Netzwerk-Unternehmer

Buch Netzwerk-Unternehmer

Fallstudien netzwerkintegrierter Spin-offs, Ventures, Start-ups und KMUs

Vahlen,


Rezension

Reiss zeigt als Herausgeber dieses Buches, dass sowohl grosse Konzerne als auch kleine und mittlere Unternehmen profitieren, wenn sie innovative Ko­op­er­a­tions­for­men suchen. Ins­beson­dere die Bildung von Netzwerken mit ver­schiede­nen Partnern ermöglicht eine er­fol­gre­iche Zusam­me­nar­beit bei einzelnen Projekten. Dadurch lässt sich auch die wirtschaftliche Lage der einzelnen Unternehmen stärken. So belegen es die Fallstudien, die in dem Buch kleine Firmen wie auch grosse Konzerne auf dem Weg zum Net­zw­erk-Un­ternehmer vorstellen. Reiss verdeut­licht, dass die Bildung von Net­zw­erko­r­gan­i­sa­tio­nen ein wichtiges Thema für Führungskräfte der Konzerne aber auch für Entscheider im Mittelstand ist. Nicht vergessen werden auch die neuen Gründer und virtuelle Unternehmen, die im Bereich der neuen Medien bewusst auf die Bildung eines Part­ner­pools setzen. BooksInShort.​com empfiehlt dieses Buch Führungskräften der Wirtschaft, die anhand der vorgestell­ten Praxis­er­fahrun­gen nach einem passenden Beispiel für die eigene Un­ternehmensen­twick­lung suchen.

Take-aways

  • Als Net­zw­erk-Un­ternehmer können Sie Mark­t­poten­ziale künftig besser nutzen.
  • Konzerne und Grossun­ternehmen haben durch die Schaffung von Spin-offs defizitäre Bereiche wieder fit gemacht für den Wettbewerb.
  • Auch mit Hilfe von Ausgründungen verschaffen sich grosse Unternehmen eine bessere Wet­tbe­werb­spo­si­tion.
  • Die Bildung von relativ kleinen Or­gan­i­sa­tion­sein­heiten erhöht die Kos­ten­trans­parenz und legt somit Stärken und Schwächen offen.
  • Arbeiten Sie mit anderen Unternehmen part­ner­schaftlich im Verbund zusammen, dann können Sie auch als kleines Unternehmen Ihre Mark­tchan­cen optimieren.
  • Nutzen Sie die neuen Medien, um sich über das Internet zu informieren und über das Intranet zu kom­mu­nizieren.
  • Suchen Sie sich geeignete Ko­op­er­a­tionspart­ner, mit denen Sie ein Netzwerk aufbauen, um gemeinsam Ihre Angebote noch besser zu vermarkten.
  • Kombinieren Sie Kompetenzen und Ressourcen in einem virtuellen Verbund.
  • Auch im Handwerk lassen sich strate­gis­che Allianzen bilden und erfolgreich nutzen.
  • Net­zw­erk-Un­ternehmer sind keine Einzelkämpfer, Teamfähigkeit und Kom­mu­nika­tion­skom­pe­tenz sind wichtige Er­fol­gs­fak­toren.
 

Zusammenfassung

Wollen Sie Ihre Wet­tbe­werbsfähigkeit stärken?

Der Begriff Un­ternehmer­tum ist derzeit im Wandel begriffen, da immer neue Er­schei­n­ungs­for­men sich am Markt präsentieren. Der Ruf nach einer Kultur der Selbstständigkeit wird hörbar, um die wirtschaftlichen Probleme bewältigen zu können. Dabei geht man davon aus, dass das Un­ternehmer­tum einen Ansatz darstellt, um

  • die Wet­tbe­werbsfähigkeit der westlichen In­dus­triege­sellschaften zu verbessern,
  • ehemalige plan­wirtschaftliche Wirtschaftssys­teme umzuwandeln,
  • die Wirtschaft in vorindus­triellen Ländern zu fördern.

Sind Sie auch "Unternehmer im Unternehmen"?

Neben den neuen Konzepten von Un­ternehmer­tum oder En­tre­pre­neur­ship fallen heute die vielfältigen Ansätze auf, bei denen Führungskräfte in Unternehmen zu Un­ternehmern werden. In der Praxis kommen solche In­trapre­neure unter folgenden Beze­ich­nun­gen vor:

  • General Manager,
  • Geschäftsführer einer Tochterge­sellschaft,
  • Op­por­tu­nity-Man­ager,
  • Profit-Cen­ter-Leiter,
  • Ven­ture-Leiter.
„Die Kunst des Net­zw­erk­man­age­ments besteht vornehmlich darin, funktionsfähige Dreiecks- bzw. Vierecks­beziehun­gen aufzubauen und nicht nur (mehrere) Zweier­beziehun­gen zu gestalten.“

Aber auch andere Un­ternehmer­typen sind im Wirtschaft­sleben anzutreffen, die sich nicht mehr mit dem klassischen Bild eines Un­ternehmers vergleichen lassen. Dazu gehören:

  • Mul­ti­preneur: Multi-Un­ternehmer, die sich nicht an ein Unternehmen binden, sondern an vielen beteiligen, mal als Partner, mal als Angestell­ter.
  • Auf­trag­nehmer-Un­ternehmer: Beispiel­sweise neue Selbstständige, die bei ihrer un­ternehmerischen Tätigkeit immer auf einen Auf­tragge­ber angewiesen sind, da dieser den direkten Kun­denkon­takt hält.
  • Jeder ein Unternehmer: Die Zukunft der Arbeit sieht in jedem Beschäftigten einen Kle­in­stun­ternehmer, der seine Fähigkeiten und Ressourcen auf einem Di­en­stleis­tungs­markt und nicht auf dem herkömmlichen Ar­beits­markt anbietet.
  • Auch-Un­ternehmer: Erwerbstätige, die sowohl einer abhängigen Beschäftigung nachgehen als auch einer un­ternehmerisch selbstständigen Tätigkeit.
  • Net­zw­erk-Un­ternehmer: Zusam­me­nar­beit von Per­so­n­en­grup­pen beispiel­sweise als zeitlich befristetes virtuelles Unternehmen oder in einem Netzwerk mit Verbindun­gen zum Mut­terun­ternehmen und anderen Partnern.

Net­zw­erk-Un­ternehmer - keine Einzelkämpfer

Die zunehmende Komplexität im Geschäftsleben führt dazu, dass Kunden vermehrt Kom­plet­tange­bote aus einer Hand wünschen. Solche Angebote kann selbst ein Allrounder nicht un­ter­bre­iten. Die Suche nach geeigneten Or­gan­i­sa­tion­s­mod­ellen, um diesen An­forderun­gen gerecht zu werden, erhöht den Ver­net­zungs­druck ins­beson­dere für kleine und mittlere Unternehmen. Mit Hilfe einer Net­zw­erko­r­gan­i­sa­tion lassen sich un­ter­schiedliche Kompetenzen flexibel, zeitlich und kosten­ef­fizient verknüpfen. Wie solche Netzwerke aufgebaut werden können und welche Schwierigkeiten in der Praxis auftreten, zeigen die folgenden Fallstudien. Dabei werden sowohl Konzerne vorgestellt als auch mittlere und kleine Unternehmen sowie Unternehmen in KMU-Net­zw­erken.

Lernen Sie von anderen

Das Beispiel der MB-Lenkun­gen GmbH zeigt, dass die Bildung von Spin-offs dazu führen kann, defizitäre Un­ternehmens­bere­iche wieder fit zu machen für den Wettbewerb. Hierbei wurde aus dem Gesam­tun­ternehmen ein zusammenhängender Firmenteil her­aus­ge­brochen, der heute weitgehend als eigenständiges Unternehmen agiert. Dieser Trans­for­ma­tion­sprozess hält bis jetzt noch an und führt auch künftig noch zu weiteren Veränderungen.

Die richtige Strategie für Spin-offs

Eines der wesentlichen Ziele der MB-Lenkun­gen GmbH war es, von einer reinen In­house-Pro­duk­tion zu einem global agierenden Unternehmen zu werden. Mit Hilfe der Spin-offs sollte dieses Ziel verfolgt werden. Dabei wurden vier Kern­strate­gien festgelegt, die wie folgt aussahen:

  1. Produktivitätsstrategie: Durch die Bildung von mittelständischen Strukturen soll ein Produktivitätszuwachs erreicht werden.
  2. Pro­duk­t­strate­gie: Kurze Pro­duk­tleben­szyklen, neue Tech­nolo­gien bedingen einen immer schnelleren Pro­duk­twech­sel.
  3. Un­ternehmensstrate­gie: Neuer Schwerpunkt der Ausrichtung des Un­ternehmens sind Glob­al­isierung und In­ter­na­tion­al­isierung sowie Kun­de­nori­en­tierung.
  4. In­for­ma­tions- und Kom­mu­nika­tion­spoli­tik: Der gesamte Veränderung­sprozess wird durch um­fan­gre­iche In­for­ma­tio­nen und auch durch intensive Kom­mu­nika­tion begleitet.
„Ein Erken­nungsmerk­mal von Net­zw­erk-Un­ternehmen ist die Vernetzung schon im Frühstadium der Un­ternehmensen­twick­lung.“

Die er­fol­gre­iche Umsetzung eines Spin-offs hängt wesentlich davon ab, ob es ihm gelingt, sich mit den ver­schiede­nen Net­zw­erk­part­nern über die Richtung und die Geschwindigkeit des notwendigen Veränderung­sprozesses abzustimmen. Zudem muss es sich tatsächlich als eigenes Unternehmen am Markt po­si­tion­ieren.

IBM Deutschland setzt auf Ausgründung

IBM Deutschland hat ebenfalls versucht, Un­ternehmens­bere­iche zu verselbstständigen. Die Bildung von relativ kleinen Or­gan­i­sa­tion­sein­heiten führte v. a. zu einer Steigerung der Kos­ten­trans­parenz, wodurch die Stärken und Schwächen einzelner Werke erkennbar wurden. Un­ternehmensin­tern wurden nun die einzelnen GmbHs als Kunden und Lieferanten betrachtet, sodass Konditionen und Geschäfts­grund­la­gen an den Bedingungen des externen Marktes gemessen wurden. Interne Ab­nah­mev­erpflich­tun­gen und Festlegung von Ver­rechung­spreisen wurden abgelöst.

Er­fol­gs­fak­toren für eine Ausgründung

Damit der Wand­lung­sprozess bei IBM Deutschland erfolgreich verlaufen konnte, musste eine Vielzahl an Aspekten berücksichtigt werden. Wichtig ist bei diesem Prozess auch, dass nicht an kurzfristi­gen Erfolgen gemessen wird, sondern dass es langfristig um die Überlebensfähigkeit der einzelnen GmbHs geht. Meilen­steine für die er­fol­gre­iche Umsetzung sind:

  • intensive Vor­bere­itung des Trans­for­ma­tion­sprozesses,
  • offene Kom­mu­nika­tion­sstrate­gie aller Beteiligten,
  • Unterstützung durch die Mut­terge­sellschaft,
  • klare und eindeutige Abgrenzung der einzelnen Geschäftsbereiche.

SAX AG zwischen Existenzgründung und Ausgründung

Einen etwas anderen Weg der Verselbstständigung ist die SAX AG gegangen, die sich in einen Part­nerver­bund integriert und gle­ichzeitig von der TAYLORIX AG abgetrennt hat. Die Entwicklung der SAX AG wird heute als "Phänomen des Neuen Mit­tel­standes" gesehen, da letztlich aus der Auflösung von Grossun­ternehmen überschaubare und un­ternehmerisch handelnde Or­gan­i­sa­tion­sein­heiten entstehen. Die künftige Entwicklung für das neue Unternehmen sieht vor, dass die Vernetzung im SAX IT-Verbund weit­er­en­twick­elt, die Part­ner­beziehun­gen neu organisiert und zusätzliche Ko­op­er­a­tions­beziehun­gen aufgebaut werden.

Neue Wege auch im Handwerk

Die Hamburger Facility Management AG zeigt, dass auch im Handwerk gemeinsam Potenziale genutzt werden können, die die Wet­tbe­werbsfähigkeit der beteiligten Betriebe erhöhen. So gehören als erste strate­gis­che Allianz in diesem Bereich 130 Handw­erks­be­triebe aus 18 Gewerken diesem Verbund an, der ein in­te­gri­ertes Leis­tungsspek­trum für die Gebäude­be­wirtschaf­tung anbietet. Die Vernetzung der einzelnen Betriebe innerhalb des Verbundes erfolgt auf vier Ebenen:

  1. Geschäftsab­wick­lung,
  2. Entwicklung der Kompetenz (u. a. auch der kun­de­nori­en­tierten Di­en­stleis­ter­rolle des Handwerks),
  3. Versorgung (z. B. gemeinsame Nutzung von Maschinen),
  4. Re­la­tion­ship-Man­age­ment (interne und externe Beziehungspflege).
„Die Zusam­me­nar­beit im Netzwerk ermöglicht den Partnern, sich auf bestimmte Kompetenzen zu konzen­tri­eren, ohne eine zu enge Geschäftsidee verfolgen zu müssen.“

Die Er­fol­gs­fak­toren in diesem Modell sind zunächst die in­no­va­tions­bere­iten Mit­glieds­be­triebe, die ausgeprägte Ko­op­er­a­tions­bere­itschaft und auch die Akzeptanz des Qualitäts­man­age­ments innerhalb des Verbundes.

Auch Klein- und Kle­in­stun­ternehmen können kooperieren

Das virtuelle Unternehmen VU verdeut­licht, dass auch Ein-Mann-Un­ternehmen mit anderen zusammen in einem Verbund erfolgreich arbeiten können. Die Initiative zu einem solchen virtuellen Verbund stammte von einer Existenzgründerin, die die eigene Existenz absichern wollte, ohne dabei auf feste Mitarbeiter angewiesen zu sein. Vielmehr stand die Zusam­me­nar­beit mit Partnern im Vordergrund, wobei ein Netzwerk aus ver­schiede­nen Unternehmen aufgebaut werden sollte. Das Di­en­stleis­tungsange­bot kann nicht von den einzelnen Firmen angeboten werden, sondern oftmals nur im Verbund. Folgende Angebote zählen dazu:

  • In­ter­net-Di­en­stleis­tun­gen: z. B. Web­seiten-Gestal­tung,
  • Mar­ket­ing­di­en­stleis­tun­gen wie etwa PR-Arbeit,
  • spezielle Di­en­stleis­tun­gen: z. B. Fachüberset­zun­gen, Mark­t­forschung,
  • Be­ratungsleis­tun­gen wie Telearbeit.
„Bei der Handhabung von Zahlen spielen Offenheit und Ehrlichkeit als kulturelle Werte eine grosse Rolle.“

Die Ar­beitsweise im virtuellen Un­ternehmensver­bund erfolgt in der Regel pro­jek­t­be­zo­gen, da auf diese Art Ressourcen und Kompetenzen optimal kombiniert werden können. Unterstützung durch Dritte könnte auch für virtuelle Unternehmen durch Kontaktbörsen oder Ve­r­anstal­tun­gen erfolgen, bei denen neue potenzielle Part­nerun­ternehmen gefunden werden könnten.

Unterstützung von Stadt und Land für virtuelle Unternehmen möglich

Das Soft­ware-Zen­trum Böblingen/Sin­delfin­gen e. V. (SBS) ist eine Vernetzung von kleinen und mittleren Unternehmen, die auf dem Gebiet der Soft­wa­reen­twick­lung bzw. in komplementären Di­en­stleis­tungss­parten tätig sind. Initiiert wurde diese Or­gan­i­sa­tion vom Land Baden-Württemberg, der IHK und den Städten Böblingen und Sin­delfin­gen. Ziel war es dabei primär, dem Verlust von Arbeitsplätzen aufgrund von Glob­al­isierung und Struk­tur­wan­del ent­ge­gen­zuwirken. Im SBS-Verbund finden sich drei Geschäftstypen wieder:

  1. Pro­duk­t­geschäft,
  2. Di­en­stleis­tungs­geschäft (z. B. Schulungen),
  3. Lösungsgeschäft (z. B. mass­geschei­derte Softwarelösungen plus Dienste).
„Der Erfolg einer Un­ternehmung im Wettbewerb hängt nicht nur vom Know-how ab, sondern auch davon, diese Kompetenz richtig zur Geltung zu bringen.“

Der Erfolg des SBS-Ver­bun­des liegt u. a. darin begründet, dass ein sehr breites Netz an In­fra­struk­tu­range­boten von den Mitgliedern genutzt werden kann, da diese ja auch z. T. von ihnen selbst bere­it­gestellt werden.

Fazit - Net­zw­erkun­ternehmer mit Zukunft

Die Fallstudien zeigen, dass die Bildung von Netzwerken und die Zusam­me­nar­beit über Un­ternehmensgren­zen hinweg durchaus neue Mark­tchan­cen bieten. Welche Anregungen und Ideen Sie für Ihr eigenes Unternehmen nutzen können, wird sich nur in einer Einzelfall­be­tra­ch­tung sinnvoll klären lassen.

Über den Autor

Prof. Dr. Michael Reiss ist Inhaber des Lehrstuhls für allgemeine Be­trieb­swirtschaft­slehre und Or­gan­i­sa­tion an der Universität Stuttgart.