Das neue Franchising
Immer mehr Menschen haben den Wunsch, eine selbstständige Existenz aufzubauen. Als Einzelkämpfer ist das oft leichter geplant als erfolgreich getan. Franchising kommt da gerade recht: Es macht eine schlüsselfertige Existenzgründung mit hohen Erfolgschancen möglich. Allerdings haben sich die Bedingungen für erfolgreiches Franchising im Lauf der Zeit entscheidend geändert. Während früher ein vom Franchise-Geber hierarchisch geführtes System – das damals offen so genannte Subordinations-Franchising – üblich war, ist mittlerweile deutlich geworden, dass nur eine offene, faire Partnerschaft zu langfristigem Erfolg führt.
Die neuen Spielregeln
Das neue Franchising funktioniert nach neuen Spielregeln. Wichtig ist nicht nur ein professionelles Management des Systems, sondern vor allem eine korrekter und partnerschaftlicher Umgang mit den Franchise-Nehmern.
- Wer die Kuh melken will, muss sie auch füttern. Beim Franchising geht es nicht um schnelles Geld, sondern um den Aufbau einer langfristig erfolgreichen geschäftlichen Existenz für alle Beteiligten. Der Franchise-Geber muss sein System deshalb erst einmal komplett entwickeln und selbst austesten. Wer seinen potenziellen Franchise-Nehmern kein erprobtes Konzept einer schlüsselfertigen Existenzgründung bieten kann, wird kaum auf vertieftes Interesse stoßen. Der Franchise-Nehmer wiederum muss überprüfen, wie ausgefeilt das System seines zukünftigen Franchise-Gebers wirklich ist. Schließlich will er am Ende mehr Einkommen erzielen, als es ihm als Einzelkämpfer möglich wäre.
- Wertschöpfung kommt von Wertschätzung. Gemeinsamer Erfolg setzt gegenseitige Achtung voraus. Gerade im Franchising sind die dauerhaften persönlichen Bindungen unter den Beteiligten von besonderer Bedeutung. Nur wenn alle ihren Beitrag zum System leisten, werden alle damit nachhaltig wirtschaftlichen Erfolg haben. Nur wer als Franchise-Geber seine Franchise-Nehmer systematisch und kontinuierlich betreut und sie als Partner ernst nimmt, erzielt gute Resultate. Zu diesem Partner-Management gehört vor allem eine ehrliche und offene Kommunikations- und Informationskultur.
- Erfolg braucht partnerschaftliche Führung. Der Franchise-Geber sollte das Ziel haben, ein System zu schaffen, in das sich alle bereitwillig einordnen und einbringen können. Es geht nicht um Hierarchien und Unterordnung, sondern um eine gemeinsame nachhaltige Strategie. Ein besonders bewährter Weg dazu ist, die Franchise-Nehmer als Beiräte in die Führung des Systems einzubinden und die üblichen Jahrestagungen als Gelegenheit zum echten Gedankenaustausch zu nutzen.
- Franchising ist eine emotionale Heimat. Beim Franchising geht es nicht nur um gemeinsames Geldverdienen. Die Franchise-Nehmer sollten sich in ihrem System auch emotional geborgen fühlen. Diese Verbundenheit wird wesentlich von der gemeinsamen Marke, unter der alle wirken, getragen. Eine starke Marke und ein erfolgreiches Franchise-System führen zu Identifikation und Stolz. Dabei ist eine gute interne und externe PR wichtig. Wenn der Franchise-Geber dieses Instrument richtig einsetzt, schafft er intern Transparenz und Vertrauen und stärkt nach außen den guten Ruf des gemeinsamen Systems.
- Das Potenzial der Soft-Faktoren ist stärker, als man glaubt. Natürlich muss das Franchise-System professionell gemanagt werden. Eine emotionale Bindung und eine Vernetzung aller hängt aber entscheidend von weichen Faktoren ab. Der Franchise-Geber muss Ruhe und Zuversicht vermitteln und einen partnerschaftlichen Umgang aller fördern. Wie alle Beziehungen durchlaufen auch die Beziehungen im Franchise-System unterschiedliche Phasen. Am Anfang steht die Identifikation der Franchise-Nehmer mit dem System, dann folgt oft ein erstes Kräftemessen, wenn die Franchise-Nehmer experimentieren und eigene Ideen einbringen wollen. Danach entwickeln die Franchise-Nehmer eine eigene Identität, auf die der Franchise-Geber einfühlsam und gelassen reagieren sollte, während er gleichzeitig die Kernregeln des Systems aufrechterhält. Idealerweise mündet das Ganze in eine reife Partnerschaft, in der alle einbezogen werden und gemeinsam zum Erfolg des Systems beitragen.
- Erfolg und Wachstum bringen auch Risiken mit sich. Man muss berücksichtigen, dass Probleme auch dann auftreten können, wenn das System wie gewünscht wächst. Neue Franchise-Nehmer und eine Vergrößerung der Zentrale mit neuen Ansprechpartnern und Aufgabengebieten können leicht zu Störungen im System führen. Versuchen Sie, diese Gefahren rechtzeitig zu erkennen und zu managen. Ältere Partner können z. B. als Mentoren für neue eingesetzt werden und so den Zusammenhalt des Systems in Wachstumsphasen stärken. Es können auch Grenzen für das Tempo des Wachstums gesetzt werden. Ein wichtiger Aspekt ist die Frage, wie viele Betriebe ein einzelner Franchise-Nehmer maximal führen darf.
- Systemführerschaft und Denken in Netzwerken schaffen Vorsprung. Natürlich ist es die vordringliche Verantwortung des Franchise-Gebers, das System professionell zu führen und weiterzuentwickeln. Bei dieser Aufgabe sollte er aber auf ein Netzwerk, das alle umfasst, setzen. Seine Franchise-Partner können in hohem Maß zum Erfolg des Systems beitragen, wenn sie auf richtige Weise einbezogen werden. Die Franchise-Nehmer können z. B. viel hilfreiches Feedback liefern. Ein professionell geführtes Franchise-System betreibt zudem Controlling und Benchmarking. Diese Instrumente sollten aber nicht dirigistisch eingesetzt werden, sondern als Lernangebote an alle Franchise-Partner, als Möglichkeit, Synergien zu erzeugen und alle in eine positive Richtung weiterzuentwickeln.
- Jeder Erfolg hat Spielregeln. Ein erfolgreiches Franchise-System lebt von klaren Vorgaben, aber auch von Mitbestimmung. Wenn z. B. Qualitätsstandards als Vorgaben für alle klar und unbestritten sind, können sich alle an einer Weiterentwicklung dieser Standards beteiligen. Sowohl für die verbindlichen Vorgaben als auch für die Mitarbeit der Franchise-Nehmer an der Systementwicklung gilt, dass dies auf der Basis eines kontinuierlichen Informationsflusses und einer effektiven Schulung und Weiterbildung beruhen muss. Alle sollen möglichst den gleichen Informationstand haben und allen muss laufend vermittelt werden, warum bestimmte Vorgaben und Regeln für den Gesamterfolg des Systems unerlässlich sind.
- Konsequenz ist wichtiger als Strenge. Bestimmte Grundregeln sowie Marketing- und Vertriebskonzepte sind von erfolgsentscheidender Bedeutung. Sie machen den Kern des Franchise-Gedankens aus, nämlich bewährte Strategien zu multiplizieren. Dazu gehört die Notwendigkeit, dass alle Beteiligten an Schulungen und Tagungen teilnehmen, um das System auf Erfolgskurs zu halten. Solche entscheidenden Elemente müssen mit aller Konsequenz durchgesetzt werden.
Die Grundlagen des Franchisings
Ein seriöser Franchise-Geber bietet seinen Franchise-Nehmern eine schlüsselfertige Existenz in Form des von ihm für sie entwickelten und erprobten Produkts oder Systems an. Die Grundlage dafür ist ein komplettes Franchise-Paket. Die Qualität eines solchen Pakets sollte für einen potenziellen Franchise-Nehmer das wichtigste Entscheidungskriterium für einen möglichen Einstieg in ein Franchise-System sein. Jedes gute Franchise-Paket enthält bestimmte unabdingbare Elemente oder Abschnitte:
- Umgang mit dem Franchise-Nehmern: Es sollte festgelegt sein, wie Franchise-Nehmer ausgewählt werden, wie das Partnermanagement verläuft, wie die Franchise-Nehmer etwa durch die Teilnahme an Beiräten das System mitentwickeln können, nach welchen Kriterien das System wachsen soll und wie mit einem Franchise-Nehmer umgegangen wird, der in eine vorübergehende Notlage geraten ist.
- Produkte/Dienstleistungen: Es wird geklärt, welche Produkte und Dienstleistungen angeboten werden, wie der Einkauf gehandhabt wird und zu welchen Preisen und Konditionen Einkauf und Verkauf erfolgen. Auch Aspekte der Forschung und Entwicklung werden angesprochen, etwa inwieweit der Franchise-Geber sich verpflichtet, in diesem Bereich tätig zu werden. Zuletzt kommt die Dienstleistungs- und Unternehmensphilosophie des gesamten Systems zur Sprache.
- Standort/Betrieb: Die Einrichtung und die Ausstattung der jeweiligen Franchise-Betriebe werden beschrieben, es wird festgelegt, welchen Anforderungen sie genügen müssen, und wie der Franchise-Geber bei der Standortanalyse oder der Finanzierung des einzelnen Betriebs berät und hilft.
- Marketing: Die Marke, die der Franchise-Geber zu bieten hat, wird beschrieben und es wird erklärt, durch welche Corporate Identity sie gestützt wird; zudem werden die Marketing- und Vertriebkonzepte des Systems dargelegt. Ferner wird ausgeführt, wie das Marketing (evtl. unter Beteiligung der Franchise-Nehmer) erfolgt, einschließlich der Frage, ob dabei regionalen Unterschieden Rechnung getragen werden soll.
- Training: In diesem Abschnitt werden die für den Franchise-Nehmer verbindliche Grundschulung und die laufende Weiterbildung geklärt sowie die Frage, wie das Training der Mitarbeiter erfolgen wird. Ebenso wird die Frage beantwortet, ob vorgeschriebene periodische Tagungen aller Franchise-Nehmer mit dem Franchise-Geber vorgesehen sind.
- Management-Services: Es wird geklärt, inwieweit der Franchise-Geber dem Franchise-Nehmer bei seiner Wirtschaftsplanung hilft und welche Instrumente des Controllings, des Benchmarkings und der IT-Unterstützung er ihm zur Verfügung stellt, sowie auf welchen Wegen die Kommunikation zwischen Franchise-Geber und Franchise-Nehmer erfolgen soll.
- Systemschutz: Hier geht es um formale Schutzrechte (wie Marken-, Gebiets- und Kundenschutz) und um die Frage, nach welchen Regeln die Franchise-Gebühren festgelegt werden (meist als Anteil vom Umsatz) und wie der offizielle Franchise-Vertrag gestaltet ist. Dazu gehört von Anfang an ein Handbuch als umfassende Know-how-Dokumentation, in der auf meist mehreren hundert Seiten das gesamte Wissen und die Regeln des Franchise-Systems beschrieben werden. Als wichtiges Instrument hat sich mittlerweile die Informationstechnologie erwiesen, vor allem in Form von Intranet und internen Wissensdatenbanken. Diese Instrumente können viel schneller und leichter aktualisiert werden als gedruckte Materialien. Zuletzt geht es auch um den Qualitätsstandard, zu dem sich alle verpflichten, und um die Frage, wie dessen Einhaltung sichergestellt werden soll (etwa durch regelmäßige Besuche von Vertretern der Zentrale oder durch Mystery-Shopping).
„Franchising ist keine Lizenz für schnelles Geld. Franchising ist ein klares Konzept, das, konsequent und beharrlich umgesetzt, zum gemeinsamen und nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg beider Partner führt.“
Franchising entwickelt sich zunehmend zu einer beliebten Form der Vertriebsgemeinschaft – mit großen Wachstumschancen. Ein erfolgreicher und erprobter Betriebstyp allein genügt aber nicht, um das volle Potenzial eines solchen Systems auszuschöpfen. Dies wird erst durch partnerschaftliche Führung und gegenseitige Wertschätzung und Kooperation erreicht.