Das Ende des bisherigen Geschäftsmodells
Wir stellen dramatische Umbrüche im Wirtschaftsleben fest: permanenter Niedergang der traditionellen Industriebereiche, Wachstum durch Megafusionen und Akquisitionen, Hyperwachstum und Investitionen in die Internet-Technologien. Allen Umbrüchen ist gemeinsam, dass sich die treibenden Kräfte in der Wirtschaft radikal verändert haben. Nicht mehr die Produktionsfaktoren sind wertsteigernd, sondern die Konzentration auf die systematische und langfristige Kundenbeziehung zu einer ausgewählten profitablen Kernzielgruppe. Das ist der CRM-Ansatz.
„In den letzten Jahren hat die Bedeutung des klassischen Marketings für den Unternehmenserfolg dramatisch nachgelassen.“
Die Erfolge vieler junger Firmen lassen sich mit den herkömmlichen Bilanzierungs- und Buchhaltungsmethoden nicht begründen. Es sind Resultate der Konzentration auf die Kundenbeziehungen. Dabei geht es nicht mehr um einfache Kundenorientierungsstrategien, sondern vielmehr um eine Ökonomisierung der Kundenbeziehungen: Welchen Wert haben meine Kundenbeziehungen und wie kann ich diesen Wert steigern? „Die Antwort auf diese Frage ist der Schlüsselfaktor für die Zukunft.“
„Die derzeitigen allgemeinen und häufig mit Typologien arbeitenden Marketingkonzepte spiegeln nicht das gewandelte Selbstbild des Kunden wider, der sich als Individuum begreift.“
Das klassische Marketing nähert sich seinem Ende. Viele führende Unternehmen lösen ihre zentralen Marketingabteilungen auf und dezentralisieren sie. Dabei werden die Rolle und die Ergebnisse und damit auch die Budgets in Frage gestellt, weil sich das klassische Massenmarketing vorwiegend mit einseitiger Kommunikation und Kundenzufriedenheit befasst und zuwenig mit dem Aufbau langfristiger Kundenbeziehungen. Sie werden feststellen können, dass die Pflege bestehender Kunden mehr Erfolg bringt als die ständige Akquisition neuer Kunden. Denn Kunden, die nicht gepflegt werden, wandern ab – meist ohne dass es das Unternehmen bemerkt. Gewinn ist nicht das Ergebnis des Jahresabschlusses, sondern die Wertschöpfung aus der Kundenbeziehung.
CRM: Die Kundenbeziehung als Unternehmenswert entdecken
Das Customer-Relationship-Management bringt gegenüber dem klassischen Marketing vier Veränderungsperspektiven:
- Statt dass Sie immer mehr Kunden für immer austauschbarere Produkte suchen, entwickeln Sie zusammen mit Ihren Kunden Ihre Leistung permanent weiter.
- Sie entwickeln Ihre Marktleistung vom einmaligen Massenprodukt zur individuellen Problemlösung nach Mass.
- Statt aus der Sicht von innen auf Kunden, die alle den gleichen Stellenwert haben, unterscheiden Sie aus der Sicht von aussen mit CRM die Kunden nach ihrer Profitabilität.
- Bei CRM tritt an die Stelle des kurzfristigen Verkaufens die Betrachtungsgrösse der Kundenlebenszeitperspektive.
„Statt Kunden für die Produkte gilt es Produkte für die Kunden zu finden.“
Statt das erforderliche Wachstum nicht einmal mit immer mehr Werbung realisieren zu können, setzen Sie neu auf eine dauerhafte Beziehung zu Ihren einzelnen Kunden. Bisherige Kundenbeziehungsmassnahmen scheitern aber häufig, weil sie nicht systematisch, nicht koordiniert und nicht zielgerichtet sind. Der Weg von der CRM-Strategie zur lernenden Kundenbeziehung führt über das CRM-Fünf-Phasen-Modell:
- Kundenanalyse und -typisierung
- Differenzierte Relationship-Strategien
- Design der Relationship-Prozesse und -Tools
- Implementierung von systematischem Kundenmanagement
- Lernen aus der Kundenbeziehung
Die Basis: Kundenverhalten entdecken und die richtigen Kunden erkennen
Der heutige Kunde gewinnt im Zeitalter der gesättigten Märkte zunehmend weiter an Macht. Er entscheidet nicht mehr nur aufgrund der (austauschbaren) Ware an sich. Er sucht Mehrwert wie Individualität, Anerkennung, Prestige usw. Er ist aber auch bereit zu kooperieren und z. B. Daten zu liefern, wenn dadurch seine Bedürfnisse erfüllt werden können. Grosse Mengen individueller Kundenbeziehungen erfordern aber einen völlig neuen Umgang mit Informationen. Der erste Schritt zu einer fundierten Datensammlung besteht also darin, seine Kunden kennen zu lernen. Im zweiten Schritt wird das Verhalten der Kunden in Bezug auf die Unternehmensrentabilität ermittelt und schliesslich werden entsprechende Typologien gebildet. So können die Kunden als Individuen identifiziert und angesprochen werden – auf diese Weise wird die Kundenbeziehung rationeller und effizienter gestaltet. Nutzen Sie Kundenwissen durch Informationstechnologien. So lernen Sie den Kunden kennen, filtern die wertvollsten Kunden heraus, erfassen die künftigen potenziellen Abnehmer und richten die differenzierte Produktgestaltung, die Individualisierung der Beratung und die kundenspezifische Dienstleistung auf diese Informationen aus. Immer mehr setzt sich hier Data-Mining durch, ein Verfahren zur Beobachtung von Kundenverhalten, namentlich zur Gewinnung von Informationen aus Dateien mit der Möglichkeit zur Selektion, Vorbehandlung und Generierung von Aussagen.
Daten und Macht: Wer besitzt das Wissen über die Kunden?
Bekämpfen Sie die verbreitete Tendenz zu „Wissen ist Macht“ und propagieren Sie den Nutzen, den Informationen über die Kunden für das ganze Unternehmen und damit für jeden Einzelnen bedeuten. Kundenbasis: Der Schlüsselfaktor des Unternehmensgewinns. Vor allem der Wert Kundenumsätze/-profitabilität ist eine sehr interessante Grösse. Eine grosse Zahl von Kunden ist unprofitabel, aber nur wirklich grosse Kunden können wirklich sehr unprofitabel sein. Andererseits sind nicht profitable Kunden interessante Kunden, weil sie möglicherweise Profitabilitätspotenzial aufweisen, das noch nicht erkannt worden ist.
„Einige Unternehmen haben bereits damit begonnen, ihre Marketinganstrengungen auf die Kundenbeziehungen auszurichten.“
Die langfristigen Auswirkungen von Kundenprofitabilität: Kundenlebenszeitbetrachtungen. Fragen Sie sich doch einmal, wie viel Umsatz ein einzelner Kunde bei Ihnen im Verlauf seines ganzen Lebens machen kann. Das ist eine völlig ungewohnte, aber sehr interessante Perspektive und beleuchtet vor allem die Rentabilitätsproblematik zwischen Kunden erhalten und neue Kunden gewinnen. Massnahmen zur Kundenerhaltung sind viel ökonomischer als Massnahmen zur Kundengewinnung. Die Kundenprozesse als Ausgangspunkt der Typologisierung. Vermeiden Sie Marketingflops, indem Sie Ihr Konzept auf Kundenprozesse statt auf Unternehmensprozesse ausrichten. Viele Unternehmen verstehen jedoch ihre ureigenen Kundenprozesse gar nicht.
„Von äusserster Wichtigkeit bei auf spezifische Gruppen zugeschnittenen Angeboten ist, dass sie dem Kunden sofort einen verständlichen Nutzen bieten, zum Aufbau einer Beziehung anregen oder eine bestehende festigen.“
Wie lassen sich Kundenprozesse ermitteln? Beispielsweise über das Internet, das Ihnen die Möglichkeit bietet, sich mit dem Kunden gemeinsam zu entwickeln und gegenseitig Informationen auszutauschen. Das Problem besteht darin, die vielen möglichen Informationen im Sinne einer profitablen Nutzung zusammenzufügen und für Marketingaktionen zu nutzen. Ein Beispiel ist der Wagen von BMW, den sich der Kunde via Internet individuell zusammenstellen kann, dessen überproportionale Nutzung die positive Annahme beim Kunden beweist. Nur kann der Kunde sein Auto nicht über das Internet bestellen, was die Bestellung aufwändig macht: Der Kundenprozess wurde zu wenig berücksichtigt. Die meisten Unternehmen kennen zwar ihre eigenen Prozesse, nicht aber die ihrer Kunden.
Die Erarbeitung einer CRM-Strategie
Jeder Kunde oder jede Kundengruppe möchte individuell angesprochen werden. Bevor eine Strategie entwickelt werden kann, muss die gewünschte Kundenbasis definiert werden. Oft fällt es schwer, auf die Bearbeitung einzelner Kundengruppen zu verzichten, v. a wenn die nötige Datenbasis fehlt. Es braucht Mut und einigen Aufwand, sich auf die Beziehungen zu einzelnen Zielgruppen zu konzentrieren. Aber nur so kann CRM Erfolg haben. Die Strategie umfasst
- die Ausrichtung aller Kräfte auf die Optimierung der Kundenbeziehung,
- die fundierte Darstellung der Ist-Situation,
- die Formulierung einer quantifizierten Zielsetzung,
- die Analyse der Ressourcen und
- die Optimierung der Komponenten der Wertschöpfungskette.
„Eine notwendige Voraussetzung ist es, die häufig bereits existierenden Call und Service Center zu einem Customer Interaction Center als umfassendem Instrument zur Optimierung der Kundenbegegnung und -beziehung weiterzuentwickeln.“
Wenn Sie die Kundenanalyse und Segmentierung abgeschlossen haben, definieren Sie zielkundenorientierte Dialoge und zielkundenorientierte Leistungen. Ein einflussreiches strategisches Element ist der Preis. Im Customer-Relationship-Management ist er aber nicht mehr die taktische Waffe, sondern der Gradmesser für die Qualität der Beziehung. Werden im Sinne von CRM tatsächlich Mehrwerte geliefert, sollten dafür durchaus auch höhere Preise gerechtfertigt sein. Beispielgebend sind hier Loyalitätsprogramme wie Kundenrabatt- und Bonussysteme, Kundenclubs usw. Diese Programme dürfen Sie aber nicht nur als Instrument der Preispolitik verstehen, sondern müssen sie als Basis eines guten Customer-Relationship-Managements betrachten.
Die Implementierung von CRM
Richten Sie nun die Prozesse und Tools des Unternehmens CRM-orientiert so aus, dass heute anonyme Kunden zu langfristigen, profitablen Partnern werden, weil sie bei Ihnen über One-to-One-Kommunikation gut aufgehoben sind. Erwecken Sie den Tante-Emma-Laden zu neuem Leben. Entwickeln Sie beispielsweise Ihr Call- oder Service-Center weiter zum Customer-Interaction-Center! Gerade das Beschwerdemanagement bietet Optimierungschancen. Betrachten Sie es nicht mehr als notwendiges Übel, sondern vielmehr als direkten Kanal zum Kunden, auf dem Sie Eins-zu-Eins erfahren können, was er von Ihnen erwartet. Ja mehr noch – er hilft Ihnen im Voraus, Ihre Marktleistung zu optimieren. Auch Messen sind als CRM-Instrument nutzbar, denn sie bilden eine vorzügliche Plattform für One-to-One-Kommunikation. Ein CRM-Tool, das im Kontext mit anderen Marketingmassnahmen langfristig positive Wirkungen erzielt, sind Unternehmensevents wie Kongresse, Tagungen, Incentives, Produktpräsentationen, Promotions oder auch Roadshows.
„Der Vertriebsmitarbeiter muss immer stärker zum Manager einer umfassenden Kundenbeziehung werden statt zum verlängerten Distributions- und Absatzkanal eines produktorientierten Unternehmens.“
CRM ersetzt aber nicht den Vertrieb. Vielmehr entwickelt sich der Vertrieb zum zentralen Manager von wichtigen Kundenbeziehungen. Allerdings genügt heute der private Austausch nicht mehr. Vertriebsleute schaffen wirkliche Werte für den Kunden und erleichtern seine geschäftlichen und persönlichen Abläufe. Unterschätzen Sie auch nicht die Rolle des Vertriebs als Kompetenzträger für das Unternehmen und den Kunden gleichermassen. Vermeiden Sie Konflikte zwischen der Rolle des Vertriebs als verlängerter Arm des Unternehmens und jener als Anwalt des Kunden.
„Die Festlegung der Produkt- und Servicepakete muss auf der Basis der Kenntnisse der Bedürfnisse des einzelnen Kunden erfolgen und Mehrwerte schaffen, um die Beziehung des Kunden zum Unternehmen zu festigen.“
Der Vertriebsmitarbeiter wird immer stärker gefordert sein, die Wünsche und Forderungen des Kunden umzusetzen. Damit mutiert die Vertriebsfunktion immer mehr zum Multi-Channel-Kundenmanagement, das den Vertriebsprozess durch IT-Tools optimiert. So schaffen Sie schliesslich die Balance zwischen Customizing und Standardisierung. Durch kundenorientierte Individualisierung realisieren Sie zusätzliche Marktanteile und standardisieren Ihre Leistungen auf einem höheren Niveau, was wiederum neue Marktanteile bringt.
Lernen durch CRM und E-CRM: Personalisierung als Schlüsselfaktor
Messen Sie Ihren Erfolg! Beziehen Sie aber das CRM-Erfolgscontrolling nicht nur auf den Budget- oder Zeitrahmen, sondern v. a. auch auf die Auswirkungen auf die Beziehungen und auf die systematische Erfolgsverbesserung durch kontinuierliches Lernen von den Kunden. Die Technik macht dabei eine tiefere Personalisierung der Beziehung und damit individualisiertes Lernen erst möglich. Das E-CRM revolutioniert die Kundenbeziehungen. Verstehen und erkennen Sie den Wert Ihrer Kundenbeziehungen!
Prof. Dr. Reinhold Rapp ist Managing Partner der CRM Customer Relationship Management GmbH in München und Visiting Professor für Relationship Marketing an der Cranfield University in England.