Job an den Nagel hängen und sein Leben genießen. Obwohl ihm das Angebot schmeichelt, lehnt Warren ab. Mit einem Vermögen von 174 000 $ kehrt er nach Omaha zurück und will sich „zur Ruhe setzen“.

„Er war nicht dafür geschaffen, mit einem Partner zusam­men­zuar­beiten – am aller­wenig­sten als der Ju­nior­part­ner von ir­gend­je­man­dem.“

Anders ausgedrückt: Er macht eine eigene In­vest­ment­ge­sellschaft auf, die nach der bei Graham prak­tizierten Fun­da­men­ta­l­analyse Aktien bewertet und handelt. Das Prinzip: Un­ter­be­w­ertete Firmen finden, investieren und schließlich absahnen.

Buffett Associates gelingt es, in den kommenden Jahren eine Rendite von durch­schnit­tlich 30 % zu erzielen. Warren wirbt Investoren im Bekan­ntenkreis an, darunter seine Schwester und seinen Schwiegervater. Er steckt die Hälfte der Gewinne jenseits von 4 % als Man­age­ment­gebühr in die eigene Tasche, übernimmt aber auch ein großes Risiko für Verluste. Zu der ersten Firma kommen weitere Part­nerge­sellschaften hinzu, die aufgrund Buffetts guter Entschei­dun­gen hoch­prof­ita­bel arbeiten.

„Der Zinseszins, dieser massive Motor, arbeitete für ihn mit ex­po­nen­tiellem Tempo und unter dem strengen, doch zunehmend wohlwol­len­den Blick der Öffentlichkeit.“

Warren rechnet immer mit der Zukunft. Wenn er eine bestimmte Summe betrachtet, kann er es nicht lassen, sich zu überlegen, was diese Summe in 15, 20 oder 25 Jahren Wert sein wird. Das führt zu endlosen Diskus­sio­nen mit seiner Frau, die drei Kinder zu betreuen und ihr erstes eigenes Haus einzurichten hat. Warrens Aussage „Will ich wirklich 30 000 $ für eine neue Frisur zahlen?“ bringt sein fortwährendes Denken an den Zinseszins auf den Punkt.

„Buffett schwang mit rück­sicht­sloser Akribie den Säbel; Wirtschaft­sprüfer gingen in Deckung; Vergütungsausschüsse murmelten, der Kerl solle doch einfach den Mund halten, statt die überzogenen Boni öffentlich zu machen.“

Das Leben ist immer noch ein Schneeball für ihn. In Haushalts­din­gen und im Umgang mit den eigenen Kindern bleibt Warren ein blutiger Anfänger: Nie spielt er freiwillig mit den Kleinen, und als sich seine Frau einmal schlecht fühlt und sich übergeben muss, bringt er ihr ein Sieb statt einer Schüssel.

Investieren mit eisernen Regeln

Zu Beginn des Jahres 1962 vereinigt Buffett alle einzelnen Per­so­n­enge­sellschaften zu seinem neuen Unternehmen Buffett Partnership Ltd. Er hat sein Ziel erreicht, ist Millionär, managt rund 7,2 Millionen Dollar und ist sogar er­fol­gre­icher als sein Lehrer Graham. Nun geht er auch daran, ganze Unternehmen zu kaufen, darunter den Tex­til­her­steller Berkshire Hathaway. Das Unternehmen macht ihm Schwierigkeiten. 1966 will er es verkaufen, findet aber keinen Abnehmer im Kreis seiner Vertrauten. Um das Unternehmen nicht länger künstlich am Leben erhalten zu müssen, schließt er die Fabriken, entlässt alle Mitarbeiter und wandelt es 1969 zur Holding seiner neuen In­vest­ment­ge­sellschaft um.

„Buffett schien zu gedeihen wie eine Weinrebe, während er allmählich in überlebens­große Dimensionen hineinwuchs.“

Buffett fügt zwei Regeln zum Kanon seiner persönlichen In­vesti­tion­s­ge­setze hinzu: Er will die Finger von Unternehmen lassen, deren Geschäft er nicht versteht – und dazu gehört fast der gesamte Tech­nolo­giesek­tor. Er will außerdem in kein Unternehmen mehr investieren, bei dem „schw­er­wiegende menschliche Probleme“ aufkommen können. Damit meint er Streiks, Fab­rikschließungen, Masse­nent­las­sun­gen.

„Balzac sagte einmal, dass hinter jedem großen Vermögen ein Verbrechen steckt. Auf Berkshire trifft das nicht zu.“ (Waren Buffet)

Menschliche Probleme gibt es auch in Warrens Privatleben: Nachdem sein Vermögen auf zehn Millionen Dollar angewachsen ist, misstraut seine Frau seiner früheren Aussage, dass er ab dieser Marke kürzer treten will. 1977, als Buffett so erfolgreich ist, dass er ein Vermögen von über 70 Millionen angehäuft hat, und ungeachtet seiner schwachen Kon­sti­tu­tion immer noch nicht zurückstecken will, trifft Susan eine Entschei­dung. Sie trennt sich räumlich von ihrem Mann, zieht nach San Francisco, startet eine Karriere als Sängerin und hat auch nichts dagegen, dass sich fortan die 32-jährige Astrid Menks um ihren Mann kümmert und bei ihm einzieht.

Der reichste Mann der Welt

Zu diesem Zeitpunkt ist Buffett längst kein unbekannter In­vest­ment­man­ager aus Nebraska mehr. Anfang der 70er Jahre veröffentlicht der Fi­nanzbuchau­tor George Goodman ein Buch mit dem Namen Supermoney und widmet Buffett darin ein eigenes Kapitel, in dem dieser außeror­dentlich positiv dargestellt wird. Plötzlich ist er innerhalb der Szene eine Berühmtheit. Seinen 50. Geburtstag feiert er im Met­ro­pol­i­tan Club in New York. Der Wert von Berkshire Hathaway ist seit der Ausgabe der Aktien zu 43 $ auf 375 $ pro Aktie gewachsen. Doch es soll noch weiter aufwärts gehen. Bis 1991 wächst Buffetts Vermögen auf 3,8 Milliarden Dollar.

Noch stolzer als auf seinen Reichtum ist Buffett auf seine gute Reputation. Dass er als bodenständig und vertrauenswürdig gilt, kommt ihm zugute, als er Anfang der 90er Jahre die In­vest­ment­bank Salomon Brothers als In­ter­ims­man­ager aus einer ernsten Krise führt. Zu diesem Zeitpunkt ist Berkshire Hathaway mit immerhin 700 Millionen Dollar an der Bank beteiligt.

Im Jahr 2004 stirbt Buffetts Frau an einer Hirnblutung. Zwei Jahre später heiratet er Astrid Menks. Im Sommer 2006 gibt er bekannt, dass er in den kommenden Jahren 85 % seiner Berk­shire-An­teile an Stiftungen spenden will. Anlässlich der Finanzkrise von 2008 sagte er eine tiefe und lange Rezession voraus. Ebenfalls 2008 erstürmt Buffett die Spitzen­po­si­tion der Rangliste der reichsten Männer der Welt. Der Traum des kleinen Jungen ist wahr geworden. Sein Schneeball hat gigantische Ausmaße angenommen.

Über die Autorin

Alice Schroeder ist Analystin in der Ver­sicherungs­branche und Geschäftsführerin bei Morgan Stanley.