Brücken bauen für die Karriere
Geschichten sind wie Brücken: Sie schaffen eine Verbindung zu den Zuhörern, garantieren Aufmerksamkeit, verleihen Glaubwürdigkeit und motivieren die, die zuhören. Sie lassen Unterschiede in der Hierarchie verschwinden und schaffen ein Gefühl von Nähe und Gemeinsamkeit. Warum ist das so? Geschichten sprechen die rechte Gehirnhälfte an, in der Überzeugungen entstehen und Entscheidungen getroffen werden. In der linken Hälfte sammeln sich die Informationen, die wir für diese Entscheidungen abrufen. Verbinden Sie in Ihrem Vortrag beide Seiten, indem Sie die wichtigen Fakten mit Geschichten stützen. Der Zuhörer erlebt eine gut erzählte Geschichte am eigenen Leibe. Er leidet und freut sich mit dem Erzähler, wenn dieser seinen Gefühlen Ausdruck verleiht. Davon profitieren auch Sie als Vortragender: Gute Geschichtenerzähler sind beliebt und bleiben im Gedächtnis. Wenn Sie Karriere machen wollen, ist gute Kommunikationsfähigkeit die Schlüsselqualifikation. Um mit der Storytheater-Methode Erfolg zu haben, überprüfen und verändern Sie zunächst Ihre Einstellung zum Reden vor Publikum:
- Beobachten Sie sich während des Vortrags – aber kritisieren Sie sich nicht!
- Befreien Sie sich von den Reaktionen des Publikums: Nicht jedes Gähnen oder jeder Blick auf die Uhr hat notwendigerweise mit Ihnen zu tun.
- Eine Brücke zum Zuhörer zu bauen heißt nicht, es jedem Recht zu machen. Wichtig ist, dass Sie sich selbst mögen und das zum Ausdruck bringen.
- Passen Sie einzelne Inhalte und deren „Verpackungen“ Ihrem Publikum an. Ändern Sie aber niemals das Wesentliche Ihrer Botschaft.
Metaphern aus dem Leben
Gute Geschichten sind Metaphern für ähnliche Erfahrungen Ihrer Zuhörer. Sie tragen dazu bei, dass diese sich mit Ihnen und den vorgetragenen Inhalten identifizieren. Sie erzählen von echten Begebenheiten und Beziehungen, sind anschaulich, lehrreich, enthalten eine positive, motivierende Botschaft und können mit Ihrem Beruf in Verbindung gebracht werden. Entspannen Sie sich und überlegen Sie zunächst, welche Frage Sie beantworten möchten. Gehen Sie auf Zeitreise und denken Sie an bestimmte Abschnitte Ihres Lebens, an Menschen, die diese Zeit prägten, und die Herausforderungen. Suchen Sie nach wichtigen Wendepunkten. Welche Einsicht haben Sie damals gewonnen? Und welche universelle Wahrheit können Sie ableiten?
„Mein Lieblingschef hat mir einmal gesagt: ,Wenn es um Karriere geht, dann gilt: Entweder du kommunizierst oder du stagnierst.‘“
Alternativ können Sie in einer Buchhandlung oder Bibliothek nach Stoff für Geschichten suchen. Wahre Fundgruben sind Anekdotenbücher oder Zitatensammlungen. Zeitungsartikel bieten brauchbare Porträts über Menschen, ihre Sorgen und Errungenschaften. Biografien etwa von Nelson Mandela oder Anne Frank sind voll von Beispielen für Mut, Ausdauer und Unabhängigkeit. Auch der ganz normale Alltag ist ein hervorragender Geschichtenlieferant: Halten Sie die Augen offen und machen Sie sich regelmäßig Notizen. Sie werden sich wundern, wie bunt und vielschichtig Ihr Leben ist.
Eine Geschichte für jeden Zweck
Beim strategischen Geschichtenerzählen lassen sich die folgenden Typen unterscheiden:
- Vignetten: Kurze Anekdoten, die zur Illustration eingesetzt werden. Sie lassen sich oft in einer Minute erzählen und müssen nicht so ausführlich ausgearbeitet sein wie Geschichten.
- Feuerproben und Bewährungen: Sie erzählen davon, wie Sie unglaublichen Widrigkeiten die Stirn geboten haben. Beispiele sind das Überwinden einer schweren Krankheit oder der Trauer um einen verstorbenen Angehörigen. Beginnen Sie aber niemals damit – Ihr Publikum sollte Sie erst einmal kennenlernen. Arbeiten Sie mit humorvollen Einschüben und Schweigepausen an besonders tiefgründigen Stellen.
- Verwickelte Geschichten: Damit nehmen Sie sich selbstironisch auf den Arm, setzen Komik und viel Körperarbeit ein. Das Publikum lacht nicht über Sie, sondern mit Ihnen.
- Minerva-Geschichten: Parabeln über Weisheiten aus alter Zeit, z. B. der amerikanischen Indianer, aus keltischen Sagen oder religiösen Texten.
- Glaubwürdigkeitsgeschichten: Erlebnisse und Porträts anderer Menschen, die durch ihr Verhalten herausragen und die Botschaft belegen, die Sie vermitteln möchten. Vorsicht: Immer die Quelle nennen, sonst machen Sie sich des Plagiats schuldig!
- Geschichten mit Grundmuster: Mehrmals wiederkehrende Elemente, die durch den immer gleichen Satz, ein Schulterzucken oder einen überraschten Gesichtsausdruck unterstrichen werden. Ziel ist es, die Aufmerksamkeit des Publikums zu steigern.
- Lehrgeschichten: Im Gegensatz zu den anderen Typen beinhaltet diese nicht nur eine Lehre sondern mehrere. Gliedern Sie die Geschichte in Einzelteile (Punkt 1, 2, 3, etc.) und nehmen Sie Ihre Zuhörer an die Hand, indem Sie die wichtigsten Lehrsätze wiederholen.
Auf Papier sprechen
Bereiten Sie Ihre Geschichte auf einem Blatt Papier vor. Wer glaubt, eine aus dem Stehgreif vorgetragene Geschichte wirke am besten, der irrt. Verfassen Sie jedoch niemals einen Schulaufsatz. Sie sollten genau so schreiben, wie Sie sprechen. Die folgenden vier Schritte helfen Ihnen beim Entwurf:
- Sprechen Sie aufs Blatt, was Ihnen in den Sinn kommt – spontan und unstrukturiert.
- Streichen Sie Elemente, die weder zum Verständnis oder Fortgang der Geschichte beitragen, noch die Motive der Handelnden erklären, noch dramatische Qualität besitzen. Ziel ist es, die Geschichte verständlich zu machen und ihr einen linearen Charakter zu verleihen.
- Fügen Sie kleine Details hinzu, die der Geschichte eine Seele geben und grundlegende Wahrheiten vermitteln. Beantworten Sie für jeden Abschnitt die Frage: „Was noch?“
- Gehen Sie die Geschichte buchstäblich durch: Üben Sie Bewegungen, die Einnahme verschiedener Rollen und pantomimische Darbietungen.
„Sie müssen den Zuhörern etwas Interessanteres anbieten als das, was ihnen sonst noch im Kopf herumschwirrt.“
Anschließend strukturieren Sie die Geschichte: Schaffen Sie einen Rahmen, indem Sie grob den Zusammenhang erklären. Stellen Sie dann die Hauptpersonen vor, indem Sie ihr Aussehen und besondere Eigenarten beschreiben. Nun beginnen Sie die „Reise“: Jede gute Geschichte handelt letztlich davon, im wörtlichen oder übertragenen Sinn. Irgendwann stoßen Sie auf ein Hindernis, z. B. eine Person oder eine schwierige Entscheidung. Spielen Sie Ihre Reaktion, Ihre Angst oder Enttäuschung so emotional wie möglich und lassen Sie das Publikum daran teilhaben. Beschreiben Sie, wie Sie das Hindernis überwinden, etwa, indem Sie laut mit sich selbst reden. Finden Sie einen runden Schluss und formulieren Sie dann die Aussage, z. B. „Konzentriere Dich auf die Lösung von Problemen.“ Dann fragen Sie die Zuhörer: „Und Sie? Ist Ihnen so etwas auch schon mal passiert?“ Lassen Sie ihnen etwas Zeit, damit sie für sich selbst im Stillen oder im Plenum eine Antwort geben können. Zum Schluss wiederholen Sie noch einmal die Lösung. Das Sahnehäubchen ist ein einprägsamer Slogan, der das Gesagte auf den Punkt bringt. Lassen Sie sich von guten Werbeslogans inspirieren: Die sind kurz, knackig und musikalisch, oft mit Alliterationen oder Reimen. Wiederholen Sie den Slogan während der Rede mehrmals und lassen Sie ihn als Marketing in eigener Sache auf Visitenkarten, Kaffeetassen oder Kalender drucken.
Die Geschichte spielen
Erzählen allein genügt nicht. Eine Geschichte wird erst über den Einsatz des ganzen Körpers lebendig. Es ist wie mit einer guten Spaghettisoße: Nebst Tomaten gehören Oregano, Basilikum, Knoblauch, Zwiebeln, Salz und Pfeffer dazu, damit sie wirklich schmeckt. Schauspielern beim Geschichtenerzählen bedeutet jedoch nicht, jemand anders zu sein. Wiederholen Sie die Wirklichkeit und präsentieren die Geschichte so, wie Sie sie Bekannten in der Kneipe erzählen würden. Versetzen Sie sich in Ihre Charaktere hinein, imitieren Sie deren Stimme, Gang, Gesichtsausdruck und Eigenarten. In einem gespielten Dialog stellen Sie die Sprechenden gegenüber, indem Sie sich für jede Rolle jeweils um 45 Grad zur Seite drehen. Je natürlicher Sie dabei wirken, desto komischer sind Sie.
„Jemandem, der etwas vor dem Publikum versteckt, kann keine Schauspieltechnik der Welt helfen.“
Gute Komik steht und fällt mit dem Überraschungsmoment. Kombinieren Sie Elemente, die nicht zusammengehören. Ein Beispiel hierfür ist der Witz des Komikers Steve Smith: „In meinem Fitnessstudio haben sie freie Gewichte, also habe ich sie mitgenommen.“ Oder aber Sie benutzen einen Dreischritt mit zwei logischen Wortkombinationen und einer dritten, die absurd oder albern ist. Auch selbstironische Kommentare z. B. über die eigene Glatze, Ihre Körpergröße oder dumme Marotten garantieren Lacher. Durch „Katastrophisieren“ machen Sie aus einer Mücke einen Elefanten und nehmen damit die eigene Neurose aufs Korn. Auch ein gewisses Maß an Respektlosigkeit regt meist zum Schmunzeln und Nachdenken an.
„Walk the talk“
Effektive Körpersprache kennt Innen- und Außenmomente. In einem Außenmoment sprechen Sie die Zuhörer direkt an, schauen ihnen in die Augen und erzählen in der Vergangenheitsform. In den Innenmomenten spielen Sie das Erzählte, enthüllen Ihre tiefsten Gefühle. Sie schauspielern und ziehen das Publikum so in Ihre Wirklichkeit hinein. Im Idealfall ist das Ergebnis Kino im Kopf. Doch Vorsicht: Innenmomente funktionieren wie ein Gewürz. Zuviel verdirbt den Geschmack. Eine Faustregel lautet: Nicht mehr als 40 % der Geschichte sollte aus Innenmomenten bestehen. Eine andere: „Komödie ist groß – Drama klein.“ Witziges dürfen Sie ausladend und übertrieben darstellen, Trauriges dagegen sollte eher subtil und zurückhaltend rüberkommen. Auch das Sprechtempo muss dem Inhalt angemessen sein: Wenn von Stress, Ungeduld oder Ärger die Rede ist, reden Sie schneller. Schock oder Enttäuschung drücken Sie durch schleppendes Sprechen aus. Üben Sie das perfekte Timing, um „Jazz mit Worten“ zu erzeugen. Eine große Hilfe bietet das Studium berühmter Komiker. Die Wirkung Ihrer Stimme können Sie gezielt trainieren, indem Sie jeden Tag laut singen, unter der Dusche und auf dem Weg zur Arbeit. Setzen Sie für die dramatischen Momente der Geschichte die „Sprache des Gefühls“ ein: Erstarren und einen Moment schweigend verharren, wenn Sie den Erhalt einer schlimmen Nachricht spielen. Vor Freude in die Luft springen, wenn das Hindernis überwunden ist, einen inneren Monolog halten, wenn Sie vor einer schweren Entscheidung stehen. Und schließlich: Üben Sie all das so lange ungestört zu Hause, bis es sitzt.
Ein paar Tipps zum Schluss
Beginnen Sie Ihren Vortrag immer mit einer Überraschung oder einem Rätsel, um das Publikum von Anfang an zu fesseln. Beenden Sie ihn auf einer positiven, hoffnungsvollen Note. Wenn möglich, schneidern Sie Ihrem Publikum die Geschichten auf den Leib. Was bewegt Ihre Zuhörer gerade? Welchen Bildungshintergrund haben sie? Vor welchen Herausforderungen stehen sie in der Firma? Informieren Sie sich im Vorfeld, damit Sie den richtigen Nerv treffen. Stellen Sie den Zuhörern rhetorische oder direkte Fragen und fordern Sie sie auf, selbst Fragen zu stellen. Entwickeln Sie ein Ritual zur Einstimmung auf die Rede: Yoga zur Muskelentspannung, Mentaltraining, um linke und rechte Gehirnhälfte in ein Gleichgewicht zu bringen, Atem- und Stimmübungen sowie spirituelle Vorbereitungen. Gehen Sie z. B. an jedem Morgen vor einem Auftritt in der Natur spazieren. Techniken wie diese helfen, spielerische Selbstsicherheit zu erlangen. Denn nur wenn Sie sich selbst so lieben, wie Sie sind, werden Sie in anderen Menschen etwas bewegen.