Up- und Cross-Selling

Buch Up- und Cross-Selling

Mehr Profit mit Zusatzverkäufen im Kundenservice

Gabler,


Rezension

Wo und wie lassen sich im Unternehmen zusätzliche Einkünfte realisieren? Ganz klar: Im Callcenter, meint die Autorin. Ihr Buch engt den Fokus noch etwas ein: auf das klassische Ser­vice-Call­cen­ter. Es geht also um Verkauf­schan­cen, die sich im direkten Kontakt mit den anrufenden Kunden ergeben. Untermauert werden die Ausführungen von zahlreichen Beispielen aus dem Call­cen­ter-All­tag, den die Autorin als ehemalige Agentin und jetzige Beraterin aus dem Effeff kennt. Trotzdem hat man bei der Lektüre hin und wieder das Gefühl, wenig Neues und vor allem wenig Konkretes zu lesen. Als Praxistipps werden z. T. Allgemeinplätze verkauft wie: „Die direkte Nach­haltigkeit soll direkt durch die Führungskraft unterstützt werden.“ Neben solchen For­mulierun­gen muss man auch noch einige unnötige Anglizismen ertragen, etwa „Job-En­rich­ment“ oder „Mind-Change“. Gut ist hingegen die Gliederung des Buches: Zahlreiche Aufzählungen, Hinweis-Kästchen, extra aus­gewiesene Tipps und Beispiele beschle­u­ni­gen die Lektüre. Wer fürs Erste einen groben Überblick zur Thematik sucht, ist mit diesem Buch trotz allem gut bedient, meint BooksInShort.

Take-aways

  • Beim Up- und Cross-Sell­ing wird einem Hot­line-An­rufer ein höherwertiges oder ergänzendes Produkt angeboten.
  • Studien zeigen, dass damit bis zu 60 % Mehrumsatz möglich sind.
  • Besonders für leicht zu erklärende Produkte bieten sich Zusatzverkäufe an.
  • Machen Sie aus Ihrem In­bound-Call­cen­ter ein Sales-Cen­ter.
  • Viele In­bound-Agen­ten scheuen den Verkauf aus Angst, damit gute Kunden zu ver­schrecken.
  • Stellen Sie klar, wer wann verkaufen soll und wer nicht. Damit vermeiden Sie Un­sicher­heit.
  • Stimmt ein Kunde den Erläuterungen des Verkäufers zu oder fragt er nach Einzel­heiten, sind das klare Kaufsignale. Hier gilt es einzuhaken.
  • Un­ter­bre­iten Sie Ihr Angebot in drei Schritten: Produkt nennen, Nutzen erklären, Meinung des Kunden erfragen.
  • Die Qualität lässt sich sehr gut durch Mys­tery-Calls und Coaching „on the job“ sichern.
  • Klare Ziele und Wertschätzung sind die beste Mi­tar­beit­er­mo­ti­va­tion.
 

Zusammenfassung

Etwas mehr geht immer

Verkäufer haben es nicht leicht: Die Märkte sind gesättigt, die Konsumenten skeptisch, und neue Kunden zu gewinnen, kostet sehr viel Geld. Immer mehr Unternehmen gehen deshalb dazu über, bestehenden Kunden zusätzliche Produkte oder Leistungen zu verkaufen. Damit bieten sich auch für In­bound-Call­cen­ter, also solche, die sich auf die Beant­wor­tung eingehender Telefonate spezial­isiert haben, neue Um­satzchan­cen. Up- und Cross-Sell­ing nennt man diese Zusatzverkäufe. Beim Up-Selling verkaufen Sie dem Kunden ein höherwertiges Produkt als das, was er bei Ihnen bereits erworben hat. Beim Cross-Sell­ing bieten Sie dem Kunden ein Produkt aus einer anderen Pro­duk­tkat­e­gorie an.

„Viele Unternehmen haben erkannt, dass das Wach­s­tumspoten­zial nicht nur in der Neukun­de­nakquise, sondern vor allem bei den bestehenden Kunden liegt.“

Dass sich die Gewin­n­chan­cen durch Zusatzverkäufe erhöhen lassen, zeigen aktuelle Studien. So kaufen laut einer Erhebung des Magazins „Sales Profi“, die bei Abnehmern von Industriegütern durchgeführt wurde, nur 30 % der Kunden mehr als eine Pro­duk­tkat­e­gorie bei ihrem Lieferanten, dies, obwohl mehr als 60 % grundsätzlich dazu bereit wären. Ein aktuelles Forschung­spro­jekt für Di­en­stleis­tun­gen- und Tech­nolo­giemar­ket­ing der TU München prog­nos­tiziert für Telekom­mu­nika­tion­sun­ternehmen mögliche Zuwach­sraten von 60 % durch Up- und Cross-Sell­ing. Mit den alten Methoden können die allerdings nicht realisiert werden. Seriöse Beratung und fairer Verkauf sind unabdingbar. Nicht mehr zeitgemäß, sogar verpönt ist das Verkauf­s­ge­spräch auf der „Ja-Schiene“. Dabei werden Kunden mit Sug­ges­tiv-Fra­gen zu Ja-Antworten gezwungen, in der Hoffnung, dass sie dann bei der entschei­den­den Frage ebenfalls positiv reagieren. Fair ist anders: Es bedeutet, den Blickwinkel des Kunden einzunehmen, ihm das Produkt engagiert zu präsentieren und ihn dann entscheiden zu lassen.

Von optimaler Abstimmung profitieren

Je nach ihrer Or­gan­i­sa­tion sind Callcenter besser oder schlechter für Zusatzverkäufe geeignet. Out­bound-Call­cen­ter werden in der Regel von einem Di­en­stleis­ter mit mehreren Auf­tragge­bern betrieben. Die Mitarbeiter sind auf den Verkauf spezial­isiert und stehen oft unter sehr hohem Druck, den sie in Gesprächen auch an die Kunden weitergeben. Anders die Mitarbeiter von In­bound-Call­cen­tern. Sie bieten meist Service, Support und Beratung an, sind mehr auf Unterstützung als auf Verkauf aus­gerichtet. Ideal ist eine Mischform, ein Out- und In­bound-Call­cen­ter, bei dem die beiden Bereiche jedoch getrennt bleiben und die Mitarbeiter jeweils nur im einen oder anderen tätig sind. Fast die Hälfte aller Callcenter sind In­house-Call­cen­ter, die in den un­ter­schiedlich­sten Varianten existieren. Mal erledigen sie In- und Out­bound-Auf­gaben und beauftragen zusätzlich einen externen Di­en­stleis­ter. Oder sie übernehmen Support und Beratung, während ein externes Callcenter den Out­bound-Bere­ich übernimmt.

Ein Sechs-Phasen-Plan

Die er­fol­gre­iche Einführung von Up- und Cross-Sell­ing in Ihrem Callcenter erfolgt in sechs Phasen:

  1. Pilotphase: In dieser Phase klären Sie, welche Produkte via Telefon verkauft werden können und wie die Kunden dafür ange­sprochen werden müssen. Planen Sie eine ein- bis drei­monatige Pilotphase, in der zunächst nur ein paar Agenten Zusatzverkäufe tätigen. Dabei werden sie von einem Pilotteam begleitet, bestehend aus Call­cen­ter-Leitung, Teamleitung, Agenten, Trainer, IT und Ver­trieb­s­fach­leuten. Für ein re­al­is­tis­ches Ergebnis sollten Sie verkauf­sstarke mit -schwächeren Mi­tar­beit­ern mischen.
  2. Prioritäten: Im In­bound-Bere­ich hat das Ent­ge­gen­nehmen der eingehenden Anrufe üblicher­weise höchste Priorität. Das muss nicht so sein. Wenn Sie das Up- und Cross-Sell­ing in den Vordergrund stellen wollen, dann kom­mu­nizieren Sie diese Prämisse deutlich! Stellen Sie klar, ob während be­ratungsin­ten­siven Zeiten verkauft werden soll oder nicht.
  3. Qual­i­fika­tion: Qual­i­fizieren sollten Sie Ihre Mitarbeiter und Führungskräfte schon vor Beginn der Verkauf­sak­tivitäten. Gerade In­bound-Agen­ten müssen mit dem Handw­erk­szeug für Verkauf ausgerüstet werden. Führungskräfte, als Vorbilder, müssen selbstverständlich auch fit gemacht werden. Am besten ist es, wenn die Trainingsmaßnahmen gleich bei ihnen beginnen.
  4. Stabstelle: Up- und Cross-Sell­ing berührt ver­schiedene Un­ternehmens­bere­iche. Zur Ko­or­dinierung ist eine Stabsstelle nötig.
  5. Controlling: Formulieren Sie klare Ziele und legen Sie Parameter zur Er­fol­gsmes­sung fest. Anfangs sollten die Ergebnisse wöchentlich mit den Beteiligten ausgewertet werden. Zu den wichtigsten Parametern zählen der Ser­vicelevel, die Ab­bruchquote und die Produktivität je Vorgang.
  6. Pflicht oder Option: Legen Sie fest, ob Ihre Agenten zum Zusatzverkauf verpflichtet werden oder ob sie optional entscheiden können, ob sich ein Angebot lohnt oder nicht. Bei leicht erklärbaren Produkten sollten Zusatzverkäufe Pflicht sein. Je mehr Ve­r­ant­wor­tung ein Mitarbeiter hat, desto besser eignet sich die Op­tionsvari­ante.

Sensibilität statt Angst

Das Gute am In­bound-Call­cen­ter ist die Tatsache, dass die Kunden selber anrufen, dafür also keine Marketingmaßnahmen notwendig sind. Viele Agenten scheuen sich anfangs allerdings davor, über den Service hinaus zu verkaufen, aus Angst, gute Kunden zu vergraulen. Um diese Angst abzubauen und die Sen­si­bil­isierung gegenüber dem Kunden zu stärken, sind Qual­i­fizierungsmaßnahmen nötig, die er­fahrungs­gemäß einen halben bis zwei Tage dauern können. Dabei wird die emotionale Sperre vor dem Verkauf durch­brochen. Die Mitarbeiter lernen, durch aktives Zuhören oder den geschickten Umgang mit Einwänden sich auf die Kunden einzustellen. Beim aktiven Zuhören wiederholt der Mitarbeiter die Aussage des Anrufers mit eigenen Worten, um sicher zu gehen, dass er alles verstanden hat. Dabei nutzt er For­mulierun­gen, wie „Ihnen ist also wichtig, dass ...“ oder „Sie haben das Gefühl, dass ...“ Ein guter Agent muss natürlich Kaufsignale erkennen können. Die werden gesendet, wenn der Kunde nach Kauf­be­din­gun­gen und Preisen, nach Einzel­heiten oder nach Lieferbe­din­gun­gen fragt. Auch Zustimmung kann auf Kauf­bere­itschaft hindeuten.

Die Drei-Schritte-Tech­nik

Kunden kaufen vor allem dann, wenn sie vom Nutzen des angebotenen Produkts überzeugt sind. Wichtig sind kurze und eindeutige For­mulierun­gen, da am Telefon weder viel Zeit ist noch die Möglichkeit besteht, etwas zu anzuschauen oder anzufassen. Der Verkäufer muss nicht nur die Produkte aus dem Effeff kennen, sondern auch den Kunden mit seinen Wünschen und Motiven. Wenn sich eine Frau beispiel­sweise beim technischen Support darüber beschwert, dass ihre In­ter­netverbindung zu langsam ist, weiß ein guter Verkäufer, was sie will und bietet ein DSL-Up­grade-Pro­dukt an.

„Neue Kunden zu gewinnen, ist oftmals erheblich kosten­in­ten­siver, als das Potenzial bei bereits bestehenden Kun­den­beziehun­gen auszuschöpfen.“

Das Verkauf­sange­bot präsentieren die Mitarbeiter mit der Drei-Schritte-Tech­nik: Beim ersten Schritt nennt der Agent das Produkt und dessen Vorteile: „Wir bieten Ihnen ...“ Im zweiten Schritt formuliert er den Nutzen: „Das bedeutet für Sie ...“ oder „Dadurch haben Sie die Möglichkeit, ...“ Beim dritten Schritt geht es um die Meinung des Kunden: „Wie gefällt Ihnen das?“ oder „Ist das interessant für Sie?“ Dabei lernen die Agenten auch, mit Einwänden richtig umzugehen. Schließlich verrät ein Kunde mit seinem Einwand, was er sich eigentlich wünscht, und dass er sich mit dem Produkt bereits beschäftigt hat, also durchaus in­ter­essiert ist. Darum ist das Verkauf­s­ge­spräch beim Einwand noch lange nicht am Ende. Es gilt, die Motive für die Zweifel zu finden. Vielleicht ist der Kunde einfach nur schlecht gelaunt oder un­konzen­tri­ert.

Stolper­steine

Wenn In­bound-Agen­ten für den Verkauf fit gemacht werden sollen, müssen sie in Gesprächstechnik trainiert werden. Entschei­dend ist die Einstellung. Wer dem Thema „Verkauf“ nicht positiv gegenübersteht, kann keine Ware erfolgreich an den Mann oder besser an den Kunden bringen. Die Probleme sind vielfältig: Manchmal mangelt es dem Agenten einfach an Motivation. Ein in­ten­siverer Kun­denkon­takt, der den Job aufwertet, kann hier helfen. Es kommt auch vor, dass Agenten die Reaktion der Kunden fürchten. Mit mehr Selb­st­be­wusst­sein, einer positiven Denkweise über die Kunden und aktivem Zuhören ist hier schon viel getan. Allerdings: Niemand kann seine Einstellung auf Befehl und von heute auf morgen ändern. Binden Sie Ihre Mitarbeiter von Anfang an in die Umsetzung des Wandels vom Service- zum Sales-Cen­ter ein. Es muss ein gemeinsames Projekt werden.

Lückenlos informierte Mitarbeiter

Geben Sie Ihren Mi­tar­beit­ern die Möglichkeit, ihre Ängste zu benennen. Nehmen Sie diese ernst und gehen Sie darauf ein. Wenn die Einstellung zum Verkauf so negativ ist, dass weder Gespräche noch Schulung helfen, dann bringen Sie positive Beispiele: So lässt sich am ehesten zeigen, dass Verkaufen nicht mühsam oder peinlich sein muss. Damit wirklich alle mitziehen, braucht es ein klares Ziel und einen klaren Weg, den alle beschreiten können und wollen.

„Der Verkauf wird nur funk­tion­ieren, wenn der Mitarbeiter ihm positiv gegenübersteht.“

Stolper­steine im Gesprächsverlauf treten oft auf, weil der Agent nicht weiß, wie er das Gespräch beginnen soll. Hilfreich ist es, sich schon vorab Einstiegssätze zu überlegen und sich auf ein bestimmtes Thema festzulegen. Wer sich im Vorfeld mit Daten aus dem CRM-System (Customer Re­la­tion­ship Management) über den Gesprächspartner informiert, geht ebenfalls sicherer in das Gespräch. Ähnliches gilt für Sachken­nt­nisse: Wissenslücken müssen rechtzeitig gefüllt werden, mit Broschüren, Inter- und Intranet, Gesprächen mit Kollegen und Führungskräften.

Qualitätsbewertung

Up- und Cross-Sell­ing im Unternehmen einzuführen, reicht noch nicht. Der Un­ternehmenser­folg lässt sich nur durch regelmäßige Qualitätsbewertung langfristig sichern. Beurteilen Sie Komponenten wie Ansprache des Kunden, Beratung, Erkennen des Bedarfs und Verkauf­s­ab­schluss. Legen Sie fest, was Sie messen wollen. Geht es um hohe Er­fol­gsquoten, um niedrige Stornoquoten oder um zufriedene Kunden? Erst mit diesem Wissen können Sie sich überlegen, wie Sie die Qualität sichern können. Erprobt ist die Kombination aus Mys­tery-Calls (Testanrufen) und „Coaching on the job“. Weitere Mittel sind Trainings, Kun­den­be­fra­gun­gen, Gesprächsaufze­ich­nun­gen oder tägliche Auswer­tun­gen.

„Der wichtigste Mo­ti­va­tions­fak­tor ist immer noch die positive Ansprache der Mitarbeiter/innen – Lob und Wertschätzung!“

In der Praxis hat es sich bewährt, die Agenten gerade in der Im­ple­men­tierungsphase ca. alle zwei Wochen zu coachen, damit sie nicht in alte Gewohn­heiten zurückfallen. Halten Sie die Motivation aufrecht! Die stellt sich nicht allein durch Geld ein. Viele andere Faktoren können motivieren. An zwei Faktoren kommen Sie nicht vorbei: Lob und Wertschätzung. Beides bekommt der Mitarbeiter in der Regel, wenn er erfolgreich ist. Weil sich Erfolg an der Erreichung von Zielen messen lässt, helfen klar formulierte und vi­su­al­isierte Ziele bei der Mi­tar­beit­er­mo­ti­va­tion.

Über die Autorin

Tanja Hartwig genannt Harbsmeier leitet seit 2002 das Kölner Unternehmen „Effektive Kun­den­be­treu­ung“ und schult Agenten und Führungskräfte im Bereich des In­bound-Sales.