Wollen Sie Ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken?
Der Begriff Unternehmertum ist derzeit im Wandel begriffen, da immer neue Erscheinungsformen sich am Markt präsentieren. Der Ruf nach einer Kultur der Selbstständigkeit wird hörbar, um die wirtschaftlichen Probleme bewältigen zu können. Dabei geht man davon aus, dass das Unternehmertum einen Ansatz darstellt, um
- die Wettbewerbsfähigkeit der westlichen Industriegesellschaften zu verbessern,
- ehemalige planwirtschaftliche Wirtschaftssysteme umzuwandeln,
- die Wirtschaft in vorindustriellen Ländern zu fördern.
Sind Sie auch "Unternehmer im Unternehmen"?
Neben den neuen Konzepten von Unternehmertum oder Entrepreneurship fallen heute die vielfältigen Ansätze auf, bei denen Führungskräfte in Unternehmen zu Unternehmern werden. In der Praxis kommen solche Intrapreneure unter folgenden Bezeichnungen vor:
- General Manager,
- Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft,
- Opportunity-Manager,
- Profit-Center-Leiter,
- Venture-Leiter.
„Die Kunst des Netzwerkmanagements besteht vornehmlich darin, funktionsfähige Dreiecks- bzw. Vierecksbeziehungen aufzubauen und nicht nur (mehrere) Zweierbeziehungen zu gestalten.“
Aber auch andere Unternehmertypen sind im Wirtschaftsleben anzutreffen, die sich nicht mehr mit dem klassischen Bild eines Unternehmers vergleichen lassen. Dazu gehören:
- Multipreneur: Multi-Unternehmer, die sich nicht an ein Unternehmen binden, sondern an vielen beteiligen, mal als Partner, mal als Angestellter.
- Auftragnehmer-Unternehmer: Beispielsweise neue Selbstständige, die bei ihrer unternehmerischen Tätigkeit immer auf einen Auftraggeber angewiesen sind, da dieser den direkten Kundenkontakt hält.
- Jeder ein Unternehmer: Die Zukunft der Arbeit sieht in jedem Beschäftigten einen Kleinstunternehmer, der seine Fähigkeiten und Ressourcen auf einem Dienstleistungsmarkt und nicht auf dem herkömmlichen Arbeitsmarkt anbietet.
- Auch-Unternehmer: Erwerbstätige, die sowohl einer abhängigen Beschäftigung nachgehen als auch einer unternehmerisch selbstständigen Tätigkeit.
- Netzwerk-Unternehmer: Zusammenarbeit von Personengruppen beispielsweise als zeitlich befristetes virtuelles Unternehmen oder in einem Netzwerk mit Verbindungen zum Mutterunternehmen und anderen Partnern.
Netzwerk-Unternehmer - keine Einzelkämpfer
Die zunehmende Komplexität im Geschäftsleben führt dazu, dass Kunden vermehrt Komplettangebote aus einer Hand wünschen. Solche Angebote kann selbst ein Allrounder nicht unterbreiten. Die Suche nach geeigneten Organisationsmodellen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden, erhöht den Vernetzungsdruck insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen. Mit Hilfe einer Netzwerkorganisation lassen sich unterschiedliche Kompetenzen flexibel, zeitlich und kosteneffizient verknüpfen. Wie solche Netzwerke aufgebaut werden können und welche Schwierigkeiten in der Praxis auftreten, zeigen die folgenden Fallstudien. Dabei werden sowohl Konzerne vorgestellt als auch mittlere und kleine Unternehmen sowie Unternehmen in KMU-Netzwerken.
Lernen Sie von anderen
Das Beispiel der MB-Lenkungen GmbH zeigt, dass die Bildung von Spin-offs dazu führen kann, defizitäre Unternehmensbereiche wieder fit zu machen für den Wettbewerb. Hierbei wurde aus dem Gesamtunternehmen ein zusammenhängender Firmenteil herausgebrochen, der heute weitgehend als eigenständiges Unternehmen agiert. Dieser Transformationsprozess hält bis jetzt noch an und führt auch künftig noch zu weiteren Veränderungen.
Die richtige Strategie für Spin-offs
Eines der wesentlichen Ziele der MB-Lenkungen GmbH war es, von einer reinen Inhouse-Produktion zu einem global agierenden Unternehmen zu werden. Mit Hilfe der Spin-offs sollte dieses Ziel verfolgt werden. Dabei wurden vier Kernstrategien festgelegt, die wie folgt aussahen:
- Produktivitätsstrategie: Durch die Bildung von mittelständischen Strukturen soll ein Produktivitätszuwachs erreicht werden.
- Produktstrategie: Kurze Produktlebenszyklen, neue Technologien bedingen einen immer schnelleren Produktwechsel.
- Unternehmensstrategie: Neuer Schwerpunkt der Ausrichtung des Unternehmens sind Globalisierung und Internationalisierung sowie Kundenorientierung.
- Informations- und Kommunikationspolitik: Der gesamte Veränderungsprozess wird durch umfangreiche Informationen und auch durch intensive Kommunikation begleitet.
„Ein Erkennungsmerkmal von Netzwerk-Unternehmen ist die Vernetzung schon im Frühstadium der Unternehmensentwicklung.“
Die erfolgreiche Umsetzung eines Spin-offs hängt wesentlich davon ab, ob es ihm gelingt, sich mit den verschiedenen Netzwerkpartnern über die Richtung und die Geschwindigkeit des notwendigen Veränderungsprozesses abzustimmen. Zudem muss es sich tatsächlich als eigenes Unternehmen am Markt positionieren.
IBM Deutschland setzt auf Ausgründung
IBM Deutschland hat ebenfalls versucht, Unternehmensbereiche zu verselbstständigen. Die Bildung von relativ kleinen Organisationseinheiten führte v. a. zu einer Steigerung der Kostentransparenz, wodurch die Stärken und Schwächen einzelner Werke erkennbar wurden. Unternehmensintern wurden nun die einzelnen GmbHs als Kunden und Lieferanten betrachtet, sodass Konditionen und Geschäftsgrundlagen an den Bedingungen des externen Marktes gemessen wurden. Interne Abnahmeverpflichtungen und Festlegung von Verrechungspreisen wurden abgelöst.
Erfolgsfaktoren für eine Ausgründung
Damit der Wandlungsprozess bei IBM Deutschland erfolgreich verlaufen konnte, musste eine Vielzahl an Aspekten berücksichtigt werden. Wichtig ist bei diesem Prozess auch, dass nicht an kurzfristigen Erfolgen gemessen wird, sondern dass es langfristig um die Überlebensfähigkeit der einzelnen GmbHs geht. Meilensteine für die erfolgreiche Umsetzung sind:
- intensive Vorbereitung des Transformationsprozesses,
- offene Kommunikationsstrategie aller Beteiligten,
- Unterstützung durch die Muttergesellschaft,
- klare und eindeutige Abgrenzung der einzelnen Geschäftsbereiche.
SAX AG zwischen Existenzgründung und Ausgründung
Einen etwas anderen Weg der Verselbstständigung ist die SAX AG gegangen, die sich in einen Partnerverbund integriert und gleichzeitig von der TAYLORIX AG abgetrennt hat. Die Entwicklung der SAX AG wird heute als "Phänomen des Neuen Mittelstandes" gesehen, da letztlich aus der Auflösung von Grossunternehmen überschaubare und unternehmerisch handelnde Organisationseinheiten entstehen. Die künftige Entwicklung für das neue Unternehmen sieht vor, dass die Vernetzung im SAX IT-Verbund weiterentwickelt, die Partnerbeziehungen neu organisiert und zusätzliche Kooperationsbeziehungen aufgebaut werden.
Neue Wege auch im Handwerk
Die Hamburger Facility Management AG zeigt, dass auch im Handwerk gemeinsam Potenziale genutzt werden können, die die Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Betriebe erhöhen. So gehören als erste strategische Allianz in diesem Bereich 130 Handwerksbetriebe aus 18 Gewerken diesem Verbund an, der ein integriertes Leistungsspektrum für die Gebäudebewirtschaftung anbietet. Die Vernetzung der einzelnen Betriebe innerhalb des Verbundes erfolgt auf vier Ebenen:
- Geschäftsabwicklung,
- Entwicklung der Kompetenz (u. a. auch der kundenorientierten Dienstleisterrolle des Handwerks),
- Versorgung (z. B. gemeinsame Nutzung von Maschinen),
- Relationship-Management (interne und externe Beziehungspflege).
„Die Zusammenarbeit im Netzwerk ermöglicht den Partnern, sich auf bestimmte Kompetenzen zu konzentrieren, ohne eine zu enge Geschäftsidee verfolgen zu müssen.“
Die Erfolgsfaktoren in diesem Modell sind zunächst die innovationsbereiten Mitgliedsbetriebe, die ausgeprägte Kooperationsbereitschaft und auch die Akzeptanz des Qualitätsmanagements innerhalb des Verbundes.
Auch Klein- und Kleinstunternehmen können kooperieren
Das virtuelle Unternehmen VU verdeutlicht, dass auch Ein-Mann-Unternehmen mit anderen zusammen in einem Verbund erfolgreich arbeiten können. Die Initiative zu einem solchen virtuellen Verbund stammte von einer Existenzgründerin, die die eigene Existenz absichern wollte, ohne dabei auf feste Mitarbeiter angewiesen zu sein. Vielmehr stand die Zusammenarbeit mit Partnern im Vordergrund, wobei ein Netzwerk aus verschiedenen Unternehmen aufgebaut werden sollte. Das Dienstleistungsangebot kann nicht von den einzelnen Firmen angeboten werden, sondern oftmals nur im Verbund. Folgende Angebote zählen dazu:
- Internet-Dienstleistungen: z. B. Webseiten-Gestaltung,
- Marketingdienstleistungen wie etwa PR-Arbeit,
- spezielle Dienstleistungen: z. B. Fachübersetzungen, Marktforschung,
- Beratungsleistungen wie Telearbeit.
„Bei der Handhabung von Zahlen spielen Offenheit und Ehrlichkeit als kulturelle Werte eine grosse Rolle.“
Die Arbeitsweise im virtuellen Unternehmensverbund erfolgt in der Regel projektbezogen, da auf diese Art Ressourcen und Kompetenzen optimal kombiniert werden können. Unterstützung durch Dritte könnte auch für virtuelle Unternehmen durch Kontaktbörsen oder Veranstaltungen erfolgen, bei denen neue potenzielle Partnerunternehmen gefunden werden könnten.
Unterstützung von Stadt und Land für virtuelle Unternehmen möglich
Das Software-Zentrum Böblingen/Sindelfingen e. V. (SBS) ist eine Vernetzung von kleinen und mittleren Unternehmen, die auf dem Gebiet der Softwareentwicklung bzw. in komplementären Dienstleistungssparten tätig sind. Initiiert wurde diese Organisation vom Land Baden-Württemberg, der IHK und den Städten Böblingen und Sindelfingen. Ziel war es dabei primär, dem Verlust von Arbeitsplätzen aufgrund von Globalisierung und Strukturwandel entgegenzuwirken. Im SBS-Verbund finden sich drei Geschäftstypen wieder:
- Produktgeschäft,
- Dienstleistungsgeschäft (z. B. Schulungen),
- Lösungsgeschäft (z. B. massgescheiderte Softwarelösungen plus Dienste).
„Der Erfolg einer Unternehmung im Wettbewerb hängt nicht nur vom Know-how ab, sondern auch davon, diese Kompetenz richtig zur Geltung zu bringen.“
Der Erfolg des SBS-Verbundes liegt u. a. darin begründet, dass ein sehr breites Netz an Infrastrukturangeboten von den Mitgliedern genutzt werden kann, da diese ja auch z. T. von ihnen selbst bereitgestellt werden.
Fazit - Netzwerkunternehmer mit Zukunft
Die Fallstudien zeigen, dass die Bildung von Netzwerken und die Zusammenarbeit über Unternehmensgrenzen hinweg durchaus neue Marktchancen bieten. Welche Anregungen und Ideen Sie für Ihr eigenes Unternehmen nutzen können, wird sich nur in einer Einzelfallbetrachtung sinnvoll klären lassen.
Prof. Dr. Michael Reiss ist Inhaber des Lehrstuhls für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Organisation an der Universität Stuttgart.