Am Kap der guten Geschäfte

Buch Am Kap der guten Geschäfte

Strategien für langfristigen Erfolg in Südafrika

Redline,


Rezension

Hartmut Siepers Buch ist ein prag­ma­tis­ches Grund­la­gen­werk für alle, die in Südafrika Geschäfte machen wollen. Die Analysen der Rohstoff- und In­dus­triebranchen sowie die Darstellung der wirtschaftlichen, geschichtlichen und politischen Hintergründe, die das derzeitige Südafrika bestimmen, geben viel her. Leider sind aber aus­gerech­net diejenigen Kapitel, die Ver­hand­lun­gen mit Südafrikanern und die Per­son­al­suche the­ma­tisieren, deutlich unkonkreter. Dem positiven Gesamtein­druck tut das allerdings kaum Abbruch. Der Fokus liegt auf In­for­ma­tionsver­mit­tlung und klarer Darstellung. Das Buch bietet nach Meinung von BooksInShort das Hin­ter­grund­wis­sen und die Basics, die jeder, der nach Südafrika geht, draufhaben sollte.

Take-aways

  • Südafrika gilt heute als finanziell und politisch relativ stabil, trotz großer Probleme mit Kriminalität, Ar­beit­slosigkeit und Energieengpässen.
  • Das Kap bietet ausländischen Investoren und Un­ternehmern in­ter­es­sante Geschäftsoptionen.
  • Der Rohstof­fre­ich­tum macht das Land zu einem in­ter­es­san­ten Han­delspart­ner.
  • In Wach­s­tums­branchen (z. B. Fil­min­dus­trie, Tourismus, Kun­st­stoff­pro­duk­tion) ist Südafrika besonders stark.
  • Auch mit solidem handw­erk­lichem Know-how lässt sich in Südafrika gutes Geld verdienen.
  • Der politische Prozess des Black Economic Empowerment macht Unternehmen zahlreiche Auflagen.
  • Firmen müssen einen bestimmten Anteil un­ter­schiedlicher Bevölkerungs­grup­pen aufweisen.
  • Um gute Mitarbeiter zu finden, setzen Sie am besten eine anerkannte südafrikanis­che Per­son­ala­gen­tur ein.
  • Investieren Sie viel Zeit in die Beziehungspflege – ohne sie funk­tion­iert in Südafrika nichts.
  • Gute Kontakte zur schwarzen Busi­ness-Com­mu­nity sind für Unternehmer in Südafrika unerlässlich.
 

Zusammenfassung

Vom Kolo­nial­is­mus bis heute

Das Land Südafrika wurde für die Kolonialmächte interessant, als man 1870 zunächst Diamanten und 15 Jahre später Gold entdeckte. Zuvor war der Südzipfel Afrikas lediglich von den großen Schiff­s­lin­ien genutzt worden, als Zwis­chen­sta­tion zur Versorgung mit Obst und anderen Nahrungsmit­teln. 1913 wurde von der Regierung der „Native’s Land Act“ ve­r­ab­schiedet: Nur Weiße durften Land besitzen, Nichtweiße wurden mit ihrem Vieh von den bislang von ihnen genutzten Weideflächen vertrieben. Weitere Gesetze führten zu einer strikten Rassen­tren­nung, der Apartheid.

„Afrika ist anders.“

Zwischen 1990 und 1994 wurde die Apartheid schrit­tweise abgeschafft. 1994 gewann der African National Congress (ANC), die Partei der Wider­stands­be­we­gung gegen die Apartheid, die allgemeinen Wahlen mit großer Mehrheit. Nelson Mandela, nach 27 Jahren Haft freige­lassen, wurde Regierungschef und erster schwarzer Präsident der Republik Südafrika. Sein Nachfolger Thabo Mbeki setzte wie Mandela auf die finanzielle Stabilität des Landes. Investoren brachten um­fan­gre­iches Kapital ins Land. Heute bietet Südafrika – trotz enormer Kriminalität, hoher Ar­beit­slosigkeit und schwieriger En­ergiev­er­sorgungslage – eine Fülle lukrativer Geschäftsmöglichkeiten.

Rohstoffe

Südafrika gilt als einer der wichtigsten Rohstof­fliefer­an­ten weltweit. Seine Bodenschätze sind Staat­seigen­tum und dürfen nur mit entsprechen­den Schürfrechten abgebaut werden. Südafrika ist nicht von einem einzigen Rohstoff abhängig, sondern exportiert sowohl Metalle und Baustoffe als auch Agrargüter. Das Land besitzt rund 70 % der weltweiten Chrom­re­ser­ven und 80 % aller bekannten Man­gan­re­ser­ven. Außerdem führt es Gold, Platin, Vanadium, Steinkohle, Diamanten, Phosphat und Vermiculit aus.

Wach­s­tums­branchen

Südafrika ist in mehreren Wach­s­tums­branchen stark aufgestellt. Dazu gehören die Au­to­mo­bilin­dus­trie, der Wohnungsbau, Kunststoffe (speziell Isolierungs­ma­te­ri­alien für den Wohnungsbau), Maschinen und Anlagen, die Land­wirtschaft und die Agrarindus­trie. Der Tourismus bietet für Groß- wie für Klei­n­un­ternehmer un­ter­schiedlich­ste Geschäftsmöglichkeiten. Daneben ist die Fil­min­dus­trie mit in- wie ausländischen Pro­duk­tio­nen in Südafrika vertreten. Investments in Film­stu­dio­pro­duk­tio­nen haben gute Aussichten auf Erfolg.

Black Economic Empowerment

Seit der ANC die Regierung stellt, hat das Thema des Black Economic Empowerment (BEE) für Unternehmer, die in Südafrika tätig sind, große Bedeutung erlangt. Ziel des BEE-Prozesses ist es, die Nachteile für die mehrheitlich schwarze Bevölkerung auszu­gle­ichen und diese Gruppe wirtschaftlich erstarken zu lassen. Dazu soll eine Umverteilung nicht nur des Landes, sondern auch der Be­sitzan­teile von Unternehmen stattfinden. Konkret bedeutet das: Ein südafrikanis­ches Unternehmen kann nur dann an öffentlichen Auss­chrei­bun­gen teilnehmen, wenn es ein möglichst gutes BEE-Rating aufweist und bestimmte BEE-Kri­te­rien erfüllt. Diese betreffen u. a.:

  • den Anteil von Schwarzen, Frauen und bestimmten anderen Bevölkerungs­grup­pen Südafrikas im Unternehmen,
  • spezielle Förder- und Weit­er­bil­dung­spro­gramme für Schwarze,
  • die Höhe der Un­ternehmen­san­teile, die durch Schwarze gehalten werden.
„Aufgrund seiner politischen Stabilität und seiner bedeutenden und kostengünstigen Lagerstätten ist Südafrika seit Langem einer der wichtigsten Rohstof­fliefer­an­ten der Welt.“

Genügend qual­i­fizierte schwarze Mitarbeiter oder Geschäftspartner zu finden, um die BEE-An­forderun­gen zu erfüllen, kann für Unternehmer ein Problem sein. Die Tatsache, dass viele schwarze Arbeitskräfte während der Apartheid keinerlei Chancen auf Bildung hatten, sowie eine hohe HIV-In­fek­tion­squote sind auf dem südafrikanis­chen Ar­beits­markt deutlich spürbar und machen die Per­son­al­rekru­tierung zur Her­aus­forderung. Unternehmer in Südafrika sollten sich in Sachen BEE unbedingt von Experten wie Un­ternehmens­ber­atern oder Rechtsanwälten beraten lassen.

Wis­senswertes für Unternehmer

In Südafrika leben derzeit rund 100 000 Deutsche, ein Drittel davon permanent. Wer sich geschäftlich auf Südafrika einlassen möchte, sollte viel Pi­o­niergeist zeigen oder ein Abenteurer oder Querdenker sein, der bereit ist, Geschäftsideen zu entwickeln, die jenseits der herge­brachten Ar­beitsweisen und Denkmuster sind.

„Es ist in Südafrika völlig normal, dass man sich selbstständig macht.“

Für handw­erk­liche Wertarbeit lässt sich in Südafrika ein breites Betätigungsfeld finden – was Europäer erstaunen mag. Es ist gar nicht so einfach, dort von ein paar Arbeitern eine gerade Mauer hochziehen zu lassen, wenn der Vorarbeiter fehlt. Solche Fer­tigkeiten wurden zu wenig vermittelt, und wenn niemand dort ist, der anleitet, bleibt die Arbeit liegen. Für gewiefte Unternehmer bietet sich hier eine gute Geschäftsmöglichkeit: mit einigen europäischen Handwerkern in Südafrika eine Firma gründen, die Arbeiter anlernen und ausbilden und schließlich Qualität „made in Germany“ anbieten.

„In­terkul­turelle Kompetenz gilt mit­tler­weile als eine der Schlüsselqual­i­fika­tio­nen für Führungskräfte in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik.“

In Südafrika ist es leichter als in Europa, eine Firma zu gründen und sie zum Erfolg zu führen. Die Gründe: Die Märkte sind noch nicht gesättigt; die Nachfrage übersteigt das Angebot in vielen Bereichen bei Weitem. Natürlich brauchen Sie ein Un­ternehmen­skonzept und ein aus­gereiftes Produkt oder eine ebensolche Di­en­stleis­tung, und vor allem müssen diese geset­zeskon­form sein, d. h. den BEE-Kri­te­rien entsprechen. Seien Sie auf Kriminalität vorbereitet und beschäftigen Sie Sicher­heitsper­sonal, das Sie, Ihr Unternehmen und Ihre Angestell­ten schützt.

„Afrika ist nichts für schwache Gemüter.“

Die hohe HIV-In­fek­tion­srate kann Auswirkun­gen auf den Betrieb haben. Afrikanis­che Banken gehen mit diesem Faktor sehr pragmatisch um und besetzen wichtige Sach­bear­beit­er­stellen gleich dreifach, damit sie im Notfall auch in einigen Jahren noch über kompetente Leute verfügen.

Mitarbeiter finden

Die gute Nachricht: Südafrika ist dynamisch. Viele Südafrikaner sind in Auf­bruch­stim­mung und voller Un­ternehmergeist. Die schlechte: Qual­i­fizierte und zugleich leis­tungswillige Ar­beit­nehmer sind rar und entsprechend gesucht. Ungelernte Arbeitskräfte gibt es en masse, Fachkräfte, ins­beson­dere aus technischen Bereichen, sind dagegen seltener zu finden; zudem fordern sie höhere Löhne und bessere Sozialleis­tun­gen. Als Arbeitgeber müssen Sie BEE-konform sein, die rechtlichen Rah­menbe­din­gun­gen unbedingt erfüllen und die Gle­ich­be­hand­lung aller absolut sich­er­stellen. Das Stichwort hierzu heißt „Affirmative Action“: Sie müssen darlegen können, wie Sie die Gle­ich­stel­lung bzw. Chan­cen­gle­ich­heit aller konkret unterstützen. Lassen Sie sich in puncto Arbeits- und Gesellschaft­srecht beraten, denn die BEE-The­matik ist für Europäer ungewohnt und beinhaltet zahlreiche juristische Stolper­steine.

„In Südafrika sollte man den Ein­heimis­chen, Weißen wie Schwarzen, mit Sensibilität und Respekt begegnen und darf in keinem Fall als europäischer Besser­wisser auftreten.“

Für das Suchen und Einstellen von Personal in Südafrika gilt: Nutzen Sie unbedingt eine Recruiting-, Placement- oder Labour-Broking-Agen­tur, die Mitglied bei der Association of Personnel Services Or­gan­i­sa­tions of South Africa (APSO) ist. Versuche mit selbst aufgegebe­nen Stel­lenanzeigen verlaufen meist frus­tri­erend: Es melden sich zu viele oder gar keine Bewerber und sie sind juristisch riskant, da Sie wirklich jedes Wort auf die Goldwaage legen müssen. So ist es z. B. absolut tabu, Alter, Fam­i­lien­stand, Geschlecht oder Rasse als An­forderungskri­terium anzuführen – dies wäre diskri­m­inierend und würde gegen die aktuelle Geset­zge­bung verstoßen. For­mulierun­gen wie „highly organised“ oder „can work under pressure“ sind hingegen zu empfehlen, um tatsächlich nur Zuschriften von leis­tungswilli­gen Kandidaten zu erhalten.

Verhandeln in Südafrika

Um mit Südafrikanern erfolgreich zu verhandeln, ist keine grundlegend neue Taktik vonnöten. Allerdings sollten Sie sich unbedingt mit kulturellen Un­ter­schieden, Werten, Sichtweisen und Ein­stel­lun­gen vertraut machen und eine „Cultural Awareness“, eine Sensibilität für die andere Kultur, mitbringen. Dass Sie über die Geschichte, die politische Situation und die aktuelle wirtschaftliche Lage Bescheid wissen, versteht sich von selbst. Außerdem gehört das Wissen um Riten, Wertvorstel­lun­gen, bestimmte Symbole und kul­tur­spez­i­fis­che Regelungen zur in­terkul­turellen Kompetenz. Beachten Sie ins­beson­dere Folgendes:

  • In Südafrika herrscht das Senioritätsprinzip. Alter geht vor Wissen und Rang und wird von allen respektiert. Als Jüngerer einen Älteren zu kritisieren, ist tabu. Auch Wider­standskämpfer genießen viel Respekt und sind z. T. in hohe Posten gehievt worden, um sie nach dem Ende der Apartheid zu würdigen.
  • Südafrika ist kollek­tivis­tisch orientiert: Die Gruppe zählt mehr als das Individuum. Das gilt vor allem für den Fam­i­lien­zusam­men­halt sowie die Religions- oder Re­gion­szugehörigkeit.
  • Im Umgang mit südafrikanis­chen Mi­tar­beit­ern sind präzise Anweisungen nötig. Regeln Sie die Ve­r­ant­wortlichkeiten und halten Sie diese am besten schriftlich fest. Lassen Sie keine Un­klarheiten aufkommen.
  • Afrikanis­che Gesellschaften leben im Hier und Jetzt und gelten daher in der in­terkul­turellen wis­senschaftlichen Beschrei­bung als „kurzfristig orientiert“. Das wirkt sich u. U. auch auf das Ar­beitsver­hal­ten aus.
  • Die Zeit hat in Südafrika nicht die gleiche Bedeutung wie in Europa, die Uhren ticken anders. Eine Redewendung verdeut­licht diesen Unterschied: „Die Europäer haben die Uhr, die Afrikaner die Zeit.“ Termine sind zeitliche An­halt­spunkte, mehr nicht. Ins­beson­dere bei Treffen mit hochrangi­gen Beamten oder Amtsin­hab­ern dürfen Sie nicht unbedingt davon ausgehen, dass diese zu den vere­in­barten Terminen wirklich vor Ort sind. Rufen Sie kurz vorher an, das wirkt manchmal Wunder.
  • Persönliche Beziehungen sind in Südafrika wichtiger als die Einhaltung von Regeln und Vere­in­barun­gen. Wer als Tagelöhner mehrere Jobs hat, bevorzugt z. B. oft denjenigen Arbeitgeber, vor dem er den größten Respekt hat oder den er am meisten schätzt – egal, welche Vere­in­barun­gen er getroffen hat. Für Unternehmer in Südafrika heißt das, viel Zeit in die Kon­tak­tar­beit und in die Kom­mu­nika­tion mit den Mi­tar­beit­ern zu stecken. Nur so entstehen verlässliche Beziehungen.
  • Südafrikaner kom­mu­nizieren anders und geben in der Regel keine kurzen, klaren und knappen Antworten. Sie betten ihre Aussagen in Metaphern, Geschichten oder Beispiele und kom­mu­nizieren indirekt. Europäer werden dabei oft nervös, sofern sie nicht gelernt haben, dies als kulturellen Unterschied anzuerken­nen und zu akzeptieren. Aber Achtung: Wer als Südafrikaner schon lange im Business ist, der hat sehr wohl gelernt, präzise und auf den Punkt zu kom­mu­nizieren.
  • Sie sollten sich frühzeitig um gute Kontakte und ein weites Netzwerk bemühen. Suchen Sie gezielt nach einem Partner, der gute Verbindun­gen zur schwarzen Busi­ness-Com­mu­nity hat.

Über den Autor

Hartmut Sieper ist Un­ternehmens­ber­ater und Gründer der Trans Africa Invest. Die Firma berät deutsche Anleger und Unternehmer bei ihrem Afrika-En­gage­ment. Sieper ist auch Autor des Buches Investieren in Afrika.